RG, 20.05.1913 - VII 33/13
Handelt es sich um eine freiwillige Abtretung, wenn bei einer Teilenteignung der Unternehmer auf Verlangen des Eigentümers das ganze Grundstück übernimmt?
Tatbestand
Die vorstehende Frage ist verneint worden aus folgenden Gründen:
Gründe
... "Die zweite Erwägung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe aus eigener freier Entschließung die alte Zentralstelle seines Geschäfts preisgegeben, beruht auf rechtsirrtümlicher Beurteilung des vom Beklagten gestellten Übernahmeantrags. Nach § 9 EntG. kann der Eigentümer bei einer Teilenteignung verlangen, daß der Unternehmer das Ganze gegen Entschädigung übernimmt, wenn das Grundstück durch die Abtretung so zerstückelt werden würde, daß das Restgrundstück nach seiner bisherigen Bestimmung nicht mehr zweckmäßig benutzt werden kann. Ein solcher Übernahmeantrag ist vom Beklagten gestellt worden und die Klägerin hat ihm nicht widersprochen. Der Übernahmeantrag ist aber, wie die Revision zutreffend ausführt, rechtlich nicht als eine freiwillige Abtretung des Restgrundstücks zu beurteilen. Nach § 9 a. a. O. ist es in die Wahl des Eigentümers gestellt, ob er das Restgrundstück behalten und Vergütung des Minderwerts beanspruchen, oder ob er dem Unternehmer das Ganze überlassen will. Der Übernahmeanspruch ist ein Teil des Entschädigungsanspruchs und, wenn ihm stattgegeben wird, ist die Entschädigung für das ganze Grundstück nach den Normen des § 8 des Gesetzes zu bemessen. Dabei ist es rechtlich bedeutungslos, ob sich der Unternehmer, wie dies hier geschehen ist, mit dem Übernahmeantrag einverstanden erklärt hat, oder ob die Übernahmepflicht von der Enteignungsbehörde oder im Rechtsweg ausgesprochen wird. Die Zustimmung des Unternehmers macht die Abtretung nicht zu einer freiwilligen Preisgabe des für das Enteignungsunternehmen an sich nicht erforderlichen Restgrundstücks; für die Bemessung der Entschädigung ist auch dann die Sachlage so zu beurteilen, wie wenn sich die Enteignung von vornherein auf das ganze Grundstück erstreckt hätte." ...