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RG, 11.11.1884 - III 189/84

Daten
Fall: 
Haftung des Kommanditisten
Fundstellen: 
RGZ 12, 135
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
11.11.1884
Aktenzeichen: 
III 189/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Oldenburg
  • OLG Oldenburg

Haftet der Kommanditist einem Dritten für die bis zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister entstandenen, Verbindlichkeiten der Gesellschaft gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter, wenn dem Dritten zwar die beschränkte Beteiligung bei der Gesellschaft, nicht aber auch die Höhe der Einlage des Kommanditisten bekannt war?

Tatbestand

Die seit dem J. März 1882 unter der Firma "Holzschneidewerk von O. L. u. Co." in Varel bestehende Handelsgesellschaft mit Kommanditbeteiligung meldete sich am 14. d. M. bei dem dortigen Amtsgerichte behufs Eintragung in das Handelsregister ordnungsmäßig an. Dieser Eintrag wurde sofort in der Weise vollzogen, daß Firma und Sitz der "Kommanditgesellschaft", sowie Namen, Vornamen und Stand der persönlich haftenden Gesellschafter, nämlich der Kaufleute O. zu V. und L. zu D., in dem Handelsregister selbst Aufnahme fanden, während im übrigen durch die beigefügte Bemerkung: "s. n. a. 1." auf die Anmeldung als Anlage des Handelsregisters verwiesen wurde.

Über das Vermögen der genannten Firma ist am 6. September 1883 Konkurs eröffnet worden. Erst hiernach erfolgte die Eintragung der beiden Kommanditisten Kl. zu O. und L. zu V. (des jetzigen Beklagten) mit Angabe der Vermögenseinlagen in das Handelsregister selber.

Der Kläger, welcher aus der Zeit vor der Konkurseröffnung für Holzlieferungen eine Forderung von 8014 M an die genannte Firma zu bilden und dafür einen unterm 28. Mai 1883 ausgestellten und acceptierten, am 28. November 1883 fälligen Wechsel in Händen hatte, fiel bei dem Konkursverfahren aus. Er belangte nunmehr den Beklagten auf Zahlung der Wechselsumme samt Zinsen, Kosten und Provision unter der Behauptung, daß derselbe, da er der Vorschrift des Art. 151 Ziff. 2. 4 H.G.B. zuwider in seiner Eigenschaft als Kommanditist und mit Angabe seiner Vermögenseinlage nicht rechtzeitig in das Handelsregister eingetragen worden sei, gleich einem offenen Handelsgesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft solidarisch hafte.

Beide Vorinstanzen haben diesen Klaganspruch zurückgewiesen. Sie gehen übereinstimmend davon aus, daß ein unvollständiger Eintrag in das Handelsregister einem nicht erfolgten rechtlich keineswegs unter allen Umständen gleichstehe, im vorliegenden Falle die Gesellschaft ausdrücklich als Kommanditgesellschaft mit Angabe der persönlich haftenden Gesellschafter eingetragen sei, und der Kläger, wenn er Einsicht von dem Handelsregister genommen hätte, sich durch Vergleichung der dort in bezug genommenen Anmeldung der Gesellschafter von der Eigenschaft des Beklagten als Kommanditisten und der Höhe der auf 3000 M limitierten Vermögenseinlage desselben habe überzeugen können. Jedenfalls sei aber die Solidarhaftung des Beklagten nach Art. 163 Abs. 3 H.G.B. dadurch ausgeschlossen, daß dem Kläger nach seinem eigenen Anführen vor Abschluß des fraglichen Lieferungsgeschäftes auf vorherige Anfrage durch eine briefliche Mitteilung eines Geschäftsfreundes zu Varel das Bestehen einer Kommanditgesellschaft - die Namen der persönlich haftenden Gesellschafter und der Kommanditisten - mitgeteilt worden, demselben mithin bekannt gewesen sei, daß Beklagter nur Kommanditist sei.

Die von dem Kläger gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision wurde zurückgewiesen aus nachstehenden Gründen:

Gründe

"Nach der thatsächlichen Feststellung des Berufungsrichters war es dem Kläger vor Abschluß des fraglichen Lieferungsgeschäftes bekannt, nicht nur, daß unter der Firma "Holzschneidewerk von O., L. & Co." eine Kommanditgesellschaft mit dem Sitze zu Varel Geschäfte betreibe und die Kaufleute O. und L. die persönlich haftenden Gesellschafter seien, sondern auch, daß der Beklagte nur als Kommanditist bei jener Gesellschaft beteiligt sei. Unter diesen Umständen haftet der Beklagte für die eingeklagte Forderung nur mit seiner Einlage. Denn nach Art. 163 Abs. 3 H.G.B. hat ein Kommanditist, welcher es versäumte, die vertragsmäßige Beschränkung seiner Haftung in das Handelsregister eintragen zu lassen, dritten Personen gegenüber für die Verbindlichkeit der Gesellschaft dann nicht aufzukommen, wenn er beweist, daß demselben seine beschränkte Beteiligung bei der letzteren bekannt war. Diese Wissenschaft des Dritten braucht sich nach dem klaren Wortlaute des Gesetzes (Art. 163 Abs. 3 vergl. mit Art. 151 Abs. 3 H.G.B.) nicht auf die Höhe der Vermögenseinlage des Kommanditisten zu erstrecken, und es ist auch rechtlich unerheblich, auf welche Weise der Dritte von dem Umstande Kenntnis erlangte, daß der Kommanditist vertragsmäßig nur beschränkt haften solle, ob durch die Gesellschafter selbst oder auf anderem Wege; es genügt vielmehr, wenn dem Dritten vor oder bei dem Kontrahieren die Eigenschaft des Gesellschafters als Kommanditisten wirklich bekannt war, und diese Thatsache von dem gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter in Anspruch genommenen Kommanditisten nach den gewöhnlichen Regeln dargethan wird.

Danach ist die Behauptung des Revisionsklägers, daß er nur mit Rücksicht auf die Vermögenseinlage des Beklagten mit der genannten Firma in Geschäftsverbindung getreten sei, selbst abgesehen von der entgegenstehenden tatsächlichen Feststellung des Berufungsurteiles, nicht zu beachten. Kam es dem Kläger in der That darauf an, über den Umfang der Haftung des Beklagten unterrichtet zu sein, so war ihm hierzu durch die ihm jederzeit freistehende Einsicht des Handelsregisters und dessen Anlage hinreichende Gelegenheit geboten. Dadurch, daß er diese Einsicht unterließ, hat er, wie das Oberlandesgericht mit Recht hervorhebt, zu erkennen gegeben, daß für ihn bei Eingehung des Geschäftes die Kenntnis von der Höhe der Einlage des Kommanditisten nicht maßgebend war. ...

Da schon aus diesen Gründen eine Zurückweisung der Revision erfolgen mußte, so kann die Entscheidung der Frage dahingestellt bleiben, ob die im vorliegenden Falle im März 1882 vollzogene Eintragung der Kommanditgesellschaft in das Handelsregister nach den Vorschriften des Art. 151 H.G.B. als eine genügende und die Solidarhaft des Beklagten ausschließende anzusehen war."