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RG, 17.09.1920 - II 90/20

Daten
Fall: 
Sachfirmen mit selben Gegenstand
Fundstellen: 
RGZ 100, 45
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
17.09.1920
Aktenzeichen: 
II 90/20
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Landgericht Königsberg, Kammer für Handelssachen
  • Oberlandesgericht Königsberg

Welche Ansprüche sind bei Sachfirmen, die denselben Gegenstand benennen, an die Vermeidung einer Verwechslungsgefahr zu stellen?

Tatbestand

Die Firma der Klägerin in Königsberg lautet: "Ostd. Brennstoffvertrieb G.m.b.H," und ist 1917 in das Handelsregister eingetragen. Die Beklagte führt ebenda seit 1918 die eingetragene Firma: "Ostd. Betriebsstoffgesellschaft m. b. H." Die Klägerin verlangt Löschung der beklagten Firma wegen deren Verwechslungsfähigkeit.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; auf die Berufung der Beklagten wurde die Klage abgewiesen. Die Revision hatte Erfolg aus folgenden Gründen:

Gründe

Die Frage, ob die Firmen der Klägerin und der Beklagten im Sinne von § 30 HGB. sich deutlich unterscheiden, ist zwar im wesentlichen Tatfrage; die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen aber erkennen, daß es bei der Feststellung einen zu engen Maßstab angelegt und rechtsirrig zwei wichtige Momente für die Beurteilung außer acht gelassen hat, Zunächst ist nicht hinreichend der Gesamteindruck der beiden Firmen, sondern es sind überwiegend nur ihre einzelnen Bestandteile auf ihre Verwechslungsfähigkeit hin geprüft worden, wie z. B. der Umstand, daß in der einen Firma "Gesellschaft" ausgeschrieben, in der anderen nur mit "G" bezeichnet wird, daß die Silben "ver" und "be" in der Zusammensetzung mit "Trieb" verschieden sind. Dabei ist aber anderseits nicht berücksichtigt, daß gerade die Stammsilben, die für das Gehör und den Sinn als wesentliche in Betracht kommen und sich besonders der Erinnerung einprägen, nämlich "Stoff" und "Trieb", in beiden Firmen völlig gleichlauten. Sodann ist übersehen, daß bei der Vergleichung nicht nur auf das Wortbild und den Wortklang, sondern auch auf den Wortsinn zu achten ist. Die Firma ist nicht nur für das Auge und für das Gehör da, sondern auch für das Denken, und namentlich bei Sachfirmen, wie hier, kommt es auf die Bedeutung der Bezeichnung wesentlich bei der Verwechslungsfähigkeit an. Deshalb müssen an Firmen, die den selben oder einen gleichartigen Gegenstand benennen und somit schon wegen dieser Eigenschaft des Gegenstandes leicht der Verwechslungsgefahr ausgesetzt sind, ganz besondere Anforderungen gestellt werden, um diese in dem Gegenstand an sich gelegene Verwechslungsgefahr wieder zu beseitigen und sich voneinander deutlich, wie es das Gesetz verlangt, zu unterscheiden. Eine solche im Gegenstände liegende Verwechslungsgefahr ist aber bei den beiden Sachfirmen hier vorhanden. Denn Brennstoff ist lediglich eine besondere Art von Betriebsstoff im allgemeinen. Deshalb wäre zu prüfen gewesen, ob der Firmenbestandteil "Brennstoff" hinreicht, eine deutliche Unterscheidung von dem Firmenbestandteile"Betriebsstoff" zu bilden, und nicht vielmehr gerade die Verwechslung begünstigt. Irgendwelche andere unterscheidende Merkmale sind aber von der Beklagten in ihre Firma nicht aufgenommen worden, im Gegenteil ist diese durchaus nach dem Vorbilde der klägerischen Firma im übrigen gebildet worden, wie der Anfang und der Schluß der Firmenbezeichnung erkennen läßt.