RG, 28.06.1884 - I 109/84
Beurteilung eines Falles, in welchem das Berufungsgericht den Worten nach die Berufung verworfen, aber der Sache nach durch Hinzufügung eines Vorbehaltes abändernd erkannt hatte.
Tatbestand
Die Kläger hatten unter anderem auf Zahlung eines gewissen Betrages als Ersatzes für die angeblich durch eine vom hamburgischen Staate ausgeführte Brücken- und Schleußenanlage verursachte Wertsminderung ihres Grundstückes geklagt, waren aber mit allen ihren Klagansprüchen in erster Instanz abgewiesen und in die Prozeßkosten verurteilt worden. Die von ihnen hiergegen erhobene Berufung wurde als unbegründet verworfen und sie selbst in die Instanzkosten verurteilt; dabei wurden ihnen jedoch die nach Maßgabe des §. 102 des hamburgischen Baupolizeigesetzes vom 23. Juni 1882 (d. h. in einem gewissen administrativen Schätzungsverfahren) zu verfolgenden Ansprüche wegen des Schadens vorbehalten, welcher durch die - mittels Erbauung der mit einer Schleußenvorrichtung versehenen Brücke - erfolgte Regulierung des hinter ihrem Grundstücke belegenen Fleetes oder Kanales ihrem Grundstücke zugefügt sein möchte. Die beklagte Behörde richtete hiergegen ihre in Ansehung der von den Klägern eingelegten Revision vorgenommene Anschließung; diese wurde aber zurückgewiesen, aus folgenden Gründen:
Gründe
... "Man darf zwar sagen, daß es eigentlich nie ganz korrekt sein kann, einen solchen Vorbehalt einem das Rechtsmittel zurückweisenden Urteile anzuhängen; denn wenn er - wie doch nicht zu bezweifeln - überhaupt irgend eine rechtliche Bedeutung haben soll, so kann diese nur in der Herbeiführung einer von der der einfachen Bestätigung des vorigen Urteiles abweichenden Rechtswirkung bestehen: also wird dann im Grunde das Rechtsmittel nicht völlig verworfen, sondern auf Grund desselben irgend eine Abänderung des angefochtenen Urteiles vorgenommen. So ist es auch im vorliegenden Falle. Der eigentliche Sinn des Berufungsurteiles geht, soviel den zweiten Klagepunkt anlangt, wie sich mit Hilfe der Entscheidungsgründe deutlich ergiebt, dahin, daß das erste Urteil insofern abgeändert werde, als der betreffende Anspruch nicht als unbegründet, sondern nur wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges für die Entscheidung über, den Eintritt einer dauernden Benachteiligung des klägerischen Grundstückes und über die Höhe der dafür zu gewährenden Entschädigung abgewiesen sein solle. Die Wirkung des hinzugefügten Vorbehaltes besteht darin, daß, während einer Klage gegen den Staat auf Einleitung des in §. 102 des Baupolizeigesetzes vorgesehenen Schätzungsverfahrens die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegengestanden haben würde, wenn es einfach bei der Entscheidung des Landgerichtes verblieben wäre, dies nunmehr nicht der Fall ist. Es wäre daher richtiger gewesen, im Urteilstenor insoweit nicht die Verwerfung der Berufung auszusprechen, sondern die Abänderung des angefochtenen Urteiles dahin, daß die Klage nur in dem erwähnten anderen Sinne abgewiesen werde; aber dieser Mangel in der Formulierung konnte nicht zu einer Aufhebung des Berufungsurteiles führen, da der Sinn des letzteren doch auch so nicht zweifelhaft bleibt, und die praktischen Folgen durch eine verbesserte Formulierung nicht verändert werden würden. Freilich hätte bei richtiger Formulierung des Urteilstenors die Verurteilung der Kläger in die Kosten der Berufungssinstanz nicht schlechtweg durch Bezugnahme auf §. 92 Abs. 1 C.P.O. gerechtfertigt werden können; aber die Kostenentscheidung selbst wäre doch nicht anders ausgefallen, weil nach §. 87 Abs. 1 C.P.O. bei Abweisung der Klage, gleichviel aus welchem Grunde sie geschah, sämtliche Prozeßkosten den Klägern auferlegt werden mußten." ...