RG, 18.11.1879 - II 16/79

Daten
Fall: 
Rechtliche Gültigkeit eines Versicherungsvertrages nach preußischem Recht
Fundstellen: 
RGZ 1, 115
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
18.11.1879
Aktenzeichen: 
II 16/79
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Köln.
  • Appellationsgericht daselbst.

Ist die rechtliche Gültigkeit eines Versicherungsvertrages, den ein Preuße mit einer außerhalb Preußen domizilierten Unfall-Versicherungsanstalt durch Vermittelung eines in Preußen wohnenden Agenten geschlossen hat, dadurch beeinträchtigt, daß die Versicherungsanstalt die in §. 2 des preuß. Ges. v. 17. Mai 1853 vorgeschriebene Genehmigung der Ministerien nicht erwirkt, und der betr. Agent die in den §§. 3 u. 4 das. geforderte persönliche Concession nicht erlangt hat?

Tatbestand

Aus den Bestimmungen des preuß. Gesetzes vom 17. Mai 1853 in Verbindung mit dem §. 360 Nr. 9 St.G.B. ist in jüngerer Zeit mehrfach die Folgerung hergeleitet worden, daß Versicherungsverträge der oben bezeichneten Art wider ein Verbotsgesetz verstießen und als auf einem unerlaubten Grunde beruhend nichtig seien. Diese Ansicht wurde reprobiert aus folgenden

Gründen:

"In Erwägung, daß zunächst §. 360 Nr. 9 St.G.B. nur die ohne Genehmigung der Staatsbehörde vorgenommene Errichtung einer Versicherungsanstalt bestraft, somit aber den Abschluß eines Versicherungsvertrages mit einer Gesellschaft, deren Errichtung sich im Auslande vollzogen hat, gar nicht treffen kann;

daß zwar das Gesetz, betreffend den Geschäftsverkehr der Versicherungsanstalten vom 17. Mai 1853, in den §§. 3 und 4 vorschrieb, daß die Agenten dieser Anstalten für ihre Person einer besonderen Concession der Bezirks-Regierung nachzusuchen hätten, außerdem auch auf Ausländer, die diese Concession nachsuchten, noch der §. 2 des Gesetzes, demzufolge ausländische Anstalten, wenn sie im Inlande Agenten anstellen wollen, dazu der Erlaubnis der Ministerien bedürfen, Anwendung finde,- und sodann in §. 7 die Folgen der Nichtbeobachtung dieser Vorschriften dahin bestimmte, daß derjenige, der für nicht concessionierte Versicherungsanstalten oder für concessionierte Unternehmer aber ohne eigene Concession gewerbsweise oder doch gegen einen Vorteil Versicherungsgeschäfte vermittele, eine Vergehensstrafe verwirkt habe;

daß indeß der Art. III des Gesetzes vom 22. Juni 1861 die bezogenen §§. 3 und 4, sowie die auf sie bezüglichen Bestimmungen des §. 7 außer Kraft gesetzt hat, aus dem nicht aufgehobenen §. 2 aber, der seinem schon hervorgehobenen Wortlaute zufolge keine Concessionierung der ausländischen Anstalten als solcher, sondern nur zum Zwecke der Bestellung von Agenten fordert, bezüglich der Frage nach der Gültigkeit der für ausländische Gesellschaften durch einen, einer persönlichen Concession nicht weiter bedürfenden Agenten vermittelten Verträge nichts gefolgert werden kann, - und zwar um so weniger, als das ganze Gesetz schon von vornherein, wie insbesondere auch in den betreffenden Verhandlungen des Abgeordnetenhauses und dem Kommissionsberichte (s. Drucksachen III. Bd. Nr. 311 S. 2) hervorgehoben wurde, auf rein gewerbepolizeilichen Gründen beruhte, und in seiner Strafbestimmung sich lediglich gegen den, den gesetzlichen Erfordernissen nicht entsprechenden Geschäftsverkehr der Agenten richtete, keineswegs aber auch die Gültigkeit der von denselben vermittelten Verträge der Inländer mit ausländischen Versicherungsanstalten durch die Gesetzmäßigkeit der Vermittlerthätigkeit bedingen wollte."