RG, 28.05.1880 - III 606/80

Daten
Fall: 
Pensionsverlust eines pensionierten Staatsbeamten
Fundstellen: 
RGZ 2, 66
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
28.05.1880
Aktenzeichen: 
III 606/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Meiningen
  • OLG Jena

Ist Pensionsverlust des pensionierten Staatsbeamten wegen strafrechtlicher Verurteilung desselben Straffolge im Sinne des St.G.B.'s? Einfluß des §. 33 des St.G.B.'s und der §§. 2, 5, 6 des Einführungsgesetzes dazu auf die partikularrechtlichen Bestimmungen im betreff des Pensionsverlustes. Zulässigkeit der Revision bei Beurteilung des Verhältnisses reichsgesetzlicher Bestimmungen zu partikularrechtlichen.

Tatbestand

Der vormalige meiningensche Kreisgerichtsdirektor S. war wegen eines nach seiner Pensionierung begangenen Verbrechens rechtskräftig zu Zuchthausstrafe verurteilt worden. Das Herzogl. Staatsministerium verweigerte ihm deshalb den ferneren Bezug der Pension auf Grund der Bestimmung im Art. 9 sub a des Gesetzes vom 12. Mai 1859.1

Die Klage des S. auf fernere Zahlung dieser Pension wurde in erster Instanz (auf Grund derselben landesgesetzlichen Bestimmung) zurückgewiesen, vom Oberlandesgericht zu Jena aber für rechtlich begründet erachtet und der Fiskus zur Fortzahlung der Pension verurteilt. Die Entscheidung ist im wesentlichen darauf gestützt, daß die den Pensionsverlust androhende Bestimmung des Art. 9 a. a. O. nach der Entwicklung der meiningenschen Gesetzgebung in diesem Punkte einen strafresp. disciplinarstrafrechtlichen Charakter trage und deshalb gegenüber der eine solche Strafe und Straffolge nicht mehr zulassenden Reichsgesetzgebung, insonderheit gegenüber dem §. 33 St.G.B. und gegenüber den §§. 3, 6 und 2 des Einführungsgesetzes zu demselben vom 31. Mai 1870 wegfällig geworden sei. Der beklagte Fiskus focht dieses Urteil als auf unrichtiger Anwendung der angezogenen Reichsgesetze beruhend an, indem er den strafrechtlichen Charakter der Bestimmung in Art. 9 des meiningenschen Pensionsgesetzes zu widerlegen suchte. - Der Kläger hielt an der Annahme des Berufungsrichters fest und bestritt die Zulässigkeit der Revision, weil die Entscheidung im wesentlichen auf der Auslegung landesgesetzlicher Bestimmung beruhe.

Das Reichsgericht hat die Revision zugelassen, das Berufungsurteil aufgehoben und das die Klage abweisende erstinstanzliche Erkenntnis hergestellt.

Aus den Gründen

"Der Ausgang des vorliegenden Prozesses hängt lediglich von der Entscheidung der Frage ab, ob die Bestimmung des Artikels 9a des meiningenschen Pensionsgesetzes, welche so lautet: a. wenn der pensionierte Diener sich solcher Vergehen schuldig macht, die, wenn er noch im Dienste wäre, Dienstentsetzung oder Dienstentlassung mit Gehaltsentziehung zur Folge gehabt haben würden, noch dem geltenden Rechte angehört.

Das Oberlandesgericht, welches diese Frage verneint, stützt seine Entscheidung auf das deutsche Strafgesetzbuch und dessen Einführungsgesetz, indem es annimmt, daß durch diese Reichsgesetze die angeführte Bestimmung des meiningenschen Pensionsgesetzes aufgehoben sei.

Der hiergegen erhobene Vorwurf der Verletzung des Reichsrechtes durch unrichtige Anwendung erscheint begründet.

Zwar ist durch das deutsche Strafgesetzbuch in Gemäßheit des §. 2 des Einführungsgesetzes das Landesstrafrecht, insoweit dasselbe Materien betrifft, welche Gegenstand des Strafgesetzbuches sind, außer Kraft getreten. Und die Entziehung einer Pension gehört weder zu den im Strafgesetzbuch enthaltenen Strafarten, auf welche nach Vorschrift des §. 6 des Einführungsgesetzes nur noch erkannt werden darf, noch zu den dort im §. 5 aufgezählten Strafen, welche von der Landesgesetzgebung in den ihr überlassenen strafrechtlichen Materien nur noch sollen angedroht werden dürfen. Auch enthält das Strafgesetzbuch keine Bestimmung, welche die Entziehung einer Pension als Folge einzelner Strafarten eintreten ließe; vielmehr ist eine derartige Bestimmung des Entwurfes des Strafgesetzbuches vom Reichstage abgelehnt worden.

Allein daraus folgt doch eben nur, daß Bestimmungen des Landesstrafrechtes, welche eine Pensionsentziehung als Strafe androhen oder als strafrechtliche Folge anordnen, außer Kraft getreten sind. Ungerechtfertigt erscheint es, wenn man den erwähnten reichsgesetzlichen Vorschriften eine über das Strafrecht hinausgehende Bedeutung beilegt (vgl. Mandry, der civilrechtliche Inhalt der Reichgesetze S. 86) und namentlich die Ansicht vertritt, daß fortan kein Staatsdienergesetz die Begehung eines Verbrechens oder die strafrichterliche Verurteilung zu einer Strafe als Erlöschungsgrund für den Anspruch auf Pension aufstellen dürfe (vgl. u. a. Schwarze, Kommentar zum Strafgesetzbuch S. 83). Denn eine solche Vorschrift enthält weder das Strafgesetzbuch, noch das Einführungsgesetz. Und zumal da die gesetzliche Feststellung der Bedingungen, unter denen im Einzelstaate dem Staatsdiener ein Rechtsanspruch auf Pension gewährt wird, unzweifelhaft zu den Angelegenheiten gehört, für welche verfassungsmäßig den Einzelstaaten die Gesetzgebungskompetenz zusteht, so würde jene Ansicht nur gerechtfertigt erscheinen können, wenn sie sich auf eine die Landesgesetzgebung auch auf diesem Gebiete beschränkende Vorschrift der Reichsgesetzgebung stützen könnte.

Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Erkenntnisses verweisen auf die im Reichstage über das Strafgesetzbuch und später über das Reichsbeamtengesetz stattgehabten Verhandlungen. Diese Verhandlungen sind aber für die hier zu entscheidende Frage ganz ohne Bedeutung. Denn wenngleich, wie die vorerwähnte Bestimmung des Entwurfes des Strafgesetzbuches, so auch die nach dem Inkrafttreten der letzteren in den Entwurf des Reichsbeamtengesetzes aufgenommene Bestimmung: das Recht auf Beziehung der Pension erlischt durch rechtskräftige Verurteilung zu einer Strafe, welche, wenn sie während der Dienstzeit des Beamten verhängt wäre, den Verlust des Amtes kraft des Gesetzes nach sich gezogen hätte, vom Reichstage abgelehnt worden ist, so können doch die dort dafür geltend gemachten Gründe diesen Beschlüssen nicht eine, das Beamtenrecht der Einzelstaaten abändernde Bedeutung geben. Im Gegenteil läßt vielmehr die bei dieser Gelegenheit selbst in Beziehung auf die Reichsgesetzgebung zwischen dem Bundesrate und dem Reichstage hervorgetretene principielle Meinungsverschiedenheit darauf schließen, daß für einen in die Autonomie der Einzelstaaten eingreifenden Reichstagsbeschluß, welcher den für die Reichsbeamten angenommenen Grundsatz zu einem auch die Landesgesetzgebung bindenden hätte machen wollen, auf eine Übereinstimmung der verschiedenen Faktoren der Reichsgesetzgebung nicht hätte gerechnet werden dürfen.

Wenn nun das Oberlandesgericht, in Berücksichtigung der Vorgeschichte des meiningenschen Pensionsgesetzes, die oben angeführte Bestimmung des Artikels 9 in dem Sinne verstanden wissen will, daß eine rechtskräftige strafrichterliche oder disciplinarrichterliche Verurteilung wegen eines Vergehens, welches, wenn der Pensionär noch im Dienste wäre, Dienstentsetzung oder Dienstentlassung mit Gehaltsentziehung zur Folge gehabt haben würde, die Voraussetzung für das Erlöschen des Anspruches auf Pension bilde, so wird man hierin eine nach dem §. 525 C.P.O. für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebende Inhaltsfeststellung finden können; nicht aber gilt dies auch für die aus jener Auslegung von dem Berufungsgerichte gezogene Folgerung : "daß es sich bei dem Verluste der Pension in diesen Fällen lediglich um eine strafrechtliche, bezüglich disciplinarstrafrechtliche Folge handelt, keineswegs um eine Vorschrift, welche dem Gebiete des Civilrechtes angehört." Denn der §. 525 C.P.O. bezeichnet nur den durch die Vorentscheidung festgestellten Inhalt eines Landesgesetzes als für die Revision maßgebend, und es würde zu einer über diese Vorschrift weit hinausgehenden Begrenzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels führen, wenn man auch einen Ausspruch, welcher nicht dem Landesgesetz einen bestimmten, konkret faßbaren Inhalt giebt, sondern sich nur darstellt als eine aus der den: Gesetze gegebenen Auslegung gezogene Folgerung, mit hineinziehen wollte in das der Revision verschlossene Gebiet.

Unrichtig aber ist jene Auffassung des Oberlandesgerichtes, gleich wie die ihr verwandte, welche Meyer, Deutsches Staatsrecht S. 388 Anm. 10 vertritt. Denn Bestimmungen eines Pensionsgesetzes, welche die Bedingungen feststellen, unter denen ein Rechtsanspruch auf Pension gewährt wird, tragen unverkennbar keinen verschiedenen rechtlichen Charakter, mögen sie die Bedingungen für den Erwerb und den Umfang des Anspruches oder die Voraussetzungen für den Verlust desselben festsetzen. Und wenn das Oberlandesgericht der Argumentation des beklagten Fiskus, daß es sich um die Anwendung civilrechtlicher Bestimmungen handle, welche durch die Vorschriften des Reichsstrafrechtes gar nicht berührt würden, mit der Bemerkung glaubt entgegentreten zu können, daß das Rechtsverhältnis des Beamten seiner Natur nach ein staatsrechtliches sei und die daraus erwachsenden vermögensrechtlichen Ansprüche nicht als rein privatrechtliche aufgefaßt werden dürften, so ist es doch in der That völlig unerfindlich, wie es für die Frage, ob man in einer Vorschrift, wie sie das meiningensche Pensionsgesetz im Artikel 9 enthält, eine strafrechtliche Bestimmung finden dürfte, irgend welche Bedeutung gewinnen könnte, daß der im Civilrechtswege verfolgbare Anspruch auf Pension mit einem staatsrechtlichen Verhältnis in engem Zusammenhange stehe. Denn gehört auch das Strafrecht dem öffentlichen Rechte an, so läßt sich doch zweifellos daraus selbst für die Frage, ob eine Bestimmung des öffentlichen Rechtes einen strafrechtlichen Charakter trage und von den Vorschriften des Strafgesetzbuches berührt werde, keine Folgerung ziehen. Vollends bedeutungslos muß es also in dieser Beziehung erscheinen, daß der Rechtsanspruch auf Pension aus einem staatsrechtlichen Verhältnisse entspringt.

Übrigens bedarf es doch auch sicherlich nicht der völligen Loslösung von dem öffentlich rechtlichen Verhältnis, auf das der Anspruch auf Pension zurückzuführen ist, um in diesem einen Privatrechtsanspruch und in den die Bedingungen für das Existentwerden und die Voraussetzungen für das Erlöschen desselben feststellenden Gesetzvorschriften Bestimmungen von civilrechtlichem Charakter erkennen zu dürfen.

So wenig nun davon die Rede sein kann, daß die Bestimmung des meiningenschen Pensionsgesetzes, wonach der Anspruch auf Pension erlischt, wenn der pensionierte Beamte in andere Staatsdienste tritt oder ohne landesherrliche Genehmigung von einem anderen Staate einen Auftrag übernimmt, eine nach dem Reichsstrafrecht unzulässige Strafandrohung enthalte, eben so wenig läßt sich die Bestimmung eines Pensionsgesetzes, welche ein Verbrechen oder eine bestimmte Kategorie von Verbrechen als Erlöschungsgrund für den Anspruch auf Pension aufstellt, als eine strafrechtliche charakterisieren. Namentlich kann es auch keinen Unterschied machen, ob das Pensionsgesetz die Begehung des Verbrechens oder die rechtskräftige strafrichterliche Verurteilung zur Voraussetzung für das Erlöschen des Anspruches nimmt. In dem einen wie in dem anderen Falle beruht die endgültige Entscheidung bei dem Civilrichter, und nur die Voraussetzung selbst ist eine verschiedene, in dem einem Falle tritt sie mit der Begehung des Verbrechens, in dem anderen erst mit dem Tage der Rechtskraft des strafrichterlichen Urteiles ein.

Daß dem meiningenschen Pensionsgesetz ein Strafgesetzbuch vorausgegangen war, welches die Entziehung der Pension als Straffolge hatte eintreten lassen, kann selbstfolglich nicht die Annahme rechtfertigen, daß man in der mit der Vorschrift des Strafgesetzes übrigens auch ihrem Wortinhalte nach nicht übereinstimmenden Bestimmung des Pensionsgesetzes eine strafrechtliche Vorschrift zu erblicken habe. Und wenn das Oberlandesgericht für seine Ansicht geltend macht, daß, sofern man nicht mit ihm in jener Bestimmung des Pensionsgesetzes einfach nur eine Reproduktion der Vorschrift des Strafgesetzbuches finden wollte, dann die Entscheidung darüber, ob einem pensionierten Beamten die Pension zu entziehen sei, zunächst bei der Administrativbehörde beruhen würde, so geht doch der Gerichtshof unverkennbar darin zu weit, wenn er außer dem Rechtsschutz, den der Staat durch die Eröffnung des Rechtsweges gewährt, dem pensionierten Beamten auch noch eine Garantie dafür geben will, daß die Verwaltungsbehörde bei der von ihr zu verfügenden Einbehaltung der Pension nicht fehlgreife.

In jedem Falle, wo es in Frage kommt, ob einer der gesetzlich festgesetzten Erlöschungsgründe eingetreten ist, nimmt der durch die Behörde vertretene Fiskus zu dieser Frage offenbar keine andere Stellung ein, als die Privatperson, gegen die eine von einer Resolutivbedingung abhängige Forderung zusteht. Gleich wie diese sich darüber schlüssig machen muß, ob sie die, sie von ihrer Verpflichtung befreiende, Bedingung als eingetreten ansehen darf, hat auch die den Fiskus vertretende Behörde zunächst ihrerseits darüber Beschluß zu fassen, ob sie es angezeigt findet, mit einer Sistierung der Auszahlung der Pension vorzugehen.

Der einzige Unterschied also, der dabei hervortritt, je nachdem man bei Auslegung des Artikels 9 a des meiningenschen Pensionsgesetzes sich einfach an den Wortinhalt hält oder denselben in dem Sinne verstanden wissen will, wie ihn das Oberlandesgericht feststellt, besteht darin, daß in dem einen Falle der bei entstehendem Streite angerufene Civilrichter nach Maßgabe des §.14 des Einführungsgesetzes zur C.P.O. selbständig zu entscheiden hat, ob der pensionierte Beamte das ihm zur Last gelegte Verbrechen begangen hat, in dem anderen Falle dagegen die Prüfung der Frage, ob die die Voraussetzung für das Erlöschen der Pension bildende rechtskräftige Verurteilung erfolgt ist, die Grundlage für seine Entscheidung bildet.

Es kann auch namentlich nicht irreleiten, wenn man davon auszugehen hat, daß zur Zeit der Erlassung des Pensionsgesetzes nach dem Stande der meiningenschen Gesetzgebung im Wege des Disciplinarverfahrens eine Amtsentlassung mit Gehaltsentziehung hat erkannt und auch gegen die pensionierten Beamten ein Disciplinarverfahren hat eingeleitet werden können. Denn so unzweifelhaft es auch einerseits ist, daß die für die Disciplinarbehörde maßgebenden Bestimmungen und namentlich auch die Vorschriften über die zu verhängenden Disciplinarstrafen dem öffentlichen Rechte angehören, so unzweifelhaft erscheint es andererseits auch, daß es den privatrechtlichen Charakter der Bestimmungen des Pensionsgesetzes über die Erlöschungsgründe des Pensionsanspruches nicht zu alterieren vermag, wenn auch eine im Disciplinarverfahren erfolgende Verurteilung eine der Voraussetzungen für das Erlöschen des Pensionsanspruches bildet.

Die Ansicht endlich, welche überhaupt alle partikularrechtlichen Bestimmungen (mögen sie dem Civilrecht oder dem öffentlichen Recht angehören), welche infolge einer erkannten Kriminalstrafe den Verlust von Rechten (wie z. B. der väterlichen Gewalt, der Lehnsfolge, des Adels oder eines Wahlrechtes u. s. w.) oder andere Rechtsnachteile (wie z. B. die Entstehung eines Ehescheidungsgrundes) eintreten lassen, deshalb als aufgehoben ansehen will, weil, wie der Vertreter dieser Ansicht, Mandry, a. a. O. bemerkt: "sonst im einzelnen Falle die Strafe eine intensivere und hiermit andere werde, als diejenige, welche das allein maßgebende Reichsgesetz verhängt wissen wolle", beruht offenbar auf einem unrichtigen Grundgedanken.

Das deutsche Strafgesetzbuch hat sich nicht die Aufgabe gestellt, durch möglichste Beseitigung aller mittelbaren Folgen darauf hinzuwirken, daß die angedrohten Strafen sich für jeden zu gleichmäßig schweren Strafen gestalten. Dasselbe hat sich vielmehr darauf beschränkt, die Folgen und Wirkungen festzustellen, welche sich kraft des Strafgesetzes mit den erkannten Strafen verbinden sollen, wobei eben mit Rücksicht auf die Erschwerung, welche durch die neben der Strafe von Rechts wegen eintretende Folge für den einzelnen, den sie trifft, herbeigeführt wird, notwendig hat in Erwägung kommen müssen, inwieweit es im öffentlichen Interesse geboten erscheine, solche Straffolgen durch das Strafgesetz anzuordnen. Und so unzweifelhaft es ist, daß alle weiteren, Straffolgen festsetzende Bestimmungen des Landesstrafrechtes aufgehoben sind, so unzweifelhaft erscheint es auch andererseits, daß im übrigen das Landesrecht, sowohl auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes, als auf dem des Civilrechtes durch jene Vorschrift des Strafgesetzbuches nicht berührt worden ist.

Wo nun nur das Landesstrafrecht die Pensionsentziehung als Folge einer erkannten Strafe vorgeschrieben hat, da ist die Landesgesetzgebung durch die erfolgte Aufhebung dieser Vorschrift nicht behindert, in ihr Staatsdiener- oder Pensionsgesetz eine Bestimmung aufzunehmen, welche für die auf Grund dieses Gesetzes gewährten Pensionen den Anspruch auf lebenslänglichen Fortbezug der Pension davon abhängig macht, daß der Pensionär nicht zu einer Kriminalstrafe verurteilt wird, welche für ihn, wenn er noch im Amte wäre, den Verlust des Amtes zur Folge gehabt haben würde, indem, wie bemerkt, die Gründe, welche gegen eine solche Bestimmung im Reichstage geltend gemacht worden sind, nur eine Prüfung nach ihrem inneren Werte in Anspruch nehmen können.

Wo aber, wie in Meiningen, das Pensionsgesetz eine solche Bestimmung schon enthielt, da hat zu einem legislativen Vorgehen keine Veranlassung vorgelegen, wenn die Landesgesetzgebung diese Bestimmung aufrecht erhalten wollte ... ."

  • 1. Amtl. Anm.: Nachdem schon durch Art., 9 des meiningenschen Strafgesetzbuchs vom 21. Juni 1850 der Pensionsverlust als eine ohne weiteres eintretende Folge der Verurteilung eines pensionierten Staatsbeamten zur Zuchthausstrafe anerkannt und in Art. 23 des Kompetenzgesetzes vom 22. Juni 1850 ausdrücklich ausgesprochen worden war, daß es einer ausdrücklichen Aberkennung des Pensionsanspruchs im Strafurteil nicht bedürfe, wurde im Art. 9 des Gesetzes vom 12. Mai 1858, betreffend die Pensionierung der Staatsdiener, welches die Regelung der Wartegelds- und Pensionsansprüche derselben bezweckt und die Voraussetzungen, den Betrag und den Verlust dieser Ansprüche regelt, Folgendes bestimmt:
    Das Recht auf Pension erlischt:
    a) wenn der pensionierte Diener sich solcher Vergehen schuldig macht, die, wenn er noch im Dienst wäre, Dienstentsetzung oder Dienstentlassung mit Gehaltsentziehung zur Folge gehabt haben würden,
    b) wenn derselbe in andere Dienste tritt,
    c) wenn er ohne vorherige Erlaubnis des Herzogs Aufträge anderer Staaten annimmt.