Art. 135 GG
BVerfG, 15.12.1970 - 1 BvR 208/65
1. Nicht mehr bestehende Körperschaften im Sinne des Art. 135 Abs. 2 und 5 GG sind nicht nur solche Organisationen, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes bereits gesetzlich aufgelöst worden waren, sondern auch solche, deren öffentlich-rechtliche Funktionen mit dem Bestand der nationalsozialistischen Staats- und Wirtschaftsordnung eng verknüpft waren und daher mit deren Zusammenbruch auch ohne besonderen Auflösungsakt entfielen.
2. Die für die Regelung der Reichsverbindlichkeiten aus Art. 134 GG zu entnehmenden Grundsätze (vgl. BVerfG 15, 126 [140 ff.]) gelten für die Regelung von Verbindlichkeiten nicht mehr bestehender Körperschaften auf Grund des Art. 135 Abs. 5 GG jedenfalls dann entsprechend, wenn diese Verbindlichkeiten aus Hoheitsakten herrühren, welche diese Körperschaften im Auftrag des nationalsozialistischen Staates und zur unmittelbaren Erfüllung nationalsozialistischer Staats- und Wirtschaftsziele vorgenommen haben.
Es verstößt weder gegen Art. 14 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß Entschädigungsansprüche gegen den Reichsnährstand oder seine Zusammenschlüsse wegen einer Betriebsstillegung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 4 des Reichsnährstands-Abwicklungsgesetzes nur in beschränktem Umfang geltend gemacht werden können.
BVerfG, 14.07.1959 - 2 BvF 1/58
1. Der ehemals preußische Kulturbesitz gehört zu den in Art. 135 Abs. 2 GG umschriebenen Vermögenswerten. Art. 135 Abs. 2 GG setzt keine Funktionsnachfolge der heutigen Länder in die konkrete Verwaltungsaufgabe, der dieses Vermögen früher gedient hat, voraus.
2. Die Frage, ob ein überwiegendes Interesse des Bundes eine von den Absätzen 1 bis 3 des Art. 135 GG abweichende Regelung erfordert und wie gegebenenfalls diesem Interesse am besten Rechnung getragen wird, ist vom Bundesgesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden gesetzgeberischen Freiheit zu entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht kann lediglich prüfen, ob der Bundesgesetzgeber eine durch ein überwiegendes Bundesinteresse offenbar nicht gerechtfertigte Regelung getroffen hat.
3. Der Bundesgesetzgeber ist auf Grund des Art. 135 Abs. 4 GG berechtigt, ohne Zustimmung des Bundesrats ehemaliges Landesvermögen von der Art. des preußischen Kulturbesitzes auf eine bundesunmittelbare Stiftung zu übertragen.
4. Der Bundesgesetzgeber ist im Rahmen des Art. 135 Abs. 4 GG nicht an die Voraussetzung des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG für die Einrichtung einer Bundesverwaltung gebunden.