RG, 09.04.1880 - III 122/79

Daten
Fall: 
Teilungsklage gegen einzelne von mehreren Miteigentümern
Fundstellen: 
RGZ 1, 319
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
09.04.1880
Aktenzeichen: 
III 122/79
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Kreisgericht Altenkirchen
  • Justizsenat Ehrenbreitstein

Ist eine Teilungsklage gegen einzelne von mehreren Miteigentümern zulässig?

Tatbestand

Durch früher ergangene Urteile ist rechtskräftig festgestellt, daß die Kläger zu 1/8 an dem Bergenhäuser Hofgute beteiligt, und daß die Beklagten schuldig sind, mit den Klägern in der Art realiter abzuteilen, daß sie ein Achtteil jener Grundstücke erhalten. Unter Bezugnahme auf diese Vorerkenntnisse stellten Kläger den Antrag, die Teilung vorzunehmen, und beantragten principaliter aus dem ganzen Gute ein Achtteil ausmessen, eventuell ein Achtteil jedes einzelnen zum Hofe gehörigen Grundstückes feststellen zu lassen und ihnen zu übergeben. Nachdem das Kreisgericht zu Altenkirchen die Grundstücke in acht gleiche Lose durch Sachverständige unter Zuziehung der Kläger und der Beklagten verteilt hatte, beantragten die Kläger ihnen die im Lose VII enthaltenen, im Besitze der Beklagten befindlichen Grundstücke zu überweisen.

Die Beklagten hatten dem Antrage der Kläger u. a. den Einwand entgegengesetzt, daß es unzulässig sei, die Teilungsklage gegen sie allein zu erheben, Kläger vielmehr verpflichtet seien, auch die übrigen Miteigentümer zu dem Teilungsverfahren zuzuziehen.

Das Kreisgericht zu Altenkirchen erkannte jedoch nach dem Antrage der Kläger, und wurde dieses Urteil vom Justizsenate zu Ehrenbreitstein bestätigt. Die von den Beklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde verworfen. Bezüglich des gedachten Einwandes der Beklagten heißt es in den Gründen:

Gründe

... "Es fragt sich, ob die von dem Appellationsgerichte seiner Entscheidung zu Grunde gelegte Ansicht zu billigen ist, daß ein Teilungsprozeß unter einzelnen von mehreren Miteigentümern zulässig sei, und daß für den Kläger kein Zwang bestanden habe, gemeinsam mit den übrigen Miteigentümern oder gegen alle Miteigentümer die gegenwärtige Klage zu erheben, oder ob dieselbe, wie die Imploranten behaupten, gegen die Rechtsgrundsätze über das Miteigentum, über die actio communi dividundo und die speciell angeführten und als verletzt bezeichneten Quellenstellen verstößt? Diese letztere Frage ist zu verneinen und daher auch dieser Angriff als unbegründet zu bezeichnen.

Keinem Zweifel kann es unterliegen, daß, wenn über die Mitberechtigung des die Teilung Verlangenden oder über den Gegenstand der Gemeinschaft, das Teilungsobjekt, Streit entsteht, dieser nur unter denjenigen Mitberechtigten auszufechten ist, unter welchen er besteht, daß nicht auch diejenigen Teilhaber in den Prozeß hineingezogen werden müssen, welche das Recht, die Anteilsquote des auf Teilung Provozierenden nicht bestreiten und bezüglich des Teilungsobjektes mit ihm einverstanden sind. Zweifel können erst entstehen, wenn es nach Erledigung dieser Voraussetzungen für die Teilung um deren Ausführung, um die Umsetzung der ideellen Anteile der Genossen in reale Teile, sich handelt. Wenngleich es nun nicht möglich ist, eine mehreren, zu ideellen Anteilen gemeinschaftliche Sache oder einen Komplex von Sachen durch eine unter einzelnen der Mitberechtigten infolge freiwilliger Vereinigung vollzogenen Teilung aller Gemeinschaft zu entziehen, das nach ideellen Anteilen getrennte Eigentum in Alleineigentum zu verwandeln, weil die Genossen, welche diese Teilung unter sich vorgenommen haben, über die ideellen Anteile der nicht zugezogenen Genossen zu disponieren nicht befugt sind; wenngleich ferner hieraus und weil durch das, was zwischen anderen bei Gericht verhandelt und entschieden wird, den Rechten Dritter nicht präjudiziert werden kann, sich ergiebt, daß auch infolge einer von einzelnen Kommunionsinteressenten gegen einen Teil der Genossen angestellten Teilungsklage eine Teilung der ganzen Sache in der Art, daß der Kläger das ausschließliche Alleineigentum an dem ihm überwiesenen Teile erwirbt, nicht bewirkt werden kann, so steht doch nichts im Wege, sowohl durch freiwillige Übereinkunft, wie durch eine Teilungsklage eine Aufhebung der unter den einzelnen Genossen bestehenden Gemeinschaft, unbeschadet der Rechte der nicht zugezogenen Mitberechtigten herbeizuführen. Es wird denn auch die Zulässigkeit der Teilungsklage unter wenigen der Mitberechtigten in den Quellen anerkannt, so namentlich in 1. 8 pr. D. comm. div. 10, 3; 1. 2 §. 4 D. fam. erc. 10, 2 und 1. 17 Cod. fam. erc. IV. 36. Wenn auch infolge der Änderungen, welche bezüglich des prozessualischen Verfahrens eingetreten sind, die Fälle, in denen eine Aufhebung der Gemeinschaft, entgegen dem Grundsatze: in communione nemo compellitur invitus detineri, ausgeschlossen sein würde, falls man eine Teilungsklage unter wenigen der Kommunionsinteressenten nicht zulassen wollte, seltener geworden sind, als im römischen Rechte, so müssen doch auch jetzt noch die in den Quellen anerkannten civilrechtlichen Grundsätze zur Anwendung kommen und die Zulässigkeit einer Teilungsklage unter einigen der Teilhaber anerkannt werden. Es wird auch durch die Zulassung einer solchen Klage der Beklagte nicht in eine ungünstigere Lage gebracht. Denn es steht ihm vermöge der Duplizität des Rechtsmittels jederzeit das Recht zu, seinerseits auf eine Teilung unter allen Mitberechtigten zu provozieren und die übrigen Genossen zu dem Prozesse zuzuziehen. Hat der Beklagte aber von diesem Rechte keinen Gebrauch gemacht, so kann er durch die Einrede des Vorhandenseins mehrerer Miteigentümer das Verlangen des Klägers auf Teilung, auf Aufhebung der Gemeinschaft nicht beseitigen; er wird vielmehr dem gestellten Antrage gemäß zu verurteilen und dieses Urteil durch eine nur zwischen den Parteien stattfindende Teilung zu vollziehen sein.

Gegen diese Grundsätze, welche auch mit den von Imploranten angezogenen Quellenstellen nicht in Widerspruch stehen, verstößt das im vorliegenden Falle eingehaltene Verfahren nicht. Nachdem in den Vorprozessen den allein dem Anspruche der Kläger, beziehungsweise ihrer Rechtsvorgänger auf Teilung, sich widersetzenden Beklagten gegenüber das Teilhaberrecht der Kläger, das Teilungsobjekt und die Verpflichtung der Beklagten, mit den Klägern das Bergenhäuser Hofgut in seinem durch das Erkenntnis vom 8. September 1857 bezeichneten Bestande von 1777 realiter in der Art zu teilen, daß sie ein Achtteil des Hofgutes erhalten, festgestellt worden, hätten Kläger allen Mitberechtigten gegenüber die Realteilung des Bergenhäuser Hofgutes beantragen und so eine vollständige Auseinandersetzung und Aufhebung der Gemeinschaft herbeiführen können. Sie waren aber auch berechtigt, nur den Beklagten gegenüber die Gemeinschaft aufzuheben, in welchem Falle allerdings die Gemeinschaft mit den übrigen Genossen bezüglich der ihnen bei der Teilung zugewiesenen Grundstücke nicht aufgehoben wurde. Kläger haben diesen letzteren Weg eingeschlagen, und wären Beklagte in der Lage gewesen, durch geeignete Anträge eine Teilung des ganzen Hofgutes und die Aufhebung der Gemeinschaft unter allen Mitberechtigten herbeizuführen. Die Kläger waren dagegen nicht verpflichtet, ihrerseits die Genossen, selbst wenn dieselben jetzt nicht mehr mit der Teilung einverstanden sein sollten, mit zu verklagen. Dieses hat auch der Appellationsrichter keineswegs verkannt, und es liegt also auch in dieser Richtung nicht, wie Implorant behauptet, eine Rechtsverletzung vor. In Übereinstimmung mit dem Richter erster Instanz ist vielmehr das Recht der Beklagten, zur Wahrung ihrer Interessen die Zuziehung der übrigen Mitberechtigten zu veranlassen, anerkannt, es sind aber die gestellten Anträge nicht für geeignet und geuügend erachtet." ...