Den Abschluss der Beratungen des Haushaltsentwurfs der Bundesregierung bildete die sogenannte Schlussrunde zum Haushaltsgesetz 2026 (21/600) am Freitag, 26. September 2025, die einen Rückblick auf die in der Haushaltswoche stattgefundenen Beratungen bot. Nach der 90-minütigen Debatte wurde der Gesetzentwurf mit sämtlichen Einzelplänen und dem Finanzplan 2025 bis 2029 (21/601) zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen. Minister: Der Status quo ist unser Gegner Eröffnet wurde die Debatte von Finanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD). Er ging dabei auf die geplanten Rekordinvestitionen ein, die nun „transparent und schnell ins Land“ zu bringen seien. Dafür kündigte er ein baldiges Infrastrukturbeschleunigungsgesetz an, mit dem Investitionsprojekte als überragendes öffentliches Interesse definiert werden sollen. Dass Deutschland das könne, beweise beispielsweise, dass es gelungen sei, innerhalb von zwölf Monaten eine Munitionsfabrik zu bauen. „Wir müssen mehr wollen“, forderte Klingbeil angesichts „geoökonomischer Umbrüche“. Der Finanzminister sagte: „Der Status quo ist unser Gegner.“ Er sprach von Reformen, Bürokratieabbau und davon, den Sozialstaat effizienter zu machen. Außerdem wies er abermals auf die anstehende „Mammutaufgabe“ mit Blick auf den Haushalt 2027 hin, in dem sich schon jetzt eine Finanzlücke von rund 30 Milliarden Euro abzeichnet. Nötig seien weitere Reformen, forderte Klingbeil und sagte: „Ich weiß gar nicht, wann Politik den Mut verloren hat, den Menschen etwas zuzumuten.“ AfD: Der Staat muss restrukturiert werden Die bestehende Wirtschaftskrise thematisierte auch Dr. Michael Espendiller, der für die AfD-Fraktion sprach. Er wies auf den Stellenabbau beim Automobilzulieferer Bosch hin. Dieser plant, 13.000 Stellen in Deutschland zu streichen. „Die Krise in der Auto- und Zulieferindustrie spitzt sich weiter zu“, warnte Espendiller. Es handele sich um eine Standortkrise des Wirtschaftsstandorts Deutschland, mahnte er. „Sie haben alle den Gong einfach noch nicht gehört“, warf Espendiller den anderen Fraktionen vor. „Wir sind mit Deutschland in der genau gleichen Situation wie Bosch.“ Der Staat müsse regelrecht restrukturiert werden. Espendiller kritisierte, dass der angekündigte Herbst der Reformen „einfach abgesagt“ worden sei. CDU/CSU: Finanzhilfen wieder zurückführen Dr. Yannick Bury verwies für die CDU/CSU-Fraktion darauf, dass der Haushaltsentwurf 2026 eine Stärkung der inneren und äußeren Sicherheit beinhalte. Das Innenministerium erhalte 800 Millionen Euro mehr, die Bundeswehr 20 Milliarden Euro mehr. Zusätzlich werde es Entlastungen geben, etwa für Arbeitnehmer mit einer höheren Pendlerpauschale oder für arbeitende Rentner mit der Aktivrente. „All das braucht dieses Land jetzt“, sagte Bury. Deutschland erlebe nicht nur eine konjunkturelle, sondern eine strukturelle Wachstumsschwäche. Die Lage am Arbeitsmarkt sei angespannt. Deshalb forderte er, den Standort „wieder wettbewerbsfähig“ zu machen. Das betreffe die Kosten. „Richtig ist, dass der Status quo in den sozialen Systemen unser Gegner ist.“ Es sei ferner an der Zeit, die in den vergangenen Jahren „rasant“ gestiegenen Finanzhilfen wieder zurückzuführen. Schließlich hätten die Verschuldungsmöglichkeiten Deutschlands „ökonomische Grenzen“. Grüne fordern "Stromsteuersenkung für alle" Für Jamila Schäfer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen steckt aber noch „zu viel Status quo in diesem Haushalt“. Sie plädierte unter anderem für Investitionsprämien in erneuerbare Energien und mehr Investitionen in Bildung. Außerdem könne ein größerer Ansatz für humanitäre Hilfe als im Haushaltsentwurf der Bundesregierung veranschlagt zu mehr Stabilität in der Welt beitragen, befand sie. Ferner verlangte sie mehr Mittel für den Klimaschutz. „Wir fordern das nicht, weil es unser privates Hobby ist, sondern weil es notwendig ist.“ Die Erderwärmung sei wissenschaftlich belegt. „In diesem Jahrzehnt entscheidet sich, ob wir ökologische Kipppunkte erreichen“, warnte Schäfer. Drei Grad an Erderwärmung bis 2050 seien denkbar. Schäfer forderte ein bezahlbares Deutschlandticket, einen Zukunftsplan für die Bahn und günstigere Strompreise, etwa über „eine Stromsteuersenkung für alle“, damit sich jeder saubere Energie leisten könne. Im Haushaltsentwurf der Regierung seien Wärmenetze, die Schiene und die Klimaanpassung der Kommunen dagegen unterfinanziert. Linke für eine höhere Erbschaftsteuer Für die Fraktion Die Linke kritisierte Dr. Dietmar Bartsch den Zustand der Koalition: „Sie scheitern an den irdischen Dingen, und der Verteidigungsminister kündigt an, 35 Milliarden Euro ins All zu schießen. Ihre Politik ist nicht von dieser Welt. Ihr Wachstum ist ein Phantasiegebilde.“ 600 Milliarden Euro wolle die Koalition bis 2029 in die Bundeswehr investieren. Das prognostizierte Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent sei deshalb lediglich ein „Wachstum der Rüstungskonzerne“. Bartsch sprach von einer „schweren Wirtschaftskrise“, deren Ursachen die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) benannt habe: Handelskonflikte, hohe Energiepreise, geostrategische Probleme. „Der Sozialstaat ist kein Grund“, erklärte Bartsch. Er warnte davor, das Renteneintrittsalter zu erhöhen: „Aus dem Herbst der Reformen würde ein Winter der Rentenkürzung.“ Stattdessen plädierte er dafür, die Erbschaftsteuer zu erhöhen. SPD rügt AfD-Pläne zur Kürzung von Fördermitteln Dr. Thorsten Rudolph knöpfte sich für die SPD-Fraktion die Einsparvorschläge der AfD-Fraktion vor. Diese wolle bei den Medien sparen, etwa der Deutschen Welle. „Man kann der AfD nicht vorwerfen, dass das Ziel ihrer Angriffe nicht klar ist.“ Auch bei Projekten der Kirchen oder der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sowie Geldern für Feuerwehrverbände oder Jugendorganisationen wolle die AfD streichen. „Wer so kürzt, greift mitten ins Herz unseres gesellschaftlichen Miteinanders“, befand Rudolph und stellte die Frage: „Wen mag die AfD noch weniger als die Kirchen und die Zivilgesellschaft? Antwort: das Handwerk und den Mittelstand.“ Der Sozialdemokrat zählte daraufhin AfD-Kürzungspläne von Fördermitteln in diesem Bereich auf. Die AfD ziele so auf die Unternehmen, die Deutschland am Laufen hielten. Auch beim Zukunftsprogramm für die Automobilindustrie wolle die AfD sparen. „Die AfD nimmt das Ende einer Schlüsselindustrie in Deutschland billigend in Kauf“, erklärte Rudolph. Er verwies ferner auf AfD-Kürzungsvorschläge bei den Bezügen von Soldaten und beim Bundesnachrichtendienst sowie auf die Abwicklung des Klimaschutzes. Die Haushaltspolitik der AfD bedeute folglich „wirtschaftliche Lähmung, gesellschaftliche Verarmung und internationale Isolierung“. Ausgaben in Höhe von 520,5 Milliarden Euro geplant Der Entwurf der Bundesregierung sieht für 2026 Ausgaben in Höhe von 520,5 Milliarden Euro vor. Im Jahr 2025 stehen 502,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Als Investitionen sind 56,1 Milliarden Euro ausgewiesen (2025: 62,7 Milliarden Euro). Als Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Haushaltsjahre sind Mittel in Höhe von insgesamt 430,0 Milliarden Euro eingeplant. 48,0 Milliarden Euro davon sollen 2027 fällig werden. Den Gesamtausgaben stehen Einnahmen in gleicher Höhe gegenüber. Davon entfallen laut Planung 384,0 Milliarden Euro auf Steuereinnahmen (2025: 386,0 Milliarden Euro) und 23,0 Milliarden Euro auf Verwaltungseinnahmen (2025: 27,0 Milliarden Euro). Die Nettokreditaufnahme liegt mit 89,9 Milliarden Euro über dem Vorjahresniveau von 81,8 Milliarden Euro. Die zulässige Kreditaufnahme nach dem Grundgesetz beträgt laut Entwurf 35,6 Milliarden Euro und wird annähernd vollständig in Anspruch genommen. Weitere 97,4 Milliarden Euro Neuverschuldung werden mit der Bereichsausnahme in Artikel 115 Absatz 2 Satz 4 Grundgesetz begründet. Demnach werden bestimmte Ausgaben im Sicherheits- und vor allem im Verteidigungsbereich, die ein Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts des vorangegangenen Jahres überschreiten, von der Schuldenregel des Grundgesetzes ausgenommen. (bal/hau/26.09.2025)