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RG, 19.05.1917 - V 55/17

Daten
Fall: 
Rechtsverpfändung
Fundstellen: 
RGZ 90, 255
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
19.05.1917
Aktenzeichen: 
V 55/17
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Breslau
  • OLG Breslau

Kann bei der Verpfändung eines Rechtes dem Gläubiger sogleich die Befugnis rechtsgültig eingeräumt werden, das Recht nach Eintritt der Fälligkeit selbst zu erkaufen?

Tatbestand

Zum Nachlasse der Witwe H. gehört eine Hypothek, die Beklagte befindet sich im Besitze des Hypothekenbriefs, dessen Herausgabe der Kläger als Verwalter des Nachlasses verlangt. Die Beklagte verweigert sie, weil ihr diese Hypothek im Jahre 1901 von der Erblasserin für Verbindlichkeiten ihres Schwiegersohnes J. durch eine schriftliche Erklärung vom 3. Dezember 1901 unter Übergabe des Briefes verpfändet worden sei. Die Klage ist vom Berufungsgerichte, nachdem die bis dahin nicht auffindbare Urkunde im zweiten Rechtszuge vorgelegt worden war, abgewiesen worden. Die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen.

Gründe

... Die Urkunde vom 3. Dezember enthält den Vermerk: "Die genannte Bank hat das Recht, falls ich auf Verlangen mein Konto binnen 3 Tagen nicht begleiche, die Pfandstücke zu verkaufen und den Erlös zur Deckung meiner Schuld zu verwenden."

Die Revision, die diese Bestimmung für gesetzlich unzulässig und deshalb für nichtig erklärt, bemängelt, daß das Berufungsgericht die Prüfung unterlassen habe, ob diese Nichtigkeit die ganze Verpfändungserklärung umfasse, oder ob die eigentliche Verpfändungserklärung aus § 139 BGB. aufrechtzuerhalten sei. Würde es sich um eine Erklärung handeln, mit der die Verpfänderin in einen Verkauf für eine bestehende eigene Schuld oder für eine Schuld ihres Schwiegersohnes J. gewilligt hätte, so würde allerdings dieser Teil der Vereinbarung, die wieder ein Teil des dinglichen Rechtsgeschäfts der Verpfändung ist, unzulässig und daher nichtig sein. Denn wenn auch § 1284 BGB. bestimmt, daß bei der Verpfändung eines Rechtes die Vorschriften der §§ 1281 bis 1283 keine Anwendung finden, soweit der Pfandgläubiger und der Gläubiger etwas anderes vereinbaren, der Pfandgläubiger daher, entgegen der Bestimmung des § 1282 BGB., im Falle entsprechender Vereinbarung nicht auf die Einziehung der Forderung beschränkt ist, sondern einen nicht öffentlichen Verkauf vornehmen darf (s. Staudinger § 1284 BGB. Anm. a), so wird doch allgemein angenommen, daß der § 1284 BGB. die einschränkende Bestimmung des § 1277 Satz 2 nicht aufhebt.1

Danach bleibt die Vorschrift des § 1245 Abs. 2 BGB. unberührt, wonach auf die Beobachtung der Vorschrift des § 1235 ("Der Verkauf des Pfandes ist im Wege öffentlicher Versteigerung zu bewirken") nicht vor dem Eintritt der Verkaufsberechtigung, der Pfandreife, verzichtet werden kann. Da es sich um die Frage der Nichtigkeit handeln würde, wäre sie auch ohne Geltendmachung durch die Partei von Amts wegen zu prüfen gewesen, und daran hätte sich, ebenfalls von Amts wegen, die weitere Prüfung anschließen müssen gemäß § 139 BGB., ob diese Nichtigkeit das ganze Rechtsgeschäft der Verpfändung ergreife oder ob anzunehmen sei, daß die eigentliche Verpfändung auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Im vorliegenden Falle dringt aber dieser Angriff der Revision nicht durch. Die in der Urkunde vom 3. Dezember 1901 enthaltene, den Verlauf des Pfandes regelnde Erklärung erweist sich als gegenstandslos, was sich dadurch erklärt, daß ein für den Regelfall (Verpfändung durch den Schuldner) vorgesehener Vordruck, wie anzunehmen, versehentlich stehen geblieben ist. Da die Erblasserin darin in den Verkauf willigt, zur Deckung ihrer Schuld im Falle der Nichtbegleichung ihres Kontos binnen bestimmter Zeit, während es sich um Konto und Schuld ihres Schwiegersohnes J. handelt, diese in sich unverständliche Erklärung also vorerst bedeutungslos ist, so lag für das Berufungsgericht keine ausreichende Veranlassung vor, sich mit diesem Teile des Inhalts der Urkunde zu befassen, solange nicht der Kläger sich auf ihn berufen und nachgewiesen hatte, daß er einen verständigen Sinn habe, auf den die obenerwähnten gesetzlichen Bestimmungen Anwendung finden könnten. Dies, bisher nicht geschehen, kann vor dem Revisionsgerichte nicht nachgeholt werden. Aus diesem Grunde versagt der Angriff." ...

  • 1. S. Staudinger a. a. O. Anm. b; Kommentar v. RGR. § 1284 BGB. Anm. 1; Biermann 8 1284 BGB. Anm. b; Turnau-Förster Bd. I § 1284 BGB. Anm. 2; Planck BGB. § 1284 Anm. Abs. 1; Enneccerus-Wolff Bd. II 1. Abt. § 8 176 V 2 a. E.