Art. 4 GG

BVerfG, 14.12.1965 - 1 BvL 31/62; 1 BvL 32/62

Ein Arbeitnehmer, der keiner steuerberechtigten Kirche angehört, darf durch staatliches Gesetz nicht verpflichtet werden, Kirchensteuern nur deshalb zu zahlen, weil sein Ehegatte einer Kirche angehört.

BVerfG, 04.10.1965 - 1 BvR 112/63

Die Pflicht des Kriegsdienstverweigerers, einen Ersatzdienst zu leisten, verletzt nicht das Grundrecht der Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 3 GG, Art. 12 Abs. 2 GG).

BVerfG, 04.10.1965 - 1 BvR 498/62

1. Die Frist für die Einlegung von Verfassungsbeschwerden gegen Urteile von Finanzgerichten beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung.
2. Religionsgesellschaften und andere juristische Personen, deren Zweck die Pflege oder Förderung eines religiösen Bekenntnisses oder die Verkündigung des Glaubens ihrer Mitglieder ist, können Träger des Grundrechts aus Art. 4 GG sein.
3. Art. 4 Abs. 2 GG verbietet die Besteuerung gewerblicher oder beruflicher Unternehmertätigkeit auch dann nicht, wenn diese mit der Religionsausübung in Verbindung steht.
4. Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, die Befreiung von der Umsatzsteuer nach § 2 Abs. 3 UStG auf Religionsgesellschaften zu beschränken, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.

BGH, 24.05.1977 - 4 ARs 6/77

Die Auslieferung eines den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigernden jugoslawischen Staatsangehörigen an sein Heimatland ist nur dann zulässig, wenn die Gewähr besteht, daß er dort innerhalb der Frist des Art. 25 Abs. 1 Buchstabe b) des deutsch-jugoslawischen Auslieferungsvertrages nicht gegen seinen Willen zum Wehrdienst mit der Waffe herangezogen wird. Diese Gewähr kann durch eine diesem Erfordernis Rechnung tragende förmliche Zusicherung der jugoslawischen Regierung gegeben sein.

BVerfG, 20.12.1960 - 1 BvL 21/60

1. Mit der Kompetenzbestimmung des Art. 73 Nr. 1 GG stellt die Verfassung zugleich klar, daß ein Bundesgesetz, das die allgemeine Wehrpflicht im Rahmen dieser Verfassungsnorm einführt, ihr insoweit auch materiell nicht widerspricht.
2. "Gewissensentscheidung" im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG ist jede ernste sittliche, d. h. an den Kategorien von "Gut" und "Böse" orientierte Entscheidung, die der einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so daß er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
3. Art. 4 Abs. 3 GG will diejenigen schützen, die den Kriegsdienst mit der Waffe schlechthin verweigern. Das sind nicht nur die grundsätzlichen (dogmatischen) Pazifisten, sondern auch diejenigen, die Kriegsdienst hier und jetzt allgemein ablehnen, die Motive hierzu aber der historisch-politischen Situation entnehmen. Nicht geschützt ist in Art. 4 Abs. 3 GG die "situationsbedingte" Kriegsdienstverweigerung, bei der die Teilnahme an einem bestimmten Krieg, an Kriegen bestimmter Art, unter bestimmten Bedingungen oder mit bestimmten Waffen verweigert wird.
4. § 25 WehrpflG ist mit dem Grundgesetz nur vereinbar, wenn er in dem unter 3. bezeichneten Sinne ausgelegt wird.

BVerfG, 08.11.1960 - 1 BvR 59/56

1. Das Grundrecht der Glaubensfreiheit erlaubt auszusprechen und auch zu verschweigen, daß und was man glaubt oder nicht glaubt.

BVerwG, 15.06.1995 - 3 C 31.93

Eine Ausnahme von dem Verbot, warmblütige Tiere ohne Betäubung zu schlachten, kann nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG zum Zwecke der Nahrungsmittelverordnung nur zugelassen werden, wenn objektiv festgestellt wird, daß zwingende Vorschriften einer Religionsgemeinschaft den Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere verbieten; eine individuelle Glaubensüberzeugung vom Bestehen eines solchen Verbots reicht nicht aus.