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BVerfG, 12.01.1965 - 2 BvR 454/62; 2 BvR 470/62

Daten
Fall: 
Wiedergutmachung
Fundstellen: 
BVerfGE 18, 288; DÖV 1965, 286
Gericht: 
Bundesverfassungsgericht
Datum: 
12.01.1965
Aktenzeichen: 
2 BvR 470/62
Entscheidungstyp: 
Beschluss

Es widerspricht dem Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, daß das Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes Beginn und Umfang der Wiedergutmachung für geprüfte Kandidaten und für entlassene Referendare verschieden geregelt hat.

Inhaltsverzeichnis 

Beschluß

des Zweiten Senats vom 12. Januar 1965
- 2 BvR 454, 470/62 -
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. des Herrn Hans B... 2. der Frau Margaret M... gegen § 31 h des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes in der Fassung des Gesetzes vom 18. August 1961 (BGBl. I S. 1349).
Entscheidungsformel:

Die Beschwerdeführer sind in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 des Grundgesetzes dadurch verletzt, daß die §§ 1, 2, 5, 9 bis 21 b, 28, 31 h und 35 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes vom 11. Mai 1951 (BGBl. I S. 291), zuletzt geändert durch das Sechste Gesetz zur Änderung dieses Gesetzes vom 18. August 1961 (BGBl. I S. 1349), Beginn und Umfang der Wiedergutmachung verschieden regeln
einerseits für Geschädigte, für die zur abgeschlossenen Ausbildung für ihren Beruf nach Bestehen der das Hochschulstudium abschließenden Prüfung ein staatlicher Vorbereitungsdienst vorgeschrieben war und deren Übernahme in den Vorbereitungsdienst nach bestandener Prüfung aus Verfolgungsgründen unterblieben ist,
und
andererseits für Geschädigte, die bei sonst gleichen Voraussetzungen in den Vorbereitungsdienst übernommen und aus ihm aus Verfolgungsgründen entlassen worden sind.

Gründe

A.

I.

1. Nach § 1 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes vom 11. Mai 1951 (BGBl. I S. 291) - BWGöD -, jetzt gültig in der Fassung des Sechsten Änderungsgesetzes vom 18. August 1961 (BGBl. I S. 1349), erhalten Wiedergutmachung nach diesem Gesetz die Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die verfolgt und dadurch in ihrem Dienst- oder Arbeitsverhältnis oder in ihrer Versorgung geschädigt worden sind, sowie ihre versorgungsberechtigten Hinterbliebenen. § 2 BWGöD umgrenzt des näheren den Kreis der wiedergutmachungsberechtigten Personen, § 5 zählt die Schädigungen auf, für die Wiedergutmachung gewährt wird. Den Umfang der Wiedergutmachung regeln §§ 9 bis 21b BWGöD. Die Zahlung der nach dem Gesetz zustehenden laufenden Versorgungsbezüge begann mit dem 1. April 1951 (§§ 28, 35 BWGöD).

2. a) Nach § 2 Abs. 1 BWGöD in der Fassung vom 11. Mai 1951 gehörten zu den Angehörigen des öffentlichen Dienstes nur Beamte, Angestellte und Arbeiter, Berufssoldaten der früheren Wehrmacht, Wartestandsbeamte, Ruhestandsbeamte und sonstige Versorgungsempfänger sowie die versorgungsberechtigten Hinterbliebenen dieser Personen. Zu den Beamten und Angestellten im Sinne dieser Vorschrift wurden auch die Referendare gerechnet, sofern sie die Rechtsstellung von Beamten oder Angestellten hatten. Sie erhielten volle Wiedergutmachung nach §§ 9 ff. BWGöD, sofern anzunehmen war, daß sie ohne Verfolgung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dauernd in eine Beamtenlaufbahn übernommen worden wären (vgl. BVerwGE 11, 109 [111 ff.]; BVerwG RzW 1961, 91). Daran hat sich seither nichts geändert.

b) Das Dritte Änderungsgesetz vom 23. Dezember 1955 (BGBl. I S. 820) hat mit Wirkung vom 1. April 1951 durch Ergänzung des § 2 Abs. 1 BWGöD die im Vorbereitungsdienst für eine Beamtenlaufbahn stehenden Personen, die nicht die Rechtsstellung eines Beamten oder Angestellten hatten (wie z.B. die bayerischen und hessischen Referendare), in den Kreis der anspruchsberechtigten Personen einbezogen und ferner die nichtbeamteten außerordentlichen Professoren und Privatdozenten an wissenschaftlichen Hochschulen - mit den sich aus § 21b des Gesetzes ergebenden Maßgaben - den Beamten gleichgestellt, wenn auf Grund der Umstände anzunehmen ist, daß sie hauptamtlich Hochschullehrer geworden wären.
§ 2 Abs. 1 BWGöD in der jetzt geltenden Fassung hat folgenden Wortlaut:

Zu dem Personenkreis des § 1 gehören
1. die geschädigten Beamten, Angestellten und Arbeiter sowie die im Vorbereitungsdienst für eine Beamtenlaufbahn stehenden Personen, die nicht die Rechtsstellung eines Beamten oder Angestellten hatten,
2. ...
3. ...
4. die versorgungsberechtigten Hinterbliebenen der in Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen. Den geschädigten Beamten (Nummern 1 und 4) werden die geschädigten nichtbeamteten außerordentlichen Professoren und Privatdozenten an den wissenschaftlichen Hochschulen mit den sich aus § 21b ergebenden Maßgaben gleichgestellt, wenn auf Grund der Umstände anzunehmen ist, daß sie hauptamtlich Hochschullehrer geworden wären.

c) Wiedergutmachung nach den besonderen Vorschriften für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes konnten danach nicht beanspruchen solche Personen, die zwar ihr Hochschulstudium durch eine Prüfung abgeschlossen hatten (wie z.B. geprüfte Rechtskandidaten, geprüfte Kandidaten des höheren Lehramts, der Forst- und der Bauverwaltung), die aber aus Verfolgungsgründen nicht mehr in den für ihre Berufsausbildung vorgeschriebenen staatlichen Vorbereitungsdienst übernommen worden waren. Diesen Personen stand lediglich Wiedergutmachung nach den Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) und seinen Vorläufern zu (vgl. insbesondere §§ 115 ff. BEG über Schaden in der Ausbildung).
Für diesen Personenkreis fügte jedoch Art. I Nr. 31 des Sechsten Änderungsgesetzes vom 18. August 1961 folgenden § 31 h BWGöD ein:

§ 31 h
(1) Geschädigte, für die zur abgeschlossenen Ausbildung für ihren Beruf nach Bestehen der das Hochschulstudium abschließenden Prüfung ein staatlicher Vorbereitungsdienst vorgeschrieben war und deren Übernahme in den Vorbereitungsdienst nach bestandener Prüfung aus Verfolgungsgründen (§ 1) unterblieben ist, erhalten vom 1. Januar 1961 ab einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Eingangsstufe der Besoldungsgruppe 13 der Bundesbesoldungsordnung A, sofern anzunehmen ist, daß sie ohne die Verfolgung voraussichtlich eine Anstellung im höheren Dienst und eine Anwartschaft auf beamtenrechtliche Versorgung erreicht hätten.
(2) §§ 3, 7, 8, 13, 22, 24 bis 27, 28 zweiter Halbsatz, § 29 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie Absatz 2 und 3 gelten entsprechend. Bei der Anwendung des § 22 gilt als schädigende Dienststelle diejenige Behörde, die die Übernahme in den Vorbereitungsdienst abgelehnt hat oder die für die Einberufung in den Vorbereitungsdienst zuständig gewesen wäre. Die beamtenrechtlichen Vorschriften über das Ruhen und das Erlöschen der Versorgungsbezüge finden entsprechende Anwendung.

3. § 31 h BWGöD findet nach § 1 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für die im Ausland lebenden Angehörigen des öffentlichen Dienstes (BWGöD Ausland) vom 18. März 1952 (BGBl. I S. 137) in der Fassung von Art. III Nr. 1 des Sechsten Änderungsgesetzes auch auf die im Ausland lebenden Angehörigen des öffentlichen Dienstes Anwendung.

4. § 31 h BWGöD und die Neufassung des § 1 BWGöD (Ausland), soweit danach § 31 h BWGöD für anwendbar erklärt wird, sind nach Art. VIII Abs. 1 Nr. 9 des Sechsten Änderungsgesetzes am 1. September 1961 in Kraft getreten.

II.

1. a) Der Beschwerdeführer zu 1) hat die erste juristische Staatsprüfung am 10. Juni 1933 in Frankfurt (Main) bestanden. Unter dem 23. Juni 1933 hat der Oberlandesgerichtspräsident in Frankfurt (Main) die Ernennung des Beschwerdeführers zum Referendar abgelehnt, weil er "nichtarischer Abstammung" sei. Er ist 1933 nach Holland ausgewandert und dort als Kaufmann tätig. Wegen des Schadens, den er in seiner juristischen Ausbildung erlitten hat, wurde ihm 1961 eine einmalige Entschädigung von 5000 DM zuerkannt.

Die Beschwerdeführerin zu 2) hat die erste juristische Staatsprüfung am 3. Februar 1933 in Köln bestanden. Sie hat die Zulassung zum Vorbereitungsdienst nicht beantragt, weil eine Übernahme wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum mit Sicherheit abgelehnt worden wäre. Die Beschwerdeführerin ist 1938 in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewandert. 1953 hat sie Wiedergutmachung durch Gewährung des Ruhegehalts einer Landgerichtsrätin beantragt. Der Antrag ist durch Bescheid vom 14. März 1955 zurückgewiesen worden.

b) Nach Erlaß des Sechsten Änderungsgesetzes wurde beiden Beschwerdeführern nach § 31 h BWGöD in Verbindung mit § 1 BWGöD (Ausland) mit Wirkung vom 1. Januar 1961 ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50% der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Eingangsstufe der Besoldungsgruppe 13 der Besoldungsordnung A gewährt, und zwar dem Beschwerdeführer zu 1) durch Bescheid des Regierungspräsidenten in Wiesbaden - Entschädigungsbehörde - vom 16. Januar 1962, der Beschwerdeführerin zu 2) durch Bescheid des Justizministers des Landes Nordrhein -Westfalen vom 10. Oktober 1961.

2. a) Die Beschwerdeführer haben am 23. und am 29. August 1962 Verfassungsbeschwerde eingelegt mit dem Antrag festzustellen, daß § 31 h BWGöD wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG insoweit nichtig ist, als danach Leistungen nicht vom 1. April 1951, sondern erst vom 1. Januar 1961 zu gewähren sind. Sie meinen, diese Regelung benachteilige die geprüften Kandidaten, die aus Verfolgungsgründen nicht mehr zu Referendaren ernannt worden seien, ohne sachlichen Grund gegenüber den aus Verfolgungsgründen entlassenen Referendaren.

b) Die durch § 31 h BWGöD getroffene Regelung versage den Anspruch auf Wiedereinstellung, der den Referendaren und anderen Beamten primär zustehe (§ 9 BWGöD). § 31 h BWGöD gewähre lediglich einen weitgehend den beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen angenäherten Anspruch von geringerer Höhe, einen "Billigkeitsbetrag". Daß der Gesetzgeber für den Personenkreis des § 31 h BWGöD hinsichtlich des materiellen Umfangs der Wiedergutmachung eine andere Regelung als für Referendare getroffen habe, sei zu bedauern. Insofern werde aber die "Kompromißlösung" des § 31 h BWGöD nicht angegriffen. Sie halte sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Ermessens, weil sie dem - allerdings nur formellen - Unterschied zu den Referendaren, die wie Beamten behandelt würden, Rechnung trage.

c) Hingegen sei es mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, daß die positive Vorschrift des § 31 h BWGöD Ansprüche erst ab 1. Januar 1961 gewähre, während das Gesetz für alle anderen Geschädigten die Wiedergutmachung mit dem 1. April 1951 beginnen lasse. Die geprüften Kandidaten seien ebenso wie die Referendare zum gleichen Zeitpunkt, nämlich mit dem Vollzug des Gesetzes über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, geschädigt worden.

Das Dritte Änderungsgesetz habe die Referendare, die nicht die Rechtsstellung eines Beamten oder Angestellten hatten, und die nichtbeamteten außerordentlichen Professoren und Privatdozenten - die alle nicht in einem öffentlichen Dienstverhältnis gestanden hätten - in die Regelung der Wiedergutmachung für Angehörige des öffentlichen Dienstes einbezogen. Das zeige, daß der Gesetzgeber den Kreis der Anspruchsberechtigten nicht mehr nur danach abgrenze, ob im Zeitpunkt der Schädigung ein Dienstverhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn bestanden habe.

d) Wenn man jedoch bei den durch das Dritte Änderungsgesetz einbezogenen Personengruppen ein öffentliches Dienstverhältnis besonderer Art annehme, so müsse auch für die geprüften Kandidaten ein solches Dienstverhältnis angenommen werden. Der Begriff der Angehörigen des öffentlichen Dienstes im Sinne des Wiedergutmachungsrechts umfasse dann abweichend vom üblichen Sprachgebrauch auch diese im öffentlichen Dienst geschädigte Personengruppe. Insofern bestehe ein Unterschied zu anderen Personengruppen, die nicht in die Regelung der Wiedergutmachung für Angehörige des öffentlichen Dienstes einbezogen worden seien. Studenten etwa, die nicht mehr zur Prüfung zugelassen worden seien, hätten im Schädigungszeitpunkt noch nicht derart zum öffentlichen Dienst gestanden, daß mit irgendeinem Grad von Wahrscheinlichkeit auf eine spätere beamtenrechtliche Versorgung geschlossen werden könne. Die geprüften Kandidaten hingegen hätten durch das Bestehen der Prüfung ihre Eignung für den öffentlichen Dienst bewiesen. Zur Rechtsstellung des Referendars habe ihnen nur der formelle Akt der Ernennung gefehlt, der gerade aus Verfolgungsgründen nicht vorgenommen worden sei.

Der Personenkreis des § 31 h BWGöD sei daher zur Entschädigung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen berechtigt und müsse deshalb seine Entschädigung auch von dem allgemein maßgeblichen Stichtag an, also ab 1. April 1951, erhalten.

3. Gemäß §§ 94 Abs. 4, 77 BVerfGG wurde dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung und den Landesregierungen Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Geäußert hat sich nur der Bundesminister des Innern für die Bundesregierung. Er hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet.

a) Der Kreis der nach §§ 9 bis 21b BWGöD anspruchsberechtigten Personen beschränke sich - wie sich schon aus der Überschrift und aus § 1 des Gesetzes ergebe - auf geschädigte Angehörige des öffentlichen Dienstes, die durch nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen in ihrem Dienst- oder Arbeitsverhältnis oder in ihrer Versorgung geschädigt worden seien. Eine Beziehung zum öffentlichen Dienst außerhalb des Dienst- oder Arbeitsrechts genüge den Anforderungen des § 1 Abs. 1 BWGöD - anders, als die Beschwerdeführer meinten - nicht. Nach § 2 BWGöD handle es sich hierbei um Personen, die im Zeitpunkt der Schädigung entweder in einem Dienstverhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn gestanden hätten oder aus einem solchen Verhältnis im Schädigungszeitpunkt versorgungsberechtigt gewesen seien.

An dieser Abgrenzung des Personenkreises habe der Gesetzgeber auch bei den späteren Änderungen des Gesetzes festgehalten. Die durch das Dritte Änderungsgesetz einbezogenen Personengruppen hätten im Schädigungszeitpunkt ebenfalls in einem dienstrechtlichen Verhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn gestanden, wenn auch in einem Dienstverhältnis besonderer Art, das sich nicht in das fest umrissene Rechtsverhältnis eines Beamten, Angestellten oder Arbeiters habe einordnen lassen.

Entscheidend sei, daß sich die unter § 31 h BWGöD fallenden Personen nicht in einem dienstrechtlichen Verhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn befunden hätten. Nach der erschöpfenden Aufzählung der Schädigungstatbestände in § 5 BWGöD sei die Ablehnung der Übernahme in den öffentlichen Dienst kein zur Wiedergutmachung nach diesem Gesetz berechtigender Tatbestand; ohne die Regelung des § 31 h BWGöD würde ein Anspruch auf Zahlung eines Unterhaltsbeitrags nicht bestehen.

Die durch § 31 h BWGöD einerseits und § 2 Abs. 1 BWGöD andererseits geregelten Sachverhalte seien also nicht wesentlich gleich. Die von der allgemeinen Regelung abweichende Sonderregelung des § 31 h BWGöD verstoße somit weder hinsichtlich des Umfangs der Leistungen noch hinsichtlich ihres Beginns gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

b) Es sei auch nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber die volle Entschädigung davon abhängig gemacht habe, daß im Zeitpunkt der Schädigung ein dienstrechtliches Verhältnis bestanden habe. Diese Voraussetzung gehöre nach der Grundkonzeption des Gesetzes zu seinem "System" und sei nicht nur ein, sondern schlechthin das entscheidende Kriterium zur Abgrenzung gegenüber anderen - möglicherweise rechtlich ähnlichen, jedenfalls aber nicht gleichen - Lebenstatbeständen.

III.

Die Beschwerdeführer haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Eine mündliche Verhandlung war nicht geboten (§ 94 Abs. 5 BVerfGG; BVerfGE 17, 319 [328]).

Die Verfahren sind durch Beschluß vom 12. Januar 1965 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden.

B.

I.

Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.

Sie sind rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 93 Abs. 2 BVerfGG erhoben worden. Die Beschwerdeführer sind durch die Vorschrift des § 31 h BWGöD über den Zahlungsbeginn und den Umfang der Wiedergutmachung für geprüfte Kandidaten, die aus Verfolgungsgründen nicht in den Vorbereitungsdienst übernommen worden sind, unmittelbar betroffen. Zwar ist den durch nationalsozialistische Verfolgung Geschädigten für ihre Wiedergutmachungsansprüche ein Verwaltungsverfahren eröffnet; sie können auch den Verwaltungsrechtsweg beschreiten (§§ 24 ff. BWGöD). Nachdem jedoch durch Wiedergutmachungsbescheide festgestellt ist, daß die Beschwerdeführer zu den durch § 31 h BWGöD begünstigten Personen gehören, setzt das Gesetz zu seiner Durchführung hinsichtlich des Beginns und des Umfangs der Wiedergutmachung einen weiteren Akt der vollziehenden Gewalt nicht voraus. Insoweit verwirklicht die Regelung des § 31 h BWGöD die von den Beschwerdeführern behauptete Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG unmittelbar (vgl. BVerfGE 13, 248 [253]; 14, 25 [28]; 16, 147 [158 f.]).

II.

Die Verfassungsbeschwerden sind auch begründet. Es ist mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, daß das Gesetz die Wiedergutmachung für die geprüften Kandidaten, die aus Verfolgungsgründen nicht zu Referendaren ernannt wurden, und für die aus Verfolgungsgründen entlassenen Referendare verschieden regelt. Das gilt nicht nur hinsichtlich des Zahlungsbeginns, sondern auch hinsichtlich des Umfangs der Wiedergutmachung.

1. Das Grundgesetz gebietet nicht, die Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung verschieden zu regeln, je nachdem, ob die Verfolgten dem öffentlichen Dienst angehört haben oder nicht. Das Grundgesetz verbietet aber auch nicht, die Wiedergutmachung für Angehörige des öffentlichen Dienstes gesondert zu regeln und Art und Umfang der ihnen zustehenden Wiedergutmachung anders als im allgemeinen Entschädigungsrecht festzusetzen. Der Bundesgesetzgeber hat sich für eine besondere Regelung der Wiedergutmachung im öffentlichen Dienst entschieden. Das ist gerechtfertigt, und zwar vor allem deshalb, weil es schwer erträglich sein würde, daß im öffentlichen Dienst geschädigte Personen trotz Wiedergutmachung schlechtergestellt wären als solche Angehörige des öffentlichen Dienstes, die nicht verfolgt wurden (vgl. Arndt, RzW 1958 S. 5).

Ist eine besondere Regelung der Wiedergutmachung für Angehörige des öffentlichen Dienstes nicht zu beanstanden, so können aber Einwendungen auch nicht dagegen erhoben werden, daß der Gesetzgeber die Personengruppen, die nach allgemeinem Entschädigungsrecht, und die, die nach den besonderen Vorschriften für den öffentlichen Dienst Wiedergutmachung verlangen können, grundsätzlich in der Weise abgegrenzt hat, daß maßgebend für die Zugehörigkeit zu der einen oder der anderen Gruppe die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst im Zeitpunkt der Schädigung ist (§ 1 BWGöD).

Diese Abgrenzung hat der Bundesgesetzgeber - anders als die Beschwerdeführer meinen - nicht dadurch aufgegeben, daß er durch das Dritte Änderungsgesetz von 1955 die im Vorbereitungsdienst für eine Beamtenlaufbahn stehenden Personen, die nicht die Rechtsstellung eines Beamten oder eines Angestellten hatten, und ferner die nichtbeamteten außerordentlichen Professoren und Privatdozenten in den Kreis der nach den besonderen Vorschriften für den öffentlichen Dienst wiedergutmachungsberechtigten Personen einbezogen hat. Denn diese Personen standen im Zeitpunkt der Schädigung in einem dienstrechtlichen Verhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn, wenn auch in einem besonders gearteten Verhältnis, das sich nicht in das fest umrissene Rechtsverhältnis des Beamten, Angestellten oder Arbeiters einordnen läßt.

2. Entscheidend für die Frage, ob die verschiedene Regelung der Wiedergutmachung für entlassene Referendare und geprüfte Kandidaten vor dem allgemeinen Gleichheitssatz bestehen kann, ist jedoch, ob sich für die Differenzierung, die der Gesetzgeber zwischen diesen beiden Personengruppen vorgenommen hat, sachlich einleuchtende Gründe auffinden lassen oder ob in dieser Differenzierung eine willkürlich ungleiche Behandlung wesentlich gleicher Sachverhalte liegt (vgl. BVerfGE 9, 201 [206]; 11, 105 [123]; 11, 245 [253]; 11, 283 [287]).

Die Prüfung dieser Frage ergibt, daß die verschiedene Regelung der Wiedergutmachung für entlassene Referendare und für geprüfte Kandidaten mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist.

Wie sich aus dem Wortlaut von § 31 h BWGöD eindeutig ergibt, zählt das Gesetz die Beschwerdeführer zu den Personen, die durch nationalsozialistische Verfolgung geschädigt worden sind. Sie standen im Zeitpunkt der Schädigung jedoch nicht im öffentlichen Dienst. Die nach § 31 h BWGöD berechtigte Personengruppe ist demzufolge in § 2 BWGöD nicht angeführt; die Ablehnung der Übernahme in den Vorbereitungsdienst gehört nicht zu den Schädigungen, für die nach § 5 BWGöD Wiedergutmachung gewährt wird.

Die Beschwerdeführer - und die übrigen unter § 31 h BWGöD fallenden Geschädigten - hatten jedoch von sich aus alle Voraussetzungen erfüllt, um in den Vorbereitungsdienst übernommen zu werden: sie hatten sich der das "Hochschulstudium abschließenden Prüfung" unterzogen und die Prüfung bestanden. Zur Übernahme in den Vorbereitungsdienst fehlte lediglich der hierzu notwendige staatliche Akt, in der Regel also die Ernennung zum Referendar. Dieser Vorbereitungsdienst war weiterhin zur "abgeschlossenen Ausbildung für ihren Beruf" vorgeschrieben, und schließlich steht fest, daß die Beschwerdeführer ohne die Verweigerung der Übernahme in diesen Dienst und nach dessen Absolvierung "voraussichtlich eine Anstellung im höheren Dienst und eine Anwartschaft auf beamtenrechtliche Versorgung erreicht hätten". Denn nur Personen, bei denen diese Voraussetzungen gegeben sind, fallen unter § 31 h BWGöD. Hinsichtlich der Voraussetzung, daß diese Personen "ohne die Verfolgung voraussichtlich eine Anstellung im höheren Dienst und eine Anwartschaft auf beamtenrechtliche Versorgung erreicht hätten", entspricht im übrigen die Regelung des § 31 h BWGöD der Forderung, daß auch geschädigten Beamten im Vorbereitungsdienst ohne Anwartschaft auf spätere Übernahme in eine Beamtenlaufbahn Ansprüche auf Wiederanstellung oder Versorgung nur dann zustehen, wenn festgestellt werden kann, daß der Geschädigte ohne Verfolgung voraussichtlich dauernd in eine Beamtenlaufbahn übernommen worden wäre (vgl. BVerwGE 11, 109 [111 ff.]; BVerwG RzW 1961, 91; vgl. auch die am Ende von § 2 Abs. 1 Satz 2 BWGöD getroffene Regelung).

Die die Ansprüche auf Wiedergutmachung begründenden Sachverhalte liegen also für die geprüften Kandidaten und die entlassenen Referendare völlig gleich, sofern man davon absieht, daß die geprüften Kandidaten aus Verfolgungsgründen nicht in den öffentlichen Dienst, nämlich den Vorbereitungsdienst, übernommen, die Referendare aber aus Verfolgungsgründen aus ihm entlassen wurden. Diese Verschiedenheit vermag jedoch nichts daran zu ändern, daß der Sachverhalt für beide Personengruppen im wesentlichen gleich liegt, wobei entscheidend ins Gewicht fällt, daß ihre Verschiedenheit lediglich auf der gegen die geprüften Kandidaten gerichteten Verfolgungsmaßnahme, nämlich der ihnen verweigerten Übernahme in den Vorbereitungsdienst, beruht.

Liegt also der Sachverhalt für entlassene Referendare und geprüfte Kandidaten im wesentlichen gleich, so kann es nicht einleuchten, daß der Gesetzgeber zwischen den beiden Personengruppen deshalb differenziert, weil die eine dem öffentlichen Dienst im Zeitpunkt der Schädigung angehört hat, die andere aber nicht. Hierfür ist wiederum entscheidend, daß die geprüften Kandidaten eine Rechtsstellung im öffentlichen Dienst lediglich wegen der gegen sie gerichteten Verfolgungsmaßnahme nicht erreicht haben. Der Gesetzgeber darf nicht an eine Verfolgungsmaßnahme anknüpfen, um einer Personengruppe, gegen die die Maßnahme gerichtet war, diejenige Wiedergutmachung zu versagen, die ihr zustehen würde, wenn die Verfolgungsmaßnahme sie nicht getroffen hätte. Für eine in dieser Weise von Verfolgungsmaßnahmen ausgehende Differenzierung zwischen zwei Personengruppen fehlen sachlich einleuchtende Gründe. Der Gesetzgeber muß deshalb die geprüften Kandidaten so behandeln, als ob die durch Verfolgung verweigerte Übernahme in den Vorbereitungsdienst erfolgt wäre, d.h. er muß sie ebenso behandeln wie die Personengruppe, die im Vorbereitungsdienst stand und aus Verfolgungsgründen entlassen wurde. Die Verweigerung der Übernahme in den Vorbereitungsdienst aus Verfolgungsgründen muß der Entlassung aus diesem Dienst aus Verfolgungsgründen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 c BWGöD) gleichgestellt werden, weil sachlich einleuchtende Gründe für eine Differenzierung zwischen diesen beiden im wesentlichen gleichen Sachverhalten nicht ersichtlich sind.

3. Die Beschwerdeführer haben mit ihren Verfassungsbeschwerden lediglich den durch § 31 h BWGöD vorgesehenen späteren Beginn der Zahlungen an sie, nicht aber die Regelung des Umfangs ihrer Ansprüche durch diese Vorschrift angegriffen. In entsprechender Anwendung der §§ 78 Satz 2, 82 Abs. 1 BVerfGG kann aber das Gericht auch im Verfahren auf Verfassungsbeschwerde prüfen und entscheiden, ob noch weitere Regelungen des Gesetzes "aus denselben Gründen" wie die angegriffene Regelung dem Grundgesetz widersprechen (vgl. § 95 Abs. 3 BVerfGG). Diese Prüfung, die hier geboten ist, ergibt, daß der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sich nicht auf den durch § 31 h BWGöD festgesetzten späteren Zahlungsbeginn beschränkt, sondern sich auch auf die Regelung des Umfangs der Wiedergutmachungsansprüche erstreckt. Denn ebenso wie für den späteren Zahlungsbeginn sind hinsichtlich des Umfangs der Wiedergutmachung sachlich einleuchtende Gründe auffindbar, die eine verschiedene Regelung für entlassene Referendare einerseits und für geprüfte Kandidaten andererseits rechtfertigen könnten. Zudem geht es - auch mit Rücksicht darauf, daß der Beginn der Zahlungen für den Umfang der insgesamt zustehenden Leistungen maßgeblich ist - nicht an, zwischen den beiden Personengruppen zwar nicht hinsichtlich des Zahlungsbeginns, wohl aber hinsichtlich des Umfangs der Leistungen zu differenzieren.

4. Die Beschwerdeführer haben beantragt, § 31 h BWGöD insoweit für nichtig zu erklären, als diese Vorschrift den Zahlungsbeginn auf den 1. Januar 1961 und nicht auf den 1. April 1951 festsetzt. Es ist aber nicht möglich, eine Norm insoweit für nichtig zu erklären, als sie etwas - hier nämlich Zahlung ab 1. April 1951 - nicht anordnet. Die Beschwer der Beschwerdeführer würde auch nicht dadurch beseitigt werden, daß § 31 h BWGöD gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG teilweise oder ganz für nichtig erklärt wird. Würden in § 31 h BWGöD die Worte "vom 1. Januar 1961 ab" für nichtig erklärt werden, so würden den Beschwerdeführern Leistungen erst ab Inkrafttreten des § 31 h BWGöD (1. September 1961) zustehen. Würde § 31 h BWGöD insgesamt für nichtig erklärt werden, so würde es an einer Ansprüche der Beschwerdeführer begründenden Norm fehlen. Gleiches würde gelten, wenn die Nichtigkeit der gesetzlichen Regelungen für geprüfte Kandidaten und für entlassene Referendare ausgesprochen werden würde.

In einem Fall wie dem vorliegenden muß sich deshalb das Bundesverfassungsgericht darauf beschränken festzustellen, daß die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG dadurch verletzt sind, daß das Gesetz Beginn und Umfang der Wiedergutmachung für geprüfte Kandidaten und für entlassene Referendare verschieden geregelt hat (vgl. BVerfGE 8, 1 [10]).

Hingegen kann das Gericht nicht - über diese Feststellung hinausgehend - entscheiden, daß die für entlassene Referendare geltende Regelung auf die Beschwerdeführer zu erstrecken ist. Denn weder ist es verfassungsrechtlich geboten, den Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gerade auf diese Weise zu beseitigen (vgl. BVerfGE 15, 46 [76]), noch kann mit Sicherheit angenommen werden, daß der Gesetzgeber, hätte er den Verstoß gegen den Gleichheitssatz erkannt, ihm dadurch begegnet wäre, daß er die geprüften Kandidaten in die für entlassene Referendare geltende Regelung einbezogen hätte (vgl. BVerfGE 8, 28 [37]; 13, 248 [261]; 14, 308 [311 f.]).

Der Gesetzgeber hat also zu bestimmen, wie bei der Regelung der Wiedergutmachung für geprüfte Kandidaten und entlassene Referendare künftig dem allgemeinen Gleichheitssatz unter Berücksichtigung dieser Entscheidung Rechnung zu tragen ist.