danke-sagen-unterstützen

Unveröffentlichte Gerichtsentscheidung hinzufügen: Mehr erfahren...

BVerfG, 19.03.1975 - 1 BvL 20/73, 1 BvL 21/73, 1 BvL 22/73, 1 BvL 23/73, 1 BvL 24/73

Daten
Fall: 
Mühlenstrukturgesetz
Fundstellen: 
BVerfGE 39, 210
Gericht: 
Bundesverfassungsgericht
Datum: 
19.03.1975
Aktenzeichen: 
1 BvL 20, 21, 22, 23, 24/73
Entscheidungstyp: 
Beschluss

Die Vermahlungsregelung des Mühlenstrukturgesetzes ist, soweit sie die Freiheit der Berufsausübung für Groß- und Mittelmühlen beschränkt, mit dem Grundgesetz vereinbar.

Beschluß

des Ersten Senats vom 19. März 1975
-- 1 BvL 20, 21, 22, 23, 24/73 --
in den Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 8 Abs. 1 bis 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 bis 3 des Mühlenstrukturgesetzes vom 22. Dezember 1971 (BGBl. I S: 2098) - Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichts Köln vom 17. April 1973 (1 K 1291/72 [1 BvL 20/73], 1 K 1317/72 [1 BvL 21/73], 1 K 983/72 [1 BvL 22/73], 1 K 465/72 [1 BvL 23/73] und 1 K 469/72 [1 BvL 24/73]) -.

Entscheidungsformel:
§ 8 Absatz 1 Satz 1, 3 bis 5, Absatz 2 und 3 in Verbindung mit § 2 Absatz 3 des Gesetzes über abschließende Maßnahmen zur Schaffung einer leistungsfähigen Struktur des Mühlengewerbes (Mühlenstrukturgesetz) vom 22. Dezember 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 2098) ist, soweit darin eine Berufsausübungsregelung für Groß- und Mittelmühlen enthalten ist, mit dem Grundgesetz vereinbar.

Gründe

Die Vorlagen betreffen die verfassungsrechtliche Prüfung der Bestimmungen des Gesetzes über abschließende Maßnahmen zur Schaffung einer leistungsfähigen Struktur des Mühlengewerbes (Mühlenstrukturgesetz) vom 22. Dezember 1971 (BGBl. I S. 2098) -- MStG --, welche die Festsetzung einer Vermahlungshöchstmenge (Plafond) und die Zahlung eines Ausgleichsbetrags bei Überschreitung dieses Vermahlungsplafonds regeln.

A.

I.

Dem Mühlenstrukturgesetz ging das Gesetz über die Errichtung, Inbetriebnahme, Verlegung, Erweiterung und Finanzierung der Stillegung von Mühlen (Mühlengesetz) vom 27. Juni 1957 (BGBl. I S. 664) -- MüG -- voraus, das Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 1968 (BVerfGE 25, 1) war. Dieses Gesetz machte unter anderem die Errichtung einer Mühle sowie die Erweiterung ihrer Tagesleistung (Kapazität) grundsätzlich genehmigungspflichtig. Unter Erweiterung der Tagesleistung war jede Änderung der zur Herstellung von Mühlenprodukten dienenden Vorrichtungen zu verstehen, die geeignet war, die Höchstleistung, d. h. die während einer ununterbrochenen Betriebsdauer von 24 Stunden erreichbare Vermahlungsmenge (Tagesleistung), zu erhöhen (§ 2 Abs. 2 MüG).

Das Mühlengesetz sollte den Kapazitätsüberhang in der Mühlenwirtschaft der Bundesrepublik auf ein volkswirtschaftlich vertretbares Maß zurückführen und eine angemessene Verteilung der verbleibenden Mühlenbetriebe der verschiedenen Größenklassen im Bundesgebiet erreichen. Dies sollte in erster Linie durch eine freiwillige, von der öffentlichen Hand finanziell geförderte Stillegung von Mühlen verwirklicht werden. Um zu verhindern, daß die stillgelegten Kapazitäten an anderer Stelle neu entstanden, wurden die Genehmigungsvorbehalte eingeführt.

Das Mühlengesetz sollte ursprünglich am 31. Dezember 1960 außer Kraft treten. Seine Geltungsdauer wurde jedoch wiederholt verlängert, zuletzt bis zum 31. Dezember 1971 durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Mühlengesetzes vom 26. August 1969 (BGBl. I S. 1405).

Schon in der Begründung dieses Änderungsgesetzes (BTDrucks. V/4115 S. 3) hatte die Bundesregierung angesichts des nach ihrer Meinung immer noch vorhandenen Kapazitätsüberhangs in der Mühlenwirtschaft weitere Strukturmaßnahmen in Aussicht gestellt, um eine leistungsfähige Mühlenwirtschaft zu schaffen. Dazu erging das Mühlenstrukturgesetz, das einen anderen Weg einschlägt als das Mühlengesetz. Dieses beschränkte allein die technische Kapazität der Mühlen; es sollte verhindern, daß neue Vermahlungskapazitäten geschaffen und vorhandene durch Änderung der technischen Ausrüstung erweitert wurden (§§ 1, 2 MüG). Dagegen konnte die vorhandene Ausrüstung unbeschränkt ausgenutzt werden; die Mühlenbetriebe konnten den Ausstoß von Mahlerzeugnissen durch organisatorische und sonstige Rationalisierungsmaßnahmen beliebig erhöhen, solange sie nicht zu technischen Änderungen an den unmittelbar der Vermahlung dienenden Vorrichtungen schritten. Demgegenüber untersagt das Mühlenstrukturgesetz nicht mehr die Neuerrichtung einer Mühle oder die Erweiterung der Tagesleistung, sondern führt für die Dauer von vier Jahren, also bis 31. Dezember 1975, eine Vermahlungsbegrenzung, den sog. Vermahlungsplafond, ein, das ist die Getreidemenge, die von einer Mühle im Kalenderjahr vermahlen werden darf (§ 2 Abs. 3 MStG). Er beträgt für jede Mühle, auch für eine neu errichtete Mühle, 1200 t im Jahr. Bei Mühlen mit einer größeren Kapazität setzt die Mühlenstelle, eine Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 5 des Getreidegesetzes in der Fassung vom 24. November 1951 -- BGBl. I S. 900), den Plafond fest. Dieser richtet sich grundsätzlich nach der mit 250 Arbeitstagen multiplizierten Tagesleistung, die die betreffende Mühle aufgrund des § 8 Abs. 1 MüG in Verbindung mit §§ 2 und 3 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Mühlengesetzes vom 30. Juli 1957 (BAnz. Nr. 146 vom 2. August 1957) der Mühlenstelle gemeldet hatte. Bei Überschreitung des Plafonds muß die Mühle einen Ausgleichsbetrag von 70.- DM je Tonne Mehrvermahlung zahlen.

Die einschlägigen Bestimmungen des Mühlenstrukturgesetzes lauten:

§ 8 Vermahlungsplafond
(1) Jede Mühle erhält für die Dauer von vier Jahren seit Inkrafttreten dieses Gesetzes einen Vermahlungsplafond. Er beträgt mindestens eintausendzweihundert Tonnen. Für Mühlen mit einer Tagesleistung von mehr als vier Tonnen setzt die Mühlenstelle von Amts wegen den Vermahlungsplafond fest. Er bemißt sich nach der Tagesleistung der Mühle, multipliziert mit zweihundertundfünfzig Arbeitstagen, zuzüglich 10 Prozent, die höchstens zweitausend Tonnen betragen dürfen. Die Herstellung von Backschrot ist unbeschränkt zulässig.
(2) Der Vermahlungsplafond wird auf Antrag von der Mühlenstelle erhöht, wenn die Mühle nachweist, daß sie 1. in einem der Kalenderjahre 1967, 1968 oder 1969 mehr vermahlen hat, als dem Vermahlungsplafond nach Absatz 1 entspricht, und 2. in dem gewählten Kalenderjahr an mehr als zweihundertundfünfzig Tagen gearbeitet hat. Er bemißt sich nach der Tagesleistung der Mühle, multipliziert mit der nachgewiesenen Zahl der Arbeitstage, zuzüglich 10 Prozent, die höchstens zweitausend Tonnen betragen dürfen.
(3) Die Mühlenstelle kann im Einzelfall auf Antrag mit Zustimmung des Bundesministers, der Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen herzustellen hat, und im Benehmen mit der für Ernährung und Landwirtschaft zuständigen obersten Landesbehörde den Vermahlungsplafond erhöhen, wenn und soweit dies zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Mehl, Grieß oder Dunst oder aufgrund einer besonderen Marktsituation erforderlich ist und die Ziele dieses Gesetzes dadurch nicht beeinträchtigt werden. Die Genehmigung kann befristet werden.
(4) Überschreitet eine Mühle den Vermahlungsplafond, so hat sie einen Ausgleichsbetrag von siebzig Deutsche Mark je Tonne Mehrvermahlung an die Mühlenstelle zu entrichten; § 12 Abs. 1, 4, 5, 7 und 8 findet entsprechende Anwendung.

§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) Mahlerzeugnisse im Sinne dieses Gesetzes sind die aus Roggen, Weichweizen oder Durumweizen hergestellten Erzeugnisse Mehl, Grieß, Dunst und Backschrot. Mühlen im Sinne dieses Gesetzes sind gewerbliche Betriebe, in denen Mahlerzeugnisse für die menschliche Ernährung oder für technische Zwecke hergestellt werden können.
(2) Tagesleistung im Sinne dieses Gesetzes ist die Tagesleistung für die Herstellung von Mehl, Grieß oder Dunst, die nach § 8 Abs. 1 des Gesetzes über die Errichtung, Inbetriebnahme, Verlegung, Erweiterung und Finanzierung der Stillegung von Mühlen (Mühlengesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1057), zuletzt geändert durch das Kostenermächtigungs-Änderungsgesetz von 23. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 805), in Verbindung mit den §§ 2 und 3 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Mühlengesetzes vom 30. Juli 1957 (Bundesanzeiger Nr. 146 vom 2. August 1957) dem Vorstand der Mühlenstelle gemeldet worden ist, zuzüglich einer nach § 3 Abs. 1, 3, 3b oder 4 des Mühlengesetzes vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Bundesminister) genehmigten Erweiterung der Tagesleistung.
(3) Vermahlungsplafond im Sinne dieses Gesetzes ist die Getreidemenge, die von einer Mühle in einem Kalenderjahr zu Mehl, Grieß oder Dunst vermahlen werden darf.
(4) Jahresvermahlung im Sinne dieses Gesetzes ist die Getreidemenge, die in einem Kalenderjahr zu Mahlerzeugnissen verarbeitet wird.
(5) ... bis (6) ...

Nach der heutigen Verwaltungspraxis der Mühlenstelle werden Mühlen mit einer Tagesleistung von 1 bis 10 t (Jahresleistung bis 2500 t) als Kleinmühlen, mit einer Tagesleistung von mehr als 10 bis 80 t (Jahresleistung bis 20 000 t) als Mittelmühlen, mit einer Tagesleistung von mehr als 80 bis 150 t (Jahresleistung bis 37 500 t) als große Mittelmühlen und mit einer Tagesleistung über 150 t (Jahresleistung ab 37 500 t) als Großmühlen bezeichnet.

II.

Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren, zwei Mittelmühlen mit einem von der Mühlenstelle festgesetzten Plafond von 13 445 t und 12 345 t, eine große Mittelmühle mit einem Plafond von 24 320 t und zwei Großmühlen mit einem Plafond von 43 380 t und 59 760 t halten die Vermahlungsbeschränkungen des Mühlenstrukturgesetzes für verfassungswidrig. Gegen die verschiedenen Bescheide und Widerspruchsbescheide der Mühlenstelle, die ihre Anträge auf Festsetzung eines höheren Plafonds abgelehnt hat, haben sie Klage erhoben, und zwar vier Klägerinnen mit dem Antrag, unter Aufhebung der ergangenen Bescheide festzustellen, daß die beklagte Mühlenstelle nicht berechtigt sei, durch Erlaß eines Vermahlungsplafondbescheids eine Obergrenze für die jährliche ausgleichsbetragsfreie Vermahlungsmenge festzusetzen, davon zwei Klägerinnen zusätzlich mit dem Hilfsantrag, die Mühlenstelle zu verpflichten, den festgesetzten Vermahlungsplafond zu erhöhen. Eine Klägerin hat lediglich beantragt, unter Abänderung der ergangenen Bescheide die Mühlenstelle zur Erhöhung des Vermahlungsplafonds zu verpflichten.

III.

Das Verwaltungsgericht hält die Vermahlungsregelung des Mühlenstrukturgesetzes für verfassungswidrig. Es hat daher sämtliche Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,

ob § 8 Abs. 4 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 bis 3 und § 2 Abs. 1 bis 3 des Mühlenstrukturgesetzes vom 22. 12. 1971 -- BGBl. I S. 2098 -- mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

1.

Die Anfechtungsklagen hält es noch nicht für entscheidungsreif. Bei Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung vorgelegten Vorschriften hätten die übrigen Klagen Erfolg, bei Verfassungsmäßigkeit müßten sie abgewiesen werden.

2.

Nach Meinung des Gerichts greift die Vermahlungsbeschränkung in die Freiheit sowohl der Berufswahl als auch der Berufsausübung ein. Die Berufswahl sei beschränkt, obwohl jeder Müller einen Vermahlungsplafond von 1200 t erhalte; selbst die volle Ausnutzung dieser Kapazität biete keine Existenzmöglichkeit für einen Vollerwerbsbetrieb. Die Ausgleichsabgabe von 70.-DM je Tonne, die bei Überschreiten des Jahresplafonds zu zahlen ist, wirke wie ein gesetzliches Vermahlungsverbot.

Die Vermahlungsregelung des Mühlenstrukturgesetzes sei nicht erforderlich, um die gesetzgeberischen Ziele zu erreichen. Der Erwägung, daß die Großmühlen den durch die Stillegung freiwerdenden Bedarf an sich zögen, stehe die Tatsache entgegen, daß die Konzentration bei den Großmühlen an Großwasserstraßen und in Ballungsgebieten aus Rentabilitätsgründen abgeschlossen sei. Zur Verwirklichung der mit dem Gesetz verfolgten Absichten hätte es daher lediglich eines Verbots der Neuerrichtung von Mühlen bedurft. Überdies sei eine Vermahlungsbegrenzung bis Ende des Jahres 1975 nicht geboten, um eine weitgehend abgeschlossene Stillegungsaktion -- die Antragsfrist zur Stillegung und Abfindung betrug drei Monate seit Inkrafttreten des Mühlenstrukturgesetzes (§ 4 Abs. 2 Nr. 1) -- zu unterstützen.

Die Beschränkung der Vermahlung stelle auch kein geeignetes Mittel dar, um die Ziele des Gesetzes zu erreichen. Selbst wenn man annehme, daß der Konzentrationsprozeß noch nicht abgeschlossen sei, so könne die bis Ende 1975 befristete Plafondierung bestenfalls einen vorübergehenden Aufschub dieses Prozesses bewirken. Die standortbedingten Vorteile der Großmühlen an Wasserstraßen und in Ballungsgebieten könnten durch die verbesserte Auslastung der übrigen Mühlen nur unwesentlich ausgeglichen werden, zumal der Ausnutzungsgrad der Großmühlen höher als der der Klein- und Mittelmühlen sei. Eine nachhaltige Verbesserung der Mittelmühlen, die durch starke Expansion in eine den Großmühlen vergleichbare Stellung einrücken könnten, werde zudem gerade durch die Begrenzung der Jahresvermahlung verhindert.

Wegen der schwerwiegenden Folgen hätten schon die im Mühlengesetz enthaltenen Vermahlungsbegrenzungen nicht weiter aufrechterhalten werden dürfen. Deshalb sei bereits die Verlängerung bis Jahresende 1971 durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Mühlengesetzes bedenklich gewesen. Das Mühlenstrukturgesetz habe die Beschränkungen des Mühlengesetzes faktisch zu einer Dauerregelung festgeschrieben.

IV.

Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat namens der Bundesregierung zu den Vorlagebeschlüssen wie folgt Stellung genommen:

1.

Obwohl während der Geltung des Mühlengesetzes durch Stillegung von Mühlen die Tagesleistung (Kapazität) erheblich abgebaut und der Ausnutzungsgrad im Bereich der Mittel- und großen Mittelmühlen gesteigert worden sei, habe -- auch wegen der durch den Bevölkerungszuwachs nicht ausgeglichenen Abnahme des Pro-Kopf-Verbrauchs an Mahlerzeugnissen -- im Jahre 1971 bei einer Bedarfskapazität von 25 000 t Tagesleistung eine überschüssige marktwirksame Kapazität von 5000 t Tagesleistung bestanden; dabei seien die ca. 5000 t Tagesleistung der Kleinmühlen, denen keine marktwirtschaftliche Bedeutung zukomme, nicht berücksichtigt.

Der rigorose Konkurrenzkampf, der bei voller Liberalisierung nach dem Auslaufen des Mühlengesetzes zu erwarten gewesen wäre, hätte viele Klein- und Mittelmühlen zur Betriebsaufgabe gezwungen und zu einer zunehmenden Konzentration der Vermahlung bei wenigen an Wasserstraßen gelegenen Großmühlen geführt. Eine solche Strukturveränderung hätte die Versorgung der Bevölkerung mit Mahlerzeugnissen in Krisenzeiten gefährdet und außerdem den Absatz der deutschen Getreideernte nicht mehr sichergestellt. Deshalb sei aus Gründen der Ernährungssicherung, der Aufnahme der Getreideernte und auch des Mittelstandsschutzes die Streuung von leistungsfähigen Mühlen aller Größenklassen geboten. Um den Klein- und Mittelmühlen eine Erhöhung ihres Ausnutzungsgrades und damit ihrer Rentabilität als Voraussetzung für das Bestehen im freien Wettbewerb zu ermöglichen, habe das Mühlenstrukturgesetz neben der Stillegungsaktion das Verbot einer Überschreitung des Vermahlungsplafonds eingeführt. Dadurch sollten die Großmühlen daran gehindert werden, freiwerdende Marktanteile allein an sich zu ziehen.

2.

Die Vermahlungsbegrenzung stelle -- auch für neu zu errichtende Mühlen -- lediglich eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung dar. Auch als eine Beschränkung der Berufswahl wäre sie zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts, nämlich der Versorgung der Bevölkerung mit Mahlerzeugnissen, vor allem mit Brot als einem unentbehrlichen Volksnahrungsmittel, gerechtfertigt.

Als "flankierende" Maßnahme zur Stillegungsaktion sei die Plafondierung zur Erreichung des gesetzgeberischen Zwecks erforderlich. Andernfalls hätten die Kleinmühlen und die meisten Mittelmühlen nicht mehr die Möglichkeit gehabt, im Rahmen ihrer schon vorhandenen Kapazität den Ausnutzungsgrad und damit die Rentabilität zu steigern. Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts solle das Mühlenstrukturgesetz nicht lediglich die Neuerrichtung von Mühlen verhindern, wozu ein entsprechendes Verbot genügt hätte. Es solle auch eine übermäßige Ausweitung der Vermahlung durch die vorhandenen Mühlen verhindert werden. Da sich der Verlauf der Stillegungsaktion nicht habe vorausberechnen lassen, sei auch eine kürzere Befristung der Vermahlungsregelung nicht möglich gewesen. Zudem wäre es zumindest unzweckmäßig gewesen, mit dem Abschluß der Stillegungsaktion zugleich die Vermahlungsbegrenzung abrupt zu beenden, da sich in diesem Fall die Mittelbetriebe nicht hätten konsolidieren, insbesondere sich die neu erworbene Kundschaft nicht hätten sichern können.

Die Vermahlungsbegrenzung sei auch ein geeignetes Mittel zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele. In der Zeit eines durch die Plafondierung gedämpften Wettbewerbs könnten sich die Klein- und Mittelmühlen unter Ausnutzung der günstigen Folgen der Stillegungsaktion auf den freien Wettbewerb vorbereiten.

Der Gesetzgeber habe statt des bisherigen Erweiterungsverbots die Vermahlungsbeschränkung gewählt, da das Erweiterungsverbot einmal schwer zu überwachen gewesen sei. Zum anderen habe es gerade Klein- und Mittelmühlen daran gehindert, z.B. wegen Arbeitskräftemangels von 24stündigem Tag- und Nachtbetrieb auf 12 stündige Arbeitszeit überzugehen, wozu die technische Ausrüstung hätte erweitert werden müssen.

V.

1.

In einem von der Bundesregierung vorgelegten, von der Mühlenstelle veranlaßten Gutachten hat Professor Ernst Rudolf Huber zu den anhängigen Verfahren wie folgt Stellung genommen:

Umfangreiche statistische Erhebungen bestätigten, daß eine marktwirksame Überkapazität von 5000 t Tagesleistung bestehe, wozu noch eine "blinde" Kapazität von für den Markt unbedeutenden Kleinmühlen von rd. 5000 t Tagesleistung komme.

Die mit dem Gesetz verfolgten Ziele rechtfertigten eine Beschränkung der Berufsfreiheit. Bei einer Freigabe der Vermahlung hätten die Großmühlen seit dem 1. Januar 1972 ihre Kapazität kurzfristig ausweiten und ausbauen und durch ihre wirtschaftliche Überlegenheit (größere Finanzkraft, günstigere Standorte, besserer Verteilungsapparat) einen für die Klein- und Mittelmühlen vernichtenden Konkurrenzkampf führen können.

Die Stillegungsaktion und die sie ergänzende Kontingentierung seien ein geeignetes Mittel zu der nicht nur vorübergehenden Verhinderung dieser Entwicklung gewesen, was auch durch das bisherige Ergebnis der Stillegungsaktion bestätigt werde. Ein anderes, gleich wirksames Mittel, das keinen oder einen nur geringen Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit dargestellt hätte, habe nicht zur Verfügung gestanden. Die Plafondierung, die eine abschließende Maßnahme darstelle, sei auch im Hinblick auf die Dauer des gesetzlichen Eingriffs in die Mühlenwirtschaft für die betreffenden Mühlen zumutbar.

2.

Die Mühlenstelle hat unter Vorlage von neuem statistischem Material zur Legitimation der gesetzgeberischen Zielsetzung und zur Geeignetheit und Erforderlichkeit der Plafondierung Stellung genommen.

VI.

1.

Das Bundesverwaltungsgericht hält die Vermahlungsbegrenzung nur dann noch für zulässig, wenn gegenüber der der früheren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde liegenden Sachlage Tatsachen aufgetreten seien, die eine Aufhebung des Verbots noch nicht zuließen. Eine solche Tatsache könne in der Steigerung des Kapazitätsüberhangs etwa auf Grund weiteren Rückgangs des Verbrauchs an Mühlenprodukten liegen.

2.

Nach Ansicht des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Umwelt Baden-Württemberg ist die Vermahlungsbeschränkung aus den Gründen, die zum Erlaß des Mühlenstrukturgesetzes geführt haben, verfassungsgemäß. Der Annahme des vorlegenden Verwaltungsgerichts, das Mühlenstrukturgesetz könne bestenfalls einen vorübergehenden Aufschub der befürchteten Konzentration erreichen, stehe die unverkennbare Entwicklung der Mühlenwirtschaft in Baden-Württemberg entgegen. Dort habe die Stillegung von Mühlen seit dem 1. Januar 1972 insbesondere bei den mittleren Mühlen zur höchsten prozentualen Vermahlungszunahme und zur höchsten Zunahme des Ausnutzungsgrades geführt.

VII.

Die Klägerinnen dreier Ausgangsverfahren haben ein Gutachten von Professor Friauf vorgelegt, das im wesentlichen folgendes ausführt:

1.

Das in der Plafondierung enthaltene ausdrückliche Verbot stelle für neu zu errichtende Mühlen einen verfassungswidrigen Eingriff in die Berufswahl dar, da ein Vermahlungskontingent von 1200 t im Jahr keine Existenzgrundlage für einen voll Erwerbstätigen biete. Für die Unternehmer, die bereits im Müllerberuf selbständig tätig seien, bedeute die Plafondierung eine Regelung der Berufsausübung, die unter Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG eingeführt sei.

Der Eingriff in die Berufsfreiheit durch Festsetzung einer Vermahlungsgrenze sei nicht durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Zwar könne nicht mit der erforderlichen Evidenz widerlegt werden, daß der Gesetzgeber mit dem Mühlenstrukturgesetz die Sicherstellung der ordnungsmäßigen Versorgung mit Mahlerzeugnissen, die Sicherung des Absatzes der Getreideernte und schließlich den Schutz der mittelständischen Struktur der Mühlenwirtschaft bezweckt habe, obwohl vieles dafür spreche, daß er in den Dienst von Konkurrenzinteressen einzelner Gruppen eingespannt worden sei. Jedoch sei der Gesetzgeber von offensichtlich unzutreffenden Erwägungen ausgegangen: Während er nämlich beim Fünften und Sechsten Gesetz zur Änderung des Mühlengesetzes noch eine Bedarfskapazität von 35 000 t Tagesleistung zugrunde gelegt habe (26 000 t benötigte Kapazität und 9000 t Tagesleistung kleinerer wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallender Mühlen, sog. blinde Kapazität), sei er beim Mühlenstrukturgesetz von einer Bedarfskapazität von 30 000 t Tagesleistung (25 000 t + 5 000 t "blinde" Kapazität) ausgegangen, ohne daß sich die Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Das Kapazitätsziel, das sich der Gesetzgeber im Jahre 1966 gesetzt habe, sei im Zeitpunkt der Regierungsvorlage 1971 schon voll erreicht gewesen. Es treffe auch nicht zu, daß -- wie die Regierungsvorlage in ihrer Begründung annehme -- trotz des bisherigen Abbaus die vorhandenen Kapazitäten nur wenig mehr als zur Hälfte ausgelastet seien. Klammere man die kleinen und kleinsten Mühlen aus, die keine nennenswerte Marktbedeutung hätten und ihren Ausnutzungsgrad auch nicht steigern könnten (so die Begründung zum Entwurf des Mühlenstrukturgesetzes -- BTDrucks. VI/2554 S. 8), so zeige sich, daß die anderen Gruppen einen Ausnutzungsgrad aufwiesen, der den von der Bundesregierung für erforderlich gehaltenen Grad von 80% übersteige.

Die Plafondierung sei im übrigen zum überwiegenden Teil ungeeignet gewesen, den angestrebten Zweck zu erreichen. Obwohl der jederzeitigen vollen Ausnutzung des Vermahlungsplafonds und damit der Erfassung der gesamten freigewordenen Vermahlungsmenge nach der Regelungstechnik des Mühlenstrukturgesetzes kein technisches Hindernis entgegengestanden habe, hätten die Großmühlen aus Wirtschaftlichkeitserwägungen ihren Ausnutzungsgrad nicht erschöpft und die für die Stillegungsaktion freigewordenen Vermahlungsleistungen nur knapp zur Hälfte an sich gezogen. Dies habe seinen Grund darin, daß -- wie auch aus einer Aufzeichnung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten anläßlich der Gesetzesberatung (Anlage 7 zum Kurzprotokoll der 50. Sitzung des BT- Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 14. Oktober 1971) hervorgehe -- diese Mühlen ausschließlich in Gebieten lägen, in denen der Konzentrationsprozeß bereits abgeschlossen sei und eine übergebietliche Ausweitung infolge längerer Transportwege den Absatz unrentabel mache.

Aus denselben Gründen sei die Plafondierung nicht erforderlich, um die Großmühlen an der Übernahme weiterer Marktanteile zu hindern. Die Reglementierung nach dem Mühlenstrukturgesetz stelle auch nicht den geringstmöglichen Eingriff dar, da nach diesem Gesetz die Betriebe, deren durch zulässige Rationalisierung gesteigerte Kapazität die im Jahre 1957 gemeldete Tagesleistung um mehr als 10% oder um mehr als 2000 t im Jahr übersteige, weniger vermahlen dürften, als ihnen bei der Weitergeltung des Mühlengesetzes möglich gewesen wäre. Eine weitere Verschärfung gegenüber der Regelung des Mühlengesetzes liege darin, daß der Vermahlungsplafond grundsätzlich nach einer Arbeitsdauer von 250 Tagen berechnet werde, während nach dem Mühlengesetz die Kapazität unbegrenzt -- theoretisch an 365 Tagen -- im Jahre hätte ausgenutzt werden können.

Die Plafondierung nach dem Mühlenstrukturgesetz bilde, wenn auch mit anderer Regelungstechnik, eine Fortsetzung der schon mit dem Mühlengesetz verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit und sei daher wegen der langen Dauer den betroffenen Betrieben nicht mehr zuzumuten. Die Regelung des Mühlenstrukturgesetzes begünstige zudem die ohnehin kostengünstig arbeitenden Großmühlen, die jetzt schon die Übermacht besäßen. Denn diese vermöchten unter Ausnutzung ihres freien Plafondspielraums die gesamte durch die Stillegungsaktion freigewordene Vermahlung an sich zu ziehen, während die Mittelmühlen durch die Plafondierung gehindert würden, aus eigener Kraft Größenordnungen zu erreichen, mit denen sie am Markt wirksam konkurrieren könnten. Ferner könnten die Großmühlen sich beliebige Reservekapazitäten aufbauen, was den Mittelmühlen wegen Kapitalmangels nicht möglich sei.

2.

Die Vermahlungsregelung greife in den Besitzstand der Mühlenunternehmer ein. Die in der Vermahlungsbegrenzung liegende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, nämlich der vollen Ausnutzung der vorhandenen Produktionsanlage, wahre den bei einer solchen Bestimmung einzuhaltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht. Da die Vermahlungsregelung den Besonderheiten innerhalb des Müllereigewerbes nicht gerecht werde, verstoße sie auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

B.

Die Vorlagen sind zulässig.

1.

Das Verwaltungsgericht hat § 8 Abs. 4 MStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 bis 3 und § 2 Abs. 1 bis 3 MStG zur Prüfung vorgelegt. Dies deutet zwar darauf hin, daß das Gericht in erster Linie die Verfassungsmäßigkeit der in Gestalt des Ausgleichsbetrags vorgesehenen Sanktion zur Prüfung stellen will. Jedoch wird dies dem eigentlichen Anliegen des Gerichts nicht gerecht. Es hat in keinem der Ausgangsverfahren über die Festsetzung von Ausgleichsbeträgen zu entscheiden -- Bescheide über die Festsetzung von Ausgleichsbeträgen sind offensichtlich nicht ergangen --, sondern über Klagen auf Aufhebung von bereits erlassenen Vermahlungsplafondbescheiden und auf Festsetzung eines höheren Vermahlungsplafonds sowie über Feststellungsklagen des Inhalts, daß die Mühlenstelle nicht berechtigt ist, durch Erlaß von Plafondbescheiden die jährliche Vermahlungsmenge der klagenden Mühlen zu beschränken. Das Gericht erhebt auch keine spezifischen Einwendungen gegen die Sanktionsnorm des § 8 Abs. 4, sondern setzt sich mit der Vermahlungsbeschränkung als solcher auseinander. Deshalb ist aus dem Zusammenhang der Vorlagebeschlüsse zu entnehmen, daß geprüft werden soll, ob die in § 8 Abs. 1 geregelte und in Abs. 2 und 3 teilweise modifizierte Vermahlungsplafondierung, die sich auf die Begriffsbestimmungen in § 2 Abs. 1 bis 3 MStG bezieht, mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Somit ist der Vorlagebeschluß dahin auszulegen (vgl. BVerfGE 4, 387 [396 f.]), es werde dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die durch das Mühlenstrukturgesetz eingeführte Vermahlungsbegrenzung in § 8 Abs. 1 bis 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 MStG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

2.

Die aus § 8 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 für neu errichtete Mühlen und für Mühlen mit bisher höchstens rd. 4,4 t Tagesleistung (1100 t Jahresleistung bei 250 Arbeitstagen) zu entnehmende Verpflichtung, in einem Kalenderjahr nicht mehr als 1200 t Getreide zu verarbeiten, ist für die Entscheidung der Ausgangsverfahren nicht erheblich, da den Klägerinnen dieser Verfahren Vermahlungskontingente von rd. 12 000 bis rd. 60 000 t zugeteilt sind. Deshalb ist die Vorlagefrage auf die Nachprüfung von § 8 Abs. 1 Satz 1, 3 bis 5 und Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 einzuschränken.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die gesetzliche Regelung, soweit sie neu errichtete Mühlen oder Mühlen mit bisher rd. 1100 t Jahresleistung betrifft, eine Beschränkung der Berufswahl deshalb bedeutet, weil Mühlen mit dem allgemein erlaubten Mindestplafond von 1200 t möglicherweise keine ausreichende Existenz- und Erwerbsgrundlage bieten. Den Klägerinnen der Ausgangsverfahren steht jeweils ein so hoher Plafond zu, daß die Kontingentierung durch das Mühlenstrukturgesetz, ähnlich wie das Erweiterungsverbot nach dem Mühlengesetz, insoweit lediglich als eine Regelung der Berufsausübung zu werten ist. Die verfassungsmäßige Prüfung braucht sich deshalb nur darauf zu erstrecken, ob die Plafondierung bei den Mühlen, für die sie nur eine Berufsausübungsregelung darstellt, mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

C.

I.

1.

Berufsausübungsregelungen sind grundsätzlich zulässig, wenn der Gesetzgeber im Interesse des Gemeinwohls zur Lösung solcher Sachaufgaben handelt, die ein Tätigwerden des Gesetzgebers überhaupt zu rechtfertigen vermögen und der Wertordnung des Grundgesetzes nicht widersprechen. Der Gesetzgeber muß den Eingriff in die freie Berufsausübung mit sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls begründen können und darf seine Rechtsetzungsmacht nicht zu sachfremden Zwecken mißbrauchen (BVerfGE 30, 292 [316] -- Mineralölbevorratung; 37, 1 [18] -- Stabilisierungsfonds). Die Gründe, mit denen der Gesetzgeber seine Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigt, unterliegen der verfassungsgerichtlichen Würdigung (BVerfGE 7, 377 [410 ff.] -- Apothekenurteil; 25, 1 [12] -- Mühlengesetz).

Bei der Prüfung von Berufsausübungsregelungen im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung ist davon auszugehen, daß das Grundgesetz dem Gesetzgeber in der Bestimmung wirtschaftspolitischer Ziele und der zu ihrer Verfolgung geeigneten Maßnahmen einen Beurteilungs- und Handlungsspielraum läßt (vgl. BVerfGE 4, 7 [15 ff.] -- Investitionshilfe; 14, 263 [275] -- Feldmühle; 30, 250 [262 f.]) und daß der Gesetzgeber auch durch wirtschaftspolitische Lenkungsmaßnahmen das freie Spiel der Kräfte korrigieren darf (vgl. BVerfGE 19, 101 [114] -- Zweigstellensteuer; 21, 292 [299] -- Rabattgesetz; 23, 50 [59 f.] -- Nachtbackverbot). Die verfassungsrechtliche Prüfung erstreckt sich zunächst darauf, ob der Gesetzgeber sich die Kenntnis von der zur Zeit des Erlasses des Gesetzes bestehenden tatsächlichen Ausgangslage in korrekter und ausreichender Weise verschafft hat. Bei der Einschätzung der für die Allgemeinheit drohenden Gefahren hat der Gesetzgeber einen größeren Beurteilungsspielraum. Auch wenn im Augenblick des gesetzgeberischen Tätigwerdens die Möglichkeit des Eintritts von Gefahren für ein Gemeinschaftsgut als fernliegend erscheint, ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, sofern seine Vorstellungen über die im Falle seiner Untätigkeit mögliche gefahrbringende Entwicklung nicht in dem Maße wirtschaftlichen Gesetzen oder praktischer Erfahrung widersprechen, daß sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können (BVerfGE 25, 1 [17]; 38, 61 [87]). Dabei ist grundsätzlich von der Beurteilung der Verhältnisse auszugehen, die dem Gesetzgeber bei der Vorbereitung des Gesetzes möglich war (BVerfGE 25, 1 [12 f.]). Sofern er die ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel benutzt hat, müssen Irrtümer über den Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung in Kauf genommen werden.

2.

Bei der in diesem Rahmen zulässigen Nachprüfung hat das Bundesverfassungsgericht die Interessen der Allgemeinheit und die zu ihrem Schutz für erforderlich erachteten Vorkehrungen gegen den Grundrechtsanspruch des Einzelnen auf freie Betätigung in seinem Beruf abzuwägen.

Dabei fällt auf der einen Seite ins Gewicht, daß die Vermahlungsbegrenzung jedenfalls bei gut geführten Mühlen, die den Plafond ausgeschöpft haben, eine starke Beschränkung des unternehmerischen Gestaltungsspielraums darstellen kann (vgl. BVerfGE 25, 1 [22] zum Erweiterungsverbot). Sie verhindert die Ausnutzung bestehender Rationalisierungsmöglichkeiten, welche die Rentabilität verbessern könnte. In der Mühlenwirtschaft ist der Anteil der fixen Kosten relativ hoch, so daß eine Verbesserung der Rentabilität eines Betriebs in besonderem Maße von einer Steigerung des Vermahlungsvolumens abhängt (Cramer, "Müllerei", in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4. Aufl., 6. Bd., 1925, S. 654 [658]; Hardach, "Getreidemühlen", in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 4. Bd., 1965, S. 461 [464]; vgl. auch Schultze-Gisevius, Kapazitätsabbau mit Staatshilfe, 1971, S. 35 f.).

Demgegenüber läßt sich die dem Mühlenstrukturgesetz zugrunde liegende Konzeption des Gesetzgebers dahin zusammenfassen: Es bestehe in der Mühlenwirtschaft noch immer eine Überkapazität. Nach dem Auslaufen des grundsätzlichen Errichtungs- und Erweiterungsverbots des Mühlengesetzes am 31. Dezember 1971 sei ein scharfer Wettbewerb um die Marktanteile zu befürchten, der vor allem Klein- und Mittelmühlen zur Aufgabe zwingen würde, obwohl sie bei ruhigeren Marktverhältnissen durchaus existenzfähig seien. Die bei dieser Entwicklung zu befürchtende Konzentration bei wenigen kapitalstarken Großbetrieben, insbesondere an den Wasserstraßen des Westens, könne in Krisenzeiten zu ernsthaften Versorgungsschwierigkeiten führen. Deshalb bedürfe es einer ausgewogenen Streuung von Mühlen aller Größenklassen. Darüber hinaus sei bei einem Ausscheiden von Klein- und Mittelmühlen in den Erzeugergebieten die Aufnahme der deutschen Getreideernte nicht mehr gewährleistet. Zudem seien mit einem derartigen Konzentrationsprozeß erhebliche soziale Härten verbunden (vgl. Begründung zum Entwurf des Mühlenstrukturgesetzes -- BTDrucks. VI/2554 S. 8 f. -; Schriftlicher Bericht des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, zu BTDrucks. VI/2888 [neu]).

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß, wie einige Klägerinnen meinen, nicht diese versorgungs- und strukturpolitischen, agrar- und sozialpolitischen Erwägungen, sondern unsachliche, auf Druck von Interessenten zurückzuführende Einflüsse den Gesetzgeber bestimmt hätten. Die genannten Erwägungen sind vielmehr in den Beratungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Ausschüsse wiederholt zum Ausdruck gekommen.

Zur Ernährungssicherung: Kurzprot. der 43. Sitzung des BT-Ausschusses für Wirtschaft vom 30. September 1971, 6. Wp., S. 10, 12; StenProt. der 65. Sitzung des BT-Rechtsausschusses vom 2. Dezember 1971, 6. Wp., S. 24, 25, 41. Zur Getreideaufnahme: Kurzprot. der 51. Sitzung des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 3. November 1971, 6. Wp., S. 8 f.; StenProt. der 65. Sitzung des BT-Rechtsausschusses, a.a.O., S. 24 f. Zum Mittelstandsschutz: Kurzprot. der 43. Sitzung des BT-Ausschusses für Wirtschaft, a.a.O., S. 9, 13; Kurzprot. der 51. Sitzung des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, a.a.O., S. 12; Kurzprot. der 52. Sitzung des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 4. November 1971, 6. Wp., S. 8 f.; Kurzprot. der 55. Sitzung des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 2. Dezember 1971, 6. Wp., S. 7; Kurzprot. der 48. Sitzung des BT-Ausschusses für Wirtschaft vom 11. November 1971, 6. Wp., S. 5; StenProt. der 65. Sitzung des BT-Rechtsausschusses, a.a.O., S. 24 f.; Schriftlicher Bericht des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - zu BTDrucks. VI/2888 (neu) S. 1.

Der Abbau der Kapazität sollte in erster Linie durch die im Mühlenstrukturgesetz erneut aufgenommene Stillegungsaktion erreicht werden. Für diese Aktion sind erhebliche Mittel aufgewendet worden -- allein nach dem Mühlenstrukturgesetz 84 Millionen DM --, die mittelbar den bestehengebliebenen Mühlen zugute gekommen sind. Gleichzeitig sollte durch Einführung der Vermahlungsbeschränkung verhindert werden, daß die freiwerdenden Vermahlungsmengen -- in einer dem Gesetzeszweck zuwiderlaufenden Entwicklung -- nur von Groß- und einigen Mittelmühlen aufgenommen würden; es sollte vielmehr allen Mühlen, insbesondere auch den Klein- und Mittelmühlen, die Chance geboten werden, durch die Übernahme freiwerdender Marktanteile die Rentabilität ihrer Betriebe zu verbessern und sich -- etwa durch planvolle Betriebsinvestitionen und Kapazitätsausweitungen -- auf den freien Wettbewerb vorzubereiten.

Die wirtschaftspolitischen Zielsetzungen sind als solche verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch widersprechen die Vorstellungen des Gesetzgebers darüber, wie sich ohne sein Einschreiten die zukünftige Entwicklung nach dem Auslaufen des Mühlengesetzes gestalten würde und wie er dem entgegenwirken könne, im Jahr 1971 nicht in dem Maße wirtschaftlichen Gesetzen oder praktischer Erfahrung, daß sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen hätten abgeben könne (vgl. BVerfGE 25, 1 [16 f.]).

Es bestehen auch keine Bedenken gegen die von der Bundesregierung aufgestellte Berechnung der zur Versorgung benötigten Kapazität, die der Gesetzgeber seinen Maßnahmen zugrunde gelegt hat. Zur Deckung des voraussichtlichen Gesamtbedarfs der Bevölkerung und des Exportvolumens hielt die Bundesregierung unter Zugrundelegung von 250 Arbeitstagen bei 24stündiger Vermahlung und bei einer durchschnittlichen Auslastung von 80% eine Kapazität von 25 000 t Tagesleistung für erforderlich, wozu sie noch 5000 t sogenannte blinde Kapazität, d.h. Tagesleistung von Mühlen ohne nennenswerte Marktbedeutung, hinzu nahm (Begründung zum Entwurf des Mühlenstrukturgesetzes, a.a.O., S. 8). Demgegenüber bestand noch zur Zeit des Erlasses des Fünften Gesetzes zur Änderung des Mühlengesetzes vom 23. Dezember 1966 (BGBl. I S. 685) eine Kapazität von 40 000 t, in der 9000 t blinde Kapazität enthalten waren (Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 10. November 1966 -- BTDrucks. V/1109), die um 5000 t auf 35 000 t herabgesetzt werden sollte (vgl. BVerfGE 25, 1 [24]). Zwar betrug, wie die Begründung zum Entwurf des Mühlenstrukturgesetzes ausführt, im Jahr 1971 die Tagesleistung aller Mühlen nur noch 35 000 t. Trotzdem konnte der Gesetzgeber davon ausgehen, daß das damalige Ziel der Herabsetzung auf 35 000 t noch nicht erreicht war, da die Herabsetzung der Kapazität nach der unwidersprochen gebliebenen Stellungnahme der Mühlenstelle sich im wesentlichen im Bereich der blinden Kapazität vollzogen hatte, die marktwirksame Kapazität somit die erstrebte Höchstgrenze noch wesentlich überschritt.

Die vom Gesetzgeber befürchtete Gefährdung der Volksernährung rechtfertigt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O., S. 17) sogar einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl. Hinzu kommen die beim Mühlengesetz noch nicht so sehr in den Vordergrund getretenen Ziele, die Aufnahme der deutschen Getreideernte zu sichern und das mittelständische Müllereigewerbe zu schützen. Alle diese Gründe lassen für den hier zu entscheidenden Bereich die Plafondierung, jedenfalls soweit sie eine Berufsausübungsregelung ist, als legitim erscheinen, da die schon vom Gesetzgeber des Mühlengesetzes angetroffene Überkapazität zur Zeit des Erlasses des Mühlenstrukturgesetzes vom Gesetzgeber als noch fortbestehend festgestellt wurde.

3.

Die Vermahlungsbeschränkung erscheint auch als geeignetes und erforderliches Mittel, um die gesetzgeberischen Ziele zu erreichen. Ein Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der Erfolg gefördert werden kann. Es ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht eine andere gleich wirksame, aber das Grundrecht der Betroffenen weniger fühlbar einschränkende Maßnahme hätte wählen können (BVerfGE 30, 292 [316]). Für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Tauglichkeit einer Maßnahme ist entscheidend, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, daß mit der ergriffenen Maßnahme seine Vorstellungen verwirklicht werden könnten. Daß seine Prognose bei der Beurteilung wirtschaftspolitischer Zusammenhänge sachgerecht und vertretbar war, darf vom Bundesverfassungsgericht nur dann verneint werden, wenn die Maßnahme bei Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes eindeutig als zweckuntauglich festgestellt werden könnte. Deshalb wird bei Anwendung dieser in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Maßnahme aus dem Gesichtspunkt der objektiven Zweckuntauglichkeit nur selten und in ganz besonders gelagerten Fällen festgestellt werden können (BVerfGE 30, 250 [263]). Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung der Erforderlichkeit einer Maßnahme ist zu beachten, daß dem Gesetzgeber bei der Auswahl und technischen Gestaltung wirtschaftsordnender und -lenkender Maßnahmen ein weiter Gestaltungsbereich zusteht. Nur wenn sich eindeutig feststellen läßt, daß andere weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen, kann die gesetzliche Regelung übermäßig belastend und deshalb verfassungswidrig sein (BVerGE 37, 1 [21]).

Die Eignung der ergriffenen Maßnahmen wird bereits durch die tatsächliche Entwicklung weitgehend bestätigt. Es sind von dem Inkrafttreten des Mühlenstrukturgesetzes bis Mitte August 1973 rd. 640 000 t tatsächliche Jahresvermahlung gegenüber einer voraussichtlich geschätzten Menge von 700 000 bis 750 000 t stillgelegt worden. Von den bei Inkrafttreten des Mühlenstrukturgesetzes vorhandenen Mühlen sind bis Mitte August 1973 857 Mühlen durch Abfindungen nach dem Mühlenstrukturgesetz ausgeschieden (Bericht des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten an den Vorsitzenden des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 4. September 1973 -- Ausschuß-Drucks. 7/30, S. 2). Der Ausnutzungsgrad bei allen Mühlen hat sich, abgesehen von der Gruppe der Kleinstmühlen, erhöht (Stellungnahme des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 1. März 1974, Anlage 1 und 2; Stellungnahme der Mühlenstelle vom 22. Oktober 1974 -- Anlagen).

Vom vorlegenden Gericht und im Gutachten von Professor Friauf wird in diesem Zusammenhang insbesondere darauf verwiesen, es sei damals dem Gesetzgeber bekannt gewesen, daß die Großmühlen und ein erheblicher Teil der großen Mittelmühlen auch ohne Plafondierung aus Rentabilitätsgründen nicht im Stande gewesen wären, die durch die Stillegung freiwerdenden Vermahlungsmengen zu übernehmen. Es hätte daher vorausgesehen werden können, daß auch ohne eine Vermahlungsbeschränkung die freiwerdenden Vermahlungskontingente entsprechend dem Ziel des Gesetzgebers überproportional den Mittelmühlen und zu einem geringeren Teil den Kleinmühlen zuwachsen würden. Diese Einwände werden auch durch die Darlegungen des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstützt, wonach die Übernahme der freiwerdenden Vermahlung durch Großmühlen und große Mittelmühlen nur beschränkt möglich sei (Anlage 7 zum Kurzprotokoll der 50. Sitzung des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 14. Oktober 1971). Der Gesetzgeber konnte jedoch, worauf die Mühlenstelle im einzelnen hinweist, im Rahmen seines Beurteilungsspielraums davon ausgehen, daß die Marktsituation für Großmühlen und große Mittelmühlen nicht einheitlich war, daß neben solchen Mühlen, die schon ihre vorhandene Kapazität nicht ausnutzen konnten, es solche gab, die dazu durchaus im Stande waren und sie durch Investitionen noch steigern konnten. Bei seinen generellen Maßnahmen, die die gesamte Mühlenwirtschaft betrafen, war der Gesetzgeber nicht gehalten, diese innerhalb einer Gruppe bestehenden Unterschiede zu berücksichtigen. Seine Annahme, die Plafondierung werde mindestens regional eine noch weiter gehende Übernahme von freiwerdender Vermahlung durch Großmühlen und große Mittelmühlen verhindern, kann deshalb nicht eindeutig widerlegt und daher verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden.

Für die übrigen Gruppen der Mittel- und Kleinmühlen läßt sich ebenfalls die Zwecktauglichkeit und Erforderlichkeit der Regelung des Mühlenstrukturgesetzes nicht verneinen. Von der anfänglichen Konzeption des Gesetzgebers aus, auf der insbesondere das Mühlengesetz beruhte, hätte es zwar näher gelegen, die Plafondierung auf Großmühlen und große Mittelmühlen zu beschränken, da schon damit der Mühlenkonzentration in den Ballungsgebieten hätte entgegengewirkt werden können. Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, daß eine solche Begrenzung zu einem ruinösen Wettbewerb zwischen den Mittel- und Kleinmühlen hätte führen können. Diese Gefahr wird bis zu einem gewissen Grad durch die Entwicklung der Vermahlung bei den Mittelmühlen bestätigt, die, wie die von der Mühlenstelle und von der Bundesregierung vorgelegten Statistiken zeigen, seit Inkrafttreten des Mühlenstrukturgesetzes ihre Vermahlung in zahlreichen Fällen erheblich gesteigert und in nicht wenigen Fällen ungeachtet der Vermahlungsbeschränkung sogar den für sie festgesetzten Plafond erheblich überschritten haben. Der Gesetzgeber hatte als Nahziel für die seit langem erstrebte Gesundung der Mühlenwirtschaft die Steigerung der Rentabilität der nach freiwilliger Stillegung verbleibenden Mühlen im Auge. Diese Konzeption ist durchaus vertretbar. Deshalb ist es nicht zu mißbilligen, wenn das Mühlenstrukturgesetz die Liberalisierung nicht nur für die Großmühlen und die großen Mittelmühlen noch weiter hinausschob. Diese Regelung ist insbesondere unter dem gerade während des Gesetzgebungsverfahrens mit in den Vordergrund getretenen sozialen Gesichtspunkt des Mittelstandsschutzes gerechtfertigt. Wie die von der Mühlenstelle angestellten statistischen Erhebungen zeigen, ist auch der durchschnittliche Ausnutzungsgrad der Mittelmühlen bei einem Vergleich der Kalenderjahre 1971 und 1973 und der Getreidewirtschaftsjahre 1970/ 71 und 1973/74 durchweg gestiegen.

Ein milderes, aber zur Erreichung des mit dem Mühlenstrukturgesetz erstrebten Zieles ebenso wirksames Mittel, das die expansionsfähigen Mühlen an der Überschreitung der ihrem Plafond entsprechenden Vermahlungsmengen hätte hindern können, ist nicht ersichtlich. Gegenüber dem früheren Neuerrichtungs- und Erweiterungsverbot bringt die Neuregelung insoweit eine gewisse Erleichterung, als im Vorgriff auf eine Liberalisierung neue Mühlen errichtet und die Kapazität bestehender Mühlen erweitert werden dürfen, wenngleich die sofortige volle Ausnutzung der damit neu entstehenden Kapazität einstweilen noch nicht zulässig ist. Auch ein Kartell der Großmühlen, welches ein Zwangsquotenkartell hätte sein müssen, um eine der Plafondierung vergleichbare Wirkung zu erzielen, würde -- wie nicht näher begründet zu werden braucht -- kein milderes Mittel darstellen. Eine Subventionierung von Mühlen kommt aus den bereits in der Entscheidung BVerfGE 25, 1 (21) ausgeführten Gründen als eine der Vermahlungsregelung gleichwertige Alternative nicht in Betracht. Auch gegen die in § 8 Abs. 1 Satz 1 vorgesehene Dauer der Vermahlungsregelung von vier Jahren bestehen unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts keine Bedenken. Der Gesetzgeber durfte dabei berücksichtigen, daß die Laufzeit der Stillegungsaktion sich wahrscheinlich nicht genau vorausberechnen ließ. Er konnte es auch als unzweckmäßig ansehen, die Vermahlungsbegrenzung zugleich mit dem Abschluß der Stillegungsaktion enden zu lassen. Vielmehr konnte er den weiterarbeitenden Betrieben eine gewisse Frist einräumen, um ihnen die Ausnutzung der sich durch die Stillegung ergebenden Chancen zu ermöglichen.

4.

Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere der in Rede stehenden Berufsfreiheitsbeschränkung und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gemeinschaftsinteressen ist die Grenze der Zumutbarkeit noch eingehalten (BVerfGE 30, 292 [316, 323]). Wie das Bundesverfassungsgericht bereits ausgeführt hat, ist es in diesem Zusammenhang erheblich, daß in der Mühlenwirtschaft, die sich als wesentlicher Zweig der gesamten Agrarwirtschaft darstellt, die Zumutbarkeitsgrenze gegenüber interventionistischen Eingriffen des Staates allgemein weiter hinausgerückt ist (BVerfGE 25, 1 [22]). Entgegen den Erwartungen des Gesetzgebers des Mühlengesetzes war mit dem Auslaufen des Mühlengesetzes die erstrebte Ordnung noch nicht hergestellt, da die marktwirksame Kapazität damals noch um rd. 5000 t Tagesleistung überschritten wurde. Ein Gesetzgeber, der bestrebt ist, die mit einer Berufsbeschränkung verbundenen wirtschaftslenkenden Maßnahmen in einem engen zeitlichen Rahmen zu halten, sieht sich nicht selten genötigt, die zunächst begrenzte Intervention bei Fristablauf zu verlängern, um die erstrebte Ordnung herzustellen. Auch unter der Geltung des Mühlengesetzes und des Mühlenstrukturgesetzes hat sich die Zahl der Mühlen weiter vermindert (vgl. Verfügung des Bundesministers für Wirtschaft vom 15. Juli 1969 -- I B 5 -- 81 25 51 ["Mühlenkartelle"] -- in WuW/E 1970, S. 175 [177]; Bericht des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten an den Vorsitzenden des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 4. September 1973 -- Ausschuß-Drucksache 7/30). Gleichzeitig ist der durchschnittliche Ausnutzungsgrad der marktwirksamen Mühlen nicht unwesentlich gestiegen (Anlagen 1 bis 6 zur Stellungnahme der Mühlenstelle vom 22. Oktober 1974).

Die in der langen Dauer des Eingriffs liegende Schwere der Belastung der Mühlen kann auch deshalb noch hingenommen werden, weil es sich nach § 1 des Gesetzes um eine "abschließende Stillegungsaktion und eine die Stillegungsaktion unterstützende Vermahlungsregelung" handelt und weil entgegen dem Vorschlag der Bundesregierung mit Rücksicht auf die Beschränkung der Berufsfreiheit die zeitliche Dauer der Vermahlungsbegrenzung von fünf auf vier Jahre herabgesetzt wurde (Abg. Arndt, 65. Sitzung des BT-Rechtsausschusses, a.a.O., S. 39; 51. Sitzung des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, a.a.O., S. 7, 12; Schriftlicher Bericht des BT-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, zu BT-Drucks. VI/2888 [neu] S. 2). Das Mühlenstrukturgesetz bringt auch insofern eine gewisse Erleichterung gegenüber dem Errichtungs- und Erweiterungsverbot des Mühlengesetzes mit sich, als es, was allerdings für die hier zu treffende Entscheidung nicht erheblich ist, einen genehmigungsfreien Plafond entsprechend einer Tagesleistung von 4,8 t gegenüber 3 t nach der Regelung des Mühlengesetzes zubilligt und als insbesondere die Erweiterung der Kapazität keinen Beschränkungen unterliegt, so daß die Mühlen sich jetzt schon unter Schaffung der erforderlichen technischen Einrichtungen auf eine größere Vermahlung nach Auslaufen des Gesetzes einstellen können. Dieser Umstand, insbesondere in Verbindung mit der im Gesetz festgelegten Endgültigkeit der Maßnahme, läßt die Plafondierung zur Zeit noch als zumutbar erscheinen.

Zwar ist nicht eindeutig zu widerlegen, daß die Anknüpfung an die Tagesleistung des Jahres 1957 in manchen Fällen, insbesondere bei gut geführten und nach dem neuesten technischen Stand ausgerüsteten Unternehmen, deshalb zu einer zusätzlichen Belastung führen kann, weil diese Unternehmen unter gewissen Umständen die unter der Geltung des Mühlengesetzes mögliche Vermahlungsmenge nicht erreichen können. Diese Möglichkeit besteht insofern, als einmal die Tagesleistung im Jahr 1957 nicht richtig gemeldet wurde, als ferner nicht zu widerlegen ist, daß sich Mühlen inzwischen durch erlaubte Rationalisierung eine höhere Kapazität geschaffen haben und als endlich nach dem Mühlenstrukturgesetz der Vermahlungsplafond auf der Grundlage einer Ausnutzung von 250 Tagen -- allerdings bei 24stündiger Arbeitszeit -- berechnet wird, während nach dem Mühlengesetz die vorhandene Kapazität theoretisch an 365 Arbeitstagen ausgenutzt werden konnte. Der Gesetzgeber durfte den Plafond auf Grund der von den Mühlen wahrheitsgemäß zu meldenden Tagesleistung festsetzen. Im übrigen hat er den aus dem Übergang vom Erweiterungsverbot zur Plafondierung sich möglicherweise ergebenden Mißhelligkeiten dadurch Rechnung getragen, daß er nach § 8 Abs. 1 Satz 4 der gemeldeten Tagesleistung 10%, höchstens 2000 t jährlich zuschlug und daß er nach § 8 Abs. 2 bei Nachweis einer Mehrvermahlung in den Jahren 1967 bis 1969 und bei Nachweis einer Vermahlung an mehr als 250 Tagen in diesen Jahren eine Erhöhung des Plafonds zuließ. Darüber hinaus haben nach der Verwaltungspraxis der Mühlenstelle solche Mühlen, die vor Inkrafttreten des Mühlenstrukturgesetzes eine größere Menge vermahlen haben als der Plafondierung nach § 8 Abs. 1 entspricht, ohne daß eine unzulässige Erweiterung der Tagesleistung im Sinne der früheren Vorschriften des Mühlengesetzes festgestellt werden kann, zur Wahrung ihres Besitzstandes einen Plafond in Höhe der früheren Vermahlungsmenge erhalten. Damit sind, soweit es bei einer generellen Regelung überhaupt möglich ist, die durch den Übergang auf das neue Kontingentierungssystem möglicherweise entstehenden Härten ausreichend berücksichtigt. Eine weiter gehende, im übrigen kaum praktikable Differenzierung ist schon im Hinblick auf das vorgesehene Auslaufen der Maßnahmen zur Ordnung der Mühlenwirtschaft nicht geboten.

II.

1.

Die Vermahlungsregelung verstößt auch nicht gegen das im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigende Gleichheitsgebot (vgl. BVerfGE 25, 236 [251]; 34, 71 [78]). Allerdings werden innerhalb einer Gruppe diejenigen Mühlen besonders betroffen, die ihren Plafond ganz oder weitgehend ausgeschöpft haben, während andere Mühlen mit geringerem Ausnutzungsgrad ihre Vermahlung erhöhen können. Die auf sachgerechten Erwägungen beruhende Zielsetzung des Gesetzgebers geht aber gerade dahin, gut ausgelastete Mühlen in ihrer Entfaltungsfreiheit zugunsten der weniger gut ausgelasteten Mühlen zu beschränken. Einen gewissen Ausgleich zwischen leistungsschwächeren und leistungsfähigeren Mitgliedern einer Gruppe zu Lasten der letztgenannten herbeiführen, ist ein legitimes Ziel staatlicher Wirtschaftspolitik (BVerfGE 37, 1 [24]).

2.

Ebensowenig wird die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG verletzt. Soweit die Plafondierung die Mühlen nur daran hindert, mehr als die bisher aufgrund ihrer legalen Kapazität an 250 Arbeitstagen erreichbaren Vermahlungsmengen zusätzlich 10%, höchstens 2000 t, zu vermahlen, werden lediglich Chancen und Verdienstmöglichkeiten beeinträchtigt, die durch Art. 14 GG nicht geschützt sind (BVerfGE 30, 292 [335]).

Benda Ritterspach Haager Rupp-v. Brünneck Faller Brox Simon