Am Vortag des Internationalen Aktionstages „NEIN zu Gewalt an Frauen“ fand am Montag, 24. November 2025, im Ausschuss für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein öffentliches Fachgespräch unter dem Titel „Gemeinsam Gewalt gegen Frauen verhindern“ statt. Dabei forderten die geladenen Sachverständigen unter anderem einen zügigen Ausbau von Frauenhausplätzen, die Umsetzung des geplanten Gewaltschutzgesetzes der Bundesregierung, eine stärkere Beachtung der Gefahr durch frauenfeindliche Inhalte im Netz und eine Reform des Sexualstrafrechts entsprechend den Vorgaben der Istanbul-Konvention. "Möglichst niedrigschwelliger Zugang zu Frauenhäusern" Esther Bierbaum von der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF) forderte einen Zugang für alle, „der sicher, schnell, unbürokratisch und bedarfsgerecht ist“. Zudem müsse der Zugang zu Frauenhäusern möglichst niedrigschwellig sein. „24 Stunden 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr“, sagte Bierbaum. Die Gewährleistung von Schutz und Beratung müsse außerdem den Schutz für alle Frauen beinhalten, einschließlich trans-, intergeschlechtlicher und nicht-binärer Personen sowie auch älterer Frauen und ebenso von Frauen mit Behinderungen. Besonders berücksichtigt werden müsse dabei eine intersektionale Perspektive im Gewaltschutz, sagte die ZIF-Vertreterin, die zugleich einen zügigen Ausbau von Frauenhausplätzen, orientiert an den Empfehlungen der Istanbul-Konvention forderte. „Es bedarf an dieser Stelle keiner erneuten Bedarfsanalysen“, betonte sie. Es fehlten schlichtweg Frauenhausplätze. "Gewalt gegen Frauen hat verschiedene Gesichter" Bianca Biwer, Bundesgeschäftsführerin beim Opferhilfeverein Weißer Ring, sagte, Gewalt gegen Frauen habe verschiedene Gesichter. Biwer benannte beispielhaft die häusliche Gewalt, Femizide und die digitale Gewalt. Bei der häuslichen Gewalt nenne das „Hellfeld“ 266.000 vom Bundeskriminalamt registrierte Fälle 2024. Gerade bei häuslicher Gewalt gebe es aber ein gewaltiges Dunkelfeld durch die Beziehung zu den Tätern, durch Scham und die Hürden für Betroffene. Gleichzeitig sei festzustellen, dass Verurteilungen bei Tätern häuslicher Gewalt selten seien und das Strafmaß milde sei. Ein besonders gravierendes Problem für die betroffenen Frauen sei es auch, dass Familiengerichte im Falle einer Trennung meist urteilten, „dass der Täter regelmäßigen Umgang mit seinen Kindern haben darf“, sagte Biwer. Insofern müsse die Frau weiterhin Kontakt mit dem Kindesvater halten. Die im Gewaltschutzgesetz der Bundesregierung geplante bundesweite elektronische Fußfessel begrüßte sie ebenso wie weitere darin enthaltene Verschärfungen. Der Bundestag sollte der Regelung zustimmen, sagte Biwer. "Vorrang für Schutz vor Gewalt" „Häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen findet mitten unter uns statt“, sagte Sibylle Schreiber vom Verein Frauenhauskoordinierung. Täter seien „Menschen wie unsere Nachbarn, vielleicht der Partner unserer alten Schulfreundin oder der nette Steuerberater“. Dass dies immer noch geschehe, liege in der Verantwortung aller. Habe eine Frau den Mut, sich Schutz und Beratung zu suchen, so werde sie aktuell im Stich gelassen. Sie müsse wochenlang auf einen persönlichen Beratungstermin warten und telefoniere sich die Finger wund, um einen freien Frauenhausplatz in ihrer Nähe zu finden. Mit der Flucht ins Frauenhaus riskierten Frauen zudem nicht selten das Sorge- und Umgangsrecht für ihre Kinder. Grundsätzlich müsse der Schutz vor Gewalt Vorrang vor Sorge- und Umgangsrechten des gewalttätigen Elternteils haben, forderte Schreiber. „Einschränkungen oder der Ausschluss des Umgangsrechts muss bei häuslicher Gewalt zukünftig selbstverständlich sein“, sagte sie. "Mittel für den Vollzug in die Täterarbeit stecken" „Jeder Femizid kostet eine Million Euro“, sagte Uwe Stürmer, Polizeipräsident von Ravensburg. Er plädierte dafür, dass man die Mittel, die für den Vollzug verwendet werden, in die Täterarbeit steckt. Es brauche eine stärkere Professionalisierung. „Für mich muss die Rechtsgüterabwägung zwischen dem Schutz des Lebens und den Eingriffen, die den Tätern zugemutet werden können, neu illustriert werden“, sagte Stürmer. Man könne mit kurzfristigen Maßnahmen einiges tun. „Es muss aber das Bewusstsein Platz greifen, dass das Tötungsdelikte sind, die in archaischen Besitzansprüchen ihre Ursache haben, die tief verwurzelt sind“, befand er. Seiner Ansicht nach ließe sich zum Schutz der Opfer viel mehr tun. „als darauf zu vertrauen, dass es gut ausgeht“. "Ein fehlendes Nein ist kein Einverständnis" Sina Tonk vom Frauenschutzverein Terre des Femmes forderte eine ganzheitliche Schutz- und Präventionsstrategie, „die ausreichend finanziert ist“. Weiterhin vereinzelt Pflaster auf ein strukturelles Problem dieses Ausmaßes zu kleben, verfehle das Ziel deutlich. „Es vermehrt das Leid von Betroffenen und verursacht jedes Jahr mehr Kosten und Folgekosten.“ Gewaltschutz müsse vor Umgangs- und Sorgerecht gehen, sagte Tonk. Gewalttätigen Vätern müsse der Umgang mit den Kindern sofort entzogen werden. Die Terre-des-Femmes-Vertreterin sprach sich auch für eine Reform des Sexualstrafrechts aus. „Nein heißt Nein“ sei richtig und wichtig gewesen, machte sie deutlich. Es müsse aber nun ein Schritt weitergegangen werden und der Grundsatz „Ja heißt Ja“ gesetzlich verankert werden. Dieser notwendige Paradigmenwechsel setze ein klares Zeichen. Einvernehmlicher Sex müsse klar auf einer frei gegebenen, jederzeit widerrufbaren Zustimmung der beteiligten Personen beruhen. „Ein fehlendes Nein ist kein Einverständnis“, machte sie deutlich. (hau/25.11.2025)
Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat sich am Montag, 24. November 2025, in einer öffentlichen Anhörung mit der Beschleunigung der Verfügbarkeit und der Rahmenbedingungen für den Wasserstoffhochlauf beschäftigt. Dazu lag ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung vor (21/2506). Die Mehrheit der Sachverständigen forderte Tempo bei der Verabschiedung und Umsetzung des Gesetzes sowie die Erweiterung des Anwendungsbereiches auf alle für den Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes notwendigen Maßnahmen. "Schnell verabschieden und zügig umsetzen" Dr. Kirsten Westphal, Mitglied der Hauptgeschäftsführung Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), erwartet eine schnelle Verabschiedung und zügige Umsetzung des Gesetzes. "Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber das Momentum nutzt, um einen breiten Anwendungsrahmen in der aktuellen initialen Phase des Wasserstoffhochlaufs zu schaffen, der die Grundlage für den beschleunigten Aufbau der Wertschöpfungsinfrastruktur darstellt", sagte Westphal. Neben Tempo plädiert der BDEW auch dafür, "den Anwendungsbereich zu erweitern". Dies gelte vor allem für die Berücksichtigung von kohlenstoffarmem Wasserstoff. "Kohlenstoffarmer Wasserstoff ist unabdingbar für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und die Transformation des Industriestandortes Europa", unterstrich Westphal. Daher sollten Anlagen zur Erzeugung des kohlenstoffarmen Wasserstoffs in den Anwendungsbereich des Gesetzes aufgenommen werden. Kohlenstoffarmer Wasserstoff umfasst unterschiedliche Produktionsmethoden wie die Herstellung aus fossilen Brennstoffen mit nachfolgender Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) oder -nutzung (CCU) sowie die Elektrolyse mit Strom aus Kernenergie. "Anwendungsbereich ausweiten" Hauke Dierks, Referatsleiter Umwelt- und Rohstoffpolitik bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), unterstützte diese Forderung. "Der Anwendungsbereich sollte deshalb auf alle Zulassungsverfahren von Vorhaben deutlich ausgeweitet werden, die Wasserstoff oder seine Derivate herstellen, speichern, transportieren oder verwenden. Also alle mit dem Hochlauf der Wasserstoffinfrastruktur verbundenen Vorhaben", betonte Dierks. Außerdem sollten die Beschleunigungsverfahren für Sonderregelungen – wie Fristverkürzungen, Zentralisierung sowie Digitalisierung von Verfahrensschritten – für alle Genehmigungsverfahren für Wasserstoffprojekte in das Gesetz aufgenommen werden. "Erdgasversorgung weiterhin sicherstellen" Barbara Fischer, Geschäftsführerin der Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas (FNB), ein Zusammenschluss der überregionalen deutschen Fernleitungsnetzbetreiber, übte Kritik. Fischer bemängelte, der Gesetzentwurf berücksichtige "nicht oder ungenügend Regelungsinhalte, die insbesondere für den Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes wichtig sind". Dabei sei es besonders wichtig, dass "der Gesetzgeber die Erweiterung des Anwendungsbereiches stringent auf alle für den Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes notwendigen Maßnahmen ausweitet". So müsse trotz der Umstellung der Leitungen von Erdgas auf Wasserstoff die Erdgasversorgung im verbleibenden Erdgasnetz weiterhin sichergestellt werden. Um dies zu gewährleisten, seien sogenannte erdgasverstärkende Maßnahmen erforderlich. So müssten beispielsweise Anschlussnehmer, die an eine umzustellende Gasleitung angeschlossen sind und weiter mit Gas versorgt werden müssen, erst über eine andere Leitung an das Gasnetz angebunden werden, um die Umstellleitung für den Wasserstofftransport "freizumachen". "Diese erdgasverstärkenden Maßnahmen müssen zwingend vor der Umstellung durchgeführt werden", forderte Fischer. "Weitere politische Signale nötig" Auch Dr. Andre Brauner, Leiter des Liegenschafts- und Planungsrechts der Open Grid Europe GmbH, forderte, den Anwendungsbereich des Gesetzes dahingehend zu erweitern, dass der Aufbau aller Wasserstoffinfrastrukturen in der Hochlaufphase beschleunigt werden kann. "Über die Beschleunigung hinaus sind weitere politische Signale nötig, um einen wettbewerbsfähigen Wasserstoffmarkt entstehen zu lassen", sagte Brauner. Er verlangte "Instrumente und Regulatorik, die sinkende Erzeugungskosten und einen starken Nachfrageimpuls ermöglichen". Dazu sollten europäische Regeln für die Produktion von erneuerbarem und kohlenstoffarmen Wasserstoff angepasst werden. Außerdem brauche es "die Förderung der Anwendung in der Industrie und eine ambitionierte Kraftwerksstrategie". "Umsetzung vieler Projekte stockt" Prof. Dr. Mario Ragwitz, Institutsleiter der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien IEG und Koordinator Entwicklung Transport und Speicherung von Wasserstoff (Transhyde), wies darauf hin, dass aktuell die Umsetzung vieler Projekte zur Wasserstoffnutzung aufgrund einer mangelnden Wirtschaftlichkeit stocke. Der vorliegende Gesetzentwurf baue zwar hemmende Faktoren des Wasserstoffhochlaufs ab, vor allem bei Erzeugung und Infrastrukturen. "Mindestens ebenso wichtig ist es aber auch, dass zusätzlich fördernde Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Nachfrage zu stimulieren", forderte Ragwitz. Die Wasserstoffnutzung in der Stahlerzeugung, der Chemie und bei Hochtemperatur-Anwendungen erfordere einen CO2-Preis von deutlich mehr als 200 Euro pro Tonne und sei somit ohne gezielte Instrumente mittelfristig nicht wirtschaftlich. "Daher ist die zentrale Voraussetzung für den Hochlauf der Wasserstoffnutzung die stringente und fokussierte Förderung einzelner, strategisch relevanter Nachfragesegmente", sagte Ragwitz. "Gesamtkonzept des Bundes zur Energiewende fehlt" Dr. Klaus Ritgen von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände kritisierte, "dass es an einem Gesamtkonzept des Bundes zur Energiewende fehlt". Auch dieser Gesetzentwurf stelle letztlich nur ein Stückwerk in einer Vielzahl von kleinteiligen Gesetzen dar. Notwendig sei stattdessen ein Gesamtkonzept, das die verschiedenen Aspekte einer von erneuerbaren Energien getragenen Energiewende zusammenbringe, Wertschöpfung vor Ort erhalte, Akzeptanz schaffe und die zentralen Funktionen der Kommunen berücksichtige. Trotz des Gesetzentwurfs blieben "grundlegende Herausforderungen für den Wasserstoffhochlauf bestehen". Es bedürfe insbesondere ausreichender finanzieller Mittel und Finanzierungsmechanismen, um die nationale Wasserstoffstrategie erfolgreich umsetzen zu können. "Komplette Umstellung auf grünen Wasserstoff gewährleisten" Noch grundsätzlicher fiel die Kritik von Alexander Kräß, Referent für Klima- und Energiepolitik beim Deutschen Naturschutzring (DNR), aus. Der Vorschlag ziele darauf ab, vor allem die Infrastruktur zu beschleunigen. "Mit dem ,überragenden öffentlichen Interesse' sollen dabei demokratische Beteiligungsrechte reduziert und Umweltstandards abgeschwächt werden", sagte Kräß. Ein überragendes öffentliches Interesse könne nicht gegeben sein, wenn das Gesetz sowohl grünen als auch fossilen Wasserstoff fördere. "Hier braucht es konkrete Maßnahmen, um eine komplette Umstellung auf grünen Wasserstoff mittel- und langfristig zu gewährleisten", forderte Kräß. Zudem müssten die Auswirkungen der jeweiligen Technologien auf den Wasserhaushalt noch genauer Berücksichtigung finden. "Ohne grünen Wasserstoff keine Energiewende" Anke Mönnig, stellvertretende Bereichsleiterin der Abteilung Wirtschaft und Soziales bei der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS), betonte: „Ohne grünen Wasserstoff wird es keine Energiewende und keine Dekarbonisierung der Wirtschaft geben." Die Investitionen in grüne Wasserstofftechnologien könnten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern schaffen. Mönnig forderte, "weitere Maßnahmen zu ergreifen, um einen erfolgreichen Wasserstoffhochlauf zu ermöglichen wie beispielsweise die Schaffung grüner Leitmärkte“. (nki/24.11.2025)