Art. 101 GG
BVerfG, 24.03.1964 - 2 BvR 42, 83, 89/63
1. Gesetzlicher Richter im Sinne dieser Vorschrift ist nicht nur das Gericht als organisatorische Einheit oder das erkennende Gericht als Spruchkörper, vor dem verhandelt und von dem die einzelne Sache entschieden wird, sondern auch der zur Entscheidung im Einzelfall berufene Richter.
2. Aus dem Zweck des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgt, daß die Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, von vornherein so eindeutig wie möglich bestimmen müssen, welcher Spruchkörper und welche Richter zur Entscheidung des Einzelfalles berufen sind.
BVerfG, 03.07.1962 - 2 BvR 628/60, 247/61
1. Nach Art. 97 Abs. 2 und Art. 92 GG müssen Berufsrichter grundsätzlich hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sein. Richter, bei denen diese Garantien der persönlichen Unabhängigkeit fehlen, dürfen nur aus zwingenden Gründen herangezogen werden; sie müssen möglichst gleichmäßig auf Gerichte, Kammern und Senate verteilt werden.
2. Entscheidungen, bei denen ohne zwingende Gründe Richter mitgewirkt haben, die nicht hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sind, verletzen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) und die Rechtsgarantie bei Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG).
BVerfG, 17.11.1959 - 1 BvR 88/56, 59/57, 212/59
1. Die Ausübung staatlicher Gerichtsbarkeit durch Gemeinden auf Grund landesrechtlicher Übertragung widerspricht Art. 92 GG nicht.
2. Wird die Jurisdiktion bundesrechtlich vorgesehener Gerichte ausgeschlossen durch Einrichtung landesrechtlicher Sondergerichte, die den Anforderungen des Grundgesetzes nicht genügen, so wird das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.
BVerfG, 19.03.1959 - 1 BvR 295/58
1. Aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgt nicht, daß der Gesetzgeber den gesetzlichen Richter stets endgültig bestimmen muß. Eine "bewegliche" Zuständigkeitsregelung ist zulässig, soweit sie unter justizgemäßen Gesichtspunkten generalisiert und sachfremden Einflüssen auf das Verfahren vorbeugt.
2. Bejaht die Staatsanwaltschaft die "besondere Bedeutung" des Falles im Sinne von § 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG, so muß sie beim Landgericht Anklage erheben.
BVerfG, 16.01.1957 - 1 BvR 134/56
1. Der als Fiskus an einem Prozeß beteiligte Staat kann im Wege der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 101 GG rügen.
2. Hat der Gesetzgeber wie im Falle des § 7 EGZPO die Entscheidung über die Zuständigkeitskonkurrenz zweier höchster Gerichte einem dieser Gerichte nach bestimmten Richtlinien übertragen und ihm damit zugleich die Feststellung des gesetzlichen Richters für das weitere Verfahren überlassen, so hat er dem Grundgedanken des Art. 101 GG entsprochen.
Die Entscheidung des Gerichts stellt den gesetzlichen Richter fest, soweit sie nicht offensichtlich unhaltbar oder gar sachlich ohne Bezug auf den in den Richtlinien gegebenen Maßstab ist.
BVerfG, 20.03.1956 - 1 BvR 479/55
1. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gilt nicht nur für den erkennenden Richter, sondern auch für den Richter, der Termin zur Hauptverhandlung anberaumt.
2. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist auch dann verletzt, wenn ein ausgeschlossener Kammervorsitzender durch seine Autorität die Terminsanberaumung eines anderen Richters maßgeblich beeinflußt.
3. Beruht ein Urteil auf einer solchen Terminsanberaumung, so verstößt es selbst gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Urteil beruht auf der Terminsanberaumung, wenn nicht auszuschließen ist, daß das Gericht bei verfassungsmäßiger Terminsanberaumung anders besetzt gewesen wäre.
BVerfG, 26.02.1954 - 1 BvR 537/53
1. Auf die Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG kann sich berufen, wer nach den einschlägigen Prozeßnormen parteifähig ist.
2. Auch durch Maßnahmen oder Entscheidungen eines Gerichts kann, sofern sie willkürlich sind, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt werden.