RG, 13.11.1917 - II 269/17
Zum Begriffe der "besonderen Bezeichnung" eines gewerblichen Unternehmens im Sinne des § 16 UWV.
Tatbestand
Der Kläger, der Kreis T., hat eine öffentliche Sparkasse eingerichtet, für die er sich der Bezeichnung "Kreissparkasse", mitunter auch der Worte "Sparkasse des Kreises T. "Kreissparkasse des Kreises T.", bedient. Im Winter 1915/16 ließ der verklagte Vorschußverein an der Eingangstüre seiner Geschäftsräume ein in die Augen fallendes Schild mit der Aufschrift "Sparkasse" anbringen. In dem von der Tür durch einen Pfeiler getrennten Schaufenster befand sich die Aufschrift "Vorschußverein zu T., e. G. m. u. H." Mit der Klage forderte der Kläger Verurteilung des Beklagten, das Schild zu beseitigen.
Im Gegensatz zum ersten Richter, der der Klage stattgab, erkannte das Berufungsgericht auf Abweisung. Die Revision blieb erfolglos.
Gründe
"Der erste Richter hat die Klage unter Verneinung eines sittenwidrigen Verhaltens des Beilagen (§1 UWG.) auf Grund des § 16 des Gesetzes zugesprochen. Er erblickt in dem Worte "Sparkasse" die besondere Bezeichnung des Erwerbsgeschäfts des Klägers, soweit die Sparkassenverwaltung in Frage kommt, und nimmt an, die Art und Weise der Benutzung der Bezeichnung "Sparkasse" durch den Beklagten sei geeignet, Verwechselungen hervorzurufen. Nach der Auffassung des Publikums seien "Sparkassen" öffentliche Einrichtungen, die den Zweck hätten, insbesondere den minderbegüterten Klassen der Bevölkerung Gelegenheit zur sicheren Anlegung kleiner Kapitalbeträge gegen Verzinsung zu geben. Die Sparkassenkunden des Klägers, welche zum größten Teil den weniger gebildeten Ständen und namentlich auch der wenig geschäftsgewandten Landbevölkerung angehörten, verständen unter "Sparkassen" nur die Gemeindesparkassen und nicht die Kasse eines Privatunternehmens. Das Schild des Beklagten mit der Aufschrift "Sparkasse" könne bei einem einfachen Manne leicht den Eindruck erwecken, daß er sich vor den Räumen der Kreissparkasse befinde; er könne dadurch veranlaßt werden, sein Geld dem Privatunternehmen des Beklagten anzuvertrauen.
Der Berufungsrichter, der die Anwendbarkeit des § 1 UWG. ebenfalls, und zwar ohne Rechtsirrtum, verneint hat, ist zur Abweisung der Klage mit der Begründung gelangt, eine "Sparkasse" sei ein Erwerbsgeschäft, in welchem darlehnsweise gegen Aushändigung von Legitimationspapieren und gegen Verzinsung eingezahlte Beträge angenommen würden. Der Begriff sei nicht auf Betriebe öffentlicher Korporationen beschränkt, sondern bezeichne ganz allgemein die erwähnte Gattung von Erwerbsgeschäften. Das Schild an der Türe des Beklagten enthalte daher nur eine allgemeine Bezeichnung eines Erwerbsgeschäfts ohne einen Hinweis, der geeignet sei, Verwechselungen mit der besonderen Bezeichnung des Erwerbsgeschäfts des Klägers (Kreissparkasse) hervorzurufen.
Die Revision rügt Verletzung des § 16 UWG. und des § 286 ZPO. Sie meint, die Klage sei von allgemeinen Erwägungen aus
abgewiesen worden. Darin liege ein Mangel der Begründung. Wie der erste Richter, habe auch das Berufungsgericht der Entscheidung die Auffassung der für den Geschäftsverkehr der Parteien maßgebenden Kreise zugrunde legen müssen.
Die Revision ist nicht begründet. Das Wort "Sparkasse" ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht den öffentlichen Sparkassen für ihren Geschäftsbetrieb vorbehalten; es ist vielmehr eine im allgemeinen Gebrauche stehende Bezeichnung für bestimmte wirtschaftliche Einrichtungen. Das Wort ist ein Gattungsbegriff, kann also keine besondere Bezeichnung im Sinne des § 16 UWG. sein. Die besondere Bezeichnung, deren sich der Kläger für seinen Sparkassenbetrieb bedient, ist denn auch nicht das Wort Sparkasse für sich allein, sondern dieses Wort in Verbindung mit anderen Worten, insbesondere dem Worte "Kreis" ("Kreissparkasse", "Sparkasse des Kreises T.". .Kreissparkasse des Kreises T."). Nur diese Zusätze machen das Besondere in der Bezeichnung des Klägers aus. Sie sind dasjenige, was die Unterscheidung seiner Bezeichnung, von den Bezeichnungen anderer Sparkassenunternehmungen und so auch solcher, die von Personen des Privatrechts, insbesondere von Genossenschaften betrieben werden, herbeiführt und ermöglicht. Deshalb kann es der Kläger dem Beklagten nicht verwehren, sich ebenfalls des Wortes Sparkasse zu bedienen. Der Beklagte nimmt damit nur ein Allgemeingut auch für sich in Anspruch. Daran vermöchte es nichts zu ändern, wenn in einzelnen Verkehrskreisen das Wort Sparkasse schon für sich allein auf öffentliche Sparkassen bezogen würde, und wenn infolgedessen Personen namentlich der weniger geschäftsgewandten Landbevölkerung in dem auf der Eingangstüre zu den Geschäftsräumen des Beklagten befindlichen bloßen Worte "Sparkasse" einen Hinweis auf die besondere Bezeichnung des Klägers ("Kreissparkasse") erblicken sollten, so daß in ihnen durch das Wort der Eindruck erweckt würde, es handle sich um die Geschäftsräume der Kreissparkasse. Durch einen solchen Irrtum würde der allgemeine Sprachgebrauch nicht beseitigt sein; das Wort Sparkasse wäre seines Charakters als Gemeingut und als eines Wortes, dessen sich jedes Sparkassenunternehmen bedienen kann, nicht entkleidet worden."