BVerfG, 24.11.1964 - 2 BvL 19/63

Daten
Fall: 
Ärztekammern
Fundstellen: 
BVerfGE 18, 241; DÖV 1965, 130; DVBl 1965, 196; JuS 1966, 66; MDR 1965, 544; NJW 1965, 343
Gericht: 
Bundesverfassungsgericht
Datum: 
24.11.1964
Aktenzeichen: 
2 BvL 19/63
Entscheidungstyp: 
Beschluss
Instanzen: 
  • OVG Rheinland-Pfalz, 24.04.1963 - 2 A 77/72

1. Ein von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts getragenes besonderes Gericht, dessen Errichtung im Hinblick auf die tatsächlichen und rechtlichen Besonderheiten seines Aufgabenbereiches sachgerecht erscheint, ist mit Art. 92 GG vereinbar, wenn es ein "staatliches" Gericht ist.
2. Ein Gericht kann nur dann als staatliches Gericht angesehen werden, wenn seine Bindung an den Staat auch in personeller Hinsicht hinreichend gewährleistet ist. Dazu gehört, daß der Staat bei der Berufung der Richter mindestens in der Form der Bestätigung mitwirkt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn gegen die Entscheidungen dieses Gerichts ein allgemeines Gericht des Staates nicht angerufen werden kann.
3. Das Erfordernis der richterlichen Neutralität verbietet, daß in einem von einer Standesorganisation getragenen besonderen Gericht Angehörige der Beschluß- und Verwaltungsorgane dieser Körperschaft als Richter mitwirken.
4. Der Gesetzesvorbehalt des Art. 101 Abs. 2 GG umfaßt nicht nur die Ordnung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit, des Instanzenzuges und der Zusammensetzung der Spruchkörper, sondern erstreckt sich auch auf die Regelung der Auswahl und Ernennung der Richter.

Inhaltsverzeichnis 

Beschluß

des Zweiten Senats vom 24. November 1964
- 2 BvL 19/63 -
in dem Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs.1 und § 9 Abs. 3 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über die Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Dentisten, Apotheker und Tierärzte vom 1. April 1953 (GVBl. S. 33) , soweit darin bestimmt ist, daß die Landeskammern die Berufsgerichtsbarkeit ausüben - Vorlagebeschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz vom 24. April 1963- 2 A 77/62.
Entscheidungsformel:

§ 8 Absatz 1 und § 14 Absatz 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über die Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Dentisten, Apotheker und Tierärzte vom 1. April 1953 (GVBl. S. 33) sind, § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes war, soweit sie Bestimmungen über die Einrichtung der Berufsgerichte enthalten, mit Artikel 20 Absatz 2, Artikel 92 und Artikel 101 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht vereinbar und deshalb nichtig.

Gründe

A.

I.

1. § 8 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über die Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Dentisten, Apotheker und Tierärzte vom 1. April 1953 (GVBl. S. 33), das für die Dentisten durch das Gesetz über die Auflösung der Landesdentistenkammer vom 30. November 1956 (GVBl. S. 151) geändert worden ist - im folgenden abgekürzt Ärztekammergesetz (AKG) -, überträgt den Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Tierärzte (Landeskammern) u.a. die Ausübung der Berufsgerichtsbarkeit. Er lautet:

Die Landeskammern und die Bezirksvereinigungen wirken bei der öffentlichen Gesundheitspflege mit. Sie vertreten den Berufsstand vor den Behörden, nehmen die wirtschaftlichen und sozialen Interessen des Berufsstandes als Gesamtheit wahr, fördern die Berufsfortbildung ihrer Mitglieder und üben die Berufsgerichtsbarkeit aus.

§ 9 Abs. 1 und 2 AKG bestimmen dazu des Näheren:

Die Kammerangehörigen können berufsgerichtlich bestraft werden, wenn sie ihre Berufspflichten verletzen. Die Strafen für eine Berufspflichtverletzung sind:
1. Verwarnung,
2. Verweis,
3. Geldbuße bis zu 3000 DM,
4. Entziehung des passiven Berufswahlrechts auf Zeit,
5. Feststellung, daß der Beschuldigte unwürdig ist, den Arzt-, Zahnarzt-, Dentisten-, Apotheker- oder Tierarztberuf auszuüben. Die in den Nummern 3 und 4 aufgeführten Strafen können nebeneinander verhängt werden.

§ 9 Abs. 3 AKG bestimmte:

Für jeden Bezirk (§ 4 Abs. 1) errichtet die Landeskammer ein Berufsgericht erster Instanz, das in der Besetzung mit einem zum Richteramt befähigten Vorsitzenden und zwei Kammerangehörigen des Bezirks als Beisitzern entscheidet. Rechtsmittelinstanz ist das Landesberufsgericht bei der Landeskammer. Es entscheidet in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und vier Beisitzern. Der Vorsitzende und ein Beisitzer müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Die übrigen Beisitzer müssen Angehörige der Landeskammer sein.

Dieser Absatz erhielt durch § 73 des Landesrichtergesetzes für Rheinland-Pfalz (LRiG) vom 29. Oktober 1962 (GVBl. S. 159) folgende Fassung:

Für jeden Bezirk (§ 4 Abs. 1) errichtet die Landeskammer ein Berufsgericht. Es entscheidet in der Besetzung mit einem auf Lebenszeit ernannten Richter als Vorsitzendem und zwei Kammerangehörigen als ehrenamtlichen Beisitzern. Rechtsmittelinstanz ist das Landesberufsgericht bei der Landeskammer. Es entscheidet in der Besetzung mit zwei auf Lebenszeit ernannten Richtern und drei ehrenamtlichen Beisitzern. Vorsitzender ist ein auf Lebenszeit ernannter Richter. Die ehrenamtlichen Beisitzer müssen Angehörige der Landeskammer sein.

Durch dieses Gesetz wurde ferner ein § 9a eingefügt, der u.a. folgendes bestimmt:

(1) Die Vorsitzenden der Berufsgerichte und der Landesberufsgerichte sowie die Beisitzer, die Richter auf Lebenszeit sind, werden von dem Minister des Innern im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz auf Vorschlag der betreffenden Landeskammer, die übrigen Mitglieder von der betreffenden Landeskammer berufen. Die Berufung erfolgt auf die Dauer von vier Jahren. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu berufen. Die Mitglieder und ihre Stellvertreter dürfen nicht Medizinal-, Veterinärbeamte oder beamtete Apotheker sein; sie dürfen nicht dem Vorstand einer Landeskammer oder dem Vorstand einer Bezirksvereinigung angehören.
(2) ...
(3) Der Vorsitzende bestimmt in einem Geschäftsverteilungsplan die Reihenfolge, in der die Mitglieder heranzuziehen sind, sowie ihre Vertretung im Verhinderungsfalle. Scheidet ein Mitglied aus, so wird für den Rest der Amtszeit ein neues Mitglied berufen; entsprechendes gilt für die Stellvertreter.
(4) ...
(5) Das Amt des Mitglieds eines Berufsgerichts (Landesberufsgerichts) erlischt, wenn das Mitglied im Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe oder an Stelle einer an sich verwirkten Freiheitsstrafe zu einer Geldstrafe oder im förmlichen Disziplinarverfahren oder im berufsgerichtlichen Verfahren zu einer Geldbuße oder einer schweren Strafe rechtskräftig verurteilt worden ist.
(6) Auf Antrag ist das Mitglied eines Berufsgerichts (Landesberufsgerichts) seines Amtes zu entheben,
1. wenn nachträglich bekannt wird, daß es nicht hätte berufen werden dürfen;
2. wenn nachträglich ein Umstand eintritt, welcher der Berufung entgegensteht. Den Antrag auf Amtsenthebung eines Richters auf Lebenszeit stellt der Minister des Innern. Den Antrag auf Amtsenthebung eines ehrenamtlichen Beisitzers stellt die betreffende Landeskammer. Über den Antrag entscheidet das Berufsgericht (Landesberufsgericht), dem das Mitglied angehört. Der Betroffene ist zu hören. Die Entscheidung ist endgültig.

§ 14 AKG ermächtigt den Minister des Innern, dessen Aufsicht die Landeskammern unterstehen (§ 12 Abs. 1 AKG), die zur Durchführung des Gesetzes erforderlichen Rechtsvorschriften und Verwaltungsvorschriften zu erlassen (Abs. 1) und bestimmt in Absatz 2:

Insbesondere hat er eine Berufsgerichtsordnung zu erlassen, die Bestimmungen über die Einrichtung der Berufsgerichte und ihr Verfahren enthält.

2. Die Berufsgerichtsordnung vom 21. Juli 1954 (GVBl. S. 95) - im folgenden BGO - enthält weitere Vorschriften über die Berufsgerichte und deren Verfahren.

Berufspflichtverletzung im Sinne dieser Verordnung ist jede standeswidrige Handlungsweise. Als Verletzung der Berufspflichten ist es auch anzusehen, wenn ein Kammerangehöriger formell und materiell rechtmäßigen Beschlüssen der Kammerorgane schuldhaft zuwiderhandelt (§ 1 Abs. 2 BGO). Die Berufsgerichte erster Instanz sind am Sitz der Bezirksvereinigungen zu errichten. Für Bezirke, in denen keine Bezirksvereinigung besteht, bestimmt die Landeskammer den Sitz des Gerichts (§ 3 Abs. 1 BGO). Die Landesberufsgerichte werden am Sitz der Landesregierung errichtet (§ 3 Abs. 2 BGO).

Die Vorsitzenden der Berufsgerichte sowie diejenigen Beisitzer der Landesberufsgerichte, die die Befähigung zum Richteramt haben müssen, werden von dem zuständigen Minister im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz auf Vorschlag der betreffenden Kammer, die übrigen Mitglieder von der betreffenden Kammer für die Dauer von vier Jahren bestellt. Die Mitglieder und ihre Stellvertreter dürfen nicht Medizinal-, Veterinärbeamte oder beamtete Apotheker sein oder ein führendes Amt bei der Kammer oder einer Bezirksvereinigung bekleiden (§ 4 Abs. 1 BGO; jetzt § 9a Abs. 1 AKG).

Für jedes Berufsgericht sind sechs, für jedes Landesberufsgericht neun nicht rechtskundige Beisitzer und ebenso viele Stellvertreter zu bestellen. Welches Mitglied in einem Verfahren als Beisitzer mitwirkt, wird durch den Geschäftsverteilungsplan bestimmt, den der Vorsitzende des Gerichts nach Anhörung der betreffenden Landeskammer aufstellt (§ 4 Abs. 3 BGO; jetzt § 9a Abs. 3 Satz 1 AKG).

Nach § 8 BGO sind die Beisitzer vor ihrer Dienstleistung durch den Vorsitzenden auf die unparteiische und gewissenhafte Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amtes zu verpflichten. § 9 BGO regelt die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit.

Weitere Vorschriften der Berufsgerichtsordnung sehen ein gerichtsförmiges Verfahren vor (vgl. § 12 - § 43 BGO).

Gegen das Urteil des Berufsgerichts stehen dem Beschuldigten und dem Vorstand der Bezirksvereinigung die Berufung an das Landesberufsgericht zu (§ 34 Abs. 1 BGO). Auf das Berufungsverfahren finden die Vorschriften über den Gang des Hauptverfahrens erster Instanz sinngemäß Anwendung (§ 36 Abs. 1 BGO).

Ergänzend sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Beratung und Abstimmung und aus der Strafprozeßordnung die allgemeinen Vorschriften, die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sowie über die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens heranzuziehen, soweit nicht die Eigenart des berufsgerichtlichen Verfahrens entgegensteht (§ 43 BGO).

II.

1. Vor dem 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland- Pfalz in Koblenz ist ein Verwaltungsrechtsstreit anhängig, der die Anfechtung berufsgerichtlicher Entscheidungen zum Gegenstand hat:
Die Vertreterversammlung der Landeszahnärztekammer hat durch Beschluß vom 28./29. April 1956 ihre Mitglieder angewiesen, für zahnärztliche Bescheinigungen lediglich das von der Kammer herausgegebene Formblatt zu verwenden und bei der Rechnungserteilung die Spezifizierung der Leistungen auf die Angabe der Behandlungstage, der behandelten Zähne sowie die Leistungen nach den Positionen der amtlichen Gebührenordnung zu beschränken.

Der Kläger des Ausgangsverfahrens, ein Zahnarzt aus O., hat entgegen dem Beschluß einem Privatpatienten auf dessen Verlangen einen Heil- und Kostenplan mit einer weiter aufgeschlüsselten Gebührenaufstellung für die einzelnen Leistungen erteilt, den dieser am 3. Februar 1958 bei der Krankenkasse eingereicht hat. Er hat dem Patienten ferner Anfang September 1958 eine Rechnung ausgestellt, die die gleiche Aufgliederung enthielt, weil der Patient nach den Satzungen seiner Kasse nur auf Grund einer nach Einzelgebühren aufgeschlüsselten Rechnung Ersatz seiner Behandlungskosten verlangen konnte.

Das Berufsgericht für Zahnärzte der Regierungsbezirke Koblenz- Montabaur in Koblenz hat auf Grund dieses Sachverhalts durch Urteil vom 27. April 1959 - BGZ K-M 2/59 - den Kläger mit einer Geldbuße in Höhe von 200 DM bestraft. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Landesberufsgericht bei der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz in Mainz mit Urteil vom 31. Oktober 1960 - LBGZ 3/59 - als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat gegen das ihm am 7. Dezember 1960 zugestellte Urteil am 30. Dezember 1960 beim Sozialgericht Speyer - Zweigstelle Mainz - Klage erhoben. Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 14. Februar 1962 - S 15 Ka 61/60 - den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Verwaltungsgericht Koblenz verwiesen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 26. Oktober 1962 - 2 K 67/62 - als unzulässig abgewiesen und dazu ausgeführt: Der Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten sei dem Kläger verschlossen, weil es sich bei der angefochtenen Entscheidung um ein gerichtliches Urteil handle, gegen das weder durch § 40 VwGO noch durch Art. 19 Abs. 4 GG ein weiterer Rechtsweg eröffnet werde.

Gegen dieses am 2. November 1962 zugestellte Urteil hat der Kläger des Ausgangsverfahrens rechtzeitig Berufung eingelegt mit dem Antrage, unter Abänderung des Urteils der ersten Instanz das Urteil des Landesberufsgerichts aufzuheben.

2. Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts hält die Einrichtung der Berufsgerichtsbarkeit in der vorliegenden Form für verfassungswidrig und möchte der Berufung stattgeben. Er hat deshalb durch Beschluß vom 24. April 1963 das Verfahren ausgesetzt und das Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage angerufen, ob § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 3 des Ärztekammergesetzes vom 1. April 1953 insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar sind, als sie bestimmen, daß die Landeskammern der Ärzte, Zahnärzte, Dentisten, Apotheker und Tierärzte die Berufsgerichtsbarkeit ausüben. Zur Begründung seiner Vorlage hat er im wesentlichen ausgeführt:

Der Landesgesetzgeber habe durch die genannten Vorschriften eine besondere Gerichtsbarkeit zur Ahndung von Berufspflichtverletzungen der Kammerangehörigen schaffen wollen. Sei diese Regelung verfassungsgemäß, so handle es sich bei der im Ausgangsverfahren getroffenen Disziplinarmaßnahme um eine richterliche Entscheidung, gegen die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht offenstehe. Nach dem Grundsatz der Gleichwertigkeit aller Gerichtszweige könnten Entscheidungen eines Gerichtszweiges durch Gerichte eines anderen Gerichtszweiges nicht überprüft werden. Seien dagegen die §§ 8 Abs. 1 Satz 2 und 9 Abs. 3 AKG insoweit verfassungswidrig, als sie den von ihnen geschaffenen Instanzen zu Unrecht die Stellung von Gerichten zusprächen, so müsse die Berufung Erfolg haben. Die Klage sei dann zulässig, weil in diesem Falle die Berufsgerichte als Verwaltungsausschüsse anzusehen, ihre Entscheidungen der Kammer zuzurechnen und als Verwaltungsakte gemäß § 40 VwGO - mangels einer wirksamen Zuweisung an ein anderes Gericht - der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterworfen seien. Sofern die Klage zulässig sei, wolle der Senat ihr auch in der Sache selbst zum Erfolg verhelfen.

Die von der Landeskammer der Zahnärzte ausgeübte Berufsgerichtsbarkeit sei mit Art. 20 Abs. 2, 92, 101 Abs. 2 und 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar, weil die nach dem Ärztekammergesetz gebildeten Berufsgerichte nicht dem Mindestanforderungen genügten, die von Verfassungs wegen an ein Gericht gestellt werden müßten. Der Ausschluß des Rechtsweges gegen die Entscheidungen der Berufsgerichte sei daher verfassungswidrig. Dieses Ergebnis lasse sich auch nicht dadurch vermeiden, daß man die Entscheidungen der Berufsgerichte im Wege verfassungskonformer Auslegung als Verwaltungsakte qualifiziere und sie damit der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit unterwerfe. Eine derartige Interpretation laufe der gesetzgeberischen Zielsetzung zuwider.

Schließlich verletzten § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 9 Abs. 3 AKG in der Fassung von 1953 den Grundsatz, daß Gerichte durch Gesetz errichtet werden müßten. Aus den Gründen des Vorlagebeschlusses ergibt sich, daß unter diesem Gesichtspunkt des vorlegende Gericht auch die Gültigkeit des § 14 Abs. 2 AKG verneint, soweit er sich auf die Einrichtung der Berufsgerichte bezieht.

III.

Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hält die Bedenken des vorlegenden Gerichts für unbegründet.

Die von dem Ärztekammergesetz geschaffenen Spruchkörper seien echte Gerichte, die unter Ausschluß eines anderen Rechtsweges über Berufspflichtverletzungen zu entscheiden hätten. Deshalb habe der Landesgesetzgeber sie nach dem Vorbild der Reichsärzteordnung, der Reichstierärzteordnung und der Reichsapothekerordnung ausdrücklich als "Berufsgerichte" bezeichnet und einen abschließenden Strafenkatalog festgelegt. Die Absicht, echte Gerichte zu schaffen, sei auch bei den Vorarbeiten zum Ärztekammergesetz zum Ausdruck gekommen. Demgemäß sei das Verfahren durch die Berufsgerichtsordnung gerichtsförmig ausgestaltet worden.

Das Ärztekammergesetz in der hier maßgeblichen Fassung habe sich darauf beschränkt, die Gerichte als solche zu errichten, allgemeine Grundsätze über ihre Zusammensetzung aufzustellen, ihre Zuständigkeit festzulegen und die weiteren Einzelheiten über Wahl und Bestellung der Richter sowie des gerichtlichen Verfahrens einer Rechtsverordnung, der Berufsgerichtsordnung, vorzubehalten. Für diese beschränkte und knappe Normierung im förmlichen Gesetz habe sich der Landesgesetzgeber im Hinblick auf die geringe Bedeutung entschieden, die der Berufsgerichtsbarkeit für die Allgemeinheit zukomme.

Das Ärztekammergesetz habe ausreichend Vorsorge für die verfassungsrechtlich gebotene Trennung der Gerichte von der Exekutive getroffen. Die Berufsgerichte stünden selbständig neben den übrigen in § 5 AKG aufgezählten Organen der Landeskammern und der Bezirksvereinigungen. Ihre Einrichtung und ihr Verfahren regele der Minister des Innern ohne Beteiligung der Landeskammern durch Rechtsverordnung. Dadurch werde eine der Rechtspflege nicht gemäße Einflußnahme der Kammern und Bezirksvereinigungen vermieden. Dem Umstand, daß die Berufsgerichtsbarkeit in § 8 Abs. 1 AKG als Aufgabe der Landeskammern und Bezirksvereinigungen bezeichnet werde, komme demgegenüber eine entscheidende Bedeutung nicht zu.

Eine zu enge personelle Verzahnung zwischen den Berufsgerichten und den berufsständischen Einrichtungen werde durch § 4 Abs. 1 BGO vermieden. Der Minister des Innern habe im Einvernehmen mit dem Justizminister auf Vorschlag der Landeskammern selbständig über die Bestellung der rechtskundigen Gerichtsmitglieder zu entscheiden. Dadurch werde die Heranziehung unabhängiger Richter gewährleistet. Die übrigen Gerichtsmitglieder dürften weder Medizinal-, Veterinärbeamte oder beamtete Apotheker sein noch ein führendes Amt bei der Kammer oder einer Bezirksvereinigung bekleiden. Auf diese Weise seien alle Personen vom Richteramt ausgeschlossen, die entweder persönlich von der Exekutive abhängig seien oder auf Grund ihrer Tätigkeit im Rahmen der Exekutive in Widerspruch mit ihren richterlichen Pflichten geraten könnten.

Die Trennung der Berufsgerichte von den Kammerorganen werde ferner durch die in § 12 AKG verankerte Staatsaufsicht gesichert. Sie gestatte es dem Minister des Innern, das Verhältnis zwischen Kammern, Bezirksvereinigungen und Berufsgerichten zu überwachen und auf verfassungsgemäße Zustände hinzuwirken. Über die Staatsaufsicht sei die Tätigkeit der Berufsgerichte auch der parlamentarischen Kontrolle unterworfen (Art. 99, 104 der Verfassung für Rheinland-Pfalz). Schließlich garantiere die in §§ 4 Abs. 1, 5 und 6 BGO festgelegte Amtsdauer den Richtern ihre persönliche Unabhängigkeit.

Ebensowenig könne von einem Verstoß gegen Art. 92 GG die Rede sein. Standesgerichte der Heilberufe habe es auch früher schon gegeben. Die rheinland-pfälzischen Berufsgerichte setzten diese Tradition lediglich fort. Sie seien ebenso wie die zuvor nach der Reichsärzteordnung gebildeten Gerichte, denen sie weitgehend ähnelten, nicht nur Einrichtungen einer Standesorganisation, sondern auch staatliche Instanzen, die staatliche Aufgaben erfüllten. Art. 92 GG habe derartige Berufsgerichte zulassen wollen.

B.

Die Vorlage ist zulässig.

1. Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens hängt von der Gültigkeit des § 8 Abs. 1 Satz 2 AKG und des § 9 Abs. 3 AKG in der Fassung von 1953 ab.

Ist die durch diese Vorschriften erfolgte Einrichtung der Berufsgerichtsbarkeit unter Ausschluß eines anderen Rechtsweges - wie das vorlegende Gericht meint - mit dem Grundgesetz nicht. vereinbar, so will das Gericht das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts erster Instanz aufheben und der Berufung aus materiellen Gründen stattgeben. Sind die zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellten Vorschriften dagegen mit dem Grundgesetz vereinbar, so beabsichtigt es, die Berufung zurückzuweisen, weil dann dem Kläger des Ausgangsverfahrens der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht offensteht. Diese Rechtsauffassung ist nicht offensichtlich unhaltbar; sie ist deshalb für die Zulässigkeitsprüfung maßgebend (vgl. BVerfGE 2, 181 [190 ff.]; 7, 171 [175]; 14, 56 [65]).

2. Das Ärztekammergesetz ist am 10. April 1953 mit seiner Verkündung in Kraft getreten (§ 15 Abs. 1 AKG). Es handelt sich mithin um nachkonstitutionelles Recht im Sinne der Entscheidung vom 24. Februar 1953 (BVerfGE 2, 124), das der Normenkontrolle des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG unterliegt.

3. Da kein Verfassungsorgan dem Verfahren beigetreten ist, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

C.

Die §§ 8 Abs. 1, 14 Abs. 2 AKG sind, § 9 Abs. 3 dieses Gesetzes in der Fassung von 1953 war, soweit sie Bestimmungen über die Einrichtung der Berufsgerichte enthalten, mit Art. 20 Abs. 2, 92 und 101 Abs. 2 GG nicht vereinbar.

I.

Die Berufsgerichte sind als Gerichte gedacht und daher als solche am Grundgesetz zu messen.

Dafür spricht zunächst die Terminologie des Ärztekammergesetzes. Zu dem gleichen Ergebnis führt die Würdigung des Aufgabenbereichs, der Organisation und der Ausgestaltung des Verfahrens.

a) Aufgabe der Berufsgerichte ist die hoheitliche Ahndung von Berufspflichtverletzungen. Ihre Tätigkeit entspricht der eines Dienststrafgerichts für Beamte. Sie soll nach der Intention des Gesetzes Ausübung rechtsprechender Gewalt sein.

b) Die vom Ärztekammergesetz geschaffenen Berufsgerichte sollen nicht nur Einrichtungen einer Standesorganisation, sondern zugleich auch staatliche Instanzen sein. Sie sind auf Grund staatlicher Rechtsvorschriften errichtet, ihr Verfahren regelt eine staatliche Rechtsverordnung. Die zum Richteramt befähigten Vorsitzenden der Berufsgerichte und Beisitzer der Landesberufsgericht werden von dem zuständigen Minister im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz auf Vorschlag der betreffenden Kammer, also von einem staatlichen Organ, bestellt.

c) Dafür, daß der Gesetzgeber die Berufsgerichte als echte Gerichte errichten wollte, spricht schließlich die Ausgestaltung ihrer Verfassung in Anlehnung an die Grundsätze der hergebrachten Gerichtsverfassung. Dies ergibt sich auch aus der Regelung des gerichtlichen Verfahrens, insbesondere aus der Vorschrift über die sinngemäße Anwendung des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung (§§ 15 Abs. 3, 43 BGO). Die Entstehungsgeschichte bestätigt die Absicht des Gesetzgebers und die Konzeption des Gesetzes, echte Gerichte zu schaffen.

II.

Die Einrichtung der Berufsgerichte der Ärztekammern in Rheinland-Pfalz ist unvereinbar mit Art. 92 GG.

Art. 92 GG fordert, daß die rechtsprechende Gewalt durch staatliche Gerichte ausgeübt wird. Er verlangt aber ebensowenig wie Art. 103 der Weimarer Reichsverfassung, daß die Gerichte der Länder in Form einer unmittelbaren staatlichen Einrichtung zu errichten sind. An dieser Rechtslage hat Art. 92 GG nichts ändern wollen (BVerfGE 10, 200 [214 f.]; 14, 56 [66]). Auch ein von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts getragenes besonderes Gericht, dessen Errichtung - wie hier - im Hinblick auf die tatsächlichen und rechtlichen Besonderheiten seines Aufgabenbereiches sachgerecht erscheint, ist mit Art. 92 GG vereinbar, wenn es ein "staatliches" Gericht ist.

Ein von einer Standesorganisation getragenes besonderes Gericht kann aber nur dann als staatliches Gericht angesehen werden, wenn seine Bindung an den Staat auch in personeller Hinsicht hinreichend gewährleistet ist. Staatliche Gerichtsbarkeit muß nicht nur auf einem staatlichen Gesetz beruhen. Das Organ, das sie ausübt, muß auch personell vom Staat entscheidend bestimmt sein. Dazu gehört, daß der Staat, wie es übrigens die niedersächsische Praxis schon im Jahre 1947 in Abkehr von der nationalsozialistischen Regelung in der Reichsärzteordnung und in zutreffender Erkenntnis des rechtsstaatlich Geforderten getan hat (BVerfGE 4, 74 [77 f.]), bei der Berufung der Richter mindestens in der Form der Bestätigung mitwirkt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - gegen die Entscheidungen der Berufsgerichte ein allgemeines Gericht des Staates nicht angerufen werden kann (vgl. BVerfGE 14, 56 [61, 73 ff.]).

Über die Bestellung der zum Richteramt befähigten Vorsitzenden und Beisitzer der Berufsgerichte entscheidet, unbeschadet des Vorschlagsrechts der Landeskammer, der Innenminister im Einvernehmen mit dem Justizminister in eigener Verantwortung. Insoweit ist dem Art. 92 GG Rechnung getragen. Dagegen wirkt der Staat bei der Auswahl der übrigen Mitglieder, die gemäß § 8 Nr. 3 der Satzung der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 14. Juni 1958 von der Vertreterversammlung gewählt werden, nicht mit. Damit hat sich der Staat seiner Verantwortung für die Besetzung der Berufsgerichte in einem solchen Ausmaß begeben, daß von einem staatlichen Gericht nicht mehr gesprochen werden kann. Dies ist mit Art. 92 GG nicht vereinbar.

III.

Art. 20 Abs. 2 GG verlangt, daß die Rechtsprechung durch "besondere", von den Organen der Gesetzgebung und der vollziehenden Gewalt verschiedene Organe des Staates ausgeübt wird. Daraus folgt einmal, daß die Gerichte selbständig, vor allem organisatorisch hinreichend von den Verwaltungsbehörden getrennt sein müssen, und zum anderen, daß die richterliche Neutralität nicht durch eine mit diesem Grundsatz unvereinbare persönliche Verbindung zwischen Ämtern der Rechtspflege und der Verwaltung oder der Legislative in Frage gestellt werden darf.

1. Die Berufsgerichte nach dem Ärztekammergesetz sind organisatorisch verselbständigt. Die Kammer darf keinen Einfluß auf deren Spruchtätigkeit nehmen. Die Richter sind sachlich und persönlich unabhängig. Sie sind sachlich unabhängig, weil das Ärztekammergesetz und die Berufsgerichtsordnung keine Normen enthalten, die Art. 97 Abs. 1 GG, der allen Richtern, und zwar den Berufsrichtern wie den Laienrichtern, die sachliche Unabhängigkeit garantiert, zuwiderlaufen.

Den Richtern ist auch ein Minimum persönlicher Unabhängigkeit insofern garantiert, als sie vor Ablauf ihrer Amtszeit nur unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und gegen ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung abberufen werden können (vgl. dazu BVerfGE 14, 56 [71]). Das Amt eines Berufsrichters erlischt nur, wenn der Richter im Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe oder anstelle einer an sich verwirkten Freiheitsstrafe zu einer Geldstrafe oder im förmlichen Dienststrafverfahren oder im berufsgerichtlichen Verfahren zu einer Geldbuße oder einer schwereren Strafe rechtskräftig verurteilt ist (§ 6 BGO; vgl. jetzt § 9a Abs. 5 und 6 AKG).

Die Tatsache, daß die Mitglieder der Berufsgerichte nur für die Dauer von vier Jahren bestellt werden (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BGO; seit 1962 § 9a Abs. 1 Satz 2 AKG), beeinträchtigt nicht die Unabhängigkeit der Richter. Art. 97 Abs. 2 GG überläßt die Regelung der Frage, auf welche Zeit der Richter anzustellen ist, dem Gesetzgeber (BVerfGE 3,213 [224]; 4,331 [345]; 14,56 [70 ff.]). Der Zeitraum von vier Jahren ist nicht so kurz bemessen, daß dadurch die Unabhängigkeit ernsthaft in Frage gestellt wird.

2. Neben der Weisungsfreiheit und der in Art. 97 Abs. 2 GG institutionell gesicherten persönlichen Unabhängigkeit ist der richterlichen Tätigkeit wesentlich, daß sie von einem nichtbeteiligten Dritten ausgeübt wird (BVerfGE 3, 377 [381]; 4, 331 [346]; 14, 56 [69]). Das Erfordernis der richterlichen Neutralität verbietet eine zu enge personelle Verzahnung der den Berufsgerichten anvertrauten rechtsprechenden Gewalt mit der Tätigkeit der Organe der Kammer. Diesem Grundsatz wurde und wird die ärztliche Berufsgerichtsbarkeit in Rheinland-Pfalz nicht gerecht.

Der Gefahr einer Pflichtenkollision zwischen staatlicher Verwaltungstätigkeit und Richteramt beugte zwar § 4 Abs. 1 Satz 3 BGO und beugt jetzt § 9a Abs. 1 Satz 4 AKG vor, nach denen die Mitglieder der Berufsgerichte weder Medizinal-, Veterinärbeamte oder beamtete Apotheker sein dürfen. § 4 Abs. 1 Satz 3 BGO gewährleistete, daß die Berufsgerichte nicht mit Personen besetzt werden konnten, die als weisungsgebundene Beamte die gleiche Materie bearbeiteten, über die sie als unabhängige Richter entscheiden sollten (BVerfGE 4, 331 [347]).

Verfassungswidrig war hingegen, daß die alte Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 3 BGO von den Exekutivorganen der Kammer und ihrer Untergliederungen lediglich den Amtsinhabern die Mitwirkung in den Berufsgerichten versagte, die "ein führendes Amt" bei der Kammer oder einer Bezirksvereinigung innehatten. Diese Regelung schließt ebenso wie jetzt § 9a Abs. 1 Satz 4 AKG nicht aus, daß Kammermitglieder, die als Angestellte der Kammer vom Vorstand abhängig und dessen Weisungen unterworfen sind, zu Richtern gewählt werden können und dann in dieser Eigenschaft über Anträge ihrer unmittelbaren Vorgesetzten zu befinden haben.

Verfassungswidrig ist ferner, daß die Mitglieder der Vertreterversammlung zum Richteramt berufen werden konnten und können. Die Vertreterversammlung ist das wichtigste Organ der Kammer, das den Rahmen und die Grundsätze für deren Tätigkeit maßgeblich bestimmt und über alle Angelegenheiten entscheidet, für die nicht der Vorstand zuständig ist. Die Aufgaben der Mitglieder der Vertreterversammlung müssen in einer Vielzahl von Fällen zu einem Widerstreit mit ihren Richterpflichten führen. Besonders schwerwiegend sind solche Pflichtenkollisionen, wenn ein Mitglied der Vertreterversammlung in seiner richterlichen Funktion die von der Vertreterversammlung erlassenen Beschlüsse objektiv auszulegen und auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen hatte (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BGO). Das Mitglied der Vertreterversammlung erscheint hier der Natur der Sache nach selbst als Partei. Angehörige der Legislative oder der Exekutive werden auch dadurch nicht zu unbeteiligten Dritten, daß ein Gesetz ihnen im Rahmen ihrer richterlichen Tätigkeit die persönliche und sachliche Unabhängigkeit garantiert. Damit wird der Entscheidung der Frage nicht vorgegriffen, ob für die Besetzung eines Verfassungsgerichts etwas Besonderes gilt.

IV.

1. Die Berufsgerichte sind besondere Gerichte im Sinne des Art. 101 Abs. 2 GG. Nach Art. 101 Abs. 2 GG können Gerichte für besondere Sachgebiete nur durch Gesetz errichtet werden. Dieser Gesetzesvorbehalt umfaßt nicht nur die Ordnung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit, des Instanzenzuges und der Zusammensetzung der Spruchkörper, sondern erstreckt sich auch auf die Regelung der Auswahl und Ernennung der Richter. Die Fragen, wer die Richter auswählt, welche Voraussetzungen sie erfüllen müssen und von wem sie ernannt oder bestätigt werden, sind so wesentlich für den Charakter einer Gerichtsbarkeit, daß sie vom Gesetzgeber selbst geregelt werden müssen. Da hierüber das Ärztekammergesetz in der Fassung von 1953 keine Bestimmung getroffen hat, sondern den Erlaß der Vorschriften über die Auswahl und die Ernennung der Mitglieder der Berufsgerichte in § 14 Abs. 2 AKG dem Minister des Innern überlassen hat, war es insoweit auch mit Art. 101 Abs. 2 GG unvereinbar.

Da die zur Prüfung gestellten Vorschriften des Ärztekammergesetzes von 1953 schon aus den dargelegten Gründen verfassungswidrig sind, erübrigt sich die Prüfung, ob sie noch aus anderen Gesichtspunkten verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen.