Art. 9 GG

BVerfG, 19.12.1962 - 1 BvR 541/57

Die Pflichtzugehörigkeit zu den IHK nach dem IHKG vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

BVerfG, 29.07.1959 - 1 BvR 394/58

1. Handelsgesellschaften können sich auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) berufen, auch wenn sie keine juristischen Personen sind.
2. Der Landesgesetzgeber ist durch die Wasserverbandsverordnung vom 3. September 1937 (RGBl. I S. 933) nicht gehindert, einen Wasserverband mit besonderen Aufgaben zu errichten.
3. Art. 9 GG hindert nicht die Zwangseingliederung in öffentlich-rechtliche Verbände. Sie ist aber nur zulässig im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung des Art. 2 Abs. 1 GG.

BVerfG, 18.11.1954 - 1 BvR 629/52

1. Art. 9 Abs. 3 GG schützt auch die Koalition als solche.
2. Vereinigungen im Sinne des Art. 9 Abs. 3 GG sind nicht nur fachberuflich organisierte Verbände.
3. Mit dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit ist nicht zugleich die Tariffähigkeit jeder beliebig gestalteten Vereinigung zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen garantiert. Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet jedoch die Institution eines gesetzlich geregelten und geschützten Tarifvertragssystems, dessen Partner frei gebildete Koalitionen sein müssen.
4. Der mit der Koalitionsfreiheit gewährleistete Kernbereich des Tarifvertragssystems verbietet es dem Gesetzgeber, die von den Vereinigungen frei gewählten Organisationsformen schlechthin oder in entscheidendem Umfang bei der Regelung der Tariffähigkeit unberücksichtigt zu lassen und auf diese Weise das Grundrecht der Koalitionsfreiheit mittelbar auszuhöhlen.

BVerfG, 23.10.1952 - 1 BvB 1/51

1. Das Bundesverfassungsgericht ist nicht ohne weiteres schon deshalb unvorschriftsmäßig besetzt, weil für einen ausgeschiedenen Richter nicht innerhalb der in § 5 III BVerfGG vorgesehenen Frist ein Nachfolger gewählt wird.
2. Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 21 II GG ist eine Ordnung, die unter Ausschluß jeglicher Gewalt und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.
3. Art. 21 II GG ist für politische Parteien uneingeschränkt lex specialis gegenüber Art. 9 II GG.
4. Art. 21 I 1 und 2 und II GG ist unmittelbar anwendbares Recht. Das gilt auch für Art. 21 I 3 GG insoweit, als er es verbietet, daß eine Partei sich in grundsätzlicher Abweichung von demokratischen Prinzipien organisiert.
5. Erreicht die Abkehr von demokratischen Organisationsgrundsätzen in der inneren Ordnung einer Partei einen solchen Grad, daß sie nur als Ausdruck einer grundsätzlich demokratiefeindlichen Haltung erklärbar ist, dann kann, namentlich wenn auch andere Umstände diese Einstellung der Partei bestätigen, der Tatbestand des Art. 21 II GG erfüllt sein.
6. Wird die Auflösung einer Partei in das freie Belieben einer autoritären Spitze aus wenigen Funktionären gestellt, so ist eine dahingehende Satzungsbestimmung oder eine einzelne Ermächtigung wegen Verstoßes gegen die zwingende Vorschrift des Art. 21 I 3 GG nichtig.
7. Mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei fallen die Bundestags- und Landtags- (Bürgerschafts-) mandate der Abgeordneten dieser Partei fort.