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RG, 09.03.1917 - II 1/17

Daten
Fall: 
Einzelvertretung und Gesamtvertretung in oHG
Fundstellen: 
RGZ 90, 21
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
09.03.1917
Aktenzeichen: 
II 1/17
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • AG Mannheim
  • LG Mannheim

Kann im Gesellschaftsvertrage bestimmt werden, daß von mehreren Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft der eine für sich allein vertretungsberechtigt ist, der andere nur mit ihm zusammen die Gesellschaft vertreten kann?

Tatbestand

Die Frage wurde bejaht aus folgenden Gründen:

Gründe

"Die offene Handelsgesellschaft "Hoftuchdruckerei Max H. & Co in M. wurde bisher durch einen der Gesellschafter Adolf und Viktor G. vertreten. Im Oktober 1916 meldeten die Gesellschafter zur Eintragung in das Handelsregister an, daß in Zukunft auch der Gesellschafter Eduard H. die Firma vertreten solle, so jedoch, daß ihm die Vertretung nur zusammen mit einem der beiden anderen Vertreter zustehe, während von diesen selber nach wie vor jeder allein zur Vertretung berechtigt sei. Das Amtsgericht lehnte die Eintragung als unzulässig ab; das Landgericht wies die Beschwerde des Eduard H. zurück. Das Oberlandesgericht Karlsruhe erachtete die weitere Beschwerde für gerechtfertigt, sah sich aber durch einen Beschluß des Kammergerichts vom 26. Juli 1906 (abgedruckt in D. Jur.-Ztg. S. 1264) behindert, ihr stattzugeben, und legte sie deshalb unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Reichsgerichte zur Entscheidung vor.

Das Reichsgericht erkennt an, daß die Voraussetzungen des § 28 FrGG. gegeben sind. In der Sache selbst tritt es dem Oberlandesgerichte Karlsruhe bei.

Nach §125 Abs. 2 HGB. kann im Gesellschaftsvertrage bestimmt werden, daß alle oder mehrere Gesellschafter nur in Gemeinschaft zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sein sollen. Streitig ist die Zulässigkeit einer Verbindung von Einzel- und Gesamtvertretung in der Art, daß von mehreren Gesellschaftern der erste für sich allein vertretungsberechtigt ist, der zweite nur mit ihm zusammen die Gesellschaft vertreten kann.1

Das Kammergericht hat sich der verneinenden Ansicht angeschlossen. Es nimmt an, eine solche Bestimmung laufe in Wahrheit auf den Ausschluß der Vertretungsmacht des zweiten Gesellschafters hinaus; weil sie dies aber nur in unklarer Verhüllung zum Ausdruck bringe, sei sie zur Eintragung in das Register nicht geeignet. Indes geht die Ansicht, die Bestimmung sei gleichbedeutend mit dem Ausschlusse von der Vertretungsmacht, offenbar fehl. Das Gegenteil ergibt sich schon daraus. daß die passive Vertretungsmacht dem zweiten Gesellschafter ohne weiteres zusteht. Satz 3 des § 125 Ms. 2 befähigt ihn, empfangsbedürftige Willenserklärungen mit Rechtewirkung für die Gesellschaft entgegenzunehmen. Handelt es sich ferner um Willensmängel oder um die Kenntnis rechtserheblicher Tatsachen (vgl. § 166 Abs. 1 BGB.), so genügt es, wenn diese Umstände auch nur in seiner Person vorliegen. Kann sonach von einem Ausschlusse von der Vertretungsmacht keine Rede sein, so trifft es auch nicht zu, wenn Lehmann-Ring Nr. 10c die angebliche Unzulässigkeit der Bestimmung aus der Fassung des § 125 Abs. 2 Satz 1 herleiten wollen. Die Worte so zu wählen, daß alle denkbaren Kombinationen zwischen Gesamt- und Einzelvertretung dadurch gedeckt werden, hatte das Gesetz keinen Anlaß. Entscheidend muß sein, daß praktische Bedenken der Eintragung nicht entgegenstehen. Die Verkehrssicherheit läuft keine Gefahr. Man kann es auch nicht einmal für schlechthin unzweckmäßig erklären, wenn die Vertretungsmacht in solcher Weise geregelt wird. Namentlich dann, wenn eine Übergangszeit geschaffen werden soll, um einen neu eintretenden Gesellschafter vor Erteilung der vollen Vertretung zunächst zu erproben, mag die Bestimmung von Wert sein. Jedenfalls beweist die Anzahl der Fälle, in denen die Gerichte damit befaßt wurden, daß ein gewisses Bedürfnis für sie vorhanden ist. Der Antrag auf Eintragung ist daher mit Unrecht abgelehnt worden."

  • 1. (Literatur über die Frage bei Düringer-Hachenburg, Handelsgesetzbuch § 125 Anm. II)