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EuGH, 14.12.1991 - Gutachten 1/91

Daten
Fall: 
EWR-I
Fundstellen: 
EuGH Slg. 1991, I-6079
Gericht: 
Europäischer Gerichtshof
Datum: 
14.12.1991
Aktenzeichen: 
Gutachten 1/91
Entscheidungstyp: 
Gutachten
Stichwörter: 
  • Gutachten, erstattet auf der Grundlage von Artikel 228 Absatz 1 Unterabsatz 2 EWG-Vertrag - Entwurf eines Abkommens zwischen der Gemeinschaft einerseits und den Ländern der Europäischen Freihandelsassoziation andererseits über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums.

Leitsätze

1. Die wörtliche Übereinstimmung der Bestimmungen des Abkommens über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums mit den entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen bedeutet nicht, daß beide notwendigerweise gleich auszulegen sind. Ein völkerrechtlicher Vertrag ist nämlich nicht nur nach seinem Wortlaut, sondern auch im Lichte seiner Ziele auszulegen.

Was die Ziele des Abkommens und diejenigen des Gemeinschaftsrechts angeht, ist festzustellen, daß das Abkommen auf die Anwendung einer Freihandels- und Wettbewerbsregelung in den Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien gerichtet ist. Für die Gemeinschaft dagegen hat sich eine solche Regelung in der Rechtsordnung der Gemeinschaft, deren Ziele über das mit dem Abkommen verfolgte Ziel hinausgehen, entwickelt und fügt sich in diese ein. Der EWG-Vertrag strebt nämlich eine wirtschaftliche Integration an, die in einen Binnenmarkt und in eine Wirtschafts- und Währungsunion mündet; die Gemeinschaftsverträge in ihrer Gesamtheit verfolgen das Ziel, zu konkreten Fortschritten auf dem Wege zur Europäischen Union beizutragen.

Auch der Zusammenhang, in den sich das Ziel des Abkommens einfügt, ist ein anderer als der, in dem die gemeinschaftlichen Ziele verfolgt werden. Der Europäische Wirtschaftsraum ist auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Vertrags zu verwirklichen, der Rechte und Pflichten nur zwischen seinen Vertragsparteien begründet und keine Übertragung von Souveränitätsrechten auf die mit ihm eingesetzten zwischenstaatlichen Organe vorsieht. Dagegen stellt der EWG-Vertrag, obwohl er in der Form einer völkerrechtlichen Übereinkunft geschlossen wurde, nichtsdestoweniger die grundlegende Verfassungsurkunde einer Rechtsgemeinschaft dar. Die Gemeinschaftsverträge haben eine neue Rechtsordnung geschaffen, zu deren Gunsten die Mitgliedstaaten ihre Souveränitätsrechte eingeschränkt haben und deren Rechtssubjekte nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch deren Bürger sind. Die wesentlichen Merkmale der so verfaßten Rechtsordnung der Gemeinschaft sind ihr Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten und die unmittelbare Wirkung zahlreicher für ihre Staatsangehörigen und für sie selbst geltender Bestimmungen.

Hieraus ergibt sich, daß die Homogenität der Rechtsnormen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum nicht dadurch gewährleistet ist, daß die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts inhaltlich oder in ihrem Wortlaut mit den entsprechenden Bestimmungen des Abkommens übereinstimmen.

Sie ist auch nicht durch den in dem Abkommen vorgesehenen Mechanismus für die Auslegung der Regeln des Abkommens gewährleistet, wonach diese Regeln im Einklang mit den Entscheidungen des Gerichtshofes zu den entsprechenden Regeln des Gemeinschaftsrechts auszulegen sind. Zum einen betrifft dieser Mechanismus nur die bis zum Tag der Unterzeichnung des Abkommens ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofes; wegen des evolutiven Charakters dieser Rechtsprechung wird dies zu Schwierigkeiten führen. Obwohl aus dem Abkommen nicht hervorgeht, ob es sich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes in ihrer Gesamtheit und insbesondere die Rechtsprechung zur unmittelbaren Wirkung und zum Vorrang des Gemeinschaftsrechts bezieht, ergibt sich zum anderen aus einem Protokoll zu dem Abkommen, daß sich die Vertragsparteien lediglich verpflichten, in ihre jeweilige Rechtsordnung eine Rechtsvorschrift aufzunehmen, die den Bestimmungen des Abkommens Vorrang vor entgegenstehenden Rechtsvorschriften einräumt, so daß sich die Beachtung der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht auf wesentliche Elemente dieser Rechtsprechung erstreckt, die mit den spezifischen Merkmalen des Abkommens unvereinbar sind.

2. Der EWR-Gerichtshof ist zuständig für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung oder die Anwendung des Abkommens und kann sich also veranlaßt sehen, den Begriff Vertragspartei auszulegen, der sich, was die Gemeinschaft angeht, je nach Lage des Falles auf die Gemeinschaft, auf die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten oder auf die Mitgliedstaaten allein bezieht. Der EWR-Gerichtshof wird daher über die jeweiligen Befugnisse der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten auf den durch die Bestimmungen des Abkommens geregelten Gebieten zu entscheiden haben. Die Übertragung dieser Zuständigkeit ist mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar, denn sie ist geeignet, die in den Verträgen festgelegte Zuständigkeitsordnung und die Autonomie des Rechtssystems der Gemeinschaft zu beeinträchtigen, deren Wahrung nach Artikel 164 EWG-Vertrag ausschließlich der Gerichtshof sichert, da sich die Mitgliedstaaten durch Artikel 87 EGKS-Vertrag und Artikel 219 EWG-Vertrag verpflichtet haben, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verträge nicht anders als in ihnen vorgesehen zu regeln.

3. Sieht ein von der Gemeinschaft geschlossenes internationales Abkommen ein eigenes Gerichtssystem mit einem Gericht vor, das für die Regelung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien dieses Abkommens und damit für die Auslegung seiner Bestimmungen zuständig ist, so sind die Entscheidungen dieses Gerichts für die Organe der Gemeinschaft, einschließlich des Gerichtshofes verbindlich, und zwar auch dann, wenn der Gerichtshof über die Auslegung des Abkommens als Bestandteil der Rechtsordnung der Gemeinschaft zu entscheiden hat.

Ein internationales Abkommen, das ein solches Gerichtssystem vorsieht, ist grundsätzlich mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, da die Zuständigkeit der Gemeinschaft im Bereich der internationalen Beziehungen und ihre Fähigkeit zum Abschluß internationaler Abkommen notwendig die Fähigkeit umfaßt, sich den Entscheidungen eines durch solche Abkommen geschaffenen oder bestimmten Gerichts zu unterwerfen, was die Auslegung und Anwendung ihrer Bestimmungen angeht.

Im Falle des Abkommens über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums liegen die Dinge jedoch anders. Zum einen übernimmt nämlich dieses Abkommen einen wesentlichen Teil der Regeln, die für die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen innerhalb der Gemeinschaft gelten und bei denen es sich in ihrer Mehrzahl um grundlegende Bestimmungen der Rechtsordnung der Gemeinschaft handelt, und bewirkt damit, daß in die Rechtsordnung der Gemeinschaft ein umfangreicher Komplex von Rechtsnormen eingefügt wird, der neben eine Gruppe von gleichlautenden Gemeinschaftsnormen tritt. Zum anderen erfaßt dieses Abkommen mit der Aufstellung des Ziels einheitlicher Rechtsanwendung und gleicher Wettbewerbsbedingungen notwendig die Auslegung sowohl der Bestimmungen dieses Abkommens als auch die der entsprechenden Bestimmungen der Rechtsordnung der Gemeinschaft.

Das Abkommen verpflichtet den EWR-Gerichtshof zwar, die Bestimmungen des Abkommens im Lichte der bis zum Tag der Unterzeichnung des Abkommens ergangenen maßgeblichen Rechtsprechung des Gerichtshofes auszulegen, doch gilt diese Verpflichtung nicht mehr für die Entscheidungen, die der Gerichtshof nach diesem Zeitpunkt erläßt. Folglich bestimmt das Ziel des Abkommens, mit dem die Homogenität des Rechts im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum sichergestellt werden soll, nicht nur die Auslegung der Regeln des Abkommens, sondern auch die der entsprechenden Regeln des Gemeinschaftsrechts.

Daraus folgt, daß der in dem Abkommen vorgesehene gerichtliche Mechanismus dadurch, daß er Festlegungen für die zukünftige Auslegung der Gemeinschaftsregeln auf dem Gebiet des freien Verkehrs und des Wettbewerbs trifft, Artikel 64 EWG-Vertrag und allgemeiner die Grundlagen der Gemeinschaft selbst beeinträchtigt; dies macht ihn mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar.

4. Zwar schließt es keine Bestimmung des EWG-Vertrags aus, daß ein internationales Abkommen dem Gerichtshof eine Zuständigkeit für die Auslegung von Bestimmungen eines solchen Abkommens zum Zwecke seiner Anwendung in Drittstaaten überträgt; auch gegen die den Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation durch das Abkommen über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums belassene Freiheit, ihre Gerichte zur Vorlage von Vorabentscheidungsfragen zu ermächtigen oder nicht, und gegen das Fehlen einer Verpflichtung bestimmter Gerichte zur Anrufung des Gerichtshofes kann ein grundsätzlicher Einwand nicht erhoben werden. Dagegen kann nicht hingenommen werden, daß die Antworten, die der Gerichtshof den Gerichten der Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation gibt, eine bloße Auskunftswirkung und keine Bindungswirkung haben. Eine solche Situation würde die Aufgabe des Gerichtshofes, die im EWG-Vertrag als die eines Gerichts ausgestaltet ist, dessen Entscheidungen verbindlich sind, verfälschen.

5. Da das Recht, in den beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen zu intervenieren, in den Artikeln 20 und 37 des Protokolls über die EWG-Satzung des Gerichtshofes geregelt ist, die von den Gemeinschaftsorganen im Verfahren des Artikels 188 Absatz 2 EWG-Vertrag geändert werden kann, erfordert die Einräumung eines Interventionsrechts für die Staaten der Europäischen Freihandelszone im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsraums keine Änderung des EWG-Vertrags im Sinne seines Artikels 236.

6. Artikel 238 EWG-Vertrag bietet keine Grundlage für die Errichtung eines Gerichtssystems, das Artikel 164 EWG-Vertrag und allgemeiner die Grundlagen der Gemeinschaft selbst beeinträchtigt, durch ein internationales Abkommen. Aus denselben Gründen könnte eine Änderung von Artikel 238 die Unvereinbarkeit des Gerichtssystems des Abkommens mit dem Gemeinschaftsrecht nicht beseitigen.

Entscheidungsgründe

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Antragsschrift, die am 14. August 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingereicht worden ist, beim Gerichtshof einen Antrag gemäß Artikel 228 Absatz 1 Unterabsatz 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gestellt; diese Vorschrift lautet wie folgt:

Der Rat, die Kommission oder ein Mitgliedstaat kann zuvor ein Gutachten des Gerichtshofes über die Vereinbarkeit des beabsichtigten Abkommens mit diesem Vertrag einholen. Ist dieses Gutachten ablehnend, so kann das Abkommen nur nach Maßgabe des Artikels 236 in Kraft treten.

I - Darstellung des Antrags auf Gutachten

Mit diesem Antrag ersucht die Kommission den Gerichtshof um ein Gutachten zur Vereinbarkeit des Entwurfs eines Abkommens über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums (nachstehend: Abkommen), insbesondere des in diesem Abkommen vorgesehenen gerichtlichen Kontrollmechanismus, mit den Bestimmungen des EWG-Vertrags. Dieses Abkommen soll als allgemeines Assoziierungsabkommen von der Gemeinschaft auf der Grundlage von Artikel 238 EWG-Vertrag geschlossen werden.

Das Abkommen ist auf der Grundlage des Mandats des Rates vom 18. März 1990 Gegenstand von Verhandlungen zwischen der Kommission, die gemäß einem Beschluß des Rates im Namen der Gemeinschaft handelt, und den Ländern der Europäischen Freihandelsassoziation und dem Fürstentum Liechtenstein, das am 1. März 1991 offiziell seinen Antrag auf Beitritt zur EFTA gestellt hat (nachstehend: EFTA-Länder oder EFTA-Staaten).

Der Text des Abkommens (in einer nicht endgültigen Fassung) war dem Antrag auf Gutachten beigefügt.

Der Gerichtshof erstattet sein Gutachten auf der Grundlage der englischen Fassung des Abkommens. Dieser Text in seiner Fassung vor Paraphierung ist von der Kommission mit Schreiben vom 30. Oktober 1991 übermittelt worden.

Zur Begründung ihres Antrags auf Gutachten führt die Kommission aus, daß das Abkommen ein System der gerichtlichen Kontrolle zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien und von internen Konflikten innerhalb der EFTA sowie Verfahren zur Stärkung der rechtlichen Homogenität innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums vorsehe. Obwohl sich die Kommission davon überzeugt zeigt, daß dieses System für die Gemeinschaft feste Garantien enthalte, hält sie es im Interesse der Rechtssicherheit für angebracht, den Gerichtshof gemäß Artikel 228 EWG-Vertrag insbesondere zu einigen Einzelpunkten des vorgesehenen Systems zu konsultieren.

II - Verfahren

Nach Artikel 107 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes ist der Antrag auf Gutachten dem Rat und den Mitgliedstaaten zugestellt worden. Die Kommission sowie das Vereinigte Königreich, das Königreich Belgien und das Königreich Spanien haben schriftlich Stellung genommen.

Die Kommission, der Rat und die Regierungen der Mitgliedstaaten sind vom Gerichtshof gebeten worden, einige ihnen schriftlich gestellte Fragen zu beantworten. Sie waren in der nichtöffentlichen Sitzung vom 26. November 1991 am Sitz des Gerichtshofes vertreten und haben diese Fragen beantwortet.

Die Generalanwälte sind vom Gerichtshof gemäß Artikel 108 § 2 der Verfahrensordnung am 3. Dezember 1991 in nichtöffentlicher Sitzung angehört worden.

III - Darstellung des Abkommens

Vorgeschichte

Die Handelsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und den EFTA-Ländern sowie Liechtenstein werden seit 1973 durch zweiseitige Freihandelsabkommen geregelt. Im Januar 1989 schlug der Präsident der Kommission vor dem Europäischen Parlament eine Verbesserung und Intensivierung der Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und der EFTA vor. Nachdem die EFTA-Länder diesen Vorschlag begrüßt hatten, fanden Gespräche statt, die zu dem Beschluß führten, förmliche Verhandlungen aufzunehmen. Zu diesem Zweck ermächtigte der Rat die Kommission, mit den EFTA-Ländern und Liechenstein Verhandlungen über ein zwischen der Gemeinschaft und diesen Ländern, die als ein Gesprächspartner handeln, zu schließendes Abkommen über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums aufzunehmen. Diese Verhandlungen wurden offiziell am 1. Juli 1990 eröffnet.

Inhalt des Abkommens

Das Abkommen besteht aus neun Teilen, denen eine Präambel vorangeht: 1) Ziele und Grundsätze; 2) Freier Warenverkehr; 3) Freizügigkeit, freier Dienstleistungs- und Kapitalverkehr; 4) Wettbewerb und andere gemeinsame Regeln; 5) Horizontale Bestimmungen betreffend die vier genannten Freiheiten (in den Bereichen Sozialpolitik, Verbraucherschutz, Umweltschutz, Statistik und Gesellschaftsrecht); 6) Zusammenarbeit außerhalb der vier Freiheiten; 7) Vorschriften über die Organe; 8) Fonds und 9) Schlußbestimmungen.

Der einzige Erwägungsgrund der Präambel des Abkommens lautet:
Considering the objective to establish a dynamic and homogeneous European Economic Area, based on common rules and equal conditions of competition and providing for the adequate means of enforcement including at the judicial level, and achieved on the basis of equality and reciprocity and of an overall balance of benefits, rights and obligations for the Contracting Parties.

Artikel 1 Absatz 1 des Abkommens sieht folgendes vor:
The aim of this Agreement of association is to promote a continuous and balanced strengthening of trade and economic relations between the Contracting Parties with equal conditions of competition, and the respect of the same rules, with a view to creating a homogeneous European Economic Area, hereinafter referred to as the EEA.

Artikel 6 des Abkommens lautet wie folgt:
Without prejudice to future developments of case law, the provisions of this Agreement, in so far as they are identical in substance to corresponding rules of the Treaty establishing the European Economic Community and the Treaty establishing the European Coal and Steel Community and to acts in application of these two Treaties, shall in their implementation and application be interpreted in conformity with the relevant rulings of the Court of Justice of the European Communities given prior to the date of signature of this Agreement.

Artikel 7 des Abkommens bestimmt:
Acts referred to or contained in the Annexes to this Agreement or in decisions of the EEA Joint Committee shall be binding upon the Contracting Parties and be, or be made, part of their internal legal order as follows:

(a) an act corresponding to an EEC regulation shall as such be made part of the internal legal order of the Contracting Parties;

(b) an act corresponding to an EEC directive shall leave to the authorities of the Contracting Parties the choice of form and method of implementation.

Das Protokoll Nr. 35, das die Überschrift Protocol 35 on the implementation of EEA rules trägt und dessen Artikel 1 auf Artikel 7 des Abkommens verweist, hat folgenden Wortlaut:

Whereas this Agreement aims at achieving a homogeneous European Economic Area, based on common rules, without requiring any Contracting Party to transfer legislative powers to any institution of the European Economic Area;
and
whereas this consequently will have to be achieved through national procedures;

Article 1
The Contracting Parties take into account that when implementing a part of an act corresponding to an EEC directive, which is clear, precise and unconditional, subparagraph (a) of Article 7 of the Agreement shall apply.

Article 2
For cases of possible conflicts between implemented EEA rules and other statutory provisions, the Contracting Parties undertake to introduce, if necessary, a statutory provision to the effect that EEA rules shall prevail in these cases.

Teil VII, der die Überschrift Institutional provisions trägt (Artikel 89 bis 120), besteht aus vier Kapiteln. Kapitel 1 mit der Bezeichnung The structure of the association besteht aus fünf Abschnitten. Abschnitt 1 betrifft den Rat des Europäischen Wirtschaftsraums. Dieser Rat, der aus den Mitgliedern des Rates und den Mitgliedern der Kommission der Europäischen Gemeinschaften sowie aus einem Mitglied der Regierung eines jeden EFTA-Landes besteht, hat insbesondere die Aufgabe, die allgemeinen Leitlinien festzulegen und die politischen Impulse im Rahmen der Durchführung des Abkommens zu geben. Abschnitt 2 betrifft den Gemischten Ausschuß, der aus Vertretern der vertragschließenden Parteien besteht und die Aufgabe hat, das Abkommen durchzuführen und für sein Funktionieren Sorge zu tragen. Abschnitt 3, der die Überschrift The EEA courts trägt, enthält folgende Bestimmungen:

Article 95
1. An independent EEA Court, functionally integrated with the Court of Justice of the European Communities, is hereby established. The EEA Court shall exercise the functions which follow from Article 96. Each EFTA State shall nominate one Judge to the Court.
2. The Court, when sitting in plenary session 1, shall be composed of five Judges of the Court of Justice of the European Communities and, on the basis of rotation, three of the Judges nominated by the EFTA States.
3. At the request of the Court, the EEA Council may allow it to establish Chambers, each consisting of three or five Judges 2.
4. The Presidency of the Court shall be held alternatively by one of the Judges of the Court of Justice of the European Communities and by one of the Judges nominated by the EFTA States.

Article 96
1. The EEA Court is competent for:
(a) the settlement of disputes between the Contracting Parties;
(b) actions concerning the surveillance procedure regarding the EFTA States;
(c) appeals concerning decisions in the field of competition initiated by the EFTA Surveillance Authority.
2. The EEA Court may be seized by:
(a) the EEA Joint Committee or the Contracting Parties in cases for settlement of disputes in accordance with Article 117;
(b) a natural or legal person or by the EFTA Surveillance Authority on appeal against decisions given by the EEA Court of First Instance in the field of competition in accordance with Article 102;
(c) the EC Commission or the EFTA Surveillance Authority in cases of conflict of competence arising under the provisions of Chapter 1 of Part IV.
3. In addition, the EEA Court may be seized under the provisions of a separate agreement between the EFTA States establishing an EFTA Surveillance Authority by:
(a) the EFTA Surveillance Authority under the surveillance procedure referred to in Article 116 regarding the fulfilment of the obligations under this Agreement by the EFTA States;
(b) an EFTA State or a natural or legal person in actions against the EFTA Surveillance Authority.

Article 97
The Contracting Parties concerned, and the surveillance authorities, i.e. the EC Commission and the EFTA Surveillance Authority, as the case may be, shall take the necessary measures to comply with the judgments of the EEA Court.

Article 98
The EEA Court shall have unlimited jurisdiction in regard to penalties imposed by the EFTA Surveillance Authority.

Article 99
Actions brought before the EEA Court shall not have suspensory effect. The EEA Court may, however, if it considers that circumstances so require, order that application of the contested act be suspended.

Article 100
The EEA Court may, where seized in accordance with Article 96(2) (b) or (3), prescribe any necessary interim measures.

Article 101
1. An independent EEA Court of First Instance, attached to the EEA Court, is hereby established. It shall ensure the legal control of decisions of the EFTA Surveillance Authority relating to competition rules applicable to undertakings. Each EFTA State shall nominate one Judge to the Court.
2. The EEA Court of First Instance shall be composed of three of the Judges nominated by the EFTA States, on the basis of rotation, and two Judges of the First Instance of the European Communities.
3. The Presidency of the Court shall be held alternatively by one of the Judges nominated by the EFTA States and by one of the Judges of the Court of First Instance of the European Communities.

Article 102
The EEA Court of First Instance shall have jurisdiction at first instance in actions brought by a natural or legal person against a decision by the EFTA Surveillance Authority, relating to the implementation of the competition rules applicable to undertakings, if that decision is addressed to that person or if it is of direct and individual concern to him.
In addition, the EEA Court of First Instance shall have the competences conferred on the EEA Court in Articles 98 to 100.
The EEA Court of First Instance shall also be competent to give rulings in actions against the EFTA Surveillance Authority in accordance with provisions to be laid down in a separate agreement between the EFTA States establishing the EFTA Surveillance Authority.

Article 103
1. The Statutes of the EEA Court and of the EEA Court of First Instance, including, in particular, the rules on the functioning of the two Courts, the appointment of the Judges and the Presidents and their terms of office are laid down in Protocol 33 3.
2. The EEA Court and the EEA Court of First Instance shall adopt their rules of procedure, to be approved by the EEA Council.

Article 104
1. In order to ensure as uniform as possible an interpretation of this Agreement, in full deference to the independence of courts, the EEA Court, the EEA Court of First Instance, the Court of Justice of the European Communities, the Court of First Instance of the European Communities and the Courts of the EFTA States shall, when applying and interpreting respectively the provisions of this Agreement or provisions of the Treaty establishing the European Economic Community and the Treaty establishing the European Coal and Steel Community, as amended or supplemented, or of the acts adopted in pursuance thereof, which are identical in substance to the provisions of this Agreement, pay dü account to the principles laid down by any relevant decisions delivered by the other Courts.
A system of exchange of information concerning judgements by courts of last instance shall be set up by the EEA Joint Committee. This system shall comprise:
(a) transmission to the Registrar of the EEA Court of judgments delivered by such courts on the interpretation and application of, on the one hand, this Agreement or, on the other hand, the Treaty establishing the European Economic Community and the Treaty establishing the European Coal and Steel Community, as amended or supplemented, as well as the acts adopted in pursuance thereof in so far as they concern provisions which are identical in substance to those of this Agreement;
(b) classification of these judgments by the Registrar of the EEA Court including, as far as necessary, the drawing up and publication of translations and abstracts;
(c) communication by the Registrar of the EEA Court of the relevant documents to the competent national authorities, to be designated by each Contracting Party.
2. Provisions on the possibility for an EFTA State to allow a court or tribunal to ask the Court of Justice of the European Communities to expreß itself 4 on the interpretation of an EEA rule are laid down in Protocol 34.

Article 105
Decisions under this Agreement by the EFTA Surveillance Authority and the EC Commission which impose a pecuniary obligation on persons other than States, shall be enforceable. The same shall apply to such judgments under this Agreement by the EEA Court, the EEA Court of First Instance, the Court of Justice of the European Communities and the Court of First Instance of the European Communities.

Enforcement shall be governed by the rules of civil procedure in force in the State in the territory of which it is carried out. The order for its enforcement shall be appended to the decision, without other formality than verification of the authenticity of the decision, by the authority which each Contracting Party shall designate for this purpose and shall make known to the other Contracting Parties, the EFTA Surveillance Authority, the EC Commission, the EEA Court, the EEA Court of First Instance, the Court of Justice of the European Communities and the Court of First Instance of the European Communities.

When these formalities have been completed on application by the party concerned, the latter may proceed to enforcement in accordance with the law of the State in the territory of which enforcement is to be carried out, by bringing the matter directly before the competent authority.

Enforcement may be suspended only by decision of the EEA Court or of the EEA Court of First Instance. However, the courts of the States concerned shall have jurisdiction over complaints that enforcement is being carried out in an irregular manner.

Das Protokoll Nr. 34, auf das Artikel 104 Absatz 2 verweist, trägt die Überschrift Protocol 34 on the possibility for courts and tribunals of EFTA States to request the Court of Justice of the European Communities to expreß itself on the interpretation of EEA rules corresponding to EC rules und hat folgenden Wortlaut:

Article 1
When a question of interpretation of provisions of the Agreement, which are identical in substance to the provisions of the Treaties establishing the European Communities, as amended or supplemented, or of acts adopted in pursuance thereof, arises in a case pending before a court or tribunal of an EFTA State, the court or tribunal may, if it considers this necessary, ask the Court of Justice of the European Communities to expreß itself on such a question.

Article 2
An EFTA State which intends to make use of this Protocol shall notify the Depositary and the Court of Justice of the European Communities to what extent and according to what modalities the Protocol will apply to its courts and tribunals.

Article 3
The Depositary shall notify the Contracting Parties of any notification under Article 2.

Die Abschnitte 4 und 5 des Kapitels 1 des Teils VII des Abkommens betreffen die parlamentarische Zusammenarbeit bzw. die Zusammenarbeit zwischen den Wirtschafts- und Sozialpartnern.

Kapitel 2 ist dem Entscheidungsverfahren gewidmet.

Kapitel 3, das die Überschrift Surveillance procedure and settlement of disputes trägt, enthält folgende Bestimmungen:

Article 116
1. The EFTA States shall establish an independent surveillance authority (EFTA Surveillance Authority) as well as procedures similar to those existing in the Community including procedures for ensuring the fulfilment of obligations under this Agreement and for control of the legality of acts of the EFTA Surveillance Authority regarding competition.
The fulfilment of the obligations under this Agreement shall be monitored by, on the one hand, the EFTA Surveillance Authority and, on the other, the EC Commission acting in conformity with the Treaty establishing the European Economic Community, the Treaty establishing the European Coal and Steel Community and this Agreement.
2. In order to ensure a uniform surveillance throughout the EEA, the EFTA Surveillance Authority and the EC Commission shall cooperate, exchange information and consult each other on surveillance policy ißüs and individual cases.
3. The EC Commission and the EFTA Surveillance Authority shall receive any complaints concerning the application 5 of this Agreement. They shall inform each other of complaints received.
4. Each of these bodies shall examine all complaints falling within its competence and shall paß to the other body any complaints which fall within the competence of that body.
5. In case of disagreement between these two bodies with regard to the action to be taken in relation to a complaint or with regard to the result of the examination, either of the bodies may refer the matter to the EEA Joint Committee which shall deal with it in accordance with Article 117.

Article 117
1. The EEA Joint Committee or a Contracting Party may bring a matter under dispute which concerns the application 6 of this Agreement before the EEA Court in accordance with the following provisions.
2. The EEA Joint Committee shall be provided with all information which might be of use in making possible an in-depth examination of the situation, with a view to settling the dispute and finding a solution acceptable to the Contracting Parties.
3. A Contracting Party may bring a matter under dispute before the EEA Court. In doing so it shall, however, first submit the matter to the EEA Joint Committee. If it is not resolved after two consecutive meetings of the Committee, either the Committee shall, unleß otherwise decided, or a Contracting Party may, bring the matter before the EEA Court. For the Community, it shall be for the EC Commission to bring the matter before the EEA Court.

IV - Zusammenfassung der von den Organen und von den

Mitgliedstaaten vorgelegten Stellungnahmen

Allgemeine Ausführungen

Die Kommission hebt hervor, daß sich das Abkommen seinem Wesen nach stark von den Assoziierungsabkommen unterscheide, die die Gemeinschaft bisher geschlossen habe. Das Abkommen werde nicht nur den im Zeitpunkt seiner Unterzeichnung bestehenden Acquis communautaire übernehmen, sondern auch das noch zu erlassende Gemeinschaftsrecht in den von dem Abkommen erfaßten Bereichen. Zum Inhalt des Abkommens hebt die Kommission hervor, daß die Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und den EFTA-Ländern unmittelbar auf dem EWG-Vertrag und den von den Organen der Gemeinschaft kraft des EWG-Vertrags erlassenen Handlungen beruhten. Das in dem Abkommen vorgesehene Entscheidungsverfahren spiegele zum einen das Interesse wider, den Acquis communautaire und seine Fortentwicklung auf den Europäischen Wirtschaftsraum bei gleichzeitigem Schutz der Entscheidungsautonomie der Gemeinschaft zu erstrecken, und zum anderen die Achtung des Willens souveräner Staaten, die den Organen des Abkommens weder Kompetenzen übertragen noch eine Rechtssetzungsbefugnis einräumen wollten.

Ziel des Abkommens sei die Schaffung eines homogenen Wirtschaftsraums, in dem ein Recht, das im wesentlichen dem innerhalb der EWG geltenden Recht gleiche, so einheitlich wie möglich angewandt werden sollte.

Die Kommission weist zunächst darauf hin, daß das in dem Abkommen vorgesehene Gerichtssystem drei Ziele verfolge: die Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien, die Beilegung von internen Konflikten innerhalb der EFTA und die Stärkung der rechtlichen Homogenität innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums. Sodann führt sie aus, daß diese verschiedenen Kompetenzen entweder von einem unabhängigen, aber funktionell in den Gerichtshof integrierten Gerichtshof des Europäischen Wirtschaftsraums (nachstehend: EWR-Gerichtshof) und einem unabhängigen, aber dem EWR-Gerichtshof angegliederten Gericht erster Instanz des Europäischen Wirtschaftsraums (nachstehend: EWR-Gericht) oder aber vom Gerichtshof selbst ausgeübt werden sollen. Die

Zusammensetzung des EWR-Gerichtshofes und des EWR-Gerichts erlaube es den Richtern des Gerichtshofes, die diesen beiden Gerichten angehörten, ihre große Erfahrung mit dem Gemeinschaftsrecht in der Gemeinschaft zum einen und mit seiner Erstreckung auf den Europäischen Wirtschaftsraum zum anderen einzubringen und die einheitliche Anwendung dieses Rechts sicherzustellen.

Zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien könne der EWR-Gerichtshof entweder vom Gemischten Ausschuß oder unmittelbar von einer Vertragspartei angerufen werden, wenn der Gemischte Ausschuß die Streitigkeit in zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen nicht gelöst habe.

Bei den EFTA-internen Konflikten ließen sich zwei Arten unterscheiden. Erstens seien die Streitigkeiten zwischen der Aufsichtsbehörde der EFTA und den Mitgliedsländern der EFTA zu nennen, d. h. die Verfahren wegen Verletzung des Abkommens, die die Aufsichtsbehörde der EFTA gegen die Mitgliedsländer der EFTA einleite, die ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen verletzten, und die Klagen gegen die Entscheidungen dieser Behörden auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen. Diese Fragen solle der EWR-Gerichtshof entscheiden. Zweitens handele es sich um die Wettbewerbsverfahren, für deren Entscheidung in erster Instanz das EWR-Gericht erster Instanz zuständig sein solle, während beim EWR-Gerichtshof Rechtsmittel gegen die Entscheidungen dieses Gerichts eingelegt werden könne.

Zur Stärkung der rechtlichen Homogenität sehe das Abkommen drei besondere Verfahren vor. Das erste entspreche weitgehend dem Verfahren, das mit dem Protokoll Nr. 2 im Anhang zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Übereinkommen von Lugano) über die einheitliche Auslegung dieses Übereinkommens geschaffen worden sei. Das zweite Verfahren solle den EFTA-Ländern die Möglichkeit geben, in den beim Gerichtshof anhängigen Vorabentscheidungsverfahren zu intervenieren. Das dritte Verfahren gebe den Gerichten der EFTA-Länder die Möglichkeit, den Gerichtshof um Vorabentscheidung über Fragen der Auslegung des Abkommens zu ersuchen.

Das ins Auge gefaßte Gerichtssystem umschifft nach Ansicht der Kommission eine Reihe von Klippen. So werde mit ihm vermieden, daß ein anderes Gericht als der Gerichtshof für die Auslegung des Abkommens im Wege der Vorabentscheidung zuständig sei, daß die Anwendung des Abkommens durch den EWR-Gerichtshof in Verkennung des Gemeinschaftsrechts und der Rechtsprechung des Gerichtshofes erfolge, daß das Wettbewerbsrecht unkoordiniert angewandt werde, daß den Wirtschaftsteilnehmern Rechtsschutz im Vorabentscheidungsverfahren vorenthalten werde und daß die EFTA-Staaten fremden Richtern unterstellt würden.

Die Kommission ersucht den Gerichtshof um gutachtliche Stellungnahme zu vier Punkten:

1) zur Vereinbarkeit der Mitwirkung von Richtern des Gerichtshofes am EWR-Gerichtshof mit dem Gutachten des Gerichtshofes vom 26. April 1977 (zu dem Entwurf zu einem Übereinkommen über die Errichtung eines europäischen Stillegungsfonds für die Binnenschiffahrt, Gutachten 1/76, Slg. 1977, 741);

2) zu der Frage, ob eine Ausdehnung des Interventionsrechts in Gemeinschaftssachen vor dem Gerichtshof auf die Mitgliedsländer der EFTA mit dem EWG-Vertrag vereinbar ist;

3) zu der Frage, ob den Gerichten der Mitgliedsländer der EFTA ohne Änderung des EWG-Vertrags die Möglichkeit eingeräumt werden kann, dem Gerichtshof Fragen zur Auslegung des Abkommens vorzulegen;

4) zu der Frage, ob Artikel 228 EWG-Vertrag die in dem Abkommen vorgesehene Gerichtsorganisation zuläßt.

Die Mitwirkung von Mitgliedern des Gerichtshofes an einem anderen Gericht

Die Kommission wirft die Frage auf, ob die Richter des Gerichtshofes angesichts des Gutachtens 1/76 an einem anderen Gericht mitwirken dürften oder ob dieses Gutachten hier nicht einschlägig sei. Das Abkommen unterscheide sich freilich von dem Abkommen, das Gegenstand des Gutachtens 1/76 gewesen sei. Zum einen werde der EWR-Gerichtshof, anders als das Gericht des europäischen Stillegungsfonds für die Binnenschiffart, nicht für Vorabentscheidungen über die Auslegung des Abkommens zuständig sein, und zum anderen würden der EWR-Gerichtshof und das EWR-Gericht erster Instanz ungeachtet dessen, daß sie in ihrer Rechtsprechung unabhängig seien, funktionell in den Gerichtshof integriert sein.

Nach Ansicht der spanischen Regierung kann die Frage aus mehreren Gründen nur verneint werden. Erstens sei es das Ziel von Artikel 167 EWG-Vertrag und der Artikel 2, 4 und 16 der EWG-Satzung des Gerichtshofes, sicherzustellen, daß der Gerichtshof die ihm übertragene Aufgabe, nämlich die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge völlig unparteiisch unter Vermeidung jeglichen Drucks und jeglicher vorgefaßter Meinung erfuellen könne.

Zweitens habe der Gerichtshof im Gutachten 1/76 das Abkommen über den europäischen Stillegungsfonds für die Binnenschiffahrt mit der Begründung für unvereinbar mit dem EWG-Vertrag erklärt, daß das in diesem Abkommen vorgesehene Gericht aus sechs Mitgliedern des Gerichtshofes bestehen sollte und diese als Mitglieder dieses Gerichts möglicherweise über Fragen zu entscheiden gehabt hätten, über die sie auch als Mitglieder des Gerichtshofes würden entscheiden müssen, so daß die volle Unbefangenheit, mit der der Gerichtshof handeln müsse, hätte beeinträchtigt sein können. Zu einer solchen Situation könne es jedoch auch im vorliegenden Fall kommen. Es sei vorstellbar, daß die Richter des Gerichtshofes als Mitglieder des EWR-Gerichtshofes Normen des Gemeinschaftsrechts auslegten und anwendeten, die sie danach als Mitglieder des Gerichtshofes erneut auslegen und anwenden müßten. In diesem Fall werde der Richter, der an den Beratungen des EWR-Gerichtshofes teilgenommen habe, nicht mehr mit der erforderlichen Unbefangenheit entscheiden. Wenn er sich nach Artikel 16 der Satzung der Mitwirkung enthalte, so könne es, wie es im Gutachten 1/76 heiße, dem Gerichtshof unmöglich werden, die nach Artikel 15 der Satzung für die Entscheidungsfindung erforderliche Zahl von Richtern zusammentreten zu lassen.

Dieses Vorbringen ergänzt die spanische Regierung durch nähere Ausführungen zu drei Punkten. Zunächst weist sie darauf hin, daß zwar der EWR-Gerichtshof nicht für Vorabentscheidungen über die Auslegung des Abkommens EWG-EFTA zuständig sei, daß aber der Gerichtshof nach seiner Rechtsprechung immer dafür zuständig sei, ein Abkommen zwischen der Gemeinschaft und den EFTA-Ländern auszulegen. Folglich bleibe die Rechtsauffassung, die der Gerichtshof im Gutachten 1/76 geäußert habe, insoweit unberührt und in ihrem Kern einschlägig.

Die spanische Regierung erklärt ferner, sie teile die Auffassung der Kommission nicht, daß das Gutachten 1/76 im vorliegenden Fall deshalb nicht einschlägig sei, weil der EWR-Gerichtshof und das EWR-Gericht erster Instanz funktionell in den Gerichtshof integriert seien. Artikel 7 der Bestimmungen über die Organe des Abkommens bestimme nämlich, daß der EWR-Gerichtshof ein unabhängiges Organ und dem Gerichtshof in keiner Weise untergeordnet sei.

Die spanische Regierung stellt abschließend fest, daß Artikel 104 des Abkommens nicht die Frage beantworte, inwieweit ein Urteil des EWR-Gerichtshofes den Gerichtshof binde, wenn dieser eine Frage prüfe, über die der EWR-Gerichtshof bereits entschieden habe.

Die belgische Regierung schließt sich der Auffassung der Kommission zu der Frage an, ob das Gutachten 1/76 hier einschlägig sei. Der EWR-Gerichtshof habe, anders als es für das Gericht des europäischen Stillegungsfonds vorgesehen gewesen sei, keine Zuständigkeit für Vorabentscheidungen. Zudem sei der EWR-Gerichtshof funktionell in den Gerichtshof integriert, behalte jedoch seine volle Unabhängigkeit. Die Mitwirkung von Richtern des Gerichtshofes verändere die Rechtsnatur des EWR-Gerichtshofes nicht. Zur fehlenden Zuständigkeit für Vorabentscheidungen bemerkt die belgische Regierung, sowohl der Gerichtshof als auch der EWR-Gerichtshof hätten über dieselben Normen des Gemeinschaftsrechts zu entscheiden.

Die Regierung des Vereinigten Königreichs hält es für vereinbar mit dem EWG-Vertrag und dem Gutachten 1/76, daß Richter des Gerichtshofes am EWR-Gerichtshof mitwirkten. Die Ausführungen des Gerichtshofes in diesem Gutachten hätten unter der Voraussetzung gestanden, daß die Zuständigkeit des Gerichts des Fonds zur Auslegung des Abkommens parallel zu der des Gerichtshofes habe ausgeübt werden sollen.

Artikel 16 Absatz 1 der EWG-Satzung des Gerichtshofes, wonach ein Richter nicht an der Erledigung einer Sache teilnehmen dürfe, in der er vorher als Anwalt, Beistand oder Richter tätig gewesen sei, entspreche dem Grundsatz, daß niemand in derselben Sache nacheinander Partei und Richter sein dürfe. Er betreffe nicht die Stellung eines Richters, der nacheinander in verschiedenen Sachen entscheide, in denen es um ähnliche oder identische Fragen gehe, wie etwa dann, wenn der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung über Rechtsfragen befinde, die Fragen ähnelten oder mit Fragen identisch seien, die er bereits im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 169 EWG-Vertrag entschieden habe. Da der Gerichtshof an seine früheren Entscheidungen nicht gebunden sei, könne er immer von seiner Rechtsprechung abweichen und eine Rechtsfrage anders entscheiden.

Nach einer Analyse des Abkommens und der damit zusammenhängenden Regelungen, die Gegenstand des Gutachtens 1/76 gewesen seien, kommt die Regierung des Vereinigten Königreichs zu dem Schluß, daß es dort möglich gewesen sei, daß die betroffenen Gemeinschaftsrichter durch bereits ergangene Entscheidungen des Gerichts des Fonds beeinflußt worden wären. Damit hätte der Acquis communautaire mittelbar, etwa durch die Einwirkung von Grundsätzen des Völkerrechts, die im Kontext der Rechtsordnung der Gemeinschaft verdrängt worden seien, beeinträchtigt werden können. Wegen dieser Gefahr habe der Gerichtshof entschieden, daß die Richter des Gerichtshofes am Gericht des Fonds nicht mitwirken könnten. Zudem gehe es in dem Gutachten 1/91 um ganz andere Probleme, als sie dem Gutachten 1/76 zugrunde gelegen hätten. Bei dem Abkommen über den Stillegungsfonds habe sich das Problem gestellt, daß die Richter des Gerichtshofes, die im Gericht des Fonds hätten mitwirken sollen, zwei miteinander unvereinbare Aufgaben hätten wahrnehmen müssen. Einerseits hätten sie als Mitglieder des Gerichtshofes den Acquis communautaire in der Auslegung durch bestimmte Handlungen der Organe wahren müssen, andererseits hätten sie als Mitglieder des Gerichts des Fonds eine Rechtsordnung kontrollieren müssen, die auf Grundsätzen des Völkerrechts beruht habe, die sich von den den Acquis communautaire bildenden Grundsätzen unterschieden. Das Abkommen werfe insoweit keinerlei Schwierigkeit auf, da die Richter des Gerichtshofes und die des EWR-Gerichtshofes dieselben Bestimmungen und Grundsätze anzuwenden und damit den Acquis communautaire zu wahren hätten.

Zur Zusammensetzung des EWR-Gerichtshofes führt die Regierung des Vereinigten Königreichs aus, daß dort fünf der dreizehn Mitglieder des Gerichtshofes mitwirken sollten. Da der Gerichtshof mit sieben Richtern in Vollsitzung entscheiden könne, müsse es möglich sein, in Vollsitzung mit sieben Richtern zu entscheiden, von denen keiner bei einer früheren Entscheidung des EWR-Gerichtshofes mitgewirkt habe. Falls die Mitwirkung von fünf Richtern des Gerichtshofes an der Tätigkeit des EWR-Gerichtshofes administrative Probleme aufwerfen sollte, sehe Artikel 165 EWG-Vertrag eine Regelung vor, die es erlaube, die aus dem Abschluß des Abkommens entstehende Lage zu bewältigen.

Das erweiterte Interventionsrecht

Die Kommission führt aus, der Gerichtshof habe bereits die Intervention von Drittländern auf der Grundlage von Artikel 37 der Satzung zugelassen. Im vorliegenden Fall handele es sich jedoch um ein generelleres Recht, das voraussetze, daß die Vorlagefragen den EFTA-Ländern ebenso wie den Mitgliedstaaten zugestellt würden. Es frage sich daher, ob Artikel 20 der Satzung geändert werden müsse.

Nach Ansicht der spanischen Regierung ist die zweite Frage zu verneinen. Artikel 20 sei deutlich genug. Er sehe ausdrücklich vor, daß nur die dort abschließend genannten Zustellungsadressaten schriftliche Erklärungen in einem Vorabentscheidungsverfahren einreichen und sich in der mündlichen Verhandlung äußern könnten. Obwohl der Gerichtshof die Frage noch nicht entschieden habe, ob ein Drittstaat Erklärungen in einem Vorabentscheidungsverfahren abgeben könne, habe er doch den Kreis der in Artikel 20 der Satzung genannten Begünstigten eng ausgelegt.

Die Kommission habe mit der Erwähnung von Artikel 37 der Satzung zwei grundlegend verschiedene Verfahren verwechselt. Im Fall des Streitbeitritts zur Unterstützung der Anträge einer der Parteien gebe es nämlich mehrere Parteien, die mehrere Auffassungen verträten, d. h. einen Kläger, einen Beklagten und einen Dritten, der nach Klageerhebung auftrete. Dieser Dritte werde im spanischen Verfahrensrecht als coadyuvante bezeichnet. Er müsse sich darauf beschränken, zur Unterstützung der Anträge einer der Parteien beizutreten. Insoweit sei zu berücksichtigen, daß Artikel 37 den Streitbeitritt anderer Personen als der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaftsorgane von zwei Voraussetzungen abhängig mache: zum einen müßten sie ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft machen; zum anderen dürfe es sich nicht um einen Rechtsstreit zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Gemeinschaftsorganen oder zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen handeln. Folglich müßten für einen Streitbeitritt eines Drittlands, den der Gerichtshof in seinem Beschluß vom 23. Februar 1983 in den verbundenen Rechtssachen 91/82 und 200/82 (Chris International Foods/Kommission, Slg. 1983, 417) zugelassen habe, beide Voraussetzungen erfuellt sein.

Daher müßte nach Ansicht der spanischen Regierung Artikel 20 der Satzung geändert werden, wenn man erreichen wolle, daß alle EFTA-Staaten Erklärungen in einem Vorabentscheidungsverfahren abgeben könnten; Artikel 37 bleibe dagegen beschränkt auf den Streitbeitritt in einem Klageverfahren zur Unterstützung der Anträge einer Partei. Der Streitbeitritt sei etwas völlig anderes als die Beteiligung an einem Vorabentscheidungsverfahren, so daß eine weite Auslegung von Artikel 37 keinesfalls den eindeutigen und bestimmten Inhalt von Artikel 20 verändern könne.

Die belgische Regierung führt aus, daß eine Änderung von Artikel 37 erforderlich sei, wenn man den EFTA-Staaten erlauben wolle, in den drei Arten von Rechtsstreitigkeiten zu intervenieren, in denen die Intervention einer juristischen Person ausgeschlossen sei. Um den EFTA-Ländern, die nicht Partei in einem Rechtsstreit seien, zu erlauben, im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens Erklärungen abzugeben, müsse Artikel 20 geändert werden.

Die Regierung des Vereinigten Königreichs ist der Ansicht, daß das Verfahren, das für die Intervention der EFTA-Länder in Rechtsstreitigkeiten vor dem Gerichtshof vorgesehen sei, eine Änderung von Artikel 37 erforderlich mache. Es genüge nicht, in dem Abkommen ein Interventionsrecht dieser Länder vorzusehen, denn dieses Abkommen ändere als solches die Satzung nicht. Deshalb müsse auf das Verfahren nach Artikel 188 EWG-Vertrag zurückgegriffen werden. Nach dieser Vorschrift könne der Rat die Bestimmungen des Titels III der Satzung auf Antrag des Gerichtshofes und nach Anhörung der Kommission und des Europäischen Parlaments ändern. Auch Artikel 20 müsse geändert werden, um den EFTA-Ländern zu erlauben, Erklärungen in einem Vorabentscheidungsverfahren abzugeben. Ferner seien die Artikel 17, 18 und 39 der Satzung zu ändern.

Vorabentscheidungsersuchen von Gerichten der EFTA-Länder

Nach Ansicht der spanischen Regierung ist die dritte Frage zu verneinen. Das Vorabentscheidungsverfahren sei ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den einzelstaatlichen Gerichten. Aus diesem Wesen eines Instruments der Zusammenarbeit zwischen Gerichten folge unmittelbar, daß nur die Gerichte der Mitgliedstaaten das Recht hätten, den Gerichtshof nach Artikel 177 EWG-Vertrag anzurufen. Um den Gerichten der EFTA-Länder ebenfalls zu erlauben, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen, müsse Artikel 177 EWG-Vertrag in der Weise geändert werden, daß der Ausdruck Gericht eines Mitgliedstaats um einen Hinweis auf die Gerichte eines Drittstaats, mit dem die Gemeinschaft ein internationales Abkommen geschlossen habe, ergänzt werde.

Die belgische Regierung ist der Ansicht, daß Artikel 177 geändert werden müsse, um den Gerichten der EFTA-Länder zu erlauben, den Gerichtshof anzurufen.

Die Regierung des Vereinigten Königreichs weist zunächst darauf hin, daß Artikel 177 auch für das Gericht eines Mitgliedstaats gelte, das seinen Sitz in den unter den Vierten Teil des EWG-Vertrags fallenden überseeischen Hoheitsgebieten habe (siehe Urteil vom 12. Dezember 1990 in den verbundenen Rechtssachen C-100/89 und C-101/89, Käfer und Procacci, Slg. 1990, I-4647). Obwohl diese Bestimmung strenggenommen nur für die Gerichte der Mitgliedstaaten gelte, habe der Gerichtshof entschieden, daß Artikel 177 Absatz 2 auch für ein Gericht gelte, das nicht Teil der Gerichtsorganisation eines Mitgliedstaats sei, wenn es in einem zu einem Mitgliedstaat gehörenden Gebiet liege, wenn das Gemeinschaftsrecht in begrenztem Umfang in diesem Gebiet gelte und wenn das Gemeinschaftsrecht eine entsprechende Bestimmung enthalte (Urteil vom 3. Juli 1991 in der Rechtssache C-355/89, Barr und Montrose, Slg. 1991, I-3479).

Das Vereinigte Königreich führt weiter aus, Artikel 177 erlaube es dem Gerichtshof, im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung von internationalen Abkommen zu entscheiden, an denen die Gemeinschaft beteiligt ist. Der Gerichtshof könne im Wege der Vorabentscheidung auch über die Auslegung der nach Artikel 220 EWG-Vertrag geschlossenen Abkommen entscheiden. Das Abkommen sei ein internationales Abkommen, das auf der Grundlage von Artikel 228 EWG-Vertrag geschlossen werden solle. Es handele sich also sowohl um ein nach dem Vertrag geschlossenes internationales Abkommen als auch um eine Handlung der Organe. Nichts hindere den Gerichtshof somit daran, im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung des Abkommens zu entscheiden. Die angeführten Urteile des Gerichtshofes sprächen für die Vereinbarkeit der geplanten Bestimmungen mit dem EWG-Vertrag.

Artikel 238 EWG-Vertrag
Die Kommission wirft die Frage auf, ob Artikel 238 eine Gerichtsorganisation zulasse, wie sie das Abkommen einführen wolle. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, müßte diese Bestimmung dahin geändert werden, daß die dort vorgesehenen Sonderverfahren die Errichtung eines Gerichtssystems einschlössen, das funktionell in den Gerichtshof integriert sei und das die Besonderheit und den ungeschmälerten Bestand des Gemeinschaftsrechts gewährleiste.

Nach Ansicht der spanischen Regierung ist Artikel 238 eine ausreichende Grundlage für den Abschluß eines Assoziierungsabkommens mit einer Staatenvereinigung oder einer internationalen Organisation durch die Gemeinschaft, wie es das mit der EFTA zu schließende Abkommen sei. Anders sei es jedoch, wenn der Inhalt eines solchen Abkommens mit dem Vertrag unvereinbar sei. Im vorliegenden Fall ergebe sich die Unvereinbarkeit aus dem geplanten Gerichtssystem. Folglich müsse vor Abschluß des Abkommens der Vertrag geändert werden.

Die belgische Regierung führt aus, daß Artikel 238 die Schaffung des ins Auge gefaßten gerichtlichen Mechanismus nicht ohne vorherige Änderung des EWG-Vertrags zulasse. Grundsätzlich stehe einer Änderung von Artikel 238 EWG-Vertrag nichts im Wege. Im vorliegenden Fall erscheine es jedoch ratsam, auch die übrigen einschlägigen Artikel des EWG-Vertrages und die Artikel der Satzung des Gerichtshofes zu ändern, um ein Hoechstmaß an Geschlossenheit und Rechtssicherheit sicherzustellen.

Nach Ansicht der Regierung des Vereinigten Königreichs läßt es die Wendung mit ... gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren in Artikel 238 EWG-Vertrag zu, in den von dieser Bestimmung erfaßten Abkommen auch gerichtliche Verfahren vorzusehen. Solche Verfahren könnten sogar zum guten Funktionieren dieser Abkommen beitragen. Dies gelte insbesondere für die Bestimmungen, die eine gerichtliche Beilegung eventueller Streitigkeiten vorsähen, da sie die ordnungsgemäße Durchführung des Abkommens durch die Parteien förderten.

Gutachtliche Stellungnahme des Gerichtshofes

I

1 Im vorliegenden Gutachten beschränkt sich der Gerichtshof entsprechend dem Antrag der Kommission auf die Prüfung der Frage, ob das System der gerichtlichen Kontrolle, dessen Einführung das Abkommen vorsieht, mit dem EWG-Vertrag vereinbar ist. Die übrigen Bestimmungen des Abkommens, insbesondere diejenigen, die das Entscheidungsverfahren und die Verteilung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Wettbewerbs betreffen, werden in diesem Gutachten nicht behandelt.

2 Das Abkommen soll zwischen den Staaten, die Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, auf der einen und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten auf der anderen Seite geschlossen werden. Für die Gemeinschaft soll das Abkommen vom Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments auf der Grundlage von Artikel 238 EWG-Vertrag geschlossen werden.

3 Mit dem Abkommen wird die Schaffung eines Europäischen Wirtschaftsraums angestrebt, der sich auf die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und auf diejenigen der EFTA-Länder erstreckt. Wie sich aus der Präambel des Abkommens ergibt, beabsichtigen die Vertragsparteien die Schaffung eines dynamischen und homogenen Europäischen Wirtschaftsraums, der auf gemeinsamen Regeln und gleichen Wettbewerbsbedingungen beruht, und sehen geeignete Mittel zu seiner Verwirklichung, einschließlich einer Gerichtsbarkeit, vor. Nach Artikel 1 ist das Abkommen darauf gerichtet, eine beständige und ausgewogene Stärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien unter gleichen Wettbewerbsbedingungen sowie die Beachtung derselben Regeln zu fördern.

4 Die für die Beziehungen zwischen den dem Europäischen Wirtschaftsraum angehörenden Staaten geltenden Regeln betreffen den freien Warenverkehr, die Freizügigkeit, den freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr sowie die Wettbewerbsordnung. Diese Regeln sind ihrem Inhalt nach die der entsprechenden Bestimmungen des EWG-Vertrags und des EGKS-Vertrags sowie der in Anwendung dieser Verträge erlassenen Handlungen. Die Vertragsparteien haben, wie die Kommission in ihrem Antrag auf Gutachten ausgeführt hat, die Absicht, das zukünftige Gemeinschaftsrecht in den von dem Abkommen erfaßten Bereichen nach Maßgabe seiner Schaffung, seiner Fortentwicklung oder seiner Änderung auf den Europäischen Wirtschaftsraum zu erstrecken.

II

5 Das in Artikel 1 des Abkommens festgelegte Ziel der homogenen Auslegung und Anwendung des Rechts im Europäischen Wirtschaftsraum soll durch die Verwendung von Bestimmungen, die wörtlich mit den entsprechenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts übereinstimmen, und durch die Einführung eines Gerichtssystems erreicht werden.

6 Mit dem Abkommen wird ein Gericht, der EWR-Gerichtshof, errichtet, dem ein Gericht erster Instanz beigeordnet ist. Die Zuständigkeit des EWR-Gerichtshofes wird in Artikel 96 Absatz 1 dieses Abkommens festgelegt. Sie umfaßt die Regelung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien, die Entscheidung über Klagen im Rahmen des die EFTA-Staaten betreffenden Aufsichtsverfahrens und, auf dem Gebiet des Wettbewerbs, die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörde der EFTA.

7 Das Gerichtssystem sieht ferner folgende Mechanismen vor.

8 Nach Artikel 6 des Abkommens sind die Bestimmungen des Abkommens zu ihrer Durchführung und Anwendung durch die Vertragsparteien im Einklang mit den bis zum Tag der Unterzeichnung des Abkommens ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofes zu den entsprechenden Bestimmungen des EWG-Vertrags, des EGKS-Vertrags und des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts auszulegen.

9 Artikel 104 des Abkommens sieht vor, daß der Gerichtshof, der EWR-Gerichtshof, das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, das EWR-Gericht erster Instanz und die Gerichte der EFTA-Staaten bei der Anwendung oder der Auslegung der Bestimmungen dieses Abkommens beziehungsweise der Vorschriften der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften in ihrer geänderten oder ergänzten Fassung oder der in Anwendung dieser Verträge erlassenen Handlungen den sich aus den Entscheidungen der jeweils anderen Gerichte ergebenden Grundsätzen gebührend Rechnung tragen, um eine möglichst einheitliche Anwendung des Abkommens sicherzustellen.

10 Nach Artikel 95 des Abkommens soll der EWR-Gerichtshof aus acht Richtern bestehen, von denen fünf Richter des Gerichtshofes sind. Der EWR-Rat kann den EWR-Gerichtshof auf dessen Antrag ermächtigen, Kammern mit je drei oder fünf Richtern einzurichten. Unter Berücksichtigung der Natur der zu entscheidenen Rechtsstreitigkeiten soll eine ausgewogene und angemessene Zahl von Richtern des Gerichtshofes und der EFTA in der Satzung des EWR-Gerichtshofes festgelegt werden. Nach Artikel 101 soll das EWR-Gericht erster Instanz aus fünf Richtern bestehen, von denen drei von den EFTA-Staaten ernannt werden und zwei Richter des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften sind.

11 Das Protokoll Nr. 34, auf das Artikel 104 Absatz 2 des Abkommens verweist, enthält Bestimmungen, die es einem EFTA-Staat erlauben, seine Gerichte zu ermächtigen, den Gerichtshof zu ersuchen, sich zur Auslegung einer Bestimmung des Abkommens zu äußern.

12 Schließlich ist in einem Vermerk zum Protokoll Nr. 34 ein Interventionsrecht der EFTA-Staaten in Rechtssachen vor dem Gerichtshof vorgesehen.

III

13 Vor der Prüfung der mit dem Antrag der Kommission auf Gutachten aufgeworfenen Fragen sind die Ziele und der Zusammenhang des Abkommens auf der einen mit den Zielen und dem Zusammenhang des Gemeinschaftsrechts auf der anderen Seite zu vergleichen.

14 Die wörtliche Übereinstimmung der Bestimmungen des Abkommens mit den entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen bedeutet nicht, daß beide notwendigerweise gleich auszulegen sind. Ein völkerrechtlicher Vertrag ist nämlich nicht nur nach seinem Wortlaut, sondern auch im Lichte seiner Ziele auszulegen. Artikel 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 bestimmt insoweit, daß ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen ist.

15 Was den Vergleich zwischen den Zielen der Bestimmungen des Abkommens und denjenigen des Gemeinschaftsrechts angeht, ist festzustellen, daß das Abkommen auf die Anwendung einer Freihandels- und Wettbewerbsregelung in den Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien gerichtet ist.

16 Was dagegen die Gemeinschaft betrifft, so hat sich die Freihandels- und Wettbewerbsregelung, die das Abkommen auf das gesamte Hoheitsgebiet der Vertragsparteien ausdehnen will, in der Rechtsordnung der Gemeinschaft entwickelt und fügt sich in diese Rechtsordnung ein, deren Ziele über das mit dem Abkommen verfolgte Ziel hinausgehen.

17 Wie sich nämlich insbesondere aus den Artikeln 2, 8a und 102a EWG-Vertrag ergibt, strebt dieser eine wirtschaftliche Integration an, die in einen Binnenmarkt und in eine Wirtschafts- und Währungsunion mündet. Zudem verfolgen die Gemeinschaftsverträge in ihrer Gesamtheit nach Artikel 1 der Einheitlichen Europäischen Akte das Ziel, zu konkreten Fortschritten auf dem Wege zur Europäischen Union beizutragen.

18 Aus dem Vorstehenden folgt, daß die Bestimmungen des EWG-Vertrags, die den freien Verkehr und den Wettbewerb regeln, keineswegs ein Selbstzweck, sondern nur Mittel zur Verwirklichung dieser Ziele sind.

19 Auch der Zusammenhang, in den sich das Ziel des Abkommens einfügt, ist ein anderer als der, in dem die gemeinschaftlichen Ziele verfolgt werden.

20 Der Europäische Wirtschaftsraum ist nämlich auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Vertrags zu verwirklichen, der Rechte und Pflichten im wesentlichen nur zwischen seinen Vertragsparteien begründet und keine Übertragung von Souveränitätsrechten auf die mit ihm eingesetzten zwischenstaatlichen Organe vorsieht.

21 Dagegen stellt der EWG-Vertrag, obwohl er in der Form einer völkerrechtlichen Übereinkunft geschlossen wurde, nichtsdestoweniger die Verfassungsurkunde einer Rechtsgemeinschaft dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes haben die Gemeinschaftsverträge eine neue Rechtsordnung geschaffen, zu deren Gunsten die Staaten in immer weiteren Bereichen ihre Souveränitätsrechte eingeschränkt haben und deren Rechtssubjekte nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch deren Bürger sind (siehe insbesondere Urteil vom 5. Februar 1963 in der Rechtssache 26/62, Van Gend en Loos, Slg. 1963, S. 1). Die wesentlichen Merkmale der so verfaßten Rechtsordnung der Gemeinschaft sind ihr Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten und die unmittelbare Wirkung zahlreicher für ihre Staatsangehörigen und für sie selbst geltender Bestimmungen.

22 Hieraus ergibt sich, daß die Homogenität der Rechtsnormen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum nicht dadurch gewährleistet ist, daß die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts inhaltlich oder in ihrem Wortlaut mit den entsprechenden Bestimmungen des Abkommens übereinstimmen.

23 Daher ist zu prüfen, ob das Abkommen andere Mittel zur Gewährleistung dieser Homogenität vorsieht.

24 Artikel 6 des Abkommens verfolgt dieses Ziel, indem er vorsieht, daß die Regeln des Abkommens im Einklang mit den Entscheidungen des Gerichtshofes zu den entsprechenden Regeln des Gemeinschaftsrechts auszulegen sind.

25 Dieser Auslegungsmechanismus vermag jedoch aus zwei Gründen die angestrebte rechtliche Homogenität nicht zu gewährleisten.

26 Zunächst betrifft dieser Artikel nur die bis zum Tag der Unterzeichnung des Abkommens ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofes. Da sich diese Rechtsprechung weiterentwickeln wird, wird sich nur schwer zwischen neuer und alter Rechtsprechung und damit zwischen Vergangenheit und Zukunft unterscheiden lassen.

27 Obwohl aus Artikel 6 des Abkommens nicht eindeutig hervorgeht, ob er sich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes in ihrer Gesamtheit und insbesondere die Rechtsprechung zur unmittelbaren Wirkung und zum Vorrang des Gemeinschaftsrechts bezieht, ergibt sich weiter aus dem Protokoll Nr. 35 zu dem Abkommen, daß sich die Vertragsparteien, ohne die kraft dieser Rechtsprechung geltenden Grundsätze der unmittelbaren Wirkung und des Vorrangs anzuerkennen, lediglich verpflichten, in ihre jeweilige Rechtsordnung eine Rechtsvorschrift aufzunehmen, die den Bestimmungen des Abkommens Vorrang vor entgegenstehenden Rechtsvorschriften einräumt.

28 Daraus folgt, daß sich die in Artikel 6 des Abkommens vorgeschriebene Beachtung der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht auf wesentliche Elemente dieser Rechtsprechung erstreckt, die mit den spezifischen Merkmalen des Abkommens unvereinbar sind. Artikel 6 kann somit als solcher das Ziel der Homogenität des Rechts im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft sicherstellen.

29 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß dem Ziel der homogenen Auslegung und Anwendung des Rechts im Europäischen Wirtschaftsraum die zwischen den Zielsetzungen und dem Zusammenhang des Abkommens auf der einen und den Zielsetzungen und dem Zusammenhang des Gemeinschaftsrechts auf der anderen Seite bestehenden Unterschiede entgegenstehen.

IV

30 Unter Berücksichtigung des aufgezeigten Widerspruchs ist zu prüfen, ob das ins Auge gefaßte Gerichtssystem die Autonomie der Rechtsordnung der Gemeinschaft bei der Verfolgung der ihr eigenen Ziele in Frage stellen kann.

31 Diese Prüfung erstreckt sich zunächst auf die Auslegung des Begriffs der Vertragspartei, die der EWR-Gerichtshof bei der Ausübung seiner Zuständigkeiten wird vornehmen müssen, und sodann auf die Auswirkung seiner Rechtsprechung auf die Auslegung des Gemeinschaftsrechts.

32 Zum ersten Punkt ist daran zu erinnern, daß der EWR-Gerichtshof nach Artikel 96 Absatz 1 Buchstabe a des Abkommens für die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien zuständig ist und daß nach Artikel 117 Absatz 1 des Abkommens der Gemischte Ausschuß des Europäischen Wirtschaftsraums oder jede Vertragspartei den EWR-Gerichtshof zur Entscheidung einer solchen Streitigkeit anrufen kann.

33 Artikel 2 Buchstabe c des Abkommens definiert den Begriff der Vertragsparteien. Für die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten erfaßt dieser Begriff je nach Lage des Falles die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft oder ihre Mitgliedstaaten. Welche dieser drei Möglichkeiten zu wählen ist, ist den im Einzelfall maßgeblichen Bestimmungen des Abkommens und den jeweiligen Befugnissen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten zu entnehmen, wie sie sich aus dem EWG-Vertrag und dem EGKS-Vertrag ergeben.

34 Der EWR-Gerichtshof kann sich also, wenn er mit einer Streitigkeit über die Auslegung oder die Anwendung einer oder mehrerer Bestimmungen des Abkommens befaßt ist, veranlaßt sehen, den Begriff Vertragspartei im Sinne des Artikels 2 Buchstabe c des Abkommens auszulegen, um festzustellen, ob sich der Begriff Vertragspartei im Sinne dieser Bestimmung auf die Gemeinschaft, auf die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten oder auf die Mitgliedstaaten allein bezieht. Der EWR-Gerichtshof wird daher über die jeweiligen Befugnisse der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten auf den durch die Bestimmungen des Abkommens geregelten Gebieten zu entscheiden haben.

35 Folglich ist die dem EWR-Gerichtshof in den Artikeln 2 Buchstabe c, 96 Absatz 1 Buchstabe a und 117 Absatz 1 des Abkommens eingeräumte Zuständigkeit geeignet, die in den Verträgen festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Gemeinschaft zu beeinträchtigen, deren Wahrung nach Artikel 164 EWG-Vertrag der Gerichtshof sichert. Diese ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtshofes wird durch Artikel 219 EWG-Vertrag bestätigt, wonach sich die Mitgliedstaaten verpflichten, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Vertrages nicht anders als hierin vorgesehen zu regeln. Artikel 87 EGKS-Vertrag enthält eine entsprechende Bestimmung.

36 Die Übertragung dieser Zuständigkeit auf den EWR-Gerichtshof ist daher mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar.

37 Zum zweiten Punkt ist vorab darauf hinzuweisen, daß die nach dem Verfahren des Artikels 228 EWG-Vertrag geschlossenen internationalen Abkommen für die Organe der Gemeinschaft und für ihre Mitgliedstaaten verbindlich sind und daß die Bestimmungen dieser Abkommen und die von ihren Organen erlassenen Handlungen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes mit ihrem Inkrafttreten Bestandteil der Rechtsordnung der Gemeinschaft werden.

38 Das Abkommen ist eine Handlung eines der Organe der Gemeinschaft im Sinne von Artikel 177 Absatz 1 Buchstabe b EWG-Vertrag; der Gerichtshof ist daher für seine Auslegung im Wege der Vorabentscheidung zuständig. Er ist ebenfalls für die Entscheidung über dieses Abkommen zuständig, wenn die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gegen ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen verstoßen.

39 Sieht aber ein internationales Abkommen ein eigenes Gerichtssystem mit einem Gerichtshof vor, der für die Regelung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien dieses Abkommens und damit für die Auslegung seiner Bestimmungen zuständig ist, so sind die Entscheidungen dieses Gerichtshofes für die Organe der Gemeinschaft, einschließlich des Gerichtshofes, verbindlich. Diese Entscheidungen sind auch dann verbindlich, wenn der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung oder im Rahmen einer Klage über die Auslegung des internationalen Abkommens als Bestandteil der Rechtsordnung der Gemeinschaft zu entscheiden hat.

40 Ein internationales Abkommen, das ein solches Gerichtssystem vorsieht, ist grundsätzlich mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Die Zuständigkeit der Gemeinschaft im Bereich der internationalen Beziehungen und ihre Fähigkeit zum Abschluß internationaler Abkommen umfaßt nämlich notwendig die Fähigkeit, sich den Entscheidungen eines durch solche Abkommen geschaffenen oder bestimmten Gerichts zu unterwerfen, was die Auslegung und Anwendung ihrer Bestimmungen angeht.

41 Das in Rede stehende Abkommen übernimmt jedoch einen wesentlichen Teil der Regeln, einschließlich solcher des abgeleiteten Rechts, die für die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen innerhalb der Gemeinschaft gelten und bei denen es sich in ihrer Mehrzahl um grundlegende Bestimmungen der Rechtsordnung der Gemeinschaft handelt.

42 Damit bewirkt das Abkommen, daß in die Rechtsordnung der Gemeinschaft ein umfangreicher Komplex von Rechtsnormen eingefügt wird, der neben eine Gruppe von gleichlautenden Gemeinschaftsnormen tritt.

43 In der Präambel des Abkommens und in dessen Artikel 1 haben die Vertragsparteien ferner ihre Absicht zum Ausdruck gebracht, eine einheitliche Anwendung der Bestimmungen des Abkommens in der Gesamtheit ihrer Hoheitsgebiete sicherzustellen. Das Ziel einheitlicher Rechtsanwendung und gleicher Wettbewerbsbedingungen, wie es mit den Artikeln 6 und 104 Absatz 1 des Abkommens verfolgt wird und sich dort widerspiegelt, erfaßt aber notwendig die Auslegung sowohl der Bestimmungen dieses Abkommens als auch die der entsprechenden Bestimmungen der Rechtsordnung der Gemeinschaft.

44 Artikel 6 des Abkommens verpflichtet den EWR-Gerichtshof zwar, die Bestimmungen des Abkommens im Lichte der bis zum Tag der Unterzeichnung des Abkommens ergangenen maßgeblichen Rechtsprechung des Gerichtshofes auszulegen, doch gilt diese Verpflichtung nicht mehr für die Entscheidungen, die der Gerichtshof nach diesem Zeitpunkt erläßt.

45 Folglich bestimmt das Ziel des Abkommens, mit dem die Homogenität des Rechts im gesamten Europäischen Wirtschafsraum sichergestellt werden soll, nicht nur die Auslegung der Regeln des Abkommens, sondern auch die der entsprechenden Regeln des Gemeinschaftsrechts.

46 Daraus folgt, daß der in dem Abkommen vorgesehene gerichtliche Mechanismus dadurch, daß er Festlegungen für die zukünftige Auslegung der Gemeinschaftsregeln auf dem Gebiet des freien Verkehrs und des Wettbewerbs trifft, Artikel 164 EWG-Vertrag und allgemeiner die Grundlagen der Gemeinschaft selbst beeinträchtigt.

V

47 Die Gefahr, die das Gerichtssystem des Abkommens für die Autonomie der Rechtsordnung der Gemeinschaft darstellt, wird keineswegs dadurch verringert, daß die Artikel 95 und 101 des Abkommens auf die Schaffung organischer Beziehungen zwischen dem EWR-Gerichtshof und dem Gerichtshof abzielen, indem sie vorsehen, daß Richter des Gerichtshofes dem EWR-Gerichtshof und seinen Kammern und daß Richter des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften dem EWR-Gericht erster Instanz angehören.

48 Es ist im Gegenteil zu befürchten, daß die Anwendung dieser Bestimmungen die allgemeinen Probleme, die das in dem Abkommen vorgesehene Gerichtssystem aufwirft, noch verschärft.

49 Hierzu ist daran zu erinnern, daß der EWR-Gerichtshof das ordnungsgemäße Funktionieren einer Freihandels- und Wettbewerbsregelung im Rahmen eines völkerrechtlichen Vertrags sicherstellen soll, der Verpflichtungen nur zwischen den Vertragsparteien begründet.

50 Dagegen hat der Gerichtshof die Wahrung einer besonderen Rechtsordnung zu sichern und zu ihrer Fortentwicklung im Hinblick auf die Erreichung der insbesondere in den Artikeln 2, 8a und 102a EWG-Vertrag festgelegten Ziele und auf die Verwirklichung einer Europäischen Union zwischen den Mitgliedstaaten beizutragen, wie sich aus der Feierlichen Erklärung von Stuttgart vom 19. Juni 1983 (Punkt 2.5) ergibt, auf die der erste Erwägungsgrund der Präambel der Einheitlichen Europäischen Akte verweist. In diesem Rahmen sind Freihandel und Wettbewerb nur Mittel zur Erreichung dieser Ziele.

51 Folglich werden die Richter des Gerichtshofes, die dem EWR-Gerichtshof angehören, je nachdem, ob sie als Richter am Gerichtshof oder als Richter am EWR-Gerichtshof tätig sind, die gleichen Bestimmungen nach unterschiedlichen Vorgehensweisen, Methoden und Konzepten anzuwenden und auszulegen haben, um der Eigenart jedes Vertrages und der ihm eigenen Ziele Rechnung zu tragen.

52 Unter diesen Umständen wird es für diese Richter, wenn sie als Richter des Gerichtshofes tätig sind, sehr schwer, wenn nicht unmöglich sein, in voller innerer Unabhängigkeit an Fragen heranzugehen, bei deren Entscheidung sie im Rahmen des EWR-Gerichtshofes mitgewirkt haben.53 Da jedoch das Gerichtssystem des Abkommens auf jeden Fall mit dem EWG-Vertrag unvereinbar ist, braucht weder diese Frage noch die Frage eingehender geprüft zu werden, ob dieses System nicht geeignet ist, das Vertrauen der Bürger in die Fähigkeit des Gerichtshofes, seine Aufgaben in völliger Unabhängigkeit wahrzunehmen, ernstlich zu gefährden.

VI

54 Es ist zu prüfen, ob der in Artikel 104 Absatz 2 des Abkommens vorgesehene Mechanismus zur Auslegung der Bestimmungen des Abkommens mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.

55 Nach Artikel 104 Absatz 2 des Abkommens enthält das Protokoll Nr. 34 die Bestimmungen, die es einem EFTA-Staat erlauben, seine Gerichte zu ermächtigen, den Gerichtshof zu ersuchen, sich zur Auslegung des Abkommens zu äußern.

56 Nach Artikel 1 dieses Protokolls kann ein Gericht eines EFTA-Staats, dem in einem bei ihm anhängigen Rechtsstreit eine Frage nach der Auslegung von Bestimmungen des Abkommens gestellt wird, die inhaltlich mit Bestimmungen der Gemeinschaftsverträge übereinstimmen, den Gerichtshof ersuchen, sich zu dieser Frage zu äußern, wenn es dies für erforderlich hält.

57 Artikel 2 des Protokolls Nr. 34 sieht vor, daß ein EFTA-Staat, der von diesem Protokoll Gebrauch machen will, dem Verwahrer des Abkommens und dem Gerichtshof notifiziert, in welchem Umfang und nach welchen Modalitäten das Protokoll für seine Gerichte gelten soll.

58 Folglich ist dieses Verfahren dadurch gekennzeichnet, daß es den EFTA-Staaten freistellt, ihre Gerichte zur Vorlage von Fragen beim Gerichtshof zu ermächtigen oder nicht, und daß es für die in letzter Instanz entscheidenden Gerichte dieser Staaten keine Vorlagepflicht vorsieht. Außerdem ist nicht gewährleistet, daß die Antworten, die der Gerichtshof auf diese Weise zu geben hätte, verbindliche Wirkung für die vorlegenden Gerichte hätten. Dieses Verfahren unterscheidet sich grundlegend vom Verfahren nach Artikel 177 EWG-Vertrag.

59 Es trifft zu, daß es keine Bestimmung des EWG-Vertrags ausschließt, daß ein internationales Abkommen dem Gerichtshof eine Zuständigkeit für die Auslegung von Bestimmungen eines solchen Abkommens zum Zwecke seiner Anwendung in Drittstaaten überträgt.

60 Auch gegen die den EFTA-Staaten belassene Freiheit, ihre Gerichte zur Vorlage von Vorabentscheidungsfragen zu ermächtigen oder nicht, und gegen das Fehlen einer Verpflichtung bestimmter Gerichte zur Anrufung des Gerichtshofes kann ein grundsätzlicher Einwand nicht erhoben werden.

61 Dagegen kann nicht hingenommen werden, daß die Antworten, die der Gerichtshof den Gerichten der EFTA-Staaten gibt, eine bloße Auskunftswirkung und keine Bindungswirkung haben. Eine solche Situation würde die Aufgabe des Gerichtshofes, die im EWG-Vertrag als die eines Gerichts ausgestaltet ist, dessen Entscheidungen verbindlich sind, verfälschen. Selbst in dem ganz besonderen Fall des Artikels 228 kommt dem Gutachten des Gerichtshofes die in diesem Artikel präzisierte verbindliche Wirkung zu.

62 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß die Auslegung des Abkommens, die der Gerichtshof in Beantwortung von Fragen der Gerichte der EFTA-Staaten vornimmt, auch von den Gerichten der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft zu berücksichtigen ist, wenn diese über die Anwendung des Abkommens zu befinden haben. Das Fehlen einer verbindlichen Wirkung dieser Antworten für die Gerichte der EFTA-Staaten kann jedoch Unsicherheit über die rechtliche Bedeutung dieser Antworten für die Gerichte der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft hervorrufen.

63 Ferner kann nicht ausgeschlossen werden, daß bei den Gerichten der Mitgliedstaaten die Auffassung entsteht, daß die nicht verbindliche Wirkung der vom Gerichtshof kraft des Protokolls Nr. 34 vorgenommenen Auslegungen der Bestimmungen des Abkommens sich auch auf die Urteile des Gerichtshofes nach Artikel 177 EWG-Vertrag erstreckt.

64 Insoweit beeinträchtigt der in Rede stehende Mechanismus die Rechtssicherheit, die für das ordnungsgemäße Wirken des Vorabentscheidungsverfahrens unerläßlich ist.

65 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß Artikel 104 Absatz 2 des Abkommens und das Protokoll Nr. 34 zu diesem Abkommen mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sind, da sie nicht gewährleisten, daß den Antworten, die der Gerichtshof kraft dieses Protokolls geben soll, verbindliche Wirkung zukommt.

VII

66 Zu prüfen ist sodann das für die EFTA-Länder vorgesehene Recht, in den beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen zu

intervenieren. Ein Vermerk zum Protokoll Nr. 34 sieht vor, daß die Artikel 20 und 37 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes zur Schaffung eines solchen Interventionsrechts zu ändern sind.

67 Insoweit genügt der Hinweis, daß diese beiden Artikel zu Titel III des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes gehören und daß der Rat nach Artikel 188 Absatz 2 EWG-Vertrag die Bestimmungen dieses Titels auf Antrag des Gerichtshofes und nach Anhörung der Kommission und des Europäischen Parlaments einstimmig ändern kann.

68 Folglich erfordert die Einräumung eines Rechts für die EFTA-Staaten, in den beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen zu intervenieren, keine Änderung des EWG-Vertrags im Sinne seines Artikels 236.

VIII

69 Die letzte Frage der Kommission geht dahin, ob Artikel 238 EWG-Vertrag, der den Abschluß von Assoziierungsabkommen mit einem Drittstaat, einer Staatenverbindung oder einer internationalen Organisation durch die Gemeinschaft betrifft, die Einführung eines Gerichtssystems, wie es das Abkommen vorsieht, erlaubt. Hierzu hat die Kommission darauf hingewiesen, daß diese Bestimmung im Falle eines ablehnenden Gutachtens des Gerichtshofes so geändert werden könnte, daß sie die Errichtung eines solchen Systems zuließe.

70 Wie schon in Randnummer 40 ausgeführt wurde, ist ein internationales Abkommen, das ein Gerichtssystem mit einem Gerichtshof vorsieht, der für die Auslegung der Bestimmungen dieses Abkommens zuständig ist, nicht grundsätzlich unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht und kann daher seine Rechtsgrundlage in Artikel 238 EWG-Vertrag finden.

71 Artikel 238 bietet jedoch keine Grundlage für die Errichtung eines Gerichtssystems, das Artikel 164 EWG-Vertrag und allgemeiner die Grundlagen der Gemeinschaft selbst beeinträchtigt.
FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM: 691V0001.1

72 Aus denselben Gründen könnte eine Änderung dieser Bestimmung in dem von der Kommission angesprochenen Sinne die Unvereinbarkeit des Gerichtssystems des Abkommens mit dem Gemeinschaftsrecht nicht beseitigen.

Tenor

Abschließend äußert sich
DER GERICHTSHOF
gutachtlich wie folgt:

Das System der gerichtlichen Kontrolle, dessen Einführung das Abkommen vorsieht, ist mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft unvereinbar.

Luxemburg, den 14. Dezember 1991.
1 All disputes between Contracting Parties or cases when the EEA Court is seized by the EEA Joint Committee will be dealt with in plenary session.
2 An appropriate balance of ECJ and EFTA Judges, taking into account the nature of the cases, shall be laid down in the Statute of the EEA Court.
3 The Statutes shall contain provisions on qualifications for the Judges.
4 In French s'exprime.
5 Agreed Minutes will ensure that the term application also covers implementation of the Agreement.
6 In an agreed Minute it will be clarified that this also includes interpretation in the sense of the Ministerial Declaration of 14 May 1991