Art. 14 GG

BVerfG, 28.06.1972 - 1 BvR 105/63, 1 BvR 275/68

1. Eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Gerichtsentscheidung ist im allgemeinen unzulässig, wenn der Beschwerdeführer nicht mehr durch die Entscheidung zur Hauptsache, sondern nur noch durch die Nebenentscheidung über die Kosten belastet wird.
2. Verfassungsbeschwerden gegen gerichtliche Entscheidungen, die auf Grund des sogenannten Klagestops des § 3 Abs. 2 AKG Klagen als zur Zeit unzulässig verworfen haben, sind seit Wegfall des Klagestops unzulässig.

BVerfG, 09.02.1972 - 1 BvR 111/68

Der Landesgesetzgeber ist durch das Straßenverkehrs-Ordnung nicht gehindert, Vorschriften über die Außenwerbung innerhalb geschlossener Ortschaften zu erlassen.

BVerfG, 08.02.1972 - 1 BvR 170/71

Zur Nachprüfung zivilgerichtlicher Entscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht.

BVerfG, 08.07.1971 - 1 BvR 766/66

1. Der Gesetzgeber kann bei der Reform eines Rechtsgebiets im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestehende Rechte inhaltlich umformen und unter Aufrechterhaltung des bisherigen Zuordnungsverhältnisses neue Befugnisse und Pflichten festlegen.
2. Soweit eine Überleitungsvorschrift in konkrete, nach dem bisherigen Recht begründete und durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Rechtspositionen eingreift, müssen hierfür legitimierende Gründe gegeben sein.
3. Das Bearbeiter-Urheberrecht des ausübenden Künstlers nach § 2 Abs. 2 des LitUrhG war Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.
4. Die Überleitung der bisherigen Bearbeiter-Urheberrechte in Leistungsschutzrechte durch § 135 UrhG ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
§ 135 UrhG ist jedoch insoweit verfassungswidrig, als hiernach auch die Neuregelung des Beginns der Schutzfrist (§ 82 UrhG) auf die vor dem 1. Januar 1966 hergestellten Aufnahmen Anwendung findet.

BVerfG, 07.07.1971 - 1 BvR 764/66

1. Art. 14 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht, dem Urheber für jeden Fall der Ausleihe eines geschützten Werkes einen "Bibliotheksgroschen" zu gewähren.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß dem Urheber gemäß § 27 Abs. 1 UrhG die Vermietertantieme nur dann zusteht, wenn die Vermietung Erwerbszwecken des Vermieters dient.

BVerfG, 07.07.1971 - 1 BvR 765/66

1. Das Urheberrecht ist als Nutzungsrecht "Eigentum" im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. 1.
2. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gebietet die grundsätzliche Zuordnung des wirtschaftlichen Wertes eines geschützten Werkes an den Urheber. Damit ist aber nicht jede nur denkbare Verwertungsmöglichkeit verfassungsrechtlich gesichert.
Es ist Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausprägung des Urheberrechts sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und sozialen Bedeutung des Urheberrechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Das Interesse der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern rechtfertigt es, daß geschützte Werke nach ihrem Erscheinen ohne Zustimmung des Urhebers in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch aufgenommen werden dürfen, nicht aber, daß der Urheber sein Werk hierfür vergütungsfrei zur Verfügung stellen muß (§ 46 UrhG).
3. Das Interesse der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern rechtfertigt es, daß geschützte Werke nach ihrem Erscheinen ohne Zustimmung des Urhebers in Sammlungen aufgenommen werden dürfen, nicht aber, daß der Urheber sein Werk hierfür vergütungsfrei zur Verfügung stellen muß (§ 46 UrhG).

BVerfG, 09.03.1971 - 2 BvR 326/69, 2 BvR 327/69, 2 BvR 341/69, 2 BvR 342/69, 2 BvR 343/69, 2 BvR 344/69, 2 BvR 345/69

Das Rechtsstaatsprinzip verbietet belastende Gesetze, die zur Erreichung der Gesetzeszwecke schlechthin untauglich sind. Dem Gesetzgeber steht aber ein weiter Spielraum für die Beurteilung der Zwecktauglichkeit eines Gesetzes zu. Eine gesetzliche Maßnahme kann nicht schon deshalb als verfassungswidrig angesehen werden, weil sie auf einer Fehlprognose des Gesetzgebers beruht.

BVerfG, 15.12.1970 - 1 BvR 208/65

1. Nicht mehr bestehende Körperschaften im Sinne des Art. 135 Abs. 2 und 5 GG sind nicht nur solche Organisationen, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes bereits gesetzlich aufgelöst worden waren, sondern auch solche, deren öffentlich-rechtliche Funktionen mit dem Bestand der nationalsozialistischen Staats- und Wirtschaftsordnung eng verknüpft waren und daher mit deren Zusammenbruch auch ohne besonderen Auflösungsakt entfielen.
2. Die für die Regelung der Reichsverbindlichkeiten aus Art. 134 GG zu entnehmenden Grundsätze (vgl. BVerfG 15, 126 [140 ff.]) gelten für die Regelung von Verbindlichkeiten nicht mehr bestehender Körperschaften auf Grund des Art. 135 Abs. 5 GG jedenfalls dann entsprechend, wenn diese Verbindlichkeiten aus Hoheitsakten herrühren, welche diese Körperschaften im Auftrag des nationalsozialistischen Staates und zur unmittelbaren Erfüllung nationalsozialistischer Staats- und Wirtschaftsziele vorgenommen haben.
Es verstößt weder gegen Art. 14 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß Entschädigungsansprüche gegen den Reichsnährstand oder seine Zusammenschlüsse wegen einer Betriebsstillegung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 4 des Reichsnährstands-Abwicklungsgesetzes nur in beschränktem Umfang geltend gemacht werden können.

BVerfG, 09.12.1970 - 1 BvL 7/66

Zur Auslegung des deutsch-niederländischen Ausgleichsvertrags (hier: Finanzvertrag) vom 8. April 1960 und des Gesetzes Nr. 63 der Alliierten Hohen Kommission vom 31. August 1951.

BVerfG, 03.12.1969 - 1 BvR 624/56

1. Die Bundesrepublik Deutschland hatte für die von den alliierten Streitkräften bei der Besetzung deutschen Gebietes am Ende des 2. Weltkrieges und in der Nachkriegszeit verursachten Schäden (Besatzungsschäden) nicht in gleicher Weise einzustehen, wie wenn diese von deutschen Staatsorganen verursacht worden wären.
2. a) Die Wertordnung des GG verlangt besonders im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), daß die staatliche Gemeinschaft Lasten mitträgt, die aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal entstanden sind und nur zufällig einen bestimmten Personenkreis treffen. Hieraus folgt zunächst nur die Pflicht zu einem innerstaatlichen Ausgleich, dessen nähere Gestaltung weitgehend dem Gesetzgeber überlassen ist. Erst eine solche gesetzliche Regelung kann konkrete Ausgleichsansprüche der einzelnen Geschädigten begründen.
b) Besatzungsschäden gehören zu dem großen Komplex der Kriegs- und Kriegsfolgelasten; die für deren Regelung entwickelten verfassungsrechtlichen Grundsätze (vergleiche BVerfGE 15, 126 [140 ff.]; 23, 153 [176 f.]) gelten auch hier.
3. a) Es verstößt weder gegen Art. 14 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß das BesatzSchG die vor der Währungsreform verursachten Sachschäden nicht im Verhältnis 1 RM : 1 DM entschädigt.
b) Die Abgrenzung der Fälle, in denen für Sachschäden eine höhere Entschädigung als nach dem Verhältnis 10 RM : 1 DM vorgesehen ist (§§ 26 ff. BesatzSchG), beruht auf sozialen Erwägungen, zu denen der Gesetzgeber im Rahmen einer innerstaatlichen Lastenverteilung sowohl berechtigt als verpflichtet ist. Dies gilt auch für die Staffelung der Entschädigung nach dem Prinzip der sozialen Degression.