RG, 29.11.1917 - IV 267/17

Daten
Fall: 
Anspruch der preußischen Staatskasse
Fundstellen: 
RGZ 91, 248
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
29.11.1917
Aktenzeichen: 
IV 267/17
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Königsberg
  • OLG Königsberg

Ist der Rechtsweg zulässig für den Anspruch der preußischen Staatskasse gegen die Gemeinde auf Zahlung des aus einer Erinnerung der Oberrechnungskammer sich ergebenden erhöhten Polizeikostenbeitrags?

Tatbestand

Für das Rechnungsjahr 1910 war der Beitrag der beklagten Stadt K. zu den Kosten der Königlichen Polizeiverwaltung durch die nicht angefochtene Verfügung des Regierungspräsidenten vom 15. Mai 1911 auf 484.381 M endgültig festgesetzt worden. Bei Prüfung der Rechnung der Regierungshauptkasse im Jahre 1912 wurde von der Oberrechnungskammer erinnert, daß zu den unmittelbaren Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung, die nach dem Polizeikostengesetze vom 3. Juni 1908 von der Beklagten zu 1/3 zu tragen sind, 369,97 M hätten hinzugerechnet werden müssen, welche im Jahre 1910 für Unterstützung von Schutzmannswitwen und für vorläufige Unterbringung von Fürsorgezöglingen aus der Regierungshauptkasse für Rechnung der Verwaltung des Innern verauslagt wurden. Nachdem der Regierungspräsident versucht hatte, die Erstattung des Anteils der Stadt an diesen Kosten durch Verrechnung der Kosten für das Rechnungsjahr 1912 herbeizuführen, und der Bezirksausschuß abändernd den Kostenanteil von 123,82 M nachträglich für das Rechnungsjahr 1910 festgesetzt hatte, was wieder das Oberverwaltungsgericht für unzulässig erklärte, schritt der Regierungspräsident, da die Oberrechnungskammer in der Entscheidung vom 14. September 1915 bei dem Verlangen der Einziehung des Kostenanteils beharrte, die Stadt aber die Zahlung verweigerte, zur Zwangsstatisierung. Seine Verfügung wurde jedoch auf Klage der Stadt durch Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 1916 (Bd. 70 S. 69) aufgehoben, weil dieser Streit zwischen Staatskasse und Stadt, soweit nicht das in § 7 des Polizeikostengesetzes geordnete Verfahren Platz greife, nur im ordentlichen Rechtsweg entschieden werden könne.

Die Staatskasse erhob darauf gegen die Stadtgemeinde Klage im Rechtsweg auf Erstattung von 123,32 M nebst Zinsen. Das Landgericht wies die Klage als sachlich unbegründet ab. Das Oberlandesgericht verurteilte nach dem Klagantrage. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

"Die Revision ist, da der Wert des Beschwerdegegenstandes die Revisionssumme nicht erreicht, nur insoweit zulässig, als es sich um die in den Vorinstanzen bejahte Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs handelt (§ 517 ZPO.).

Mit der Klage beansprucht die preußische Staatskasse von der Stadtgemeinde K., in welcher die Polizeiverwaltung von einer Königlichen Behörde geführt wird, die Zahlung des in dem Polizeikostengesetze vom 3. Juni 1908 bestimmten Beitrags zu den Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung. Nach dem bezeichneten Gesetz ist die Verteilung dieser Kosten zwischen dem Staate und den Gemeinden mit Königlicher Polizeiverwaltung dahin geregelt, daß die unmittelbaren Kosten der Polizeiverwaltung dem Staate zufallen und die Gemeinde hierzu 1/3 beizutragen hat. Der Streit betrifft somit einen rein vermögensrechtlichen Anspruch, welcher einen Vermögensausgleich zwischen den beteiligten beiden öffentlichen Verbänden, dem Staate und der Stadtgemeinde, bezweckt und der deshalb, soweit nicht die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten Platz greift oder reichsgesetzlich besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind, im ordentlichen Rechtswege verfolgt werden kann (§ 13 GVG.). Allerdings hat dieser Anspruch seine Grundlage in Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechtes. Der Anspruch ist nicht etwa aus dem privatrechtlichen Gesichtspunkte der Geschäftsbesorgung ohne Auftrag oder der Bereicherung herzuleiten. Der Staat besorgt durch Führung der Polizeiverwaltung nicht die Geschäfte der Gemeinde, sondern erfüllt eine ihm selbst obliegende Aufgabe, und ebensowenig kann von einer Bereicherung, die zurückgefordert werden könnte, die Rede sein. Das Gesetz gibt vielmehr dem Staate das Recht, sich für seine Aufwendungen hinsichtlich der Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung in gewissem Umfange bei der Gemeinde schadlos zu halten. Bei der Verfolgung des Anspruchs kommt indes das öffentliche Verwaltungsinteresse in keiner Weise in Frage. Die Fortführung einer geregelten Verwaltung auf dem Gebiete der Ortspolizei würde dem Staate mit eigenen Mitteln auch ohne die Beihilfe der Gemeinde möglich sein. Die Beitragspflicht der Gemeinde dient nur dazu, die finanzielle Belastung des Staates zu erleichtern. Streitigkeiten über derartige vermögensrechtliche Ansprüche sind nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts und des Reichsgerichts, auch wenn sie auf dem Boden des öffentlichen Rechtes erwachsen sind, zu den bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 13 GVG. zu zählen (vgl. namentlich RGZ. Bd. 57 S. 350, Bd. 79 S. 198, Urt. des erkennenden Senats vom 16. November 1916 in Gruchots Beitr. Bd. 61 S. 654 und dazu OVG. Bd. 45 S. 449, Bd. 70 S. 63 und 69).

Es fragt sich aber, ob nicht der Rechtsweg dadurch ausgeschlossen ist, daß in § 7 des Polizeikostengesetzes ein besonderes Verwaltungsbeschlußverfahren und Verwaltungsstreitverfahren vorgesehen ist. Nach § 7 werden die Kostenanteile der Gemeinde, nachdem schon auf Grund der für die einzelnen Polizeiverwaltungen ausgefertigten Kassenetats eine vorläufige Festsetzung stattgefunden hat (vgl. § 5), nach Schluß des Rechnungsjahres durch den Regierungspräsidenten (für den Landespolizeibezirk Berlin durch den Polizeipräsidenten) auf Grund des Jahresabschlusses endgültig festgesetzt: bei rechtzeitiger Anfechtung binnen vier Wochen beschließt hierüber der Bezirksausschuß, gegen dessen Beschluß binnen zwei Wochen die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte stattfindet. Würde aus dieser Vorschrift zu entnehmen sein, daß nach endgültiger Festsetzung durch den Regierungspräsidenten ein höherer Kostenanteil in keinem Falle gefordert werden kann, auch nicht in dem Falle, daß bei Prüfung der Rechnung die Oberrechnungskammer eine Erinnerung erhebt, so würde damit zugleich die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs ihre Erledigung finden. Ist materiellrechtlich ein Anspruch des Staates nur innerhalb der Grenzen des § 7 zugelassen, eine Nachforderung somit, wie die Beklagte meint, grundsätzlich unstatthaft, so kann die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht weiter in Betracht kommen. Insofern berührt sich die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs mit der davon verschiedenen Frage, ob das materiellrechtliche Bestehen eines Anspruchs anerkannt werden kann, und es kann bei Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht unterlassen werden, auch auf die Bedeutung des § 7 des Polizeikostengesetzes für das Begründetsein des Anspruchs mit einzugehen.

Kein besonderes Gewicht ist hierbei zuvorderst darauf zu legen, daß § 7 des Polizeikostengesetzes von einer endgültigen Festsetzung durch den Regierungspräsidenten spricht. Die Beklagte ist der Ansicht, im Begriff einer endgültigen Festsetzung liege es, daß spätere Nachforderungen ausgeschlossen seien. Mit Recht hat hiergegen das Berufungsgericht ausgeführt, daß der Ausdruck in § 7 "endgültige Festsetzung" nur den Gegensatz bildet zu der vorläufigen Festsetzung, von der in § 5 die Rede ist, daß dieser Festsetzung aber nicht die Bedeutung einer unabänderlichen Entscheidung zukommt, die auch dann nicht abgeändert werden könnte, wenn die nachträgliche Prüfung durch die Oberrechnungskammer zu einer Erinnerung führt.

Mit mehr Grund kann sich die Beklagte für ihren Rechtsstandpunkt darauf berufen, daß der § 5 Abs. 2 des Entwurfs des Polizeikostengesetzes vom 3. Juni 1908 (Drucks. Nr. 21 des Hauses der Abgeordneten. 20. Legisl.-Per. IV. Sess. 1907/08. Bd. 2 S.751) die Vorschrift enthielt:

"Nach Prüfung und etwaiger Berichtigung der Jahresrechnung durch die Oberrechnungskammer wird der Kostenanteil berichtigt. Wegen der hierfür zuständigen Behörde und des zulässigen Rechtsmittels findet die Vorschrift in § 3 gleichmäßige Anwendung"

und daß diese Bestimmung in § 7 des Gesetzes weggelassen ist. Man könnte hieraus folgern, daß eine nachträgliche Prüfung durch die Oberrechnungskammer mit dem Erfolg einer Erhöhung des Kostenanteils der Gemeinde von dem Gesetze nicht gewollt sei. Ein solcher Schluß ist jedoch nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes nicht gerechtfertigt.

In der Regierungsvorlage war die Festsetzung des Kostenanteils auf einer wesentlich verschiedenen Grundlage geordnet. Als unmittelbare Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung, zu denen die Gemeinde dem Staate einen Beitrag zu geben hatte, sollten nach § 2 des Entwurfs nur solche Ausgaben gelten, für welche im Voranschlage des Staatshaushalts ein Titel vorgesehen und als der Anteilsberechnung unterliegend bezeichnet war. Auf Grund der für die einzelnen Polizeiverwaltungen ausgefertigten Kassenetats sollten dann die Kostenanteile der Gemeinde alljährlich durch den Regierungspräsidenten (für Berlin durch den Oberpräsidenten) festgesetzt werden, gegen welche Festsetzung binnen der Frist von vier Wochen nur die Beschwerde an den Minister des Innern und den Finanzminister zugelassen war (§ 3 des Entwurfs). In § 5 des Entwurfs war bestimmt, daß der Kostenanteil, nachdem eine Prüfung und etwaige Berichtigung der Jahresrechnung durch die Oberrechnungskammer stattgefunden hatte, durch die vorgenannte Behörde unter Zulassung der gleichen Beschwerde berichtigt würde. Eine Rechtskontrolle glaubte man mit Rücksicht auf die maßgebende Bedeutung der als der Anteilsberechnung unterliegend im Staatshaushaltsvoranschlage bezeichneten Ausgabetitel entbehren zu können (vgl. die Begründung des Entwurfs zu § 3 S. 757).

Von dieser Regelung hat sich aber das Gesetz entfernt. Die unmittelbaren Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung wurden im § 2 sachlich näher bezeichnet. Die Einfügung des Verwaltungsstreitverfahrens erschien deshalb erwünscht, da es im einzelnen Falle zweifelhaft werden konnte, ob die Aufwendungen zu denjenigen gehören, für welche die Anteilsberechnung Platz zu greifen hat. Bei der Beratung durch die Kommission des Abgeordnetenhauses wurde demgemäß schon in erster Lesung nach dem Kommissionsberichte (Drucks. Nr. 271 Bd. 5 S. 3303) vorgeschlagen, dem § 5 Abs. 2 des Entwurfs eine im wesentlichen dem § 7 Abs. 2, 3 des Gesetzes entsprechende Fassung zu geben unter Beibehaltung des Zusatzes:

"Nach Prüfung und etwaiger Berichtigung der Jahresrechnung durch die Oberrechnungskammer wird der Kostenanteil berichtigt."

Im Anschluß hieran wurde in der zweiten Lesung (KommBer. K. 3309) auch die Frage erörtert, ob gegen die Berichtigungen, die auf Grund der Rechnungsprüfung durch die Oberrechnungskammer stattfinden, noch ein Verwaltungsstreitverfahren gegeben sein solle. Einige Kommissionsmitglieder bejahten diese Frage, weil folgerichtig an Stelle der in § 5 der Regierungsvorlage zugelassenen Beschwerde an die Ministerialinstanz auch hier das Streitverfahren zu treten habe. Demgegenüber wurde von den Regierungsvertretern und verschiedenen Kommissionsmitgliedern geltend gemacht, es widerspreche der Stellung, den Befugnissen und Aufgaben der Oberrechnungskammer, gegen deren Entscheidungen ein Verwaltungsstreitverfahren Platz greifen zu lassen, wie auch die in § 5 der Regierungsvorlage zugelassene Beschwerde nicht die Bedeutung gehabt habe, daß mit ihr Entscheidungen der Oberrechnungskammer angefochten werden könnten. Nachdem die Kommission das System der Etatisierung aufgegeben habe und das Beschußverfahren mit nachfolgendem Streitverfahren nicht an die berichtigten Jahresrechnungen, sondern an die Jahresabschlüsse angeknüpft sei. sei es überflüssig, eine dem § 5 der Regierungsvorlage entsprechende Bestimmung über Berichtigungen durch die Oberrechnungskammer in das Gesetz aufzunehmen.

"Es ergebe sich ganz von selbst und brauche im Gesetze nicht erwähnt zu werden, daß, wenn bei der Rechnungsprüfung die Oberrechnungskammer eine Berichtigung oder Änderung vornehme, danach die Berechnung der Anteile eine entsprechende Abänderung zu erfahren habe und die stattgehabten Zahlungen einem Ausgleiche zu unterziehen seien. Erwähne man die Oberrechnungskammer im Gesetze nicht, so bleibe ihre Stellung auch für diesen Gegenstand die ihr gesetzlich zugewiesene, die sie allen Verwaltungsbehörden gegenüber habe."

Dem hat sich die Kommission angeschlossen und den Antrag auf Weglassung des erwähnten Zusatzes angenommen. In dieser Gestalt ist dann der Entwurf Gesetz geworden.

Nach den geschilderten Vorgängen hat in der Kommission, auf deren Beschlüssen die Fassung des § 7 beruht, volles Einverständnis darüber bestanden, daß die Prüfung der Oberrechnungskammer nicht ausgeschaltet sein soll und daß die Berichtigungen der Rechnung durch die Oberrechungskammer die Kraft haben müssen, eine Änderung der Berechnung des Kostenanteils der Gemeinde herbeizuführen. Es liegt auch nichts dafür vor, daß bei der schließlichen Feststellung des Gesetzes eine andere Auffassung Platz gegriffen hatte. Der Meinung der Beklagten, daß Nachforderungen des Staates infolge von Erinnerungen der Oberrechnungskammer nicht zulässig seien, kann hiernach nicht beigetreten werden. Es ist nicht richtig, daß die Kommissionsmitglieder hierin nicht der gleichen Ansicht gewesen seien. Meinungsverschiedenheit bestand nur darüber, ob gegenüber den Entscheidungen der Oberrechnungskammer das Verwaltungsstreitverfahren Platz zu greifen habe. Dagegen waren sie darin einig, daß an den Befugnissen der Oberrechnungskammer zur Prüfung der Rechnung nichts geändert sein solle, daß der Schutz gegen eine unrichtige Berechnung des Kostenanteils nicht gemindert, sondern eher verstärkt werden müsse. Aus der allgemeinen Stellung der Oberrechnungskammer (Gesetz vom 27. März 1872 und Instruktion vom 18. Dezember 1824) folgt, daß ihr die Befugnis zur Prüfung der staatlichen Rechnungen auch insoweit, als es sich um Einnahmen des Staates aus dem den Gemeinden obliegenden Anteil an den Polizeikosten handelt, nicht beschränkt werden darf. Hatte an den gesetzlichen Befugnissen der Oberrechnungskammer, die für die gesamte Staatsverwaltung von weittragender Bedeutung sind, etwas geändert werden sollen, wogegen schon der mitgeteilte Inhalt des Kommissionsberichts spricht, so würde dies zweifellos im Polizeikostengesetze besonderen Ausdruck gefunden haben. Die gegenteilige Meinung der Beklagten, § 7 des Polizeikostengesetzes sei dahin aufzufassen, daß hierdurch das Gesetz vom 27. März 1872 abgeändert worden sei, ist ohne Grund.

Ist somit davon auszugehen, daß die Oberrechnungskammer im Interesse der Staatskasse das Recht und die Verpflichtung zur Prüfung und Berichtigung der hier gelegten Rechnung hat, so muß auch ein Weg gegeben sein, den daraus für den Staat sich ergebenden Anspruch auf Zahlung des erhöhten Kostenbeitrags durchzuführen. Würde die Prüfung diesen praktischen Erfolg nicht haben können, so würde sie ohne Zweck sein. Den untergeordneten Staatsbehörden gegenüber haben die Entscheidungen der Oberrechnungskammer (vgl. §§ 13 bis 17 des Gesetzes vom 27. März 1872) verbindliche Kraft. Dritte Personen aber, insbesondere die Gemeinden, werden hierdurch nicht ohne weiteres verpflichtet. Die Verpflichtung dieser Personen muß nach Vorschrift der Gesetze besonders festgestellt werden, und zwar ist die Staatskasse Privaten gegenüber regelmäßig darauf angewiesen, ihre Ansprüche im Rechtswege geltend zu machen. Für die Durchführung des hier fraglichen Anspruchs auf Zahlung des erhöhten Beitrags gegen die Gemeinde ist ein anderer Weg, ein Beschlußverfahren oder Verwaltungsstreitverfahren, nicht eröffnet. Mit der in § 7 des Polizeikostengesetzes vorgesehenen endgültigen Festsetzung des Kostenanteils (im Beschlußverfahren, an welches sich das Verwaltungsstreitverfahren anschließen kann) ist die Tätigkeit jener Verwaltungsorgane abgeschlossen. Der Kommunalaufsichtsbehörde steht zwar das Recht zu, im Aufsichtswege Verfügungen gegen die Gemeinde zur Erzwingung einer ihr gesetzlich obliegenden Leistung zu erlassen. Zu einem solchen Einschreiten ist indes die Aufsichtsbehörde nur berufen, wenn es im öffentlichen Interesse zur Aufrechthaltung eines geordneten Ganges der Gemeindeverwaltung oder Polizeiverwaltung notwendig wird (vgl. OVG. Bd. 70 S. 69 und die dort angeführten Entscheidungen). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Kommunalaufsichtsbehörde ist auch nicht in der Lage, von dem Rechte der Zwangsetatisierung (§ 19 des Zuständigkeitsgesetzes) Gebrauch zu machen. Die Zwangsetatisierung setzt voraus, daß die von der Gemeinde zu erfüllende Leistung von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit festgestellt ist. An einer zuständigen Verwaltungsbehörde, deren Feststellung der Zwangsetatisierung zur Grundlage dienen konnte, fehlt es indes im vorliegenden Falle, weshalb die von dem Regierungspräsidenten am 26. November 1915 erlassene Zwangsetatisierungsverfügung durch das erwähnte Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 1916 Bd. 70 S. 69 flg. aufgehoben werden mußte. Ebensowenig ist hier die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gegeben, die immer nur insoweit begründet ist, als ihnen das Gesetz für bestimmte Arten von Streitigkeiten die Entscheidung übertragen hat. Es bleibt daher nur übrig, daß der zwischen Staat und Stadtgemeinde bestehende Streit im Rechtsweg ausgetragen wird.

Gegen die Zulässigkeit derartiger Nachforderungen der Staatskasse, die im Rechtswege verfolgbar sind, hat die Beklagte noch vorgebracht, es entstände damit für die Gemeinden die Unzuträglichkeit, daß die Höhe des für das abgelaufene Rechnungsjahr zu zahlenden Polizeikostenbeitrags bis zum Ablaufe der Verjährung, also 30 Jahre lang, in der Schwebe bleibe. Dieses Bedenken könnte beachtlich sein für die Frage, ob ohne jede Beschränkung Nachforderungen der Staatskasse statthaft sind, wie dies der Fall sein würde, wenn der Regierungspräsident die von ihm nach § 7 des Polizeikostengesetzes getroffene Festsetzung jederzeit durch eine höhere Festsetzung ersetzen könnte. Das Bedenken trifft aber nicht zu für die hier allein zu entscheidende Frage. ob innerhalb der Grenzen einer von der Oberrechnungskammer gezogenen Erinnerung eine nachträgliche Forderung der Staatskasse im Rechtswege geltend gemacht werden kann. Solche Erinnerungen pflegen, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, schon in dem nächsten, spätestens in dem darauf folgenden Rechnungsjahr erhoben zu werden. Es ist hiernach anzunehmen, daß die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, die auf dem Gebiete der Polizeikosten früher, und zwar noch nach dem Polizeikostengesetze vom 20. April 1892, in viel weiterem Umfange bestand, auch nach dem geltenden Polizeikostengesetze vom 3. Juni 1908 insoweit erhalten geblieben ist, als es sich um Entscheidung eines Streites der vorliegenden Art über die von der Staatskasse geforderte Erhöhung des Polizeikostenbeitrags handelt. Der Berufungsrichter hat daher nicht geirrt, wenn er den Rechtsweg in wesentlicher Übereinstimmung mit dem diesem Rechtsstreite vorhergegangenen Urteile des Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 1916 für zulässig erklärt hat." ...