RG, 15.02.1884 - II 428/83
Ist Revision statthaft gegen ein Urteil, welches, nach Erledigung der Hauptsache, nur noch über die Frage, ob Prozeßzinsen zuzusprechen seien, entscheidet, falls diese Zinsen den Betrag von 1500 M überschreiten?
Tatbestand
Die M. A. Feuerversicherungsgesellschaft wurde durch ein in der Berufungsinstanz bestätigtes Urteil des Landgerichtes F. zur Zahlung einer Brandentschädigung von 28451 M mit Zinsen vom Tage der Klage verurteilt. Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes eingelegte Revision wurde, was die Hauptsache betrifft, zurückgewiesen, jedoch, was den Zuspruch von Prozeßzinsen betrifft, als begründet erachtet, weil durch die Versicherungsbedingungen solche Zinsen ausgeschlossen waren und die Gründe des Berufungsrichters nicht genügten, die Nichtbeachtung dieser Vertragsbestimmung zu rechtfertigen. Bei wiederholter Aburteilung nach Zurückverweisung der Sache, erließ das Berufungsgericht betreffs der Prozeßzinsen, welche mehr als 3000 M betrugen, die nämliche Entscheidung. Die dagegen eingelegte Revision wurde als unstatthaft verworfen aus folgenden Gründen:
Gründe
"Zunächst ist von Amts wegen die Frage der Zulässigkeit der Revision zu prüfen. Sie ist zu verneinen.
Durch das frühere Urteil des Reichsgerichtes vom 9. Februar 1883 wurde der Rechtsstreit, was die Hauptforderung betrifft, endgültig erledigt, und das jetzt angefochtene Berufungsurteil befaßt sich nur noch mit der Frage, ob, trotz entgegenstehender Klausel der Versicherungsbedingungen, Prozeßzinsen zuzusprechen seien.
Es kann nun in vorliegender Sache dahingestellt bleiben, ob Zinsen, Früchte etc, welche im Rechtsstreite ursprünglich als Nebenforderungen geltend gemacht waren (§. 4 C.P.O.), diese Eigenschaft verlieren und für Berechnung der Revisionssumme als Hauptforderungen in Betracht kommen, wenn sie nach Erledigung der Hauptsache den Gegenstand gesonderter Aburteilung bilden; denn wollte man auch diese Frage mit dem I. Civilsenate1 im allgemeinen bejahen, so würde doch hieraus für den besonderen Fall, daß Zinsen, Früchte etc, die erst im Laufe des Rechtsstreites erwachsen, in Frage stehen, nichts Entscheidendes zu folgern sein. Für diesen Fall ist vielmehr die nach §. 508 Abs. 2 C.P.O. auch bei Berechnung des Wertes des Beschwerdegegenstandes, anwendbare Bestimmung des §. 4 a. a. O. maßgebend, daß für die Wertsberechnung der Zeitpunkt der Erhebung der Klage entscheidend sei.
Hiernach ist es als Wille des Gesetzes zu erachten, daß Zinsen, Früchte etc, welche erst nach Erhebung der Klage, im Laufe des Rechtsstreites, erwachsen, nicht nur bei der Frage der Zuständigkeit, sondern auch bei der Frage der Zulässigkeit, der Revision ganz außer Betracht bleiben sollen, woraus folgt, daß Urteile, welche lediglich Nebenforderungen dieser Art zum Gegenstande haben, soweit es auf eine Revisionssumme ankommt, der Revision überhaupt nicht unterliegen.
Zwar ist in dem oben angeführten Urteile des I. Civilsenates, sowie in einem Urteile der vereinigten Civilsenate vom 29. Sept. 18822 nebenbei in den Gründen bemerkt: es sei nicht der im §. 4 a. a. O. genannte Zeitpunkt der Erhebung der Klage, sondern ein anderer entsprechender Zeitpunkt für die Wertsberechnung bei der Revisionssumme maßgebend; allein dieser Ansicht kann nicht beigepflichtet werden. Schon der Umstand, daß nur ganz unbestimmt auf irgend einen anderen entsprechenden Zeitpunkt verwiesen werden konnte, läßt erkennen, daß man beim Verlassen des vom Gesetze mit klaren Worten gegebenen Standpunktes ins Haltlose und Willkürliche geraten würde."