RG, 28.06.1880 - IV 506/60

Daten
Fall: 
Berücksichtigung der Militärdienstzeit
Fundstellen: 
RGZ 2, 292
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
28.06.1880
Aktenzeichen: 
IV 506/60
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Posen
  • OLG Posen

Ist bei Pensionierung eines durch Urteil seines Amtes entsetzten, demnächst aber wieder angestellten preußischen Beamten der Cilvildienstzeit die Zeit des der Verurteilung vorangegangenen Militärdienstes hinzuzurechnen?

Gründe

"Der Revisionsbeklagte war durch das Erkenntnis des Königlichen Appellationsgerichts zu Posen vom 12. November 1850 wegen vorsätzlicher Überhebung von Gebühren und wegen fahrlässiger Verletzung, seiner Amtspflicht seines bisher bekleideten Amtes als Exekutor und Bote entsetzt und mit einer Geldbuße von 25 Thlr. 8 Sgr. 4 Pf. belegt worden. Er hat infolgedessen nach dem damals geltenden Pensionsreglement vom 30. April 1825 durch seine der Amtsentsetzung vorangegangene Stellung im Civildienste keinen Anspruch auf Pension erworben, §. 1 Nr. 3 des Reglements. Ob er infolge seiner Verurteilung auch die durch seinen Militärdienst erworbenen, mit dem ihm erteilten Civilversorgungsschein verbundenen Rechte verloren hatte, kann dahingestellt bleiben. Durch das ergangene Urteil sind sie ihm nicht abgesprochen, es ist vielmehr in den Gründen desselben ausgesprochen, daß die in erster Instanz erkannte Unfähigkeit zu allen öffentlichen Ämtern, Aberkennung der Nationalkokarde und der Unteroffiziercharge in Wegfall gekommen sei.

Demnächst ist der Revisionsbeklagte wieder im Civildienste angestellt worden. Durch diese Anstellung hat er alle einem Civilstaatsdiener zustehenden Rechte erworben, es mußte ihm demgemäß auch bei seiner Dienstentlassung die gesetzliche Pension bewilligt werden. Um den Betrag der gesetzlichen Pension festzustellen, muß nach dem mit §.11 des Pensionsreglements vom 30. April 1825 übereinstimmenden §. 15 des Gesetzes vom 27. März 1872 der Civildienstzeit die Zeit des aktiven 78. Mündliche Nebenabreden. Auflassung. 293

Militärdienstes hinzugerechnet werden. Diese Bestimmung muß bei jeder Pensionierung eines Civilbeamten in Anwendung kommen. Denn ein Gesetz, wonach in einem Falle, wie der vorliegende, der Civilbeamte zwar Anspruch auf die gesetzliche Pension hätte, aber nur auf eine nur nach der Zeit seines Civildienstes zu berechnende Pension, existiert nicht. Der Revisionskläger meint zwar, dieselben Gründe, welche eine spätere Anrechnung der Civildienstzeit des Verurteilten während der Jahre 1841 bis 1850 verhindern, schienen auch eine solche Berücksichtigung der vorangegangenen Militärdienstzeit auszuschließen. Aber die Berücksichtigung der Militärdienstzeit muß deshalb erfolgen, weil der §. 15 des Gesetzes vom 27. März 1872 dies vorschreibt, während die Dienstzeit des Berufungsbeklagten vor seiner Verurteilung, auch wenn er deren Hinzurechnung zu seiner späteren Dienstzeit verlangt hätte, deshalb keine Berücksichtigung hätte finden können, weil er nach §. 1 Nr. 3 des Pensionsreglements vom 30. April 1825 durch die seiner Verurteilung vorangehende Dienstzeit keinen Anspruch auf Pension und überhaupt gar keinen Anspruch erworben hatte, also auch keine Hinzurechnung dieser seiner Dienstzeit statthaben kann."