RG, 11.11.1879 - III 32/79

Daten
Fall: 
Zulässigkeit einer weiteren Beschwerde gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts
Fundstellen: 
RGZ 1, 223
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
11.11.1879
Aktenzeichen: 
III 32/79
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Landgericht Hamburg.
  • Oberlandesgericht daselbst.

Ist die weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichtes zulässig, wenn das Beschwerdegericht die auf neue Thatsachen gestützte Beschwerde verworfen hat?

Tatbestand

Der Kaufmann H. hatte beim Landgerichte gegen die Beklagten Klage aus einem Wechsel erhoben. In dem auf den 13. Okt. morgens 10 Uhr anberaumten Verhandlungstermine erschien keiner der Beklagten. Kläger beantragte, unter Bezugnahme auf die Behändigungsurkunde, wonach den Beklagten die Klaganträge am 12. Okt. zugestellt waren, den Erlaß eines Versäumnisurteiles. Das Landgericht wies den Antrag zurück, da die Beklagten nicht rechtzeitig geladen seien (§. 300 Nr. 2 C.P.O.). Kläger erhob gegen diese Verfügung die sofortige Beschwerde und machte, unter Bezugnahme auf §. 533 C.P.O. geltend, die Ladungsfrist von 24 Stunden sei gewahrt, indem die Klaganträge dem Mitbeklagten O. schon am 11. Okt., den beiden anderen Mitbeklagten am 12. Okt. so zeitig behändigt seien, daß volle 24 Stunden zwischen der Behändigung und dem Verhandlungstermine lägen. Beweis: Zustellungsregister und Bericht des Gerichtsvollziehers.

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde zurück, weil Kläger im Verhandlungstermine den Nachweis hätte führen müssen, daß die Einlassungsfrist gewahrt sei, was nur der Fall sei, wenn die Klaganträge den Beklagten vor 10 Uhr vormittags des 12. Okt. behändigt seien; weil dieser Beweis durch die vom Kläger vorgelegte Zustellungsurkunde nicht erbracht sei, und

"selbstverständlich derselbe nicht ersetzt werden könne durch den jetzt vom Kläger angebotenen Beweis der Thatsache, daß die Zustellung am 12. Okt. vor 10 Uhr beschafft worden sei".

Kläger erhob gegen diese Entscheidung die weitere Beschwerde. Er meinte, der letzte Ausspruch des Oberlandesgerichtes und die damit verknüpfte Ablehnung, auf die zur Begründung der gegen den landgerichtlichen Beschluß erhobenen Beschwerde geltend gemachten neuen Thatsachen und den hierfür angetretenen neuen Beweis einzugehen, bilde einen neuen selbständigen Beschwerdegrund und begründe damit die Befugnis zur Erhebung der weiteren Beschwerde.

Das Reichsgericht wies die Beschwerde als unzulässig zurück.

Gründe

"Nach §. 531 C.P.O. findet gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichtes, soweit nicht in derselben ein neuer selbständiger Beschwerdegrund enthalten ist, eine weitere Beschwerde nicht statt. Letzteres ist bei der angefochtenen Verfügung, durch welche die Beschwerde gegen dm den Antrag auf Erlaß eines Versäumnisurteiles ablehnenden Bescheid des Landgerichtes zu Hamburg vom 13. Okt. d. J. zurückgewiesen worden ist, nicht der Fall und es ist nicht richtig, wenn der Beschwerdeführer meint, es werde ihm dadurch ein neuer selbständiger Beschwerdegrund geboten, daß das Oberlandesgericht die zum Nachweise der rechtzeitigen Behändigung der Klaganträge angeführten neuen Thatsachen für nicht geeignet erklärt hat, den Antrag auf Erlaß des Versäumnisurteiles zu rechtfertigen.

Der Zweck der Vorschrift in §. 531 Abs. 2 C.P.O. ist, wie auch die Motive zu dem Gesetzentwurfe durch die Worte:

"Die Vorschrift in Abs. 2 entspricht der Ausschließung der Revision gegen gleichlautende Urteile der beiden unteren Instanzen",

bestimmt ergeben, die dritte Instanz auszuschließen, wenn in den beiden unteren Instanzen gleichlautende Entscheidungen ergangen sind, wenn über denselben Streitpunkt zweimal zu Ungunsten des Beschwerdeführers erkannt worden ist. Dabei ist für die Frage, ob zwei gleichlautende Entscheidungen vorliegen, lediglich der Inhalt der Entscheidungen selbst maßgebend, nicht die Entscheidungsgründe, und auch in dem Falle, wenn der Beschwerdeführer auf Grund des §. 533 seine Beschwerde auf neue Thatsachen gestützt hat, der Beschwerderichter aber die Beschwerde zurückweist, also die angefochtene Verfügung aufrecht erhält, liegen zwei gleichlautende, eine weitere Beschwerde ausschließende Entscheidungen vor, weil der den Gegenstand der Beschwerde bildende Streitpunkt zweimal übereinstimmend entschieden ist."