RG, 22.10.1880 - III 37/80

Daten
Fall: 
Zulässigkeit einer weitere Beschwerde bei Vorliegen zweier übereinstimmender Entscheidungen
Fundstellen: 
RGZ 2, 413
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
22.10.1880
Aktenzeichen: 
III 37/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Amtsgericht Wiesbaden
  • Landgericht Wiesbaden
  • Oberlandesgericht Frankfurt a. M

Eine weitere Beschwerde an das Reichsgericht ist ausgeschlossen, wenn Amtsgericht und Oberlandesgericht gleichförmig entschieden haben, obwohl eine davon abweichende Entscheidung des Landgerichts in Mitte liegt.

Tatbestand

Zu Gunsten der drei Gläubiger S., P. und G. war die 1249 M. betragende jährliche Pension des vormaligen Herzoglich nassauischen Registrators B. bis zum Betrage von 324 M. 50 Pf. gepfändet worden. Nachdem die Zivilprozeßordnung in Kraft getreten war, beantragte B. die Aufhebung der wider ihn verhängten Pfändung, welchem Antrage das Amtsgericht Wiesbaden stattgab, weil nach §. 749 Abs. 2 C.P.O. die fragliche Pension unter die der Pfändung nicht unterworfenen Dienstbezüge der im Privatdienste dauernd angestellten Personen zu rechnen sei. Auf die Beschwerde der Gläubiger mißbilligte das Landgericht Wiesbaden diese Auffassung, hob die amtsgerichtliche Verfügung auf und wies den B. mit seinem Antrage ab. Auf die nunmehrige Beschwerde des B. stellte jedoch das Oberlandesgericht Frankfurt a/M., indem es die Ziffer 3 des §. 749 C.P.O. für zutreffend erklärte, die amtsgerichtliche Verfügung wieder her. Die hierauf erhobene weitere Beschwerde der Gläubiger wurde von dem Reichsgericht mittelst Beschlusses vom 22. Oktober 1880 als unzulässig verworfen.

Gründe

"Die vorliegende Beschwerde ist gegen eine Verfügung des Oberlandesgerichts gerichtet, durch welche die Verfügung des Landgerichts aufgehoben und die von letzterem aufgehobene Verfügung des Amtsgerichts wiederhergestellt wurde. Dieser Beschwerde steht zwar ein selbständiger, aber kein neuer Beschwerdegrund zur Seite.

Unzweifelhaft liegt der Vorschrift des §. 531 Abs. 2 C.P.O. das Princip zu Grunde, daß zwei ihrem Inhalte nach gleichlautende Entscheidungen eine weitere Beschwerde ausschließen sollen. Dieses Princip der sogenannten duae conformes hat dann, wenn drei Instanzen bestehen, die naturgemäße Folge, daß es nicht anders zur Anwendung kommen kann, als wenn zwei übereinstimmende Entscheidungen unmittelbar auf einander gefolgt sind. Allein das Wesen des gedachten Princips ist nicht hierin, sondern allein in dem gesetzgeberischen Gedanken zu suchen, daß ein weiteres Rechtsmittel nicht nötig erscheine, wenn über den gleichen Gegenstand zweimal in gleichem Sinne entschieden worden sei. Von diesem Gedanken ausgegangen, kann es in Fällen der gerichtlichen Beschwerde, wo vier Instanzen gegeben sind, nicht darauf ankommen, ob die gleichlautenden Entscheidungen unmittelbar auf einander gefolgt sind oder nicht. Wenn und sobald im Laufe des Beschwerdeverfahrens zwei konforme Entscheidungen vorliegen, muß der weitere Beschwerdezug aufhören. Ob diese Übereinstimmung in der zweiten oder dritten Instanz erreicht wird, erscheint nicht erheblich; denn der Umstand, daß zwischen den gleichlautenden Entscheidungen der ersten und dritten Instanz eine anders lautende in Mitte liegt, beseitigt die rechtlichen Folgen der Thatsache nicht, daß mit der dritten Instanz die Konformität zweier Entscheidungen eingetreten ist. Unterliegt eine Partei in der ersten und zweiten Instanz, so steht ihr nach der hierin nicht bestrittenen Vorschrift des §. 531 Hbf. 2 C.P.O. eine weitere Beschwerde nicht zu, weil zweimal zu ihren Ungunsten entschieden worden ist. Die Partei befindet sich aber in keiner wesentlich anderen Zage, wenn erst die dritte Instanz die ihr ungünstige Entscheidung der ersten Instanz bestätigt; denn auch in diesem Falle hat sie, falls sie zur weiteren Beschwerde schreiten will, zwei konforme Entscheidungen gegen sich und kann die bloße Bestätigung einer früheren Entscheidung nicht als einen neuen, die Ergreifung der weiteren Beschwerde rechtfertigenden Beschwerdegrund geltend machen. Wollte gleichwohl in solchen Fällen im Hinblick auf die abweichende Entscheidung der Zwischeninstanz eine Anrufung der vierten Instanz gestattet werden, so würde man zu dem eines inneren Grundes entbehrenden Resultate gelangen, daß zwar eine weitere Beschwerde abgeschnitten ist, wenn das Landgericht die zweite konforme Entscheidung gefällt hat, wogegen, wenn diese Entscheidung von dem mit größeren Garantieen für, richtige Rechtsprechung ausgestatteten Oberlandesgericht ausgegangen ist, eine weitere Beschwerde gestattet wäre."