RG, 25.11.1879 - III 320/79

Daten
Fall: 
Domizilvermerk
Fundstellen: 
RGZ 1, 17
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
25.11.1879
Aktenzeichen: 
III 320/79
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Handelsgericht Würzburg.
Stichwörter: 
  • Bewirkung eines Domizilvermerks durch Nennung "zahlbar an der Gewerbskasse"

Bewirkt der Zusatz bei Benennung des Trassaten: "zahlbar an der Gewerbskasse" einen Domizilvermerk?

Tatbestand

Der Klagewechsel über 500 Mark war auf M. A. in Frammersbach gezogen "zahlbar an der Gewerbekasse in Lohr".

Zur Verfallzeit unterblieb der Protest mangels Zahlung; es wurde deshalb auf Grund des Art. 43 W.O. Abweisung der gegen den Acceptanten erhobenen Wechselklage beantragt. Das Handelsgericht hat jedoch nach dem Klagbegehren verurteilt, weil ein Domiziliat nicht benannt sei. Dieses Urteil ist aus folgenden Gründen vernichtet worden:

Gründe

"Damit der Wechsel selbst ergebe, durch wen die Zahlung am Zahlungsorte erfolgen soll, ist es nicht erforderlich, daß dies mit dem Worte "durch" zu erkennen gegeben werde.

Dies erkennt auch das Handelsgericht in Übereinstimmung mit der herrschenden Doktrin und Praxis an, und verneint nur, daß mit der Bezeichnung: "zahlbar an der Gewerbekasse in Lohr" diese als Domizilatin benannt, daß "an" mit "durch" oder "bei" gleichbedeutend sei.

Diese Auffassung erweist sich jedoch als eine irrtümliche, wenn man das entscheidende Gewicht darauf legt, ob nach dem Inhalte des Domizilvermerkes anzunehmen sei, daß der Trassat selbst (oder durch

einen Boten) an dem Zahlungsorte erscheinen und die Wechselsumme hinlegen werde, oder ob nicht vielmehr sich daraus unzweifelhaft entnehmen lasse, daß ein Dritter die Zahlung bewirken werde. -- Nach der täglichen Erfahrung, nach der Art und Weise, wie man sich der Banquiers und Kreditkassen bedient, kann aber die Verweisung " an eine Bank", " an eine Kasse" keinen anderen Sinn haben, als den, daß an den Kassen solcher Geldinstitute durch eine hierzu bestellte Persönlichkeit ausbezahlt werden solle. Daran, daß der "an die Kasse" verweisende Schuldner sich selbst einfinden und bezahlen werde, ist nicht zu denken. Es wäre nicht abzusehen, welchen Dienst ihm der Banquier oder die Kasse leistete, wenn man nicht etwa sich den Verlauf so denken wollte, daß der Zahlungspflichtige, anstatt sich das Geld nach seinem Wohnorte schicken zu lassen, selbst am Verfalltage es bei dem Kreditinstitute abhole und daselbst ausbezahle. Eine solche Auffassung des Verhältnisses würde aber nicht minder mit der Erfahrung als auch mit den Grundsätzen eines richtigen wirtschaftlichen Verfahrens im Widerspruche stehen.

Die Bemerkung "zahlbar an der Gewerbekasse" kann daher nur dahin gedeutet werden: zahlbar an dieser Kasse durch den hierzu berufenen Vertreter oder Angestellten der Genossenschaft."