RG, 03.02.1880 - IVa 502/79
Ist der Anspruch aus der nützlichen Verwendung dadurch ausgeschlossen, daß die Verwendung aus dem Vermögen des Versionsklägers in den Nutzen des Versionsbeklagten durch das Rechtsgeschäft eines Dritten vermittelt ist?1
Tatbestand
Der verstorbene Ehemann der Beklagten, mit welchem diese in getrennten Gütern und unter vertragsmäßig vorbehaltenem Vermögen lebte, hatte von der Klägerin Düngstoffe zu verabredeten Preisen gekauft und in die Besitzung der Beklagten verwendet. Von dieser forderte die Klägerin Zahlung des Kaufpreises von 549 Mark, weil der Nachlaß des Ehemannes, dem die Beklagte die Verwaltung ihres Vermögens stillschweigend überlassen gehabt, insufficient, die Beklagte mit der Verwendung der Düngstoffe einverstanden gewesen und der Kulturstand ihrer Besitzung mindestens um den Betrag des Kaufpreises erhöht worden sei.
Die Beklagte bestritt diese Behauptungen und wandte ein, die Klägerin sei zur Klage aktiv nicht legitimiert, da von einer versio in rem im Verhältnis der Parteien nicht die Rede sein könne.
Der zweite Richter wies die Klägerin ab. Auf erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde dieses Erkenntnis vernichtet und das die Beklagte zur Zahlung des Preises der Düngstoffe verurteilende erste Erkenntnis bestätigt.
Gründe
"Der Appellationsrichter erachtet die Versionsklage nur dann für zulässig, wenn die Verwendung aus dem Vermögen des Versionsklägers direkt und unmittelbar in den Nutzen des Versionsbeklagten geschehen ist. Dieser Grundsatz ist allerdings von dem vierten Senate des preußischen Obertribunals in wiederholten Entscheidungen ( Striethorst, Arch. Bd. 10 S. 142; Bd. 77 S. 70; Bd. 87 S. 283; Bd. 73 S. 155; Entsch. Bd. 56 S. 114) ausgesprochen werden. Dem entgegen hat jedoch bereits das R.O.H.G. (Entsch. Bd. 3 Nr. 78 S. 377 und Bd. 11 Nr. 47 S. 136) den Anspruch aus der nützlichen Verwendung nach preußischem Rechte auch in Fällen zugelassen, in welchen das Streitobjekt mittels eines zwischen dem Versionskläger und einem Dritten eingegangenen Rechtsgeschäftes in das Vermögen des Versionsbeklagten gelangt war. Dieser Auffassung muß auch beigetreten werden.
Nach A.L.R. I. 13 §. 262 steht die Versionsklage demjenigen zu, aus dessen Vermögen etwas in den Nutzen eines anderen verwendet worden. Voraussetzung ist nach §. 277 das., daß kein rechtlicher Vertrag unter den Parteien vorhanden ist.
Damit hat das Landrecht das gemeinrechtlich für die actio de in rem verso festgehaltene Erfordernis der Mittelsperson aufgegeben. Die Versionsklage steht daher auch demjenigen zu, aus dessen Vermögen unmittelbar etwas in den Nutzen eines anderen verwendet worden ist. Daß sie aber auf eine unmittelbare Verwendung nicht beschränkt, vielmehr auch dann zulässig ist, wenn die Verwendung aus dem Vermögen des Versionsklägers in den Nutzen des Versionsbeklagten durch das Rechtsgeschäft eines Dritten vermittelt wird, erkennt das Gesetz ausdrücklich an. So kann nach A.L.R. I. 17 §. 236 eine Gesellschaft durch das Rechtsgeschäft eines Gesellschafters, nach I. 1. §. 324 das. der Mann durch das Rechtsgeschäft der Frau, nach II. 2 §. 126 der Vater durch das Rechtsgeschäft seiner Kinder aus der nützlichen Verwendung verpflichtet werden und in allen diesen Fällen beruht der Grund der Verpflichtung nicht etwa in dem besonderen Verhältnis dieser Personen, sondern, wie der angeführte §. 126 besagt, auf den allgemeinen Vorschriften, nach welchen jemand überhaupt durch die Handlung eines Dritten vermöge einer in seinem Nutzen erfolgten Verwendung verpflichtet wird.
Es fragt sich aber, unter welchen Voraussetzungen durch die Handlung, durch das Rechtsgeschäft eines Dritten (der Mittelsperson) die Versionsklage begründet wird. Gemeinrechtlich ist man in dieser sehr bestrittenen Frage zufolge §. 4 Inst. quod cum eo, 4, 7 und I. 7 §. 1 Cod. eod. 4, 26 darüber einig, daß die Versionsklage stattfindet, wenn der gewaltfreie Vertent in Angelegenheiten des Versionsbeklagten ( rem eius agens) - thatsächlich oder rechtlich - gehandelt hat, also in allen Fällen, in welchem den: gerens die actio mandati oder negotiorum gestorum contraria zusteht. Daß dies auch der Standpunkt des preußischen Landrechtes ist, ergiebt sich schon aus der Stellung, welche die nützliche Verwendung im Systeme des Gesetzes - als ein Abschnitt des 13. Titels, welcher von der Erwerbung des Eigentumes an Sachen und Rechten durch einen Dritten, also von der Stellvertretung handelt, erhalten hat. Liegt eine solche Stellvertretung - thatsächlich oder rechtlich - vor, hat also der Vertent in den Angelegenheiten des Versionsbeklagten gehandelt, so ist die Thatsache der nützlichen Verwendung davon unabhängig, in welcher Weise das Eigentum der vertierten Sache auf den Versionsbeklagten übergegangen ist. Es kann für die Thatsache der nützlichen Verwendung unmöglich einen Unterschied machen, ob derjenige, welcher eine Sache für Rechnung eines anderen kauft, in eigenem Namen oder im Namen des Machtgebers gehandelt hat, ob also der Machtgeber das Eigentum der Sache im ersten Falle schon durch die Tradition an den Bevollmächtigten, im zweiten Falle erst dadurch erwirbt, daß der Bevollmächtigte seiner gesetzlichen Pflicht (A.L.R. I. 13 §§. 62. 63) gemäß die Übergabe an den Machtgeber bewirkt. In beiden Fällen hat die nützliche Verwendung in das Vermögen des belangten Prinzipales, soweit solche vorliegt, mit dem Schaden, also aus dem Vermögen des Versionsklägers stattgefunden.
Hiernach beruht der erste Entscheidungsgrund des Appellationsrichters auf einer unrichtigen Auffassung des §. 262 A.L.R. 1.13 Tit. 11."
- 1. Vgl. oben Nr. 57 S. 143.