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RG, 04.05.1917 - II 599/16

Daten
Fall: 
Verhinderung des Rechtsanwalts
Fundstellen: 
RGZ 90, 192
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
04.05.1917
Aktenzeichen: 
II 599/16
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG I Berlin
  • KG Berlin

Zeitweise Verhinderung des Rechtsanwalts; Bestellung eines bei demselben Gerichte zugelassenen anderen Rechtsanwalts zum Vertreter. Was ist erforderlich, damit Zustellungen an einen solchen Vertreter erfolgen können?

Tatbestand

Prozeßbevollmächtigter der Beklagten war in erster Instanz der Rechtsanwalt Dr. L.. Als dieser Ende September 1915 zum Heeresdienst eingezogen wurde, erklärte er dem gleichfalls beim Prozeßgerichte (Landgericht I Berlin) zugelassenen Justizrat B., er übertrage ihm für die Dauer seiner Verhinderung die Stellvertretung. Die im § 29 RAO. vorgeschriebenen Anzeigen an den Vorsitzenden des Landgerichts I Berlin und an das zuständige Amtsgericht verabsäumte er. Nachdem Justizrat B. zu den Prozeßakten einen Schriftsatz des Inhalts eingereicht hatte, daß er den Rechtsanwalt Dr. L. für die Zeit des Heeresdienstes vertrete, trat er in die Verhandlung vom 16. November 1915 für die Beklagte auf. Das Gericht verkündete alsdann ein Urteil auf teilweise Abweisung der Klage. Dieses Urteil stellte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin am 15. Dezember 1915 dem Justizrat B. gegen dessen Empfangsbekenntnis zu und legte binnen Monatsfrist, von da ab gerechnet, Berufung ein. Das Kammergericht verwarf aber die Berufung als unzulässig, weil mangels Erstattung der Anzeigen des § 29 RAO. eine ordnungsmäßige Vertreterbestellung nicht zustande gekommen sei, die Zustellung des Urteils daher dem § 29 ZPO. nicht entspreche. Auf die" Revision der Klägerin wurde diese Entscheidung aufgehoben und die Sache in die Vorinstanz zurückverwiesen.

Gründe

"Die Ansicht des Kammergerichts, daß im Falle des § 25 RAO. von der Erstattung der im § 29 vorgeschriebenen Anzeigen die Wirksamkeit der Bevollmächtigung abhänge, ist rechtsirrtümlich. Die Vollmacht kann hier wie in jedem anderen Falle durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden erteilt werden (§ 167 BGB.), § 29 RAO. enthält eine Ordnungsvorschrift, deren Verletzung nur disziplinarrechtliche Bedeutung hat.

Gleichwohl müßte die Zustellung vom 15. Dezember 1915 beanstandet werden, wenn Justizrat B., statt von der ihm erteilten Vollmacht Gebrauch zu machen, als bloßer Terminsbevollmächtigter aufgetreten wäre. Das ist aber nicht behauptet und auch nicht anzunehmen. Dem Gerichte hat er den Inhalt seiner Vollmacht mitgeteilt, und daß er auch den Vertreter der Klägerin aufgeklärt hat, beweist eben die Tatsache, daß dieser ihm das Urteil, obgleich dann Dr. L. als Prozeßbevollmächtigter der Beklagten aufgeführt war, zugestellt hat."