RG, 20.11.1920 - I 170/20

Daten
Fall: 
Rohstoffmangel als Betriebsstörung
Fundstellen: 
RGZ 100, 258
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
20.11.1920
Aktenzeichen: 
I 170/20
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Magdeburg, Kammer für Handelssachen
  • OLG Naumburg a.S.

1. Zur Frage der rechtzeitigen Geltendmachung von Befreiungsklauseln.
2. Ist Rohstoffmangel eine Betriebsstörung im Sinne einer Befreiungsklausel?
3. Kann der Verkäufer sich auf eine Befreiungsklausel berufen, wenn er es schuldhafterweise, aber ohne Verstoß gegen Treu und Glauben, unterlassen hat, gegenüber den Lieferanten, bei denen er sich mit Rohstoffen eingedeckt hatte, auf Lieferung der Rohstoffe zu bestehen?

Tatbestand

Laut Schlußschein vom 5. Dezember 1913 kaufte die Klägerin von der Beklagten 100000 englische Pfund Baumwollzwirn von näher angegebener Beschaffenheit zum Preise von 71 1/2 Pf für das Pfund. Die Lieferung und die Abnahme der Ware sollten spätestens am 31. Dezember 1914 erfolgen. Etwaige Streiks, Feuer, Arbeitermangel, Arbeiteraussperrung und sonstige Betriebsstörungen sollten die Verkäuferin von der Verpflichtung rechtzeitiger Lieferung entbinden und die Lieferfrist um die Dauer der Störung verlängern. Auf den Schluß wurden von der Beklagten bis zum Mai 1915 Teillieferungen an die Klägerin ausgeführt. Durch Schreiben vom 21. Mai 1915 teilte die Beklagte der Klägerin im Anschluß an den bisherigen Briefwechsel mit, daß nunmehr das ihr zur Verfügung stehende Rohmaterial vollständig aufgearbeitet und die vollständige Erledigung des Vertrags infolge des Krieges unmöglich sei. Die Klägerin gab sich hiermit nicht zufrieden und erhob Klage auf Feststellung der Lieferpflicht der Beklagten. Später stellte sie sich jedoch auf den Standpunkt, daß seit Anfang Juli 1915 die Erfüllung des Vertrags wegen Mangels an ostindischer Baumwolle unmöglich geworden sei und die Beklagte die Unmöglichkeit vertreten müsse, da sie es schuldhaft unterlassen habe, sich rechtzeitig die erforderliche Menge Baumwolle zu beschaffen, Sie verlangte daher Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

Die Beklagte bestritt jede Schuld am Eintritt der Leistungsunmöglichkeit und nahm gemäß dem Schriftsatze vom 17. April 1917 unter Hinweis auf den in ihrer Fabrik eingetretenen Arbeiter- und Rohstoffmangel die Rechte aus der Lieferungsklausel für sich in Anspruch.

Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Gründe

Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Leistung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung für verpflichtet erachtet, indem es der Beklagten die Rechte aus der Befreiungsklausel wegen verspäteter Anrufung derselben versagt hat. ...

Mit Recht macht die Revision hiergegen geltend, daß das Berufungsgericht die Annahme einer verspäteten Anrufung der Klausel nicht genügend begründet und besonders ein gegen Treu und Glauben verstoßendes Verhalten der Beklagten nicht festgestellt habe. Nach dem Wortlaute der Freizeichnungsklausel sollten "etwaige Streiks, Feuer, Arbeitermangel, Arbeiteraussperrung und sonstige Betriebsstörungen" die Beklagte von der Verpflichtung rechtzeitiger Lieferung entbinden und die Lieferfrist um die Dauer der Störung verlängern. Auf Arbeitermangel und die dadurch bedingte Beeinträchtigung ihres Betriebs hat die Beklagte bereits in ihren Briefen vom 29. Juli, 24. Oktober, 2., 5., 9. November 1914, 3. Februar, 25. und 31. März 1915 hingewiesen. Freilich hat sie dies, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, nur getan, um sich zu entschuldigen, daß sie nicht die von der Klägerin gewünschten Zwirnmengen liefern und auch die Lieferzeiten nicht immer pünktlich einhalten könne. An die völlige Einstellung der Lieferungen hat sie damals offensichtlich nicht gedacht. Dieser Gedanke tritt erstmalig im Briefe vom 9. April 1915 zutage, worin die Beklagte der Klägerin mitteilt, daß sie beim Ausbleiben aller Zufuhren seit Kriegsausbruch auf die eigenen, nur noch auf etwa 4 Wochen ausreichenden Vorräte angewiesen sei und diese auf die älteren Verträge im Verhältnis zu den noch offen stehenden Liefermengen verteilen werde. Als die Klägerin hiergegen Widerspruch erhob und auf voller Vertragserfüllung bestand, erwiderte ihr die Beklagte durch Schreiben dam 14. April,

"daß sie bei ihrem Vorschlage, die noch verfügbaren Vorräte verhältnismäßig zu verteilen, verbleiben müsse, in Rücksicht darauf, daß der Krieg für sie außergewöhnliche, sehr schwierige Verhältnisse geschaffen habe".

Mit Schreiben vom 21. Mai 1915 übersandte dann die Beklagte der Klägerin die Faktura über die letzte von ihr ausgeführte Lieferung. Zugleich erklärte sie, daß "nunmehr das zur Verfügung stehende Rohmaterial vollständig aufgearbeitet" und daß zu ihrem Bedauern "ihr infolge des Krieges die vollständige Erledigung des Vertrags nicht möglich sei".

Wird dieser Briefwechsel in seinem Zusammenhange betrachtet, so läßt er keinen Zweifel daran übrig, daß die Beklagte die Klägerin auf Arbeitermangel und Rohstoffmangel als diejenigen Umstände hingewiesen hat, durch die sie an ihren vertragsmäßigen Leistungen behindert wurde. An die Stelle der bloßen Behinderung trat später die Unmöglichkeit der Leistung. Denn als die Beklagte durch das Schreiben vom 21. Mai den Rücktritt vom Vertrag erklärte, war, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, ostindische Baumwolle, aus der allein das vertragsmäßige Garn hergestellt werden konnte, nicht mehr im regelrechten Handelsverkehr zu beschaffen und damit der Beklagten nach dem gänzlichen Verbrauch ihrer eigenen Vorräte die Erfüllung des Vertrags unmöglich geworden. Demgemäß berief sich die Beklagte in ihrem Rücktrittsschreiben auch nur auf Unmöglichkeit der Leistung. Das hindert sie aber nicht, im jetzigen Rechtsstreit zur Begründung ihres Rücktritts auch auf diejenigen Umstände, die ihr ein vertragsmäßiges Rücktrittsrecht gaben, zurückzugreifen und den Schuh der Freizeichnungsklausel für sich in Anspruch zu nehmen. Aus der Fassung der Klausel ergibt sich kein Anhalt dafür, daß die Klausel der Beklagten nur dann zur Seite stehen sollte, wenn die Beklagte sich auf sie ausdrücklich berief. Fehlt es über an einer solchen Einschränkung, so steht der nachträglichen Heranziehung der Klausel zur Begründung des Rücktritts nichts entgegen, sofern dies nur mit Treu und Glauben vereinbar erscheint (§157 BGB., vgl. Warneyer 1919 Nr. 156). Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kommt hier aber nicht in Betracht, da die Klägerin von der Beklagten bereits in den Monaten vor dem Rücktritt auf den Arbeitermangel und die Schwierigkeit der Rohstoffbeschaffung hingewiesen war und deshalb mit der Anrufung der ihr bekannten Vertragsklausel rechnen mußte.

Für die Anwendbarkeit der Klausel ist es daher wesentlich, ob ihre Voraussetzungen vorlagen, als die Beklagte durch Schreiben vom 21. Mai 1915 ihren Rücktritt vom Vertrag erklärte. Dagegen ist der Zeitpunkt, an dem sich die Beklagte zum ersten Male ausdrücklich auf die Klausel berufen hat und der vom Berufungsgericht auf den 17. April 1917 bestimmt wird, für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses nicht entscheidend. Es ist hiernach rechtsirrtümlich, wenn das Berufungsgericht der Beklagten den Schutz der Klausel schon deshalb versagt, weil sie ihn erst am 17. April 1917 im Laufe des Rechtsstreits zu einer Zeit angerufen habe, als sie längst in der Lage gewesen sei, die wirtschaftliche Lage zu überblicken. Ein Verzicht auf die Rechte aus der Klausel ist in den Briefen der Beklagten nicht zum Ausdruck gebracht worden.

Dafür aber, daß auch bereits am 21. Mai 1915, dem Tage der Rücktrittserklärung, die nach Treu und Glauben zu bestimmende angemessene Frist zur Geltendmachung der Klausel (RGZ. Bd. 88 S. 243, Bd. 91 S. 108) verstrichen gewesen wäre, fehlt es an einem genügenden tatsächlichen Anhalt. Wenn die Beklagte trotz bereits bestehender Schwierigkeiten bemüht gewesen ist, den Vertrag nach Kräften zu erfüllen, so hat sie nur wie ein anständiger und redlicher Kaufmann gehandelt. Dieserhalb kann ihr der Vorwurf einer verspäteten, gegen Treu und Glauben verstoßenden Ausübung ihrer Rechte nicht gemacht werden (Warneyer 1917 Nr. 164. 1919 Nr. 22). Das Berufungsgericht gelangt denn auch unter Würdigung der einschlägigen tatsächlichen Verhältnisse zu dem rechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnis, daß die Anrufung der Klausel der Beklagten im Mai 1915 zur Zeit der Ablehnung der Restlieferung noch zugestanden habe.

Es bleibt daher zu prüfen, ob zu dieser Zeit auch die sachlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Klausel erfüllt waren. Was den Arbeitermangel anlangt, so ergibt die von der Klägerin nicht bemängelte Aufstellung der Beklagten über die Arbeiterbewegung in ihrem Unternehmen, daß in der Zeit vom Dezember 1914 bis Ende Mai 1915 die Zahl der Spinner von 11 auf 7 und die der übrigen Arbeiter von 359 auf 276 zurückgegangen ist. Hinsichtlich des Vorrats der Beklagten an Rohstoffen ist ihre Behauptung, daß sie bis zum 21. Mai 1915 ihre Bestände an ostindischer Baumwolle aufgebraucht habe, unbestritten geblieben. Das Berufungsgericht hat ferner festgestellt, daß schon seit den ersten Monaten des Jahres 1915 die Baumwollknappheit in Deutschland so groß gewesen ist, daß die Beschaffung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden war. Ein derartiger Rohstoffmangel fällt unzweifelhaft unter den Begriff der Betriebsstörung im Sinne der Vertragsklausel. Das Berufungsgericht läßt diese Frage zwar unentschieden. Das Revisionsgericht ist aber in der Lage, hierzu selbständig Stellung zu nehmen, da die tatsächlichen Verhältnisse im Berufungsurteile genügend aufgeklärt sind und die Auslegung der Vertragsklausel, die den im Handelsverkehr vielfach vorkommenden entspricht, Sache nicht nur tatsächlicher, sondern zugleich rechtlicher Erwägung ist. Behauptungen tatsächlicher Art. aus denen eine bestimmte Willenseinigung der Parteien über den Begriff "Betriebsstörung" gefolgert werden könnte, sind im Rechtsstreite nicht aufgestellt worden. Die Bedeutung des Begriffs im vorliegenden Falle ist daher aus der Fassung der Klausel und dem Zusammenhang der in ihr vorkommenden Befreiungsgründe zu entnehmen. Daß der Begriff Betriebsstörung nicht ein für allemal feststeht, sondern seine Bedeutung für die einzelne Klausel, in der er sich findet, besonders zu erforschen ist, ist in der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannt (RGZ. Bd. 94 S. 81). In der fraglichen Klausel fehlt es an jeder Andeutung, daß unter Betriebsstörungen nur solche verstanden werden sollen, die auf rein technischem Gebiete liegen. Im Gegenteil weist der Umstand, daß Streiks, Feuer. Arbeitermangel und Arbeiteraussperrung als Beispiele von Betriebsstörungen angeführt werden, darauf hin, daß jedes Ereignis, welches zu einer erheblichen Beeinträchtigung des regelrechten Ganges der Rohstoffverarbeitung geeignet ist, als Betriebsstörung gelten soll. Demnach erscheint es unbedenklich, den Begriff auch auf einen Rohstoffmangel zu erstrecken, der durch die Unterbindung der Zufuhr aus dem Auslande hervorgerufen worden ist und sich in einem fast gänzlichen Verschwinden der Ware vom Inlandmarkte äußert (Warneyer 1918 Nr. 46).

Das Recht der Beklagten, sich auf den Rohstoffmangel als eine Betriebsstörung im Sinne der Vertragsklausel zu berufen, wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß sie es unterlassen hat, gegenüber ihren Lieferanten, bei denen sie sich für den Abschluß mit der Klägerin eingedeckt hatte, auf restlose Erfüllung der Lieferungsgeschäfte zu dringen. Wie das Berufungsgericht festgestellt hat. hatte die Beklagte am 1. August 1914 zur Erfüllung von Verträgen, die damals liefen, im ganzen 915 180 engl. Pfund Garn aus ostindischer Baumwolle zu beschaffen. Hierzu stand ihr zunächst ihr eigenes Warenlager zur Verfügung, dessen Umfang der Sachverständige nach den Geschäftsbüchern auf 468 232 Pfund festgestellt hat. Daneben hatte sie aus laufenden Abschlüssen noch 441 210 Pfund zu erwarten, darunter von der Firma Sch. in H. 440 und 200 Ballen, von der Firma W. in U. 455 Ballen. Die Schlüsse mit diesen Firmen sind nicht erfüllt worden. Das Berufungsgericht hat als erwiesen angesehen, daß die Beklagte die Lieferungen der Firmen Sch. und W. aus eigenem Entschluß habe verfallen lassen und daher insoweit den Rohstoffmangel durch fahrlässiges Handeln verschuldet habe. ... (Wird näher ausgeführt.) Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß die Beklagte mit Rücksicht auf die Verpflichtungen, die sie gegenüber ihren Abnehmern eingegangen war, sich weder die Lieferung der Firma W. noch die der Firma Sch. habe entgehen lassen dürfen und auch nicht durch die Vermutung einer nur kurzen Dauer des Krieges entschuldigt werde. Die Ausführungen des Berufungsgerichts mögen die Annahme einer fahrlässigen Handlungsweise der Beklagten rechtfertigen. Das genügt aber noch nicht, um der Beklagten die Berufung auf die Vertragsklausel zu versagen. An sich bleibt es ganz allgemein dem Berechtigten unverwehrt, sich der aus der Klausel für ihn folgenden Vorteile zu bedienen, sofern nur die darin bestimmten Voraussetzungen objektiv zutreffen. Eine Einschränkung findet diese Vergünstigung nur insoweit, als in der Anrufung der Klausel wegen der besonderen Umstände des Falles ein Verstoß gegen Treu und Glauben gefunden werden muß. Ein solcher kommt aber im vorliegenden Falle, der durch die Feststellungen des Berufungsgerichts in tatsächlicher Hinsicht genügend geklärt ist, nicht in Betracht. Jeder Anhalt fehlt dafür, daß die Beklagte etwa absichtlich, um sich von einer ihr lästigen Lieferungspflicht zu befreien und ihre Abnehmer zu schädigen, ihren Lieferanten die Erfüllung der mit ihnen abgeschlossenen Verträge nachgelassen hat. Das Berufungsgericht geht selbst davon aus, daß zu Beginn des Krieges die Verhältnisse auf dem Baumwollmarkte wenig geklärt waren und die Beklagte längerer Zeit bedurfte, um die wirtschaftliche Lage übersehen zu können. Mit einer nur kurzen Dauer des Krieges und mit schleuniger Aufnahme des überseeischen Handels nach Friedensschluß wurde, wie auch der vom Berufungsgerichte für sachkundig und zuverlässig erachtete Sachverständige R. hervorhebt, in den ersten Monaten des Krieges allgemein gerechnet, und es erscheint daher erklärlich, daß die Beklagte bei ihrem erheblichen Warenlager sich mit der Aufnahme weiterer Baumwollbestände zunächst abwartend verhielt und gegenüber ihren Lieferanten nicht auf Erfüllung der Verträge bestand. Mag diese Zurückhaltung sich auch, wie das Berufungsgericht annimmt, im Verhältnis der Beklagten gegenüber der Klägerin als eine Fahrlässigkeit darstellen, als unredlich und für einen anständigen Kaufmann unangemessen kann das Verhalten der Beklagten keinenfalls bezeichnet werden. Das gleiche gilt von der Unterlassung neuer Deckungseinkäufe, die nach der Feststellung des Berufungsgerichts bis Ende 1914 auf dem inländischen Markte noch möglich gewesen waren. Selbst wenn entgegen dem Gutachten des Sachverständigen R. der Beklagten die Pflicht zur Vornahme der Deckungskäufe zugemutet werden müßte, so kann die Unterlassung schlimmstenfalls mit dem Berufungsgericht als eine Fahrlässigkeit, nicht aber als ein Verstoß gegen Treu und Glauben und eine böswillige Verletzung der Verkehrssitte bewertet werden.

Hiernach stehen der Anwendung der Vertragsklausel zugunsten der Beklagten rechtliche Bedenken nicht entgegen. Diese Auffassung setzt sich auch nicht in Widerspruch mit der Entscheidung des erkennenden Senats vom 1. Mai 1918 I 343 / 17 (Warneyer 1913 Nr. 107), Wenn dort dem Verkäufer von Zwirn die Berufung auf die Betriebsstörungsklausel versagt worden ist, weil er es unterlassen habe, sich im Herbst und Winter 1914/15 in Deutschland ostindische Baumwolle zu verschaffen, so war damals der Gesichtspunkt ausschlaggebend, daß der Abschluß des Kaufgeschäfts erst während des Kriegs, im September 1914. also zu einer Zeit erfolgt war, als die Erschwerungen in der Baumwollbeschaffung bereits bestanden. Im vorliegenden Falle handelt es sich aber um ein Geschäft, bei dessen Abschluß der Ausbruch des Krieges in keiner Weise vorauszusehen war.

Durch die Vertragsklausel erlangte die Beklagte zunächst zwar nur das Recht, die rechtzeitige Lieferung abzulehnen und die Lieferung um die Dauer der Störung, also bis zur Behebung des Arbeiter- und Rohstoffmangels, hinauszuschieben. Inzwischen ist aber, wie das Berufungsgericht im Anschluß an die feste Rechtsprechung des Reichsgerichts bedenkenfrei ausführt, Unmöglichkeit der Erfüllung eingetreten, da die wirtschaftlichen Verhältnisse durch den Krieg und die Unterbindung jeder Baumwolleinfuhr auf dem in Rede stehenden Gebiet eine derartige Umgestaltung erfahren haben, daß die Leistung nicht mehr als sinngemäße Erfüllung des ursprünglichen Vertrags aufgefaßt und daher auch der Beklagten nach Treu und Glauben nicht mehr angesonnen werden kann (vgl. für den Baumwollhandel RGZ. Bd. 94 S.68; Warneyer 1918 Nr. 6, 28, 153). Demgemäß hat sich die zeitliche Verschiebung der Leistung in eine endgültige Aufhebung der Erfüllungspflicht umgewandelt. Da hierfür die Beklagte nicht einzustehen hat, so erweist sich der gegen sie mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch als unbegründet.