BVerfG, 14.12.1965 - 1 BvL 31/62; 1 BvL 32/62

Daten
Fall: 
Kirchenlohnsteuer I
Fundstellen: 
BVerfGE 19, 226; BStBl I 1966, 192; BStBl I 1966, 219; DÖV 1966, 60; DVBl 1966, 219; MDR 1966, 117; NJW 1966, 103
Gericht: 
Bundesverfassungsgericht
Datum: 
14.12.1965
Aktenzeichen: 
1 BvL 32/62
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • BFH, 17.08.1962 - VI 277/57

Ein Arbeitnehmer, der keiner steuerberechtigten Kirche angehört, darf durch staatliches Gesetz nicht verpflichtet werden, Kirchensteuern nur deshalb zu zahlen, weil sein Ehegatte einer Kirche angehört.

Inhaltsverzeichnis 

Urteil

des Ersten Senats vom 14. Dezember 1965 auf die mündliche Verhandlung vom 13. und 14. Juli 1965
- 1 BvL 31/62 -
in den Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 6 Abs.2 und 4 des württemberg-badischen Gesetzes Nr.587 über die Verwaltung von Kirchensteuern im Landesbezirk Württemberg vom 1. April 1952 (RegBl. S. 33)
Vorlagebeschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 17. August 1962
- VI 277/57 und VI 290/56 U -
Entscheidungsformel:

1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. In § 6 des württemberg-badischen Gesetzes Nr. 587 über die Verwaltung von Kirchensteuern im Landesbezirk Württemberg vom 1. April 1952 (Regierungsblatt der Regierung Württemberg- Baden, Seite 33) in der Fassung des baden-württembergischen Gesetzes zur Änderung des Kirchensteuerrechts vom 30. Januar 1956 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg, Seite 5) ist in Absatz 2 der Satzteil "oder ihr Ehegatte" nichtig.

Gründe

A.

I.

Im Regierungsbezirk Nord-Württemberg des Landes Baden- Württemberg sind Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Kirchensteuer das württembergische Gesetz über die Kirchen vom 3. März 1924 (RegBl. S. 93) in der Fassung des Gesetzes vom 17. Februar 1927 (RegBl. S. 117) - Kirchengesetz - und das württemberg-badische Gesetz Nr. 587 über die Verwaltung von Kirchensteuern im Landesteil Württemberg vom 1. April 1952 (RegBl. S. 33) in der Fassung des baden-württembergischen Gesetzes zur Änderung des Kirchensteuerrechts vom 30. Januar 1956 (GBl. S. 5) - Kirchensteuergesetz -. Nach § 9 des Kirchensteuergesetzes bleibt "das bestehende Kirchensteuerrecht" unberührt, "soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt".

Die Berechtigung, Steuern zu erheben, ist für die Kirchen hinsichtlich der Ortskirchensteuer in § 17 und hinsichtlich der Landeskirchensteuer in § 23 des Kirchengesetzes, für die Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts in § 7 der Verordnung über die neueren Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts vom 14. Juli 1928 (RegBl. S. 216) geregelt. Landeskirchensteuerpflichtig ist nach § 27 des Kirchengesetzes, "wer der besteuernden Kirche angehört". Nach § 2 Abs. 1 des Kirchensteuergesetzes werden die Landeskirchensteuer und die Ortskirchensteuer zu einer einheitlichen Kirchensteuer zusammengefaßt und unter Anwendung eines für jedes Kalenderjahr festzusetzenden einheitlichen Hundertsatzes der Einkommensteuer bzw. der Vermögensteuer erhoben. § 6 Abs. 1, 2 und 4 des Kirchensteuergesetzes bestimmt für die Kirchenlohnsteuer, d.h. die Kirchensteuer der Lohnsteuerpflichtigen:

(1) Die Kirchensteuer der Lohnsteuerpflichtigen, soweit sie als Zuschlag zur Einkommensteuer zu erheben ist, wird durch Steuerabzug vom Arbeitslohn erhoben (Kirchenlohnsteuer). § 2 Abs. 2 findet entsprechend Anwendung.
(2) Der Kirchenlohnsteuer unterliegen alle Arbeitnehmer i.S. des Einkommensteuerrechts, wenn sie oder ihr Ehegatte nach dem Religionsvermerk auf der Lohnsteuerkarte einer steuerberechtigten kirchlichen Körperschaft angehören, ihren Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Landesbezirk Württemberg haben und wenn ihre Lohnsteuerberechnung von einer innerhalb des Landesbezirks Württemberg gelegenen Betriebstätte vorgenommen wird.
(3) ...
(4) Bei Arbeitnehmern in glaubensverschiedener Ehe wird die Kirchenlohnsteuer für jede Kirche aus der Hälfte der einbehaltenen Lohnsteuer berechnet. § 5 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz findet entsprechende Anwendung.

Danach unterliegt ein Arbeitnehmer auch dann der Kirchenlohnsteuer, wenn nicht er selbst, wohl aber sein Ehegatte einer steuerberechtigten Kirche angehört.

Für den Fall der Zusammenveranlagung glaubensverschiedener Personen bestimmt § 5 Abs. 1 des Kirchensteuergesetzes:

Gehören nicht beide Ehegatten der gleichen steuerberechtigten Kirche an, so bemißt sich die Kirchensteuer für jeden steuerpflichtigen Ehegatten nach der Hälfte der maßgeblichen Einkommensteuer und Vermögensteuer beider Ehegatten; die nach § 2 Abs. 2 festgesetzten Mindestbeträge werden in diesem Fall jeweils nur zur Hälfte erhoben. Dies gilt nicht, wenn die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht gegeben sind.

Für den kirchlichen Zuschlag zur staatlichen Steuer haftet gemäß § 34 Abs. 2 des Kirchengesetzes auch der andere Ehegatte als Gesamtschuldner. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Kirchensteuergesetzes, der durch das baden-württembergische Gesetz über die Anwendung bundesrechtlicher Vorschriften des allgemeinen Abgabenrechts vom 27. Juni 1955 (GBl. S. 102) nur dem Wortlaut, nicht dem Inhalt nach geändert worden ist, finden auf das Verfahren die für die Verwaltung der Einkommensteuer bzw. der Vermögensteuer geltenden Vorschriften in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung.

II.

In den beiden Ausgangsverfahren begehren Arbeitnehmer, die einer Kirche nicht angehören, die Rückerstattung der im Jahre 1954 von ihrem Gehalt für ihre katholischen Ehefrauen einbehaltenen Kirchensteuern, die aus der Hälfte der von ihnen zu zahlenden Lohnsteuer berechnet worden sind.

Das Finanzamt Stuttgart-Ost hat die Rückerstattungsanträge der Beschwerdeführer abgelehnt. Die Berufungen der Beschwerdeführer sind vom Finanzgericht Stuttgart zurückgewiesen worden. Der Bundesfinanzhof ist der Auffassung, daß § 6 Abs. 2 und 4 des Kirchensteuergesetzes mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar sei. Er hat die Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen,

ob § 6 Abs. 2 und 4 des Gesetzes Nr. 587 über die Verwaltung von Kirchensteuern im Landesbezirk Württemberg vom 1. April 1952 (Bundessteuerblatt 1952 II S. 129) mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Das vorlegende Gericht geht in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis davon aus, daß § 6 Abs. 4 des Kirchensteuergesetzes, der von Arbeitnehmern in "glaubensverschiedener Ehe" spricht, auch dann anzuwenden ist, wenn der Arbeitnehmer selbst keiner Kirche angehört, sondern nur sein Ehegatte. Der Bundesfinanzhof hält sowohl die Bemessung der Kirchensteuer eines der Kirche angehörenden Ehegatten nach dem Einkommen seines keiner Kirche angehörenden Ehegatten als auch dessen Heranziehung für die Kirchensteuer seines Ehegatten für verfassungswidrig.

Die Meinung, daß die Kirchensteuer eines der Kirche angehörenden Ehegatten nach dem Einkommen des der Kirche nicht angehörenden Ehegatten bemessen werden könne, beruhe auf der kirchlichen Auffassung vom Wesen der Ehe als einer unauflösbaren Gemeinschaft auf allen Gebieten des Lebens und entspreche der früher allgemein anerkannten Vorstellung, daß zusammen lebende Ehegatten eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Die kirchensteuerrechtliche Regelung knüpfe also offenbar an die Zusammenveranlagung der Ehegatten bei der Einkommensteuer gemäß § 26 EStG in seiner alten Fassung an, die aber vom Bundesverfassungsgericht wegen Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG für nichtig erklärt worden sei (BVerfGE 6, 55). Deshalb könne diese Regelung auch auf dem Gebiete des Kirchensteuerrechts nicht aufrechterhalten bleiben. Wenn die Kirchensteuer eines der Kirche angehörenden Ehegatten nach dem Einkommen seines der Kirche nicht angehörenden Ehegatten bemessen werde, liege darin jedenfalls eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung, die dieses Grundrecht durch Art. 6 Abs. 1 GG erhalten habe. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob insoweit auch das Grundrecht des Art. 4 Abs. 1 GG verletzt sei.

Die Heranziehung eines der Kirche nicht angehörenden Ehegatten für die Kirchensteuer seines der Kirche angehörenden Ehegatten beruhe offensichtlich ebenfalls auf § 26 EStG a.F. in Verbindung mit § 7 StAnpG a.F. Diese Bestimmungen seien aber durch das Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts vom 18. Juli 1958 (BGBl. I S. 473) entsprechend der erwähnten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dahin neugefaßt und ergänzt worden, daß nunmehr selbst bei der Zusammenveranlagung kein Ehegatte gegen seinen Willen für die Einkommensteuerschuld des anderen Ehegatten in Anspruch genommen werden könne. Damit stehe die Regelung, die bei der Kirchensteuer noch eine uneinschränkbare Schuld der der Kirche nicht angehörenden Ehegatten vorsehe, nicht in Einklang. Die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten werde erst durch die Eheschließung ermöglicht und verletze daher den durch Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG garantierten Schutz der Ehe. Sie könne nicht damit gerechtfertigt werden, daß die gesetzliche Unterhaltspflicht der Eheleute sich auch auf die Zahlung der Kirchensteuer erstrecke. Denn die Unterhaltspflicht könne nur im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten Rechte und Pflichten begründen, nicht aber eine Haftung des der Kirche nicht angehörenden Ehegatten gegenüber der Kirche zur Folge haben. Die auf Landesrecht beruhende kirchensteuerrechtliche Regelung verstoße auch gegen Art. 31 GG; denn sie greife in die der Gesetzgebung des Bundes vorbehaltene und von diesem abschließend geregelte Ordnung der vermögensrechtlichen Folgen der Ehe ein.

III.

Das Staatsministerium Baden-Württemberg, das dem Verfahren gemäß § 82 Abs. 2 BVerfGG beigetreten ist, hält die Vorlagen für zulässig, aber unbegründet.

Durch die zur Prüfung gestellten Normen werde nicht der Kreis der Steuerpflichtigen bestimmt, sondern lediglich die Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer geregelt. Auch in glaubensverschiedenen Ehen sei daher nach den allgemeinen Vorschriften nur der Ehegatte steuerpflichtig, der einer steuerberechtigten Kirche angehöre. Die Bemessung der von diesem Ehegatten zu entrichtenden Kirchensteuer aus der Hälfte der bei dem anderen, keiner Kirche angehörenden Ehegatten einbehaltenen Lohnsteuer verstoße nicht gegen das Grundgesetz.

Diese Regelung, die übrigens nicht an die Zusammenveranlagung bei der Einkommensteuer anknüpfe, sondern als Grundsatz schon im gemeindeutschen Kirchenabgabenrecht anerkannt gewesen sei, verletze insbesondere nicht das den alleinigen Prüfungsmaßstab bildende Grundrecht des Art. 6 Abs. 1 GG. Es sei allerdings möglich, daß eine Frau erst als Folge ihrer Eheschließung zur Kirchensteuer oder zu einer höheren Kirchensteuer herangezogen werde. Diese Steuerbelastung der Ehefrau sei aber nur ein Äquivalent zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse durch die Eheschließung; diese würden zwar durch das Einkommen des Ehemannes bestimmt, die Ehefrau verdiene aber infolge ihrer Tätigkeit im Haushalt mit, die auf der Verteilung des Aufgabenkreises der ehelichen Lebensgemeinschaft beruhe. Im übrigen habe die Ehefrau gegenüber dem Ehemann einen Anspruch auf einen angemessenen Unterhalt, zu dem auch die Ausgaben für die Kirchensteuer gehörten. Die Angemessenheit des Unterhalts richte sich nach den Verhältnissen beider Ehegatten. Verdiene der Ehemann allein, müsse sich zwangsläufig auch die Kirchensteuerschuld der Ehefrau nach dem Einkommen des Mannes richten. Eine "einkommenslose" Ehefrau könne somit nicht mit einer einkommenslosen Ledigen verglichen werden; denn diese habe wirklich nichts, während die den Haushalt führende Ehefrau rechtlich und tatsächlich als gleichberechtigte mitarbeitende Partnerin an dem Wirtschaftserfolg beider Eheleute teilnehme. Eine Erhöhung ihrer Kirchensteuer sei daher in erster Linie nicht eine Folge der Eheschließung, sondern sei entscheidend in der durch die Eheschließung veränderten wirtschaftlichen Situation des der Kirche angehörenden Ehegatten begründet; diese könne übrigens in bestimmten Fällen auch zu einer Ermäßigung der Kirchensteuer führen.

In den Vorlagebeschlüssen sei die Frage offengelassen, ob die zur Prüfung gestellten Normen gegen Art. 4 Abs. 1 GG verstießen. Da diese Vorschriften jedoch nur die Bemessung der Steuer für den der Kirche angehörenden Ehegatten zum Gegenstand hätten, sei nicht ersichtlich, worin eine Verletzung der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit liegen sollte.

§ 6 Abs. 4 des Kirchensteuergesetzes müsse schließlich auch deshalb als verfassungsmäßig angesehen werden, weil Art. 140 GG in der erklärten Absicht, die bisherige Rechtslage aufrechtzuerhalten, die Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Kirche in Art. 136 bis 139 und 141 WRV inkorporiert habe. Nach Art. 137 Abs. 6 WRV seien die Religionsgesellschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechtes berechtigt, Steuern zu erheben, und zwar sollte hierdurch das bereits bestehende Besteuerungsrecht der Religionsgesellschaften nicht etwa geschmälert, sondern gerade gewährleistet werden. Der Halbteilungsgrundsatz für glaubensverschiedene Ehen sei aber bereits damals Bestandteil des gesamtdeutschen Kirchensteuerrechtes gewesen. Da - abgesehen von extremen Fällen - grundsätzlich alle Bestimmungen des Grundgesetzes gleichen Rang hätten, folge aus Art. 137 Abs. 6 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG die Verfassungsmäßigkeit der zur Prüfung gestellten Normen, zumal Art. 137 Abs. 6 WRV im Verhältnis zu Art. 6 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 GG auch als Spezialvorschrift angesehen werden müsse.

Die gesamtschuldnerische Haftung des keiner Kirche angehörenden Ehegatten sei ebenfalls mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Kosten aus der Erfüllung der kirchlichen Bedürfnisse eines Ehegatten - und damit auch die Kirchensteuer - gehörten zu dessen Unterhalt; da die Bemessung der Steuer auf der Vorstellung einer ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft beruhe, erscheine es folgerichtig, daß ein Ehegatte für die Kirchensteuer des anderen auch im Außenverhältnis hafte. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieser Haftung ergebe sich ebenfalls aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 WRV und zusätzlich aus Art. 136 Ab. 1 WRV, soweit eine Verletzung der Bekenntnisfreiheit in Rede stehe. Nach Art. 137 Abs. 6 WRV dürften Religionsgesellschaften mit ihrer Besteuerung über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgreifen, soweit dies durch Landesgesetz vorgeschrieben oder zugelassen sei. Es möge dahingestellt bleiben, ob dies im Hinblick auf das Grundrecht der Bekenntnisfreiheit auch heute noch gelte. Jedenfalls umfasse das Besteuerungsrecht der Kirchen die Haftung von nichtkirchenangehörigen Personen für Kirchensteuern, soweit zwischen dem Haftenden und dem Kirchensteuerpflichtigen sachliche Beziehungen gegeben seien, an die die Haftungsregelung anknüpfe. Das sei hier wegen der wechselseitigen Unterhaltspflicht der Ehegatten der Fall. Dem stehe Art. 4 Abs. 1 GG nicht entgegen. Nach Art. 136 Abs. 1 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG würden die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt. Die Erhebung der Kirchensteuerpflicht zu einer staatsbürgerlichen Pflicht könne somit nicht mit der Begründung abgelehnt werden, daß eine derartige Steuer gegen die Religionsfreiheit verstoße.

Für den Fall, daß die gesamtschuldnerische Haftung des keiner Kirche angehörenden Ehegatten für verfassungswidrig angesehen werden sollte, müsse § 6 Abs. 4 des Kirchensteuergesetzes verfassungskonform dahin eingeschränkt werden, daß die Heranziehung dieses Ehegatten zur Kirchensteuer seines Partners gegen seinen Widerspruch zu unterbleiben habe.

Art. 31 GG sei auch durch die in Frage stehende kirchensteuerrechtliche Regelung nicht verletzt, da die vermögensrechtlichen Wirkungen der Ehe, jedenfalls auf öffentlich-rechtlichem Gebiet, nicht ausschließlich durch Bundesrecht geregelt seien.

IV.

Der Rechtsbeschwerdeführer des ersten Ausgangsverfahrens - der des zweiten Verfahrens hat sich nicht geäußert - hält die Regelung in § 6 Abs. 2 und 4 des Kirchensteuergesetzes für unvereinbar mit Art. 3,4,6 und 31 GG.

Es widerspreche dem Gleichheitssatz, daß Eheleute, sofern sie bei der Einkommensteuer die Zusammenveranlagung wählen, eine höhere Kirchensteuer zahlen müßten als bei einer getrennten Veranlagung. Auch sei kein sachlicher Grund dafür vorhanden, daß ein nichtkirchenangehöriger Ehemann mit einer katholischen Ehefrau bei der Kirchensteuer höher belastet werde als jemand, dessen Ehefrau keiner Kirche angehöre oder der ledig sei. Es müsse ferner als Verstoß gegen den Gleichheitssatz gewertet werden, daß bei der Einkommensteuer die Möglichkeit bestehe, durch Wahl der getrennten Veranlagung sich der Kirchensteuer zu entziehen, bei der Lohnsteuer eine solche Möglichkeit jedoch nicht gegeben sei. Schließlich müsse es auch als unvereinbar mit dem Gleichheitssatz angesehen werden, daß ein Arbeitnehmer sich gegen den Abzug der Kirchensteuer von seinem Lohn nicht wehren könne, auch wenn er lediglich auf die Kirchensteuer des anderen Ehegatten zurückgehe.

Schon in der Geltungszeit der Weimarer Reichsverfassung sei es nicht zulässig gewesen, nichtkirchenangehörigen natürlichen Personen Kirchensteuer aufzuerlegen. Erst recht sei dies nach dem Grundgesetz nicht möglich; die Grundrechte, also auch die in Art. 4 Abs. 1 GG gewährleistete Glaubens- und Bekenntnisfreiheit, hätten höheren Rang als seine übrigen Normen. Niemand, der die Bekenntnisfreiheit für sich in Anspruch nehme, könne verpflichtet werden, finanzielle Leistungen für eine Religionsgesellschaft zu erbringen, der er nicht angehöre. Das treffe auch für Ehegatten zu. Das vom Bundesverfassungsgericht für die Einkommensteuer anerkannte Individualprinzip müsse in noch höherem Maße für die Kirchensteuer gelten, weil das religiöse Bekenntnis zur ureigensten persönlichen Sphäre des Individuums gehöre.

Die jetzige kirchensteuerrechtliche Regelung verstoße wie die frühere Behandlung der Ehegatten bei der Einkommensteuer gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Die Mehrbelastung durch die Kirchensteuer entstehe allein durch die Eheschließung.

B.

Die Vorlagen sind zulässig; doch bedarf die zur Prüfung gestellte Frage einer Einschränkung.

§ 6 Abs. 2 und 4 des Kirchensteuergesetzes hat die glaubensverschiedenen Ehen in einem weiteren Sinn zum Gegenstand. Er beschränkt die Regelung der Kirchensteuerzahlung nicht auf die Fälle, bei denen die Ehegatten verschiedenen steuerberechtigten Kirchen oder Religionsgesellschaften angehören (sog. konfessionsverschiedene Ehen). Die Regelung gilt auch, wenn nur ein Ehegatte einer solchen Kirche oder Religionsgesellschaft angehört, der andere Ehegatte Dissident ist (im folgenden: glaubensverschiedene Ehe). Die vorgelegte Frage muß somit für die in den Ausgangsverfahren zu treffenden Entscheidungen dahin eingeschränkt werden, daß die Vereinbarkeit des § 6 Abs. 2 und 4 des Kirchensteuergesetzes mit dem Grundgesetz nur insoweit zu prüfen ist, als sie die Kirchensteuerzahlung für Ehen regelt, in denen nur ein Ehegatte einer steuerberechtigten Kirche oder Religionsgesellschaft angehört.

C.

Es ist mit dem Grundgesetz unvereinbar, daß ein Arbeitnehmer, der einer steuerberechtigten Kirche oder Religionsgesellschaft nicht angehört, durch staatliches Gesetz verpflichtet wird, an eine Kirche oder sonstige Religionsgesellschaft Kirchensteuern nur deshalb zu zahlen, weil sein Ehegatte ihr angehört.

I.

1. Wie das Bundesverfassungsgericht in dem gleichzeitig verkündeten Urteil in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 413/60 und 1 BvR 416/60 festgestellt hat, sind die Art. 136-139 und 141 WRV infolge ihrer Inkorporation in das Grundgesetz dessen Bestandteil, d.h. sie bilden mit diesem zusammen ein organisches Ganzes und sind daher nach dem Sinn und dem Geist der grundgesetzlichen Werteordnung auszulegen. Das bedeutet, daß die auf Grund des Art. 137 Abs. 6 WRV erlassenen landesrechtlichen Bestimmungen über die Erhebung von Kirchensteuern in Einklang mit den Verfassungsrechtssätzen, namentlich den Grundrechten des Grundgesetzes stehen müssen, der Landesgesetzgeber sich also über das in diesen Verfassungsnormen zum Ausdruck kommende Wertsystem nicht hinwegsetzen darf.

Deshalb kann hier dahinstehen, wie Art. 137 Abs. 6 WRV, der den als Körperschaften des öffentlichen Rechtes anerkannten Religionsgesellschaften, insbesondere den Kirchen, ein Besteuerungsrecht als ein Hoheitsrecht verleiht, zur Zeit der Geltung der Weimarer Reichsverfassung ausgelegt worden ist und auszulegen war. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung die rechtliche Möglichkeit bestanden hat, das kirchliche Besteuerungsrecht auch auf andere Personen als Mitglieder der Kirchen und anderer Religionsgesellschaften auszudehnen. Endlich kann auf sich beruhen, ob die wechselseitige hälftige Zurechnung der Einkünfte der Ehegatten in glaubensverschiedenen Ehen zum Zweck der Heranziehung zur Kirchensteuer vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes Bestandteil des deutschen Kirchensteuerrechts gewesen ist. In jedem Falle müssen sich die staatlichen Kirchensteuergesetze und Kirchensteuerordnungen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes halten.

2. § 6 Abs. 2 des Kirchensteuergesetzes verletzt das Grundrecht des nicht einer steuerberechtigten Religionsgesellschaft angehörenden Arbeitnehmers aus Art. 2 Abs. 1 GG.

a) Nach dieser Bestimmung "unterliegen" alle Arbeitnehmer der Kirchenlohnsteuer, wenn sie oder ihr Ehegatte einer steuerberechtigten kirchlichen Körperschaft angehören. Diese Vorschrift kann entgegen der Auffassung des Staatsministeriums Baden- Württemberg nach ihrem Wortlaut und Sinn nur dahin verstanden werden, daß sie den Kreis der Steuerpflichtigen (§ 97 Abs. 1 AO, § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) bestimmt. Somit ist ein Arbeitnehmer auch dann kirchensteuerpflichtig, wenn nicht er selbst, sondern nur sein Ehegatte einer steuerberechtigten Kirche angehört. In diesem Falle wird der Arbeitnehmer durch das staatliche Gesetz verpflichtet, Kirchensteuer zu zahlen, obwohl er einer steuerberechtigten Kirche nicht angehört.

Nach dem eingangs genannten Urteil des Bundesverfassungsgerichts kann ein Gesetz nicht als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung angesehen werden, das eine Person zu finanziellen Leistungen an eine steuerberechtigte Religionsgesellschaft verpflichtet, der sie nicht angehört. Da der einer Kirche nicht angehörende Arbeitnehmer keine rechtliche Möglichkeit hat, dieser Steuerpflicht zu entgehen, greift das Kirchensteuergesetz in für ihn unzumutbarer Weise in sein Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein (vgl. auch BVerfGE 6, 32 [36 f.]; 9, 3 [11]).

b) Der Rechtssatz, daß Kirchensteuer einem der Kirche nicht angehörenden Dritten durch staatliches Gesetz nicht auferlegt werden dar, muß auch für die Regelung der Kirchensteuerpflicht von Ehegatten gelten, von denen nur einer Angehöriger einer steuerberechtigten kirchlichen Körperschaft ist. Der Einwand, daß die Heranziehung des einer steuerberechtigten Kirche oder Religionsgesellschaft nicht angehörenden Ehegatten für die Kirchensteuerschuld seines kirchenangehörenden Ehegatten aus dem Wesen der Ehe als dauernder Vereinigung der Ehegatten zu vollständiger Gemeinschaft aller Lebensverhältnisse gerechtfertigt sei, ist nicht begründet.

In einer glaubensverschiedenen Ehe besteht gerade auf dem hier in Betracht kommenden Gebiete der religiösen Überzeugung und Haltung eine Gemeinschaft nicht; die eheliche Gemeinschaft beruht nicht auf der gemeinsamen Anerkennung religiöser Glaubensinhalte, Wertvorstellungen und Verpflichtungen. Wollte man daher in einer solchen Ehe einen unausweichlichen rechtlichen Zwang ausüben, um unmittelbare Beziehungen auch nur finanzieller Art zu einer Glaubensgemeinschaft auch bei dem Ehegatten zu schaffen, der ihr nicht angehört, dann wäre dies für ihn unzumutbar und würde der freiheitlichen Grundordnung des Grundgesetzes widersprechen. Wenn jeder Ehegatte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts seinen eigenen religiösen Weg gehen und sogar einen Wandel in seiner religiösen Auffassung vollziehen darf, ohne sich dadurch einer Eheverfehlung schuldig zu machen, dann ist die Bindung des einen Ehegatten an seine Kirche für den anderen nicht verpflichtend. Die Erwägung, daß ein nichtkirchenangehöriger Ehegatte in seiner Glaubensfreiheit sich nicht verletzt fühlen dürfe, wenn man ihn zur Kirchensteuer für seinen konfessionsgebundenen Ehegatten heranziehe, weil er diesen geheiratet habe, ist nicht entscheidend. Es muß den Ehegatten selbst überlassen sein, wie weit sie in religiösen und weltanschaulichen Fragen Konzessionen zu machen bereit und fähig sind. Die Toleranz, die Ehegatten in glaubensverschiedener Ehe einander schulden, darf nicht dazu führen, rechtliche Bindungen eines Ehegatten gegenüber Dritten, insbesondere den Kirchen und sonstigen Religionsgesellschaften, zu schaffen.

c) Im übrigen kann die Ehe zum Anknüpfungspunkt für wirtschaftliche Rechtsfolgen nur insoweit gemacht werden, als dies der Natur des zu regelnden Lebensgebietes entspricht (BVerfGE 6, 55 [76 f.]). Dies ist hier nicht der Fall. Die Kirchensteuerpflicht ist die wirtschaftliche Entsprechung und Folge der Kirchenzugehörigkeit, d.h. einer höchstpersönlichen Beziehung. Das zu regelnde Steuerverhältnis ist aber seinem Wesen nach ein individuelles. Schon bei beiderseits unbeschränkter Steuerpflicht darf die Ehe als solche nicht als Grund für die steuerliche Schlechterstellung der Ehegatten verwendet werden. Erst recht muß dies gelten, wenn die Ehe zum Anlaß genommen wird, eine sonst nicht bestehende Steuerpflicht des einen Ehegatten zu dem Steuergläubiger - der Kirche - überhaupt erst zu begründen (vgl. auch BVerfGE 6, 55 [79]). Hiernach sind keine Gründe ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, gerade bei der Kirchenlohnsteuer von der in § 27 des Kirchengesetzes statuierten Individualbesteuerung zum Nachteil von Eheleuten abzuweichen und einem Arbeitnehmer die Verpflichtung zur Entrichtung einer Kirchensteuer lediglich deshalb aufzuerlegen, weil sein Ehegatte der steuerberechtigten Kirche angehört.

3. § 6 Abs. 2 des Kirchensteuergesetzes wäre im übrigen auch dann mit dem Grundgesetz unvereinbar, wenn er nur die Haftung eines Ehegatten, der einer steuerberechtigten Kirche nicht angehört, für die Kirchensteuerschuld seines einer solchen Kirche angehörenden Ehegatten begründen würde.

a) Aus den gleichen verfassungsrechtlichen Gründen, die eine Heranziehung des nichtkirchenangehörigen Ehegatten als Steuerschuldner verbieten, kann er auch nicht durch staatlichen Zwang dazu angehalten werden, für die Kirchensteuer seines Ehegatten zu haften. Die Haftung als Einstehen für eine fremde Schuld erzeugt eine unmittelbare Beziehung des nicht der Kirche angehörigen Ehegatten zu der steuerberechtigten Kirche des anderen Ehegatten, kraft deren der Kirche der unmittelbare Zugriff auf das Arbeitseinkommen des ihr nicht angehörigen Ehegatten möglich ist.

Der Einwand, eine solche Haftung sei bei Ehegatten in glaubensverschiedenen Ehen ebenso wie sonst im Steuerrecht vertretbar, liege im Interesse eines vereinfachten Verfahrens und sei zur Sicherung des Steueraufkommens geboten, ist nicht begründet. Es trifft zwar zu, daß die Steuerhaftung auch an andere Grundsätze als an die des Zivilrechts geknüpft werden kann. Das ist z.B. der Fall in § 38 Abs. 3 Satz 2 EStG. Die hier angeordnete Haftung des Arbeitgebers erklärt sich aus seiner erweiterten öffentlichen Dienstleistungspflicht bei der Mitwirkung an steuerlichen Aufgaben. Sie ist besonderer Art, weil der Arbeitgeber hier lediglich "für die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer" haftet, also nur als Beauftragter des Steuerfiskus und als Steuererheber gegenüber Arbeitnehmern auftritt, nicht aber für eine fremde Schuld einzustehen hat. Er ist gleichsam Hilfsorgan der staatlichen Finanzverwaltung.

Auch etwaige verwaltungstechnische Erwägungen eines praktikablen Verfahrens können die Verfassungswidrigkeit einer Norm nicht beseitigen (vgl. BVerfGE 6, 55 [83]; 13, 290 [316]; 18, 97 [110]). Ob die Verfassungswidrigkeit dann entfiele, wenn der selbst keiner steuerberechtigten Kirche angehörende Arbeitnehmer sich mit einem Lohnabzug für die verfassungsmäßig begründete Kirchensteuerschuld seines Ehegatten einverstanden erklärte, kann dahingestellt bleiben.

b) Auch der Versuch, die Haftung des der Kirche nicht angehörenden Ehegatten für die Kirchensteuerschuld seines Ehegatten aus der zwischen ihnen bestehenden Unterhaltsverpflichtung herzuleiten, geht fehl.

Zunächst ist es, wie das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 17, 1 (11) ausgesprochen hat, mit dem Begriff der ehelichen Gemeinschaft unvereinbar, die Unterhaltspflichten der Ehegatten nach Art schuldrechtlicher Verpflichtungen aus zweiseitigen Verträgen als Leistung und Gegenleistung zu behandeln. Sie sind Teil eines Gewebes wechselseitiger, vielfach verschiedenartiger Rechte und Pflichten, die in ihrer Gesamtheit grundsätzlich als gleichwertig zu betrachten sind und sich gegenseitigem rechnerischem Abwägen entziehen. Abgesehen davon trifft nach den §§ 1360 ff. BGB in der Fassung des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 (BGBl. I S. 609) den Ehemann nicht mehr einseitig die Unterhaltspflicht; die Ehegatten sind vielmehr gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet. Soweit ein Ehegatte verpflichtet ist, dem anderen Unterhalt zu leisten, muß er ihm die Mittel zur Verfügung stellen, die er benötigt, um seine persönlichen Bedürfnisse zu befriedigen (§ 1360a Abs. 1 BGB). Zu den persönlichen Bedürfnissen wird einhellig die Pflege religiöser, geistiger, politischer, kultureller oder sportlicher Interessen gerechnet. Der unterhaltspflichtige Ehegatte muß demgemäß dem anderen Ehegatten auch die Mittel zur Verfügung stellen, die er benötigt, um seinen religiösen Verpflichtungen nachzukommen.

Das hier streitige Problem betrifft jedoch nicht Inhalt und Umfang der Unterhaltspflicht zwischen den Ehegatten. Es geht nicht darum, ob etwa der Ehemann eine in der Person seiner Frau und aus ihren individuellen Verhältnissen oder Bedürfnissen entstandene Verpflichtung zu erfüllen hat. In Frage stehen nicht die Rechtsverhältnisse der Ehegatten unter- und zueinander, sondern ihr Verhältnis zu einer außerhalb der Ehe stehenden Institution. Das Problem der Unterhaltsverpflichtung des Mannes kann demgegenüber nur für die Frage eine Rolle spielen, wer - im Innenverhältnis der Ehegatten - die Mittel für eine in der Person der Ehefrau entstandene Steuerlast aufzubringen hat. Wird daher von den Angehörigen einer Kirche eine Steuer erhoben, die allein an die Tatsache der Kirchenzugehörigkeit anknüpft und auch nur daran anknüpfen kann, so kann eine Verpflichtung des Ehemannes, diese Steuern auf Grund seiner Unterhaltspflicht zu zahlen, möglicherweise seiner Ehefrau, nicht aber der Kirche gegenüber bestehen. Nicht dagegen kann jemand nur deswegen zu einer Steuer herangezogen werden, weil er einem anderen gegenüber unterhaltspflichtig ist. Dies hieße die aus dem Unterhaltsanspruch der Frau fließenden Leistungen des Mannes als marktwirtschaftliche Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes ansehen und besteuern.

II.

Nach alledem ist § 6 Abs. 2 des Kirchensteuergesetzes, soweit er Arbeitnehmer der Kirchenlohnsteuer auch dann unterwirft, wenn nur ihre Ehegatten einer steuerberechtigten kirchlichen Körperschaft angehören, mit der verfassungsmäßigen Ordnung unvereinbar; deshalb verletzt er das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Der Satzteil "oder ihr Ehegatte" ist somit nichtig. Damit scheidet eine Heranziehung des keiner steuerberechtigten Kirche angehörenden Ehegatten zur Kirchensteuer, sei es als Steuerschuldner oder als Haftender, aus. Deshalb kann auch § 6 Abs. 4 des Kirchensteuergesetzes auf solche Ehen nicht angewendet werden, in denen der Arbeitnehmer-Ehegatte keiner steuerberechtigten Kirche oder Religionsgesellschaft angehört. Unanwendbar ist insoweit auch § 34 Abs. 2 Satz 2 des Kirchengesetzes. Einer Beantwortung der Frage, ob die in dem Kirchensteuergesetz festgelegte Bemessungsgrundlage, der sog. Halbteilungsgrundsatz, verfassungswidrig ist, bedarf es bei diesem Ergebnis für die Ausgangsverfahren nicht (vgl. hierzu Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Dezember 1965 in der Sache 1 BvR 606/60).