RG, 19.05.1920 - V 129/19

Daten
Fall: 
Klageänderung
Fundstellen: 
RGZ 99, 172
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
19.05.1920
Aktenzeichen: 
V 129/19
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Magdeburg
  • OLG Naumburg a. S.

1. Liegt eine Klagänderung vor, wenn zur Begründung eines negatorischen Anspruchs rechtsverletzende Tatsachen geltend gemacht werden, die sich erst im Laufe des Rechtsstreits ereignet haben?
2. Kann der Grundeigentümer der Einleitung von Grubenwässern aus einem Bergwerke in einen Wasserlauf auch dann nicht widersprechen, wenn Abhilfemaßregeln gegen die Verunreinigung des Wasserlaufs zwar technisch möglich, wirtschaftlich aber undurchführbar sind?
3. Ist beim Zusammentreffen mehrerer Immissionen, von denen die eine übermäßig ist und den öffentlichen Strom in unzulässiger Weise verunreinigt, die übrigen sich aber in den Grenzen des Erlaubten halten und für sich allein unschädlich sind, die Abwehrklage und ein Schadensersatzanspruch eines Anliegers, dem ein Privatrecht an dem öffentlichen Strome zusteht, auch gegenüber den Immittenten begründet, deren Einleitungen das Maß des Zulässigen nicht übersteigen?
4. Kann der Gläubiger, der die Herstellung der beschädigten Sache selbst übernommen hat, vom Schuldner auch den Ersatz solcher Aufwendungen verlangen, die sich zwar hinterher als unzweckmäßig und überflüssig darstellen, zur Zeit ihrer Vornahme aber als sachgemäß angesehen werden konnten?

Tatbestand

Die Klägerin entnimmt das Wasser für ihre Wasserleitung aus der Elbe. Sie hat in den Jahren 1857 bis 1859 mit Genehmigung der staatlichen Behörden am linken Stromufer ein neues Wasserwerk errichtet. Durch die staatliche Genehmigung will sie ein privates Recht auf Wasserentnahme aus der Elbe erworben haben. Auch durch Ersitzung soll ein solches Recht für sie begründet worden sein. Demgemäß erhebt sie Anspruch darauf, Wasser, das zum Trinken sowie zu hauswirtschaftlichen, gewerblichen und öffentlichen Zwecken brauchbar sei, aus der Elbe zu schöpfen und für ihre Wasserleitung zu verwenden. Die Beklagten leiten ihre Grubenwasser oder ihre Fabrikabwässer in die Elbe oder deren Zuflüsse. Nach Behauptung der Klägerin führen sie in ihren Abwässern der Elbe Salz in übermäßiger Menge zu und erhöhen dadurch den Salzgehalt des Elbwassers derart, daß es für die Wasserleitung der Klägerin ungeeignet wird. Namentlich bei niedrigem Wasserstand und bei Frost mache sich der übermäßige Salzgehalt im Elbwasser in solcher Weise geltend, daß es wegen des bitteren widerlichen Geschmacks zum Trinken und Kochen unverwendbar sei. Insbesondere sei es in den Jahren 1892 und 1893, 1902 und 1904 infolge der Versalzung zeitweise ungenießbar gewesen. Diese Verunreinigung des Elbwassers werde von den Beklagten ununterbrochen fortgesetzt; die Eingriffe der Beklagten in ihr privates Recht auf Wasserentnahme aus der Elbe und ihr Eigentum am Wasserwerksgrundstück erneuerten sich unausgesetzt; es bestehe daher die Gefahr, daß diese schädigenden Handlungen auch in Zukunft fortgesetzt würden und ähnliche Mißstände wie in den genannten Jahren für die Wassereinleitung der Klägerin herbeiführten. Durch die übermäßige Versalzung des Elbwassers und wegen der beständig drohenden Gefahr einer Wiederkehr der damaligen Zustände sei sie gezwungen gewesen, sich nach anderem brauchbaren Wasser umzusehen. Zunächst hätte sie im Jahre 1893 neue öffentliche Brunnen herstellen und die vorhandenen alten Brunnen wieder in Stand setzen und reinigen lassen müssen. Auch sei die dauernde Unterhaltung der Brunnen geboten gewesen. Ferner habe sie dem Plan einer Versorgung ihrer Einwohnerschaft mit Grundwasser näher treten müssen. Sie habe hierzu umfangreiche Vorarbeiten, insbesondere auch vielfache Bohrungen nach Grundwasser ausgeführt. Endlich habe sie mit Rücksicht darauf, daß die Versalzung des Elbwassers auf der rechten Elbseite wesentlich schwächer sei, als auf der linken, im Jahre 1909 eine Verlegung der Schöpfstelle ihres Wasserwerks auf die rechte Elbseite vorgenommen. Die Klägerin hat deshalb gegen die Beklagten Klage auf Herstellung von Einrichtungen erhoben, welche verhindern, daß das Wasser der Elbe bei Magdeburg durch Einleitung der Gruben- und Fabrikabwässer der Beklagten in die Zuflüsse der Elbe und in diese selbst verunreinigt werde; ferner hat sie mit der Klage Erstattung allen Schadens verlangt, den sie an ihren Einrichtungen zur Wasserversorgung durch die Verunreinigungen der Elbe bisher erlitten habe und noch erleiden werde, insbesondere Zahlung der Kosten der Herstellung neuer und der Instandsetzung alter Brunnen und der Kosten ihrer Unterhaltung, sowie der Kosten für die Vorarbeiten zu einem neuen Wasserwerk, endlich der Kosten für die Verlegung der Schöpfstelle auf das rechte Elbufer. Das Landgericht zu Magdeburg wies durch Urteil vom 2. April 1909 gegenüber den Beklagten zu 2 bis 21 die Klage gänzlich, gegenüber der Beklagten zu 1, Mansfeld, den Klaganspruch auf Vorkehrungen zur Verhinderung der Verunreinigung des Elbwassers und insoweit, als es sich um Ersatz der Kosten der Schöpfstellenverlegung handelt, auch den Schadenersatzanspruch ab, im übrigen erklärte es den Schadensersatzanspruch dieser Beklagten gegenüber zur Hälfte für begründet, zur anderen Hälfte wies es auch ihn ab.

Gegen dies Urteil haben die Klägerin und die Beklagte zu 1 Berufung eingelegt. Die Klägerin verlangte wiederum Verurteilung der Beklagten zu Vorkehrungen gegen die Verunreinigung des Elbwassers durch Einleitung ihrer Abwässer. Sie begehrte ferner die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Schadens, den sie durch die Verunreinigung des Elbwassers erlitten habe oder erleiden werde, insbesondere der Kosten der künftigen Anlage und der Mehrkosten der Unterhaltung eines Wasserwerkes mit Grundwasserversorgung. Hilfsweise verlangte sie Zahlung einer richterlich festzustellenden Entschädigungssumme für die von ihnen bewirkte Verunreinigung der Elbe bei Magdeburg, und zwar von der Beklagten Mansfeld mindestens in Höhe von 6 Millionen Mark, von den übrigen Beklagten solidarisch mit Mansfeld mindestens in Höhe von 1200000 M. Außerdem verlangte sie von der Beklagten Mansfeld noch Zahlung der Kosten für die Anlegung der Brunnen und ihrer laufenden Untersuchung und Unterhaltung vom Jahre 1893 bis zum Jahre 1917, der Kosten der Vorarbeiten zur Errichtung des neuen Wasserwerks und der Verlegung der Schöpfstelle auf das rechte Elbufer. Von den übrigen Beklagten beanspruchte sie 1/5 dieser Beträge. Das Oberlandesgericht erklärte den Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Kosten der Schöpfstellenverlegung der Beklagten zu 1 gegenüber dem Grunde nach für gerechtfertigt und stellte die Verpflichtung der Beklagten zu 1 fest, der Klägerin allen weiteren Schaden zu erstatten, den sie infolge der Notwendigkeit, die Schöpfstelle ihres Wasserwerks auf das rechte Elbufer zu verlegen, etwa sonst erlitten hat oder noch erleiden werde. Die weiteren Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 und die Berufung der Klägerin gegenüber den übrigen Beklagten wurden zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg; die Anschlußrevision der Beklagten zu 1 wurde zurückgewiesen.

Gründe

"Der Berufungsrichter geht davon aus, daß der Klägerin durch die Genehmigung des Verkaufs eines Elbufergrundstücks an sie mittels der Kabinettsorder vom 23. Mai 1860 und durch die Erklärung des Einverständnisses der Staatsbehörden mit der Anlage ihres neuen Wasserwerks ein privates Recht auf Entnahme ihres Wasserbedarfs aus der Elbe verliehen worden sei. Den Inhalt und Umfang dieses Rechtes stellt der Berufungsrichter dahin fest, daß der Klägerin ein Anspruch auf eine solche Menge und Güte des Elbwassers zustehe, wie es ihr der Fluß nach seinen natürlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung der gleichartigen oder abweichenden Bedürfnisse aller Mitberechtigten zum Trinken und Kochen, für ihren hauswirtschaftlichen, gewerblichen und öffentlichen Bedarf zu liefern vermöge. Neben diesem privaten Rechte der Klägerin beständen aber die Befugnisse der Beklagten, ihre Grubenwässer oder ihre Fabrikabwässer in die Elbe oder deren Zuflüsse einzuleiten. Der Beklagten Mansfeld stehe das Recht auf unbeschränkte Abführung ihrer Grubenwässer in die Schlenze, Saale und Elbe gemäß § 54 ABG. zu. Bei den übrigen Beklagten kämen nur die gesetzlichen Befugnisse in Frage, die sich aus ihrer Eigenschaft als Anlieger von Privatflüssen oder aus dem Gemeingebrauch ergäben. Es handele sich daher um den Ausgleich dieser widerstreitenden Rechte der Parteien. Während das Landgericht aber im Anschluß an die für das Nachbarrecht und die Rechte der Anlieger an Privatflüssen entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung diesen Widerstreit in der Weise gelöst hatte, daß die Klägerin nur solchen Verunreinigungen widersprechen könne, die das Maß des Regelmäßigen, Gemeinüblichen überschritten, hält der Berufungsrichter diesen allgemeinen Maßstab hier nicht für anwendbar, gelangt vielmehr zu dem Ergebnis, daß nur zuzulassen sei, was dem Leidenden als noch erträglich unter Berücksichtigung aller rechtlichen und tatsächlichen Umstände von dem Handelnden zugemutet werden dürfe.

Zur näheren Feststellung der Grenze des Erträglichen führt der Berufungsrichter aus, daß von der Beklagten hauptsächlich drei Chloride der Elbe zugeführt würden, nämlich Chlornatrium, Chlormagnesium und Chlorkalzium. Die Erträglichkeitsgrenze hat der Berufungsrichter dahin bestimmt, daß ein Gesamtgehalt von 1.4 g an Chlornatrium, Chlormagnesium und Chlorkalzium, wovon aber das Chlormagnesium höchstens 0,2 g betragen dürfte im Liter Wasser von der Klägerin ertragen werden müsse. Erst eine nicht bloß unwesentliche oder schnell weitergehende Überschreitung dieser Grenzen stelle eine Verletzung des Wasserentnahmerechts der Klägerin dar." (Die gegen diese Ausführungen gerichteten Angriffe der Revision und der Anschlußrevision werden zunächst zurückgewiesen. Sodann lauten die Gründe weiter:)

1. Klagänderung.

"Der Berufungsrichter führt zur Abgrenzung des Klagetatbestands aus, daß die Klägerin den Beklagten in der Versalzung des Elbwassers eine fortgesetzte, ununterbrochen andauernde Handlung zum Vorwurfe mache. Abweichend vom Landgericht nimmt das Berufungsgericht in dieser Salzzuführung eine fortlaufende Reihe von Einzeltatbeständen an. Die Zuführungen von Salz, die bis zum Tage der Klagezustellung, dem 3. Mai 1895, stattgefunden hätten, bildeten den zusammengefaßten Klagegrund. Da spätere Zuführungen nicht im voraus zur Grundlage der Klage gemacht werden könnten, stelle ihre Verwertung im Prozeß eine unzulässige Klagänderung dar. Mit Rücksicht darauf aber, daß die Beklagten derselben im Laufe der ersten Instanz nicht widersprochen hätten, seien die Ergebnisse bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, d. h. bis zum 26. März 1909, auch vom Berufungsgericht als Klagegrund zuzulassen und seiner Beurteilung zu unterwerfen. In der Berufungsinstanz hätten dagegen die Beklagten von vornherein jeder Klagänderung widersprochen; das Berufungsgericht sei deshalb nicht in der Lage, die Ereignisse seit dem 26. März 1909 in Betracht zu ziehen. Die Revision rügt hierzu Verletzung des § 268 Nr. 1 ZPO. Eine Klagänderung sei vom Berufungsrichter zu Unrecht angenommen; Klagegrund seien nicht die einzelnen Immissionen, sondern die Beschädigung, Entwertung und andauernde Gefährdung des Wasserwerks, welche durch die fortdauernde und sich beständig erneuernde Versalzung des Elbwassers eingetreten sei. Der Berufungsrichter hätte sich deshalb nicht auf die Feststellung der Versalzung bis zum 26. März 1909 beschränken dürfen, sondern auch auf die spätere Zeit eingehen müssen.

Dieser Revisionsangriff war für begründet zu erachten. Die Klagänderung erblickt der Berufungsrichter in der Änderung der Klagebegründung insofern, als die Klägerin zur Rechtfertigung ihrer Ansprüche auch Tatsachen verwertete, die sich erst nach Erhebung der Klage im Laufe des Prozesses ereignet hätten. Hierbei faßt der Berufungsrichter aber den Begriff des Klagegrundes zu eng auf. Zum Grunde des erhobenen Anspruchs im Sinne von § 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. gehören alle Tatsachen, die nach Maßgabe des bürgerlichen Rechtes an sich geeignet sind, den erhobenen Anspruch als in der Person des Klägers entstanden und zugleich als durch den Beklagten verletzt erscheinen zu lassen (Stein ZPO. § 253 in Nr. 3. Förster-Kann ZPO. § 253, Abs. 2 Nr. 1d. Eine Klagänderung in bezug auf die Begründung der Klage kann also nur angenommen werden, wenn die zur Substantiierung der Klage geltend gemachten Tatsachen durch neues Vorbringen in einem wesentlichen Punkte abgeändert werden, so daß der Tatbestand als ein anderer erscheint. Solange der Gesamttatbestand derselbe bleibt, kam die Klägerin auch neue Einzeltatsachen vorbringen (Stein ZPO. § 268 III. Förster-Kann ZPO. § 268 Nr. 3). Das Klagevorbringen war hier dahin aufzufassen, daß der Klägerin durch die übermäßigen Salzzuführungen der Beklagten das brauchbare Elbwasser für ihr Wasserwerk entzogen werde. In den Jahren 1892 und 1893 habe die Versalzung zu schweren Störungen in der Versorgung ihrer Bevölkerung mit Wasser geführt. Durch die fortgesetzten Einleitungen der Beklagten entstehe die Gefahr einer Wiederkehr dieser Zustände. Dadurch sei eine Beschädigung und Entwertung ihres Wasserwerks eingetreten. Die Klägerin sei daher gezwungen gewesen, für die Gewinnung andern Wassers zu sorgen. Die hierdurch entstandenen und noch entstehenden Kosten müßten ihr die Beklagten ersetzen; sie seien auch verpflichtet. Vorkehrungen gegen die weitere Verunreinigung des Elbwassers durch die Einleitung ihrer Gruben- und Fabrikabwässer zu treffen. Aus diesem Vorbringen ergab sich ohne weiteres, daß nicht nur die vor der Klageerhebung stattgefundenen Immissionen den Klagegrund bildeten, sondern daß die dauernde Gefährdung und die Entwertung des Wasserwerks durch die fortdauernden Salzzuführungen aus den Werken der Beklagten die Ansprüche der Klägerin auf Herstellung von Vorrichtungen gegen weitere Schädigungen ihres Wasserwerks und auf Schadensersatz rechtfertigen sollten. Es beruht deshalb auf Rechtsirrtum, wenn der Berufungsrichter grundsätzlich alle nach der Klagzustellung eingetretenen Ereignisse ausschalten zu müssen glaubte, und die im Laufe der ersten Instanz stattgefundenen Vorgänge lediglich wegen des unterlassenen Widerspruchs der Beklagten berücksichtigen zu dürfen meinte. Vielmehr hätten alle im Rahmen des ursprünglichen Klagevorbringens sich haltenden, bis zum Schlusse der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht eingetretenen und angeführten Tatsachen Berücksichtigung finden müssen. Bei der Geltendmachung eines negatorischen Anspruchs, als welcher sich der Klageanspruch auf Herstellung von Vorkehrungen darstellt, können auch rechtsverletzende Tatsachen, die sich erst im Laufe des Rechtsstreits ereignet haben, herangezogen werden (vgl. auch Struckmann-Koch ZPO. § 268, 2 Abs. 3). Die Einrede der Klagänderung steht dem nur entgegen, wenn die neuen Tatsachen außerhalb des Rahmens des ursprünglichen Klagvortrags fallen. Überhaupt genügt es, wenn die zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung, auf welche das Urteil ergeht, vorliegen. Die Verurteilung hat daher zu erfolgen, wenn die Fälligkeit der geforderten Leistung zwar noch nicht bei der Klagerhebung, wohl aber bei der Erlassung des Urteils eingetreten war oder wenn die Bedingung, an deren Eintritt der geltend gemachte Anspruch geknüpft war, erst in diesem letzten Zeitpunkt erfüllt war (Motive zum Entwurf eines BGB. Bd. 1 § 190 S. 364).1

Hiernach hätte der Berufungsrichter auch die gesamten nach dem 26. März 1909 bis zum Schlusse der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht eingetretenen, von der Klägerin vorgebrachten Tatsachen seiner Entscheidung mit zugrunde legen müssen. Dies zu tun hat der Berufungsrichter aber abgelehnt. ... Dieser Mangel des angefochtenen Urteils mußte aber zu dessen Aufhebung, soweit der Klage gegenüber allen Beklagten nicht stattgegeben ist, führen. Denn das tatsächliche Vorbringen der Klägerin, die auch für die Zeit nach 1909 eine dauernde übermäßige Versalzung der Elbe und eine Schädigung ihres Wasserwerks behauptet hatte, ist nicht erschöpfend gewürdigt und es ist nicht ersichtlich, wie die Entscheidung des Berufungsrichters ausgefallen sein würde, wenn er auch diesen Zeitraum in den Kreis seiner Feststellungen und Erwägungen einbezogen hätte. Die tatsächlichen Verhältnisse können sich hinsichtlich der Versalzung des Elbwassers in dieser Periode wesentlich anders gestaltet haben; die vom Berufungsrichter gefundene Erträglichkeitsgrenze kann in diesem Zeitraum auch von den Beklagten zu 2 bis 21 überschritten sein. Eine stärkere Versalzung kann auch auf das Wasser der rechten Elbseite stärker eingewirkt haben und Ansprüche der Klägerin, die nach den bisherigen Feststellungen für unbegründet erachtet worden sind, in anderem Lichte erscheinen lassen. Es kommt dazu, daß in die übergangene Periode noch das Inkrafttreten des neuen preußischen Wassergesetzes fällt und daher auch die hierdurch geschaffene Rechtslage zu einer besonderen Prüfung nötigte. Alle diese Fragen sind vom Berufungsrichter offen gelassen oder doch von der irrtümlichen Anschauung aus, daß die Zeit von 1909 bis 1918 außerhalb des Rahmens dieses Prozesses liege, nur beiläufig und ohne endgültige Stellungnahme gestreift, so daß es für die Nachprüfung des Revisionsgerichts insoweit noch an jeder Grundlage fehlt.

2. Abwehranspruch.

Den Anspruch auf Herstellung von Vorrichtungen zur Verhütung der Verunreinigung der Elbe hat das Berufungsgericht allen Beklagten gegenüber für unbegründet erachtet. Soweit die Abweisung dieses Anspruchs zunächst der Beklagten Mansfeld gegenüber ausgesprochen ist, kann in den Ausführungen des angefochtenen Urteils in sachlicher Hinsicht ein Rechtsirrtum nicht gefunden werden. Nach § 54 ABG. steht dem Bergwerkseigentümer die ausschließliche Befugnis zu, das in der Verleihungsurkunde benannte Mineral in seinem Felde aufzusuchen und zu gewinnen, sowie alle hierzu erforderlichen Vorrichtungen unter und über Tage zu treffen. Die Ausübung dieser Befugnis darf dem Bergwerkseigentümer auch durch die Abwehrklage des Grundstückseigentümers nicht unmöglich gemacht werden (Isay, ABG. Bd. 2 S. 135 II). Für die Klage der benachbarten Grundstückseigentümer auf Unterlassung von Beeinträchtigungen (§§ 903, 1004 BGB.) besteht deshalb die Schranke, daß nicht auf Einstellung des Betriebes geklagt werden kann (Art. 67 Einf. z. BGB.). Der durch den Bergwerksbetrieb in seinem Eigentum beeinträchtigte Grundeigentümer ist deshalb auf den in § 148 ABG. vorgesehenen Entschädigungsanspruch beschränkt, wenn die Abwehrklage die Einstellung des Bergwerksbetriebes zur Folge haben müßte. Anderseits gehört, wie das Reichsgericht in feststehender Rechtsprechung angenommen hat, die Beseitigung der Grubenabwässer zum Bergwerksbetrieb (Zeitschr. f. Bergr. Bd. 38 S. 467, Bd. 40 S. 479, Bd. 51 S. 631). Ist ihre anderweitige Beseitigung technisch unmöglich, so kann der Grundstückseigentümer der Einleitung in den Wasserlauf nicht widersprechen, sondern nur Entschädigung für die Verunreinigung des Wassers nach § 148 ABG. verlangen. Der technischen Unausführbarkeit muß aber die Undurchführbarkeit einer Abhilfemaßregel aus wirtschaftlichen Gründen gleichgestellt werden (Isay, ABG. Bd. 2 S. 4. vergl. auch Daubenspeck, Bergr. Entsch. Bd. 1 S. 276). Denn erfordern die Vorkehrungen so große Aufwendungen, daß die Existenzfähigkeit des Unternehmens dadurch aufgehoben würde, so kann dem Bergwerksbesitzer nicht zugemutet werden, sie zu treffen. Der Berufungsrichter hat die Anlegung eines Laugenkanals. der die Mansfelder Salzlaugen aufnehmen und erst unterhalb Magdeburgs in die Elbe leiten sollte, wegen der Höhe der Bau- und Unterhaltungskosten für wirtschaftlich unausführbar erachtet. Er weist darauf hin, daß diese Kosten mit den Erträgen des Mansfelder Bergbaues unvereinbar seien. Diese Ausführung bedeutet nicht, wie die Revision annimmt, daß den Inhabern der Mansfelder Kuxe nur ihr Gewinn verkürzt werden müßte, sondern daß die Einstellung des Betriebes des des Mansfelder Bergbaues die Folge sein würde. ...

Auch hinsichtlich der Kali- und Sodafabriken begegnet die vom Berufungsgericht bestätigte Abweisung der Abwehrklage, soweit die Zeit bis zum März 1909 in Betracht kommt, an und für sich keinem Bedenken. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils waren die Salzzuführungen der Sodafabriken so gering, daß sie für sich allein für die Versalzung des Abwassers nicht in Betracht kamen. Dasselbe stellt der Berufungsrichter von den Kalifabriken fest, soweit ihre Zuführungen allein berücksichtigt würden. Bis zum Jahn 1909 habe eine Überschreitung der Erträglichkeitsgrenze von 0,2 lg Chlormagnesium von ihrer Seite überhaupt nicht stattgefunden. Auch die Gesamtmenge der von den beklagten Kalifabriken in die Elbe eingeleiteten Salze beschwere die Klägerin nicht. Mit Rücksicht hierauf hält der Berufungsrichter offenbar die Abwehrklage diesen Beklagten gegenüber für unbegründet. Die Revision erhebt hier die Rüge, daß der Berufungsrichter die Gesamtwirkung der Versalzung nicht berücksichtigt habe. Die 3 hauptsächlich in Betracht kommenden Chloride hätten festgestelltermaßen eine einheitliche Salzwirkung hervorgebracht. Die beklagten Soda- und Kalifabriken hätten die allgemeine Salzwirkung gesteigert. Sei die Beeinträchtigung durch mehrere Störer verursacht, so müsse sie auch von sämtlichen Störern beseitigt werden. Die Rüge ist indessen nicht gerechtfertigt. Die negatorische Klage erfordert zwar kein subjektives Verschulden, aber doch einen objektiv rechtswidrigen Eingriff in das Eigentum der Klägerin. An einem solchen fehlt es aber hier, wenn die beklagten Kali- und Sodafabriken sich in den Grenzen des Erlaubten gehalten und ihrerseits nur zulässige, sich innerhalb der Erträglichkeitsgrenze bewegende Immissionen vorgenommen haben. Unter Umständen mag in derartigen Fällen ein Eingriff auch dann anzuerkennen sein, wenn die an und für sich erlaubten Einleitungen durch Bereinigung mit zulässigen oder übermäßigen Einleitungen anderer eine schädliche Gesamtwirkung hervorbringen, an der die ersteren wesentlich beteiligt sind. Allein so liegt die Sache hier nicht. Vielmehr wurde die Elbversalzung, welche das Wasserwerk der Klägerin gefährdet und entwertet, schon ganz allein durch die Beklagte Mansfeld herbeigeführt. Die das Maß des Erträglichen weit übersteigenden Einleitungen dieser Beklagten, die sich bis zu einer Höchstmenge von mehr als 300000 Zentner Salz an einem Tage erhoben, bewirkten für sich allem schon bei Eintritt ungünstiger Verhältnisse, wie niedrigen Wasserstandes und starken Frostes, eine derartige Versalzung des Elbwassers, daß es für die Wasserleitung der Klägerin ungeeignet wurde. Die Salzzuführungen der übrigen Beklagten waren auf dies Ergebnis ohne merklichen Einfluß. Ob ihre Salzzuführungen noch hinzutraten oder nicht, änderte an dem von der Beklagten Mansfeld geschaffenen Zustande nichts. Auch ohne Hinzutritt ihrer Einleitungen blieb das Elbwasser infolge der Mansfeld'schen Salzzuführungen untauglich. Ein Ausgleich der kollidierenden Rechte der Parteien war unter diesen Umständen nur dahin möglich, daß die Beklagte Mansfeld ihre Salzeinleitungen verminderte; die übrigen Beklagten, die der Elbe Salzmengen nur in erlaubtem Maße zuführten, hatten keine Verpflichtung, ihre Einleitungen herabzusetzen; durch eine solche Verminderung hätten sie auch an dem die Klägerin schädigenden Zustande nichts geändert. Konnte die Beklagte Mansfeld infolge ihrer bergrechtlichen Gerechtsame nicht gezwungen werden, ihre Salzzuführungen zu verringern, so darf dieser Umstand die Lage der übrigen Beklagten nicht verschlechtern, die sich nur in erlaubter Rechtsausübung befunden und das Gesamtbild nicht wesentlich verändert haben. Gleichwohl unterliegt auch das die Klage gegen die Kali- und Sodafabriken abweisende Berufungsurteil der Aufhebung, weil es wiederum auf die Zeit von 1909 bis 1918 nicht eingeht und eine fachliche Entscheidung über den für diesen Zeitraum geltend gemachten Abwehranspruch nicht gibt, vielmehr für diesen Zeitraum die Abwehrklage nur aus dem Gesichtspunkte der unzulässigen Klagänderung abweist.

3. Schadensersatzanspruch.

Die Beklagte Mansfeld hat der Berufungsrichter der Klägerin gegenüber für allen Schaden, den ihr Wasserwerk erlitten habe, auf Grund des § 148 ABG. für schadensersatzpflichtig erachtet. Dagegen hat er eine Schadensersatzpflicht der übrigen Beklagten grundsätzlich verneint, weil sie mit ihren Salzzuführungen das Maß des Erträglichen überhaupt nicht überschritten hätten. Auch für die Gesamtwirkungen der Salzeinleitungen aller Beklagten in die Elbe hält er die beklagten Kali- und Sodafabriken nicht für haftbar. Denn die schädlichen Folgen der Versalzung des Elbwassers würden allein schon durch die Beklagte Mansfeld herbeigeführt, deren Anteil an der Gesamtversalzung nach der von dem Sachverständigen in erster Instanz aufgestellten Berechnung etwa 96 % betrage. Eine Gesamthaft aller Beklagten sei nicht anzunehmen. Nach den Vorschriften des preuß. Landrechts, das zur Anwendung komme, trete Gesamthaft mehrerer Beschädiger nur nach Maßgabe der §§ 29 bis 32 I, 6 ein. Er verneint aber jedes Verschulden der Beklagten zu 2 bis 21. Er hält auch die Voraussetzungen des § 32 a.a.O. nicht für gegeben, weil der Anteil dieser Beklagten an der Gesamtversalzung der Elbe ausreichend bestimmt werden könnte. Der Revision ist zuzugeben, daß die Schadensersatzpflicht für die Zeit vom Jahre 1900 ab nach dem bürgerlichen Gesetzbuche zu beurteilen war. Nach den bisherigen Feststellungen kann aber die Verneinung der Haftbarkeit der Beklagten zu 2 flg. nicht für rechtsirrtümlich erachtet werden, fehlt jedes Verschulden auf ihrer Seite, weil sie sich in den Grenzen ihres Rechtes bewegt und das Maß des Erträglichen nicht überschritten haben. Aber auch wenn man die Salzzuführungen aller Beklagten zusammen und deren Gesamtwirkung ins Auge faßt, gestaltet sich bei der hier gegebenen Sachlage die Haftbarkeit nicht anders. Wie schon oben bei der Abwehrklage erörtert wurde, waren die Salzeinleitungen dieser Beklagten so geringfügig, daß sie auf die Entstehung des Schadens ohne jeden Einfluß waren. Durch die außerordentlich starken Salzzuführungen der Beklagten Mansfeld und die ständige Gefahr ihrer Wiederholung trat dagegen die Entwertung des Wassergrundstücks der Klägerin ein, da ihm jederzeit das zur Speisung der Leitung geeignete Wasser fehlen konnte. Unter diesen Umständen konnte der Berufungsrichter ohne Rechtsirrtum ein Verschulden der Beklagten zu 2 flg. überhaupt verneinen, auch wenn sie ihre Einleitungen fortsetzten, ohne sich um die ihnen durch Mitteilungen seitens der Klägerin bekannt gewordenen Folgen der übermäßigen Immissionen seitens der Beklagten Mansfeld zu kümmern. Denn diese Beklagten hatten keine Veranlassung, ihre Rechte zugunsten der Beklagten Mansfeld aufzugeben; sie hätten aber auch durch Einstellung ihrer Salzzuführungen der Klägerin nicht das geringste genützt; denn solange die Zuführungen der Beklagten Mansfeld fortdauern, blieb die Gefährdung des Betriebs des klägerischen Wasserwerks in gleichem Maße weiterbestehen. Diese Beklagten verhalten sich in bezug auf die Salzeinleitungen ihrer Fabriken schon so, wie die Beklagte Mansfeld auch ihr Verhalten hätte einrichten müssen. Ist der letzteren eine Änderung ihrer Immissionseinrichtungen aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unmöglich, so muß sie auch für den der Klägerin dadurch erwachsenden Schaden in vollem Umfange aufkommen. Es wäre im höchsten Maße unbillig, die übrigen Beklagten für die bei der Beklagten Mansfeld bestehenden Betriebsverhältnisse haftbar zu machen (vgl. auch RGZ. Bd. 73 S. 290). Wenn hiernach auch die Ausführungen des angefochtenen Urteils über den Grund der Haftung, soweit die Zeit bis zum Jahre 1909 in Betracht kommt, im Ergebnis nicht zu beanstanden sind und nur der Mangel einer fachlichen Entscheidung und der dazu erforderlichen Feststellungen für die Zeit von 1909 ab einen Grund zur Aufhebung des angefochtenen Urteils abgibt, kann doch auch die Beurteilung, welche die einzelnen Klagansprüche seitens des Berufungsrichters der Beklagten Mansfeld gegenüber gefunden haben, in rechtlicher Beziehung nicht gebilligt werden.

Die Schadensansprüche der Klägerin bewegten sich in drei Richtungen. Die Klägerin hatte in den Jahren 1893/94 verschiedene Maßnahmen ergriffen, um dem durch die Versalzung des Elbwassers eingetretenen Notstände zu steuern und ihren Einwohnern anderes brauchbares Wasser zu beschaffen. Sie hatte alte Brunnen wieder instand gesetzt und neue Brunnen angelegt. Die hierdurch entstandenen Kosten, sowie die Kosten der fortlaufenden Untersuchung des Brunnenwassers und der Unterhaltung dieser Brunnen verlangt sie teilweise ersetzt. Ferner hatte die Klägerin alsbald nach Eintritt der übermäßigen Versalzung des Elbwassers den Plan gefaßt, an Stelle der Flußwasserleitung ein neues Wasserwerk zu errichten, das mit Grundwasser gespeist werden sollte. Sie hatte hierzu sofort die nötigen Vorarbeiten in Angriff genommen, insbesondere mit umfangreichen Bohrungen begonnen. Auch die Kosten dieser Vorarbeiten beansprucht die Klägerin von den Beklagten erstattet und begehrt auch die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihr die Kosten der künftigen Anlage und die Mehrkosten der Unterhaltung des Wasserwerks mit Grundwasserversorgung zu ersetzen. Endlich hat die Klägerin im Jahre 1909 ihre Schöpfstelle für das bisherige Wasserwerk von der linken auf die wesentlich salzärmere rechte Seite der Elbe verlegt und erhebt auch Anspruch auf Erstattung der Kosten dieser Schöpfstellenverlegung. Während das Landgericht der Beklagten Mansfeld gegenüber den Anspruch auf Ersatz der Brunnenkosten und auf Erstattung der Vorarbeiten zu einer Grundwasserversorgung wenigstens zum Teil für begründet, den Anspruch auf Ersatz der durch die Verlegung der Schöpfstelle entstandenen Kosten dagegen für unbegründet erachtet hatte, hat das Berufungsgericht dieser Beklagten gegenüber lediglich den letzteren Anspruch für gerechtfertigt erklärt, die Klage hinsichtlich der Brunnenkosten und hinsichtlich der Anlage eines neuen Grundwasserwerks und der Vorarbeiten dazu aber abgewiesen. Der Berufungsrichter gründet die Haftung der Beklagten Mansfeld auf § 148 ABG. und hält die letztere gemäß § 79 ALR. I. 6 zur Wiederherstellung des früheren Zustandes, soweit dies möglich sei, für verpflichtet. Für den Umfang des zu leistenden Ersatzes bildet nach den weiteren Ausführungen des Berufungsrichters lediglich "das objektiv Erforderliche" den Maßstab, denn nur insoweit habe der Gegner Schaden zugefügt. Maßnahmen der Klägerin, welche, wenn auch ohne Verschulden ihrerseits ergriffen, doch das Maß des Erforderlichen überschritten oder sich nachträglich überhaupt als verfehlt erwiesen, könnten einen Ersatzanspruch nicht rechtfertigen. Diese Auffassung wird von der Revision mit Recht angefochten. Zunächst war auch hier vom Jahre 1900 ab für den Umfang der Ersatzpflicht mit Rücksicht auf den fortdauernden Gefährdungszustand und die weiterbestehende Notwendigkeit, Maßnahmen zur Beschaffung geeigneten Wassers zu treffen, das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Anwendung zu bringen, da besondere berggesetzliche Vorschriften hierüber nicht bestehen (RGZ. Bd. 90 S. 154). Indessen wird hierdurch kein wesentlicher Unterschied begründet, da die Art und der Umfang der Entschädigung nach §§ 249 flg. BGB. im großen und ganzen ebenso geregelt sind, wie nach den vom Berufungsrichter angezogenen Vorschriften des preuß. Landrechts. Dagegen gibt der vom Berufungsrichter an die Spitze seiner Ausführungen über die Entschädigung gestellte Grundsatz, daß nur solche Aufwendungen, die objektiv erforderlich gewesen seien, zu ersetzen seien, zu erheblichen rechtlichen Bedenken Anlaß. Der Schaden der Klägerin bestand in der durch die Versalzung hervorgerufenen Unbrauchbarkeit des Elbwassers für ihr Wasserwerk, in dessen Entwertung durch die ständige Gefahr des Verlustes geeigneten Schöpfwassers und in den dadurch verursachten Aufwendungen zur Beschaffung anderen Wassers. Für diesen Schaden haften die Beklagten, soweit überhaupt ein Haftungsgrund für sie besteht, unter der Voraussetzung, daß der Schaden als eine adäquate Folge der wirkenden Tatsache erscheint (RGZ. Bd. 81 S. 359.) Es ist deshalb unzutreffend, wenn das Berufungsgericht annimmt, daß Aufwendungen, die sich nachträglich als verfehlt erwiesen, überhaupt nicht erstattungsfähig feien. Der Schädiger hat dem Verletzten alle Aufwendungen zu ersetzen, die vom Standpunkt eines verständigen Mannes aus bei der gegebenen Sachlage zweckmäßig erschienen, gleichviel ob sie von Erfolg begleitet waren oder nicht (J. W. 1911 S. 754 Nr. 9 und 1913 S. 322 Nr. 7, Warneyer 1914 Nr. 159). Allerdings kann bei Beschädigung einer Sache der Gläubiger, der die Herstellung der Sache selbst übernehmen will, nach § 249 Satz 2 BGB. vom Schuldner nur den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Ersatzpflichtige ist ferner nach § 251 Abs. 2 auch nicht gehalten, dem Gläubiger unverhältnismäßige Aufwendungen zu ersetzen (J. W. 1909 S. 454 Nr. 7. RGZ. Bd. 71 S. 212). Allein als erforderlich müssen unter Umständen auch Aufwendungen gelten, die nach der gegebenen Sachlage bei verständiger Beurteilung zur Wiederherstellung des früheren Zustandes geboten erschienen. Der Umstand, daß sich hinterher die Lage als günstiger herausstellt und ein anderer, einfacherer Weg der Abhilfe, wie hier die Schöpfstellenverlegung, sich bietet, schließt daher nicht aus, auch die früheren Aufwendungen als ersatzfähig anzusehen. Es kommt hierbei auf die Umstände des einzelnen Falles an. Jedenfalls läßt sich nicht schlechthin sagen, daß das objektiv Erforderliche die Grenze für die Ersatzpflicht bilde. Nur für unvernünftige, aller Erfahrung widersprechende Maßnahmen des Verletzten oder von ihm zugezogener dritter Personen braucht der Schädiger nicht aufzukommen. Unter diesem Gesichtspunkte hat der Berufungsrichter, der lediglich auf den Erfolg und die objektive Zweckmäßigkeit sieht, die Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen nicht geprüft. Hinsichtlich der Brunnen ist nur festgestellt, daß ihr Wasser an Mineralgehalt dem Elbwasser nicht nachstand, daß einzelne Brunnen sogar noch salzreicher waren. Deshalb verwirft der Berufungsrichter die Maßregel der Wiederherstellung und Neuanlage von Brunnen als zweckwidrig und ungeeignet, soweit dadurch Ersatz für das Elbwasser wegen dessen anorganischer Beimengungen gesucht wurde. Allein der Berufungsrichter erkennt selbst an, daß die Maßregel vielleicht psychologisch geboten sein mochte, weil die Bevölkerung sich in starker Erregung wegen der Verunreinigung des Leitungswassers befand. Es fragte sich daher, ob die Klägerin, um schnellstens Ersatz für das unbrauchbare Elbwasser zu beschaffen, nicht diese Maßnahme als die Nächstliegende und am leichtesten ausführbare ergreifen durfte. Wenn die Brunnen auch sämtlich salzhaltiger oder ebenso salzhaltig, gewesen sein sollten, wie die Elbe, und dies der Klägerin bekannt war oder doch hätte bekannt sein müssen, kam immer noch in Betracht, ob bei den Brunnen nicht wenigstens ein sich gleich bleibender Grad der Versalzung vorlag, während beim Abwasser vielleicht noch eine weitere Zunahme der Versalzung zu befürchten war. Diese und ähnliche Gesichtspunkte, insbesondere auch die große Verantwortung, welche die Klägerin in einer für die Bevölkerung so wichtigen Frage traf, waren bei der Beantwortung der Frage zu berücksichtigen, ob die Einrichtung der Brunnen unter den obwaltenden Umständen nicht doch als eine im Rahmen der gewöhnlichen Erfahrung liegende Maßregel anzusehen war. Jedenfalls kann die Erstattungsfähigkeit der hierdurch entstandenen Kosten mit dem Hinweis auf die objektive Sachwidrigkeit dieser Maßnahmen allein nicht abgelehnt werden.

Ebenso liegt die Sache hinsichtlich der Kosten der Grundwasserversorgung. Es mag zwar richtig sein, daß die Klägerin, wenn das Elbwasser nur auf der linken Stromseite besonders stark versalzen, auf der rechten Elbseite aber noch erträglich geblieben war, nur Anspruch darauf hatte, auf Kosten der Beklagten sich am rechten Ufer eine neue Schöpfstelle einzurichten und diese an ihr altes Wasserwerk anzuschließen. Solange es daher ohne erhebliche Mehrkosten für die Klägerin möglich war, das Wasser von der rechten Elbseite in brauchbarem, erträglichem Zustand ihrer Leitung zuzuführen, so lange hatte sie kein Recht darauf, daß die Beklagten ihr ein neues Wasserwerk mit Grundwasserversorgung errichteten oder die Kosten hierzu hergaben. Hierauf hätte die Klägerin nur Anspruch gehabt, wenn die Elbe in ihrer ganzen Breite von den Beklagten derartig versalzen worden wäre, daß ihr Wasser für die Wasserleitung der Klägerin überhaupt nicht mehr zu verwenden war. Dies war aber nach den bis jetzt vorliegenden Feststellungen jedenfalls bis zum Jahre 1909 nicht der Fall. Für die spätere Zeit sind endgültige und vollständige Feststellungen nicht getroffen. Es läßt sich daher noch nicht beurteilen, ob der Anspruch auf Feststellung der Verpflichtung zur Erstattung, der Kosten eines Grundwasserwerks auch im Hinblick auf den Versalzungszustand in dieser Periode unbegründet ist. ...

Aber auch wenn für die Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anlage eines neuen Grundwasserwerks nicht bestehen sollte; ist damit noch keineswegs entschieden, daß ihr nicht wenigstens die Kosten der Vorarbeiten zu einem solchen Wasserwerk von den Beklagten ganz oder teilweise zu erstatten sind. Durch den Umstand allein, daß die Versalzung der Elbe auf der linken Seite festgestelltermaßen wesentlich stärker auftritt, als auf der rechten Stromseite, weil die aus der Saale in die Elbe gelangenden stark salzhaltigen Wassermengen sich bis Magdeburg mit dem übrigen Elbwasser noch nicht völlig vermischt haben, wurde noch nicht der Nachweis geführt, daß die Klägerin alsbald ihre Schöpfstelle auf die rechte Elbseite hätte verlegen und von dort taugliches Wasser sich für ihre Leitung hätte verschaffen müssen. Zu dieser Annahme wäre erforderlich gewesen, daß diese Strömungs- und Mischungsverhältnisse der Elbe schon in den Jahren 1893 und 1894 der Klägerin bekannt waren oder bekannt sein mußten und daß ihr der volle Erfolg einer solchen Maßregel nicht hätte zweifelhaft sein können. In dieser Richtung fehlt es aber an ausreichenden Feststellungen. In den Gründen wird nur erwähnt, daß die Klägerin nach den Erfahrungen des Jahres 1893 die ihr längst angeratene Schöpfstellenverlegung sogleich hätte in Angriff nehmen sollen. Damit ist offenbar auf das Gutachten des Sachverständigen K. hingewiesen, der schon im Jahre 1882 die eigentümlichen Mischungsverhältnisse des Abwassers festgestellt und der Klägerin die Verlegung ihrer Schöpfstelle auf die rechte Elbseite in seinen Schriften empfohlen hatte. Allein wenn diese Ratschläge auch der Klägerin bekannt gewesen sein mögen, so steht noch nicht fest, daß sie auch von deren Richtigkeit überzeugt war oder sein mußte. Der Berufungsrichter führt selbst aus. die bloße Feststellung, daß das Saalewasser sich bis Magdeburg noch nicht völlig mit dem Elbwasser gemischt hatte, daß vielmehr das Wasser aus der linken Elbseite viel salzreicher war, als auf der rechten Seite, wäre an sich noch nicht von großer Bedeutung gewesen; erst die Erkenntnis, daß diese Verschiedenheit einen Grad annehmen konnte, der die Brauchbarkeit des linksseitigen Flußwassers für die Zwecke der Klägerin gegenüber dem Wasser der rechten Stromseite erheblich minderte, hätte von praktischem Nutzen werden können. Es sei aber erst im Laufe dieses langjährigen Prozesses bei Abschluß des zweiten Rechtszuges auf Grund umfangreicher und sorgfältigster Untersuchungen vieler Sachverständiger darüber Gewißheit gewonnen, daß die linke Uferseite auch unter den besonderen Verhältnissen, die den Unterschied allein wesentlich machten, nämlich bei niedrigen Wasserführungen und bei Frost, eine erheblich stärkere Versalzung aufweise, als die rechte. Wenn diese Ausführungen auch in dem angefochtenen Urteile zur Begründung dafür dienen, daß die Klägerin deshalb kein Verschulden treffe, weil sie nicht schon in den Jahren 1857 / 59 das Wasserwerk auf der rechten Elbseite angelegt habe, so ergibt sich doch daraus zugleich, daß auch im Jahre 1882, als der Sachverständige K. den Unterschied zwischen dem Salzgehalt auf der rechten und dem auf der linken Elbseite bereits festgestellt hatte, doch auch nach Ansicht des Berufungsgerichts die Tragweite dieser Feststellung nicht ohne weiteres klar war, daß vielmehr die praktischen Folgerungen, die sich aus dieser eigentümlichen Erscheinung für das Wasserwerk der Klägerin ergaben, mit Sicherheit erst im Laufe des gegenwärtigen Prozesses nach eingehenden Untersuchungen von den Sachverständigen gezogen werden konnten. Jedenfalls kam es darauf an, ob die Klägerin schon im Jahre 1893 namentlich auf Grund der Feststellungen des Sachverständigen K. klar übersehen konnte, daß das Wasser auf der rechten Elbseite noch durchaus erträglich war und voraussichtlich auch für absehbare Zeit bleiben würde und daß deshalb dem eingetretenen Übelstande dadurch schnell und dauernd werde abgeholfen werden können, daß sie die Schöpfstelle ihres Wasserwerks auf die rechte Elbseite verlegte. War dies der Fall, so bestand allerdings kein Anlaß, sich mit den Vorarbeiten eines neuen Wasserwerks zu befassen; gegenüber der Versalzungsgefahr wäre diese Maßnahme alsdann ziemlich überflüssig gewesen. Lag es dagegen nicht so klar auf der Hand, daß auf der rechten Elbseite für absehbare Zeit vollkommen erträgliches Wasser für die Leitung der Klägerin zu finden sei, so könnte dem Plan der Klägerin, ein neues Wasserwerk mit Grundwasserversorgung gerade wegen der Versalzung des Elbwassers anzulegen, die Berechtigung nicht abgesprochen werden, und auch die Vorarbeiten zu diesem Unternehmen müßten alsdann als gerechtfertigt anerkannt werden. Mindestens würde dies bis zu dem Zeitpunkte gelten, in welchem während des Rechtsstreits durch die Gutachten der Sachverständigen oder durch den sonstigen Prozeßstoff in zuverlässiger Weise Aufklärung darüber geschaffen worden wäre, daß die Versalzung des Wassers auf der rechten Elbseite auch unter ungünstigen Umständen, wie bei außergewöhnlich niedrigem Wasserstande oder bei Frost, wesentlich geringer sei als auf der linken Seite und die Erträglichkeitsgrenze nicht überschreite. Bis zu diesem noch näher festzustellenden Zeitpunkt würden alsdann auch die Kosten, welche durch die Vorarbeiten, insbesondere durch die Bohrungen nach Wasser, entstanden sind, durch die übermäßigen Salzeinleitungen im Rechtssinn als verursacht angesehen werden können. Aus diesen Gründen unterlag das angefochtene Urteil, auch soweit es der Klägerin den Anspruch auf Erstattung der Kosten der Vorarbeiten zu dem neuen Wasserwerk absprach und die Beklagten nicht für verpflichtet hielt, der Klägerin die Kosten der Anlage eines neuen Wasserwerks mit Grundwasserversorgung zu ersetzen, der Aufhebung."

  • 1. Amtl. Anm.: Vgl. auch RGZ. Bd. 97 S. 164. D. E.