Aktuelle Nachrichten
VerkR 18/25: Bemessung von Geldbußen bei wirtschaftlichem Vorteil
München/Berlin (DAV). Bei der Bemessung von Geldbußen wird auch der wirtschaftliche Vorteil aus dem Geschehen berücksichtigt. Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat am 6. März 2024 (AZ: 202 ObOWi 168/24) die Anforderungen an die Bemessung von Geldbußen bei Ordnungswidrigkeiten mit wirtschaftlichem Vorteil präzisiert. Das Gericht entschied, dass der wirtschaftliche Vorteil nach dem Nettoprinzip, also dem tatsächlichen Gewinn, zu berechnen ist und lediglich die Untergrenze der Geldbuße markiert. Eine Addition des wirtschaftlichen Vorteils zur eigentlichen Geldbuße ist unzulässig, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen der vorsätzlichen Anordnung der Inbetriebnahme eines Lkw mit Anhänger verurteilt. Dabei wies das Gespann sowohl eine Überschreitung der zulässigen Achslast und des Gesamtgewichts auf als auch erhebliche Mängel an der Bereifung des Anhängers, die dessen Verkehrssicherheit maßgeblich beeinträchtigten. Das Amtsgericht verhängte eine Geldbuße von 2.450 Euro, wobei es zunächst eine für angemessen erachtete Buße festsetzte und anschließend den aus dem Transport erzielten Fuhrlohn von 525 Euro addierte. Der Betroffene legte gegen dieses Urteil Rechtsbeschwerde ein.
Das BayObLG stellte klar, dass der wirtschaftliche Vorteil, den der Täter durch die Ordnungswidrigkeit erzielt hat, lediglich die Untergrenze der Geldbuße darstellt. Die Vorgehensweise des Amtsgerichts, eine angemessene Geldbuße festzusetzen und darauf den wirtschaftlichen Vorteil zu addieren, sei fehlerhaft. Zudem dürfe das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße nur überschritten werden, wenn der wirtschaftliche Vorteil dieses übersteigt – was im vorliegenden Fall nicht gegeben war. Entscheidend für die Bemessung des wirtschaftlichen Vorteils ist der Reingewinn, nicht der Bruttoerlös. Im konkreten Fall wurde der wirtschaftliche Vorteil auf Basis des durchschnittlichen Reingewinns eines Fuhrunternehmens geschätzt. Das BayObLG reduzierte die Geldbuße daher auf 1.900 Euro.
Informationen: www.verkehrsanwaelte.de
VerkR 17/25: Kein Schmerzensgeld der Verkehrsopferhilfe bei unklarem Unfall
Berlin (DAV). Nicht immer kann nach einem Unfall im Straßenverkehr der Verursacher ermittelt werden. Besonders tragisch wird es, wenn Unfallopfer schwer verletzt sind – aber niemand zur Rechenschaft gezogen werden kann. Für genau solche Fälle gibt es in Deutschland eine Institution, die vielen unbekannt ist: die Verkehrsopferhilfe e.V. Für eine Ersatzpflicht der Verkehrsopferhilfe e.V. nach einem Unfall mit einem nicht ermittelbaren Fahrzeug müssen strenge Beweisanforderungen erfüllt werden. So hat das Landgericht Berlin II am 11. Januar 2024 (AZ: 44 O 282/22) die Klage eines verletzten Fußgängers gegen die Verkehrsopferhilfe e.V. abgewiesen, wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.
Der Kläger hatte an einem Abend im August an den Allgäuer Festwochen teilgenommen. Gegen 0:30 Uhr wurde er mit multiplen schweren Verletzungen – Schädelbruch, Beckenfrakturen und Atemstörungen – auf einem Gehweg neben einer etwa 2 bis 2,5 Meter hohen Steinmauer aufgefunden. Im Krankenhaus wurde bei ihm ein Blutalkoholwert von 2,33 Promille festgestellt.
Er behauptete, von einem flüchtigen, unbekannten Fahrzeug angefahren worden zu sein, und verlangte von der Verkehrsopferhilfe e.V. ein Schmerzensgeld von mindestens 200.000 Euro sowie den Ersatz weiterer Schäden. Diese lehnte den Anspruch ab – ebenso wie die vorgeschaltete Schiedsstelle. Es sei nicht bewiesen, dass ein Fahrzeug beteiligt gewesen sei.
Das Gericht folgte der Argumentation der Verkehrsopferhilfe e.V. und stellte klar: Für einen Anspruch müsse der Kläger den Nachweis erbringen, dass ein nicht ermittelbares Fahrzeug ursächlich für die Verletzungen war. Diesem strengen Beweismaßstab sei der Kläger nicht gerecht geworden.
Die vom Gericht beauftragte Sachverständige schloss eine Kollision mit einem Kraftfahrzeug aus: Die Art der Verletzungen passe vielmehr zu einem Sturz aus größerer Höhe. Die Kombination aus dem Verletzungsbild und dem hohen Alkoholkonsum lege nahe, dass der Kläger von der angrenzenden Steinmauer gefallen sei. Da somit keine Fahrzeugbeteiligung bewiesen werden konnte, sei die Verkehrsopferhilfe e.V. nicht eintrittspflichtig.
Informationen: www.verkehrsanwaelte.de
PM 21/25: Verschlüsselung: EU-Regulation nur mit Expertenbeteiligung!
Berlin (DAV). Mit der „Technology Roadmap on Encryption“ will die EU-Kommission Verschlüsselungstechnologien standardmäßig schwächen. Der DAV kritisiert das gemeinsam mit anderen Organisationen in einem Schreiben an die zuständige Vizepräsidentin der Kommission.
„Die ProtectEU-Strategie birgt große Gefahren“, erklärt Rechtsanwalt Dr. David Albrecht, Mitglied im Ausschuss Recht der Inneren Sicherheit des Deutschen Anwaltvereins. Ermittlungsbehörden Zugriff auf verschlüsselte Daten zu gewähren, sei nicht nur ein heftiger Eingriff in die Bürgerrechte.
„Wenn man bei einer Verschlüsselung Schlupflöcher für Behörden schafft, können diese auch von Kriminellen und anderen böswilligen Dritten ausgenutzt werden“, warnt Albrecht. Darüber herrsche große Einigkeit in der Wissenschaft. Auch die neuesten Verfahren – wie das Client-Side-Scanning – fielen bei Tests von Experten durch. „Digitale Massenüberwachung und das bewusste Kreieren von Schwachstellen schaffen nicht mehr Sicherheit. Im Gegenteil: Dadurch entstehen für die meisten Bürgerinnen und Bürger sogar mehr Risiken.“
Die Unterzeichner des Schreibens senden deshalb einen Appell an die EU-Kommission: An der Ausarbeitung von Gesetzgebung zur Cybersicherheit sollten dringend Vertreterinnen und Vertreter von Zivilgesellschaft und Wissenschaft, Technologieexperten sowie Digital- und Menschenrechtsanwält:innen beteiligt werden. „Gemeinsam können wir technische und nicht-technische, langfristige Lösungen für Probleme in der europäischen Cybersicherheit finden“, ist sich Rechtsanwalt Albrecht sicher.
Zum gemeinsamen Schreiben
ArbR 4/25: Kein Schmerzensgeld für versehentliche Namensnennung in Werbeflyer nach DSGVO
Koblenz/Berlin (DAV) – Die versehentliche Nennung des Namens einer ehemaligen Mitarbeiterin in einem Werbeflyer ihres früheren Arbeitgebers begründet keinen Anspruch auf Schmerzensgeld nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Auf diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. August 2024 (AZ: 5 SLa 66/24) weist die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) hin.
Eine Pflegedienstleiterin hatte nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses geklagt, weil ihr ehemaliger Arbeitgeber ihren Namen und ihre dienstliche Telefonnummer in einem Werbeflyer für seine Senioreneinrichtung verwendet hatte.
Das Gericht bejahte zwar einen Verstoß gegen die DSGVO, da die Einwilligung der Klägerin in die Datenverarbeitung mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen sei. Einen Anspruch auf Schmerzensgeld verneinte es jedoch, da der Klägerin durch die versehentliche Namensnennung kein konkreter Schaden entstanden sei. Insbesondere sei die Klägerin weder in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt noch in ihrer sozialen Geltung beeinträchtigt worden.
Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de
H. gegen Land Baden-Württemberg wegen Ausweisung
Datum: 22.01.2025
Uhrzeit: 11:00
Aktenzeichen: 12 S 2124/22
Die Sitzung findet statt im Dienstgebäude des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, 68165 Mannheim, Schubertstraße 11, Untergeschoss, Sitzungssaal III.
Streitgegenstand: Ausweisung eines syrischen Staatsangehörigen nach dessen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland.
A. gegen Land Baden-Württemberg wegen Befreiung von der Landesheimbauverordnung
Datum: 21.01.2025
Uhrzeit: 10:30
Aktenzeichen: 6 S 1409/23
Die Sitzung findet statt im Dienstgebäude des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, 68165 Mannheim, Schubertstraße 11, Untergeschoss, Sitzungssaal III.
Streitgegenstand: Möglichkeit der Erteilung einer Befreiung von den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 LHeimBauVO und zum Verhältnis der Befreiungsregelung des § 6 Abs. 1 LHeimBauVO zur Regelung der Mindestgröße von Doppelzimmern im Rahmen der Übergangsregelung nach § 5 Abs. 4 Satz 2 LHeimBauVO.
E. gegen Bundesrepublik Deutschland wegen Freistellung von Bahnbetriebszwecken nach § 23 AEG
Datum: 16.01.2025
Uhrzeit: 10:00
Aktenzeichen: 5 S 1629/23
Die Sitzung findet statt im Dienstgebäude des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, 68165 Mannheim, Schubertstraße 11, Untergeschoss, Sitzungssaal III.
Streitgegenstand: Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Aufhebung eines Bescheides des Eisenbahn-Bundesamtes, mit welchem auf Antrag der Beigeladenen mehrere städtische Grundstücke von Bahnbetriebszwecken freigestellt wurden. Die Beigeladene beabsichtigt, diese Grundstücke mit einem Bebauungsplan zu überplanen.
M. gegen Land Baden-Württemberg wegen Privatschulzuschuss (2022)
Datum: 14.01.2025
Uhrzeit: 14:00
Aktenzeichen: 9 S 147/24
Die Sitzung findet statt im Dienstgebäude des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, 68165 Mannheim, Schubertstraße 11, Untergeschoss, Sitzungssaal III.
Streitgegenstand: Eine gemeinnützig arbeitende private Werkrealschule begehrt vom Land Baden-Württemberg die Gewährung eines staatlichen Zuschusses und einer im Zusammenhang mit der Lernmittelfreiheit vorgesehenen Ausgleichszahlung nach § 17 PSchG. In Streit steht dabei die Frage, ob die nach der Kopfzahl der aufgenommenen Schüler bemessenen Zuschüsse und Ausgleichszahlungen auch für Schüler zu zahlen sind, die in die private Werkrealschule aufgenommen wurden, ohne dass sie die gemäß § 75 SchG vorgeschriebene Dauer des Grundschulbesuchs erfüllt oder das Ziel der Abschlussklasse der Grundschule erreicht haben.
13.01.2025 - Vorbild Nordrhein-Westfalen: Bekämpfung Organisierter Kriminalität und Terrorismusfinanzierung in Europa
Die Landesregierung wirbt in Europa für eine stärkere Vernetzung der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Organisierter Kriminalität und Terrorismus. Die Ministerien der Finanzen, des Innern und der Justiz haben am Montag, 13. Januar 2025, in einer gemeinsamen Diskussions- und Informationsveranstaltung in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union in Brüssel die Arbeit einer Task Force aus den drei Ressorts vorgestellt. Sie soll durch eine innovative Struktur die Finanzierungsquellen von Organisierter Kriminalität und Terrorismus aufspüren und trockenlegen.
In Nordrhein-Westfalen arbeiten Ermittlungspersonen aus Steuerfahndung, Polizei und Justiz unter dem Dach des Landeskriminalamtes nach dem Prinzip der „zusammengeschobenen Schreibtische“. Die Vernetzung ist ein Erfolgsfaktor bei der Bekämpfung von Organisierter (Wirtschafts-)Kriminalität, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Nordrhein-Westfalen fordert daher die Einrichtung einer grenzüberschreitenden Kooperation von Europol, Europäischer Staatsanwaltschaft und den Ermittlungsbehörden anderer Mitgliedstaaten in neuen festen Strukturen. In Brüssel wurde neben organisatorischen Maßnahmen auch über neue europäische Gesetzes-initiativen für die Ermittlungsarbeit gesprochen.
Minister der Finanzen Dr. Marcus Optendrenk: „Die Geldströme des Terrors und der Organisierten Kriminalität fließen schnell, international und digital. Unsere Fahndungsmethoden brauchen ein Update, damit wir der Spur des Geldes auch in Kryptobörsen und Hawala-Banking folgen können. Und wir dürfen uns keine Reibungsverluste an Staats- oder Zuständigkeitsgrenzen leisten, wenn wir das Geld unserer Bürgerinnen und Bürger effektiv schützen wollen.“
Minister des Innern Herbert Reul: „Strafverfolgung in der Finanzkriminalität ist Teamarbeit. Wenn Ermittlerinnen und Ermittler über den Tellerrand schauen und sich vernetzen, dann kommen wir Kriminellen schneller auf die Schliche. Jeder Baustein hilft, um illegale Geldquellen krimineller Angehöriger von Familienclans oder Rockergruppierungen unter Einbindung von Zoll- und Finanzermittlerinnen und -ermittlern zu identifizieren und auszutrocknen. Deshalb lassen wir nicht nach, immer neue Lösungen zu finden, um illegale Finanzströme zu analysieren und Modi Operandi aufzudecken. Das muss ein europäisches Modell werden.“
Minister der Justiz Dr. Benjamin Limbach: „Kurze Wege, klare Strukturen und geballtes Wissen bei den Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden sind wichtige Erfolgsfaktoren bei der Bekämpfung Organisierter Kriminalität. Mit unserer Task Force haben wir einen schlagkräftigen und gut vernetzten Brückenkopf geschaffen, der alle an einen Tisch bringt und auch in Europa neue Impulse bei der grenzüberschreitenden Ermittlungsarbeit setzen will.“
Hintergrund
Organisierte Kriminalität und Terrorismus haben gemeinsam, dass sie für ihre Aktivitäten auf regelmäßige Einnahmequellen angewiesen sind. Wie die Organisierte Kriminalität benötigt auch der internationale Terrorismus Geld zur Errichtung und Aufrechterhaltung von Netzwerken sowie zur Rekrutierung und Entlohnung von mitwirkenden Personen. Dieses muss naturgemäß verdeckt beschafft werden und stammt regelmäßig aus illegalen Quellen.
Seit 2018 kooperieren Finanz-, Innen- und Justizressort bei der Bekämpfung der Finanzquellen Organisierter Kriminalität und Terrorismus in einer eigens dazu gegründeten Task Force. Sie setzt regelmäßig interdisziplinär ausgerichtete Auswerte- und Analysetools ein, um neue Formen der Tatbegehung aufzudecken und effektive ressortübergreifende Verfolgungskonzepte zu entwickeln.
Die gemeinsamen Ermittlungen führten unter anderem zur Aufdeckung eines internationalen Netzwerks von Untergrund-Banken und Geldwäschekartells, an denen auch andere europäische Ermittlungsbehörden beteiligt waren. Der Ermittlungserfolg wurde im Rahmen einer Fallstudie vorgestellt. Die Zerschlagung des internationalen Netzwerks durch die Task Force zeigt, dass die Vernetzung von Behörden nicht nur landesweit, sondern grenzüberschreitend gelingen kann.
09.01.2025 - Oberlandesgericht Hamm: Anpassung der Gemeinsamen unterhaltsrechtlichen Leitlinien NRW 2025 an Erhöhung des Kindergeldes
Die von den Oberlandesgerichten Düsseldorf, Hamm und Köln am 11.12.2024 gemeinsam veröffentlichten unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2025 sind mit einem geänderten Anhang „Tabelle Zahlbeträge“ versehen worden. Diese Tabelle beziffert die nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils zu zahlenden Kindesunterhaltsbeträge.
Den Zahlbeträgen, die in der „Tabelle Zahlbeträge“ im Anhang II der am 11.12.2024 veröffentlichten Leitlinien NRW aufgeführt waren, lag ein Kindergeld von 250 € zugrunde. Das Kindergeld ist jedoch mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz vom 23.12.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 449) ab Januar 2025 auf 255 € erhöht worden. Die geänderte Zahlbetragstabelle berücksichtigt diese Kindergeldhöhe. Die Leitlinien selbst und ihr Anhang I (Düsseldorfer Tabelle) sind unverändert geblieben.
Die Leitlinien NRW für 2025 mit der geänderten „Tabelle Zahlbeträge“ im Anhang II sind ab sofort auf den Internetseiten der Oberlandesgerichte Düsseldorf, Hamm und Köln (s. Link) abrufbar.
Christina Klein Reesink
Pressedezernentin
Oberlandesgericht Düsseldorf
Daniel Große-Kreul
Pressedezernent
Oberlandesgericht Hamm
Philipp Prietze
Pressedezernent
Oberlandesgericht Köln
09.01.2025 - Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen: Offenbachplatz oder Dirk-Bach-Platz: Bezirksvertretung Köln-Innenstadt ist für die Namensgebung zuständig
Die Bezirksvertretung Köln-Innenstadt ist zuständig für die Benennung des bisher namenlosen Platzes zwischen dem Schauspielhaus Köln und dem Kleinen Haus, der inoffiziell als „kleiner Offenbachplatz“ bezeichnet wurde. Das hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 09.01.2025 entschieden und damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln bestätigt.
Seit 2022 beabsichtigt die klagende Bezirksvertretung Köln-Innenstadt, den „kleinen Offenbachplatz“ als „Dirk-Bach-Platz“ zu benennen. Der Rat der Stadt Köln ist dagegen der Auffassung, er sei für die Namensgebung zuständig. Im September 2023 fasste er den Beschluss, den „kleinen Offenbachplatz“ in den Offenbachplatz einzubeziehen. Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Bezirksvertretung die Feststellung beantragt, dass sie für die Benennung des „kleinen Offenbachplatzes“ zuständig sei. Das Verwaltungsgericht Köln gab der Klage statt.
Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag des beklagten Rates auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil abgelehnt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 15. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Das Verwaltungsgericht hat die Zuständigkeit der Bezirksvertretung für die Benennung des Platzes zu Recht festgestellt. Den maßgeblichen Vorschriften der Gemeindeordnung NRW liegt die Annahme einer prinzipiellen Allzuständigkeit der Bezirksvertretung in bezirklichen Angelegenheiten zugrunde. Der Rat ist nur dann zuständig, wenn die Bedeutung der zu entscheidenden Angelegenheit wesentlich über den Stadtbezirk hinausgeht. Dies unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Ausschlaggebend sind insbesondere Art, Umfang und Bedeutungsgehalt des jeweiligen Entscheidungsgegenstands. Hinreichende Anhaltspunkte für eine wesentlich überbezirkliche Bedeutung der Benennung des „kleinen Offenbachplatzes“ hat der Rat weder dargelegt noch ist eine solche ansonsten erkennbar.
Der Beschluss ist unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln ist damit rechtskräftig.
Aktenzeichen: 15 A 205/24 (I. Instanz: 4 K 5062/23)
09.01.2025 - Oberlandesgericht Düsseldorf: Anpassung der Gemeinsamen unterhaltsrechtlichen Leitlinien NRW 2025 an Erhöhung des Kindergeldes
Pressemitteilung Nr. 1/2025
Die von den Oberlandesgerichten Düsseldorf, Hamm und Köln am 11.12.2024 gemeinsam veröffentlichten unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2025 sind mit einem geänderten Anhang "Tabelle Zahlbeträge" versehen worden. Diese Tabelle beziffert die nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils zu zahlenden Kindesunterhaltsbeträge.
Den Zahlbeträgen, die in der "Tabelle Zahlbeträge" im Anhang II der am 11.12.2024 veröffentlichten Leitlinien NRW aufgeführt waren, lag ein Kindergeld von 250 € zugrunde. Das Kindergeld ist jedoch mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz vom 23.12.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 449) ab Januar 2025 auf 255 € erhöht worden. Die geänderte Zahlbetragstabelle berücksichtigt diese Kindergeldhöhe. Die Leitlinien selbst und ihr Anhang I (Düsseldorfer Tabelle) sind unverändert geblieben.
Die Leitlinien NRW für 2025 mit der geänderten "Tabelle Zahlbeträge" im Anhang II sind ab sofort auf den Internetseiten der Oberlandesgerichte Düsseldorf, Hamm und Köln (s. Link) abrufbar.
Christina Klein Reesink
Pressedezernentin
Oberlandesgericht Düsseldorf
Daniel Große-Kreul
Pressedezernent
Oberlandesgericht Hamm
Philipp Prietze
Pressedezernent
Oberlandesgericht Köln
07.01.2025 - „Grundrechte - mehr als nur Worte“: Fotoausstellung zum Grundgesetz im Landesarbeitsgericht Hamm
„Grundrechte - mehr als nur Worte“: Fotoausstellung zum Grundgesetz im Landesarbeitsgericht Hamm Ab dem 10. Januar 2025 ist im Landesarbeitsgericht Hamm, an der Marker Allee 94, die Ausstellung „Grundrechte - mehr als nur Worte“ zu sehen. Die Ausstellung des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen wurde von Dr. Dirk Gilberg erarbeitet, der Direktor des Arbeitsgerichts Köln und Mitglied des Verfassungsgerichtshofs ist. In großformatigen Fotos mit Begleittexten werden die Grundrechte und ihre alltägliche Bedeutung dargestellt. „Die Ausstellung will Lebensbilder und Verfassungstexte zu einer gedanklichen Einheit fügen. Sie will ihrem Betrachter Verfassungswirklichkeit vor Augen führen, ihn an Einfluss und Wert einer freiheitlichen Verfassung in seiner persönlichen alltäglichen Realität erinnern", so Dr. Dirk Gilberg. Die Ausstellung wird am Freitag, den 10. Januar 2025 um 15:00 Uhr im Rahmen einer Vernissage eröffnet. Dazu ist die interessierte Öffentlichkeit herzlich eingeladen. Grußworte halten die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, Prof. Dr. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb, und der Präsident des Landesarbeitsgerichts, Dr. Holger Schrade. Die Einführung in die Ausstellung erfolgt durch Dr. Dirk Gilberg. Nach ihrer Eröffnung kann die Ausstellung montags bis freitags jeweils von 9:00 bis 15:00 Uhr kostenlos besucht werden. Sie endet am 10. März 2025. Der Zugang erfolgt über die Besucherschleuse am Haupteingang des Gerichtsgebäudes.
02.01.2025 - Wechsel im Pressedezernat des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen
Mit Beginn des Jahres hat Herr Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Wolfgang Thewes seine Tätigkeit als Pressesprecher des Gerichts beendet. Er war seit 2016 Sprecher des Gerichts, nachdem er zuvor in dieser Funktion mehrere Jahre lang als Stellvertreter tätig war. Gerichtspräsident Dr. Siegbert Gatawis hob dessen langjähriges Wirken im Pressedezernat hervor, mit der er die Entscheidungen des Gerichts einem breiten Publikum vermittelt hat. „Als Ansprechpartner für die Medien hat Herr Thewes unser Haus in hervorragender Weise in der Öffentlichkeit repräsentiert, wofür ich ihm ganz herzlich danken und meine Anerkennung aussprechen möchte“. Mit diesen Worten verabschiedete Dr. Gatawis seinen bisherigen Sprecher und stellte zugleich dessen Nachfolger vor.
Neuer Pressesprecher ist Herr Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Dr. Christoph Kuznik, der bisher die Funktion als weiterer stellvertretender Pressesprecher wahrgenommen hat. Seit Anfang 2023 ist er Vorsitzender der 15. Kammer.
Vertreten wird Herr Dr. Kuznik durch Herrn Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Klaus Weisel und Frau Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Jennifer Vogelsang.
Die Kontaktdaten des Pressesprechers und seiner Stellvertreter können auf der Homepage des Gerichts abgerufen werden unter https://www.vg-gelsenkirchen.nrw.de/kontakt/pressesprecher/index.php.
02.01.2025 - Katrin Jungclaus ist neue Präsidentin des Landgerichts Köln
Minister der Justiz Dr. Benjamin Limbach hat Katrin Jungclaus mit Wirkung zum 1. Januar 2025 zur neuen Präsidentin des Landgerichts Köln ernannt. Die 57-jährige Juristin folgt damit auf Roland Ketterle, der Ende Dezember 2024 in den Ruhestand getreten ist.
Katrin Jungclaus begann ihre Laufbahn im richterlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 1996 und wurde im Oktober 1999 zur Richterin am Landgericht in Wuppertal ernannt. Von Dezember 2001 bis Dezember 2005 war sie Referentin und später Referatsleiterin im nordrhein-westfälischen Justizministerium. Sie war für die Juristenausbildung und die Ausbildungs- und Prüfungsangelegenheiten der Justizberufe zuständig. Im April 2004 wurde sie zur Richterin am Oberlandesgericht ernannt. Nach dem Ende ihrer Abordnung an das Ministerium war sie in verschiedenen Zivilsenaten des Oberlandesgerichts Düsseldorf eingesetzt. Daneben war sie ab September 2007 mit der Leitung des Dezernats für Organisation und Kostensachen in der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts betraut. Ab Juli 2011 war sie Vizepräsidentin des Landgerichts Düsseldorf, bevor sie im August 2021 zur Präsidentin des Landgerichts in Kleve ernannt wurde. Neben ihren Verwaltungs- und Leitungsaufgaben war sie dort Vorsitzende einer überwiegend mit zweitinstanzlichen Verfahren befassten Zivilkammer.
Katrin Jungclaus ist verheiratet.
30.12.2024 - Oberlandesgericht Düsseldorf: Neue Düsseldorfer Tabelle für 2025
Die Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2025 ist wegen der Erhöhung des Kindergeldes geändert worden. Die Änderung betrifft die im Anhang in der "Tabelle Zahlbeträge" aufgeführten Beträge, die den nach Abzug des Kindergeldes zu zahlenden Kindesunterhalt beziffern.
Den Zahlbeträgen, die in der am 29.11.2024 veröffentlichten Düsseldorfer Tabelle aufgeführt sind, liegt ein Kindergeld von 250 € zugrunde. Das Kindergeld ist jedoch mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz vom 23.12.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 449) ab Januar 2025 auf 255 € erhöht worden. Demgemäß ist die "Zahlbetragstabelle" neu gefasst und das Berechnungsbeispiel zu Anmerkung C. (Mangelfälle) angepasst worden. Alle übrigen Festlegungen bleiben unverändert.
Die aktualisierte Düsseldorfer Tabelle für 2025 ist ab sofort auf der Internetseite des Oberlandesgerichts Düsseldorf abrufbar.
Dr. Philipp Böcker
Richter am Oberlandesgericht
Tel. (0211) 4971-411
Fax (0211) 4971-641
23.12.2024 - Arbeitsgericht Köln: Unterlassung des Leiharbeitnehmer-Einsatzes im Arbeitskampf
Mit Urteil vom 13.12.2024 hat das Arbeitsgericht Köln in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Klage einer Gewerkschaft auf Unterlassung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern in einem von ihr bestreikten Betrieb als unzulässig abgewiesen.
Die nicht tarifgebundene Verfügungsbeklagte ist eine Verlagsgesellschaft, die im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Beleihung u.a. den elektronischen Bundesanzeiger betreibt. In dem Unternehmen ist neben der Stammbelegschaft – ca. 680 Arbeitnehmer – regelmäßig eine größere Zahl von Leiharbeitnehmern beschäftigt. Die Gewerkschaft hat in letzten 12 Monaten an über 100 Tagen Arbeitskampfmaßnahmen durchgeführt, um einen Haus- und einen Gehaltstarifvertrag zu erstreiken. Ob während dieses Tarifkonflikts der Einsatz von Leiharbeitnehmern zulässig ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Gewerkschaft beruft sich in dem vor dem Arbeitsgericht Köln verhandelten Verfahren auf die Verbotsregelung des § 11 Abs. 5 AÜG. Nach dessen Satz 1 darf der Entleiher Leiharbeitnehmer nicht tätig werden lassen, wenn sein Betrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist. Dieses Verbot gilt nur dann nicht, wenn sichergestellt ist, dass durch die Leiharbeitnehmer weder unmittelbar (§ 11 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 AÜG) noch mittelbar (§ 11 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 AÜG) Tätigkeiten von Streikenden übernommen werden. Die klagende Gewerkschaft meint, die Organisation der beklagten Arbeitgeberin lasse keine strikte Trennung zwischen den Aufgaben der Stammbelegschaft und denen der Leiharbeitnehmer zu.
Die beklagte Arbeitgeberin hat hiergegen im Wesentlichen vorgebracht, dass § 11 Abs. 5 AÜG schon keinen Unterlassungsanspruch zugunsten der Gewerkschaft begründe und auch kein allgemeines Verbot vorsehe, Leiharbeitnehmer in bestreikten Betrieben zu beschäftigen. Die im Gesetz vorgesehen Rechtsfolge eines etwaigen Verstoßes gegen das Einsatzverbot sei ein Bußgeld. Zudem sei durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt, dass Leiharbeitnehmer nicht als sog. „Streikbrecher“ eingesetzt würden.
Das Arbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, dass der Gewerkschaft auf Grundlage des § 11 Abs. 5 AÜG grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch zustehen kann (§§ 823 Abs. 1 und 2, 1004 BGB analog i.V.m. Art 9 Abs. 3 GG und § 11 Abs. 5 AÜG). Dies sei zwar umstritten und Rechtsprechung hierzu existiere bisher nicht, ergebe sich aber aus der Gesetzesbegründung und werde vom überwiegenden Teil der Literatur vertreten.
Das Arbeitsgericht wies die Klage gleichwohl als unzulässig ab. Die Anträge waren teils unbestimmt, teils fehlte das Rechtsschutzbedürfnis, soweit sich der Hauptantrag auf die Vergangenheit bezog. Die beklagte Arbeitgeberin hatte in der mündlichen Verhandlung am 13.12.2024 mitgeteilt, dass der Einsatz der Leiharbeitnehmer für den Rest dieses letzten Streiktags beendet sei. Damit wurde die Forderung der klagenden Gewerkschaft – den Einsatz von Leiharbeitnehmern für den aktuellen Streik vom 09.12 bis 13.12.2024 zu unterlassen – für die Zukunft erfüllt und das begehrte Rechtsschutzziel konnte durch die beantragte Unterlassung nicht (mehr) erreicht werden.
Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 13.12.2024 – 19 Ga 86/24
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.
Die Entscheidung kann demnächst in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE (www.nrwe.de) unter Eingabe des Aktenzeichens aufgerufen werden.
Abou Lebdi
Pressedezernentin
Relevante Vorschriften
Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG)
§ 11 Sonstige Vorschriften über das Leiharbeitsverhältnis
Grundgesetz (GG)
Art. 9
(5) Der Entleiher darf Leiharbeitnehmer nicht tätig werden lassen, wenn sein Betrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Entleiher sicherstellt, dass Leiharbeitnehmer keine Tätigkeiten übernehmen, die bisher von Arbeitnehmern erledigt wurden, die
1. sich im Arbeitskampf befinden oder
2. ihrerseits Tätigkeiten von Arbeitnehmern, die sich im Arbeitskampf befinden, übernommen haben.
Der Leiharbeitnehmer ist nicht verpflichtet, bei einem Entleiher tätig zu sein, soweit dieser durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist. In den Fällen eines Arbeitskampfes hat der Verleiher den Leiharbeitnehmer auf das Recht, die Arbeitsleistung zu verweigern, hinzuweisen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maß-nahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
20.12.2024 - Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil in dem Staatsschutzverfahren gegen ein mutmaßliches Mitglied des IS wegen Mordes und Kriegsverbrechen
Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat heute (20. Dezember 2024) unter Leitung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Jan van Lessen den 33-jährigen irakischen Staatsangehörigen Abdel Baset J.S. wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Von den weiteren Tatvorwürfen hat der Senat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Nach den Feststellungen des Senats schloss sich Abdel Baset J.S. der terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" (IS) an, nachdem die Gruppierung im Juni 2014 in seine irakische Heimatstadt Al Qaim einmarschiert war. Bis zu seiner Flucht aus dem Irak im März 2015 beteiligte er sich als Mitglied der Vereinigung als Angehöriger der IS-eigenen Geheimpolizei "Al Amnien", indem er Menschen in seiner Umgebung ausspionierte und die gewonnenen Informationen an übergeordnete IS-Mitglieder weitergab. Nach einigen Monaten leitete der Angeklagte innerhalb der "Al Amnien" eine Gruppe von zehn Personen. Nachdem sich der militärische Druck auf Al Qaim erhöhte und der Angeklagte vor einer Rückeroberung durch irakisches Militär gewarnt wurde, löste er sich im März 2015 vom IS und flüchtete nach Deutschland.
Bei der Strafzumessung hat der Senat zugunsten des Angeklagten unter anderem berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft ist, seit der Tat zehn Jahre verstrichen sind und er sich freiwillig vom IS gelöst hat.
Zu seinen Lasten fiel ins Gewicht, dass er sich für eine Vereinigung betätig hat, die aufgrund ihrer Größe und ihres brutalen Vorgehens als besonders gefährlich anzusehen ist. Außerdem handelt es sich bei der Geheimpolizei "Al Amnien" um eine besonders gefährliche Untereinheit des IS, die maßgeblich dazu beitrug, totalitäre staatliche Strukturen zu schaffen.
Mit der Anklage waren dem Angeklagten drei weitere Taten vorgeworfen worden. Er soll bei zwei Gelegenheiten an drakonischen öffentlichen Bestrafungsaktionen des IS in Al Qaim mitgewirkt haben, ohne dass die Opfer zuvor Zugang zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren hatten. Dabei seien im ersten Fall Todesurteile eines IS-eigenen Schariagerichts gegen mindestens sechs Gefangene vollstreckt worden. Der Angeklagte soll einen der Gefangenen zum Hinrichtungsort geführt, das Geschehen überwacht und mit einem Schuss aus seiner Pistole in die Luft das Startsignal für die Enthauptung der Gefangenen durch IS-Kämpfer gegeben haben. In dem zweiten Fall soll er mit einer Pistole bewaffnet vor der großen Moschee in Al Qaim das Abhacken der Hand eines vermeintlichen Diebes überwacht haben. Zudem soll er zusammen mit anderen IS-Kämpfern in Al Qaim eine Person festgenommen und gefoltert haben, um Informationen zu erpressen.
Von diesen drei Taten hat der Senat den Angeklagten freigesprochen, da er sich im Ergebnis der Vernehmung mehrerer Zeugen nicht von der Beteiligung des Angeklagten an diesen Taten überzeugen konnte.
In seinem Schlussvortrag hatte der Generalbundesanwalt die Verhängung einer Freiheitsstrafe von acht Jahren gefordert. Nach seiner Wertung kam eine Verurteilung wegen der Beteiligung an der Hinrichtung und der Bestrafung des Diebes, nicht jedoch wegen der Festnahme und Folterung in Betracht. Die Verteidigung beantragte, den Angeklagten freizusprechen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte sowie der Generalbundesanwalt können dagegen Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.
Das schriftliche Urteil wird erst in einigen Wochen vorliegen. Wenn es zugestellt und anonymisiert ist, wird es in die Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de eingestellt werden.
Aktenzeichen: III-6 St 3/24
Christina Klein Reesink
Pressedezernentin
Oberlandesgericht Düsseldorf
Cecilienallee 3
40474 Düsseldorf
Telefon: 0211 4971-411
Fax: 0211 4971-641
E-Mail: Pressestelle@olg-duesseldorf.nrw.de
20.12.2024 - Dr. Christoph Ulrich ist neuer Präsident des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf
Dr. Christoph Ulrich ist am Freitag, 20. Dezember 2024, zum Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ernannt worden. Er folgt auf Brigitte Göttling, die mit Ablauf des Monats August 2024 in den Ruhestand getreten ist.
Dr. Ulrich, geboren am 27. April 1968 in Neuss, legte im September 1997 die zweite juristische Staatsprüfung in Düsseldorf ab. Von Oktober 1997 bis zum Mai 2002 war er als Rechtsanwalt tätig und erwarb den Fachanwaltstitel für Arbeitsrecht, bevor er im Juni 2002 in den Dienst der nordrhein-westfälischen Arbeitsgerichtsbarkeit eintrat. Er wurde im Jahr 2004 zum Richter am Arbeitsgericht ernannt und war erstinstanzlich im Wesentlichen bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingesetzt.
Nach seiner obergerichtlichen Erprobung von Juni 2009 bis Februar 2010 wurde Dr. Ulrich im Oktober 2011 zum Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Düsseldorf ernannt und übernahm den Vorsitz der 9. Kammer. Seit 2013 engagiert er sich in der Verwaltung des Landesarbeitsgerichts. Von April 2017 bis Ende 2019 war er an den Zentralen IT-Dienstleister der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen bei dem Oberlandesgericht Köln (ITD NRW) teilabgeordnet und baute dort die Verfahrenspflegestelle EUREKA-Fach auf. Als langjähriger IT-Dezernent des Landesarbeitsgerichts gestaltete er die Digitalisierung des Geschäftsbereichs bis hin zur Einführung der elektronischen Akte maßgeblich mit. Seit 2020 führte Dr. Ulrich das Dezernat 1, das im Wesentlichen die Personalangelegenheiten der Richterinnen und Richter umfasst, die IT- sowie die Bau- und Liegenschaftsangelegenheiten. Mit Wirkung vom 1. April 2023 wurde Dr. Ulrich zum Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ernannt. Zusätzlich zu den Verwaltungsaufgaben hatte er den Vorsitz des 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts inne.
Dr. Ulrich ist verheiratet und Vater zweier Kinder.