Art. 92 GG

BVerfG, 06.06.1967 - 2 BvR 375, 53/60, 18/65

1. Kriminalstrafen können nach Art. 92 Halbs. 1 GG nur durch die Richter verhängt werden. Sie dürfen deshalb auch bei minder gewichtigen strafrechtlichen Unrechtstatbeständen nicht in einem Verwaltungsverfahren ausgesprochen werden.
2. §§ 421 Abs. 2, 445 und 447 Abs. 1 AO vom 13. Dezember 1919 in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Mai 1931 (RGBl. I 161, 218), nach denen die FA Kriminalstrafen verhängen können, sind deshalb mit dem GG unvereinbar und daher nichtig.

BVerfG, 24.11.1964 - 2 BvL 19/63

1. Ein von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts getragenes besonderes Gericht, dessen Errichtung im Hinblick auf die tatsächlichen und rechtlichen Besonderheiten seines Aufgabenbereiches sachgerecht erscheint, ist mit Art. 92 GG vereinbar, wenn es ein "staatliches" Gericht ist.
2. Ein Gericht kann nur dann als staatliches Gericht angesehen werden, wenn seine Bindung an den Staat auch in personeller Hinsicht hinreichend gewährleistet ist. Dazu gehört, daß der Staat bei der Berufung der Richter mindestens in der Form der Bestätigung mitwirkt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn gegen die Entscheidungen dieses Gerichts ein allgemeines Gericht des Staates nicht angerufen werden kann.
3. Das Erfordernis der richterlichen Neutralität verbietet, daß in einem von einer Standesorganisation getragenen besonderen Gericht Angehörige der Beschluß- und Verwaltungsorgane dieser Körperschaft als Richter mitwirken.
4. Der Gesetzesvorbehalt des Art. 101 Abs. 2 GG umfaßt nicht nur die Ordnung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit, des Instanzenzuges und der Zusammensetzung der Spruchkörper, sondern erstreckt sich auch auf die Regelung der Auswahl und Ernennung der Richter.

BVerfG, 03.07.1962 - 2 BvR 628/60, 247/61

1. Nach Art. 97 Abs. 2 und Art. 92 GG müssen Berufsrichter grundsätzlich hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sein. Richter, bei denen diese Garantien der persönlichen Unabhängigkeit fehlen, dürfen nur aus zwingenden Gründen herangezogen werden; sie müssen möglichst gleichmäßig auf Gerichte, Kammern und Senate verteilt werden.
2. Entscheidungen, bei denen ohne zwingende Gründe Richter mitgewirkt haben, die nicht hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sind, verletzen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) und die Rechtsgarantie bei Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG).

BVerfG, 17.11.1959 - 1 BvR 88/56, 59/57, 212/59

1. Die Ausübung staatlicher Gerichtsbarkeit durch Gemeinden auf Grund landesrechtlicher Übertragung widerspricht Art. 92 GG nicht.
2. Wird die Jurisdiktion bundesrechtlich vorgesehener Gerichte ausgeschlossen durch Einrichtung landesrechtlicher Sondergerichte, die den Anforderungen des Grundgesetzes nicht genügen, so wird das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.

BVerfG, 14.10.1958 - 1 BvR 510/52

Das Bußgeldverfahren nach dem Wirtschaftsstrafgesetz vom 26. Juli 1949 ist mit Artikel 92 des Grundgesetzes vereinbar.

BVerfG, 10.06.1958 - 2 BvF 1/56

1. Die oberen Bundesgerichte (Art. 96 GG) sind grundsätzlich höchste Rechtsmittelgerichte innerhalb eines Gerichtszweiges.