§ 10 AuslG

BVerfG, 18.07.1973 - 1 BvR 23/73, 1 BvR 155/73

1. § 10 Abs. 1 Nr. 11 AuslG verletzt nicht das Rechtsstaatsprinzip.
2. Der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Rechtsschutz gilt in vollem Umfang auch für Ausländer.
3. Die Anforderungen an das für die sofortige Vollziehung von Ausweisungsverfügungen erforderliche öffentliche Interesse dürfen im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes nicht weniger streng sein als die Anforderungen an die Gründe für die Ausweisung selbst; vielmehr muß ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung bestehen.
4. Bei der gebotenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem privaten Interesse des Ausländers an weiterem Aufenthalt im Inland ist auch zur berücksichtigen, daß die sofortige Vollziehung einer Ausweisungsverfügung den Ausländer in seiner Rechtsverfolgung im Hauptsacheverfahren behindern kann.
5. Werden durch die sofortige Vollziehung von Ausweisungen vor ihrer gerichtlichen Überprüfung vollendete Tatsachen geschaffen, so besteht für die Widerspruchsbehörden und die VG die Pflicht, die Hauptsacheverfahren mit möglichster Beschleunigung zu betreiben. Andernfalls kann auch eine zunächst gerechtfertigte Anordnung der sofortigen Vollziehung verfassungswidrig werden.
6. Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG gebietet, dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Ausweisung auch die eigenen Interessen des deutschen Ehepartners gegenüberzustellen.