RG, 09.03.1917 - II 516/16
Rechtsstellung dessen, dem ein Gesellschafter den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben abgetreten hat.
Tatbestand
Am 9. Mai 1911 schloß der Beklagte mit dem Unternehmer G. einen Gesellschaftsvertrag zur Aufschüttung und Planierung eines Sees bei Berlin. G. legte 28000 M, der Beklagte 38042,71 M ein; Gewinn und Verlust sollten auf beide gleichmäßig verteilt werden. Nachdem die Gesellschaft im Sommer 1913 beendet war, wurde der Beklagte in einem Vorprozeß auf Klage G.s zur Rechnungslegung verurteilt. Nach der Bilanz, die er darauf vorlegte, waren 14374,42 M Buchforderungen und Geräte im Werte von 300 M vorhanden; diesen Aktiven standen die Einlagen und 802,47 M Buchschulden gegenüber. Gleich bei Beginn der Gesellschaft hatte G. seine Ansprüche aus dem Vertrag an den jetzigen Kläger abgetreten. Mit der gegenwärtigen Klage macht dieser in Höhe von 14000 M den Auseinandersetzungsanspruch des Zedenten geltend, indem er die Bilanz bemängelt, höhere Einnahmen und geringere Ausgaben behauptet.
Das Landgericht erließ ein Teilurteil, wodurch es den Beklagten zur Zahlung von 10914,72 M verurteilte. Dagegen wies das Kammergericht die Klage, soweit darüber erkannt war, ab. Die Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen:
Gründe
"Der Berufungsrichter hat die Klage abgewiesen, weil der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben zwar übertragbar, seine Geltendmachung aber von der Feststellung des Betrags durch die Gesellschafter abhängig sei. Das stimmt mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts überein. Dem § 717 BGB. liegt der Gedanke zugrunde, daß gesellschaftliche Ansprüche durch Dritte erst geltend gemacht werden dürfen, wenn sie völlig von dem Gesellschaftsverhältnis losgelöst sind. Danach ist auch die Rechtsstellung zu bemessen, die der Zessionar des Anspruchs auf das Guthaben einnimmt. Wiederholt wurde ausgesprochen, daß ihm das Recht auf Rechnungslegung nicht übertragen werden kann. Aber auch ein Versuch, seinerseits zu beweisen, was dem Zedenten zukommt, kann nicht ohne weiteres zum Ziele führen. Da das Guthaben erst durch Liquidation von der Verknüpfung mit dem Gesellschaftsverhältnis freigemacht werden muß, hat der Zessionar die Abwickelung dieses Verhältnisses durch die Gesellschafter abzuwarten. Allerdings geht es zu weit, wenn einzelne Urteile sich so ausdrücken, als ob der Anspruch auf das Guthaben vor Schluß der Liquidation überhaupt nicht übertragbar sei. Angesichts der Möglichkeit, bedingte und sogar zukünftige Ansprüche zu übertragen, walten Bedenken gegen die Abtretung als solche nicht ob. Dies um so weniger, als das Gesetz schon bei bestehender Gesellschaft eine Pfändung des Anteils des Gesellschafters zuläßt (vgl. § 725 BGB., § 859 ZPO.). Doch wird der Zessionar durch die Abtretung allein noch nicht instand gesetzt, auf Zahlung zu klagen. Hat er dadurch auch den Vorteil erlangt, daß die Bestimmungen, die der Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz über die Art der Auseinandersetzung ausstellt, nicht mehr zu seinen Ungunsten geändert werden können, so ist und bleibt diese selber doch Sache der Gesellschafter. Nur unter den Gesellschaftern findet die Auseinandersetzung statt (§ 730 Abs. 1). Der Zessionar hat kein Recht auf Beteiligung an ihr erworben, sondern nur einen Anspruch auf das, was dem Zedenten dabei zukommt. Daher kann er in die Liquidation nicht eingreifen. Erleidet er Schaden dadurch, daß sie verzögert oder vorschriftswidrig vorgenommen wird, so muß er sich wegen des Ersatzes an den Zedenten halten.
Diese Erwägungen führen auch im vorliegenden Falle zur Abweisung der Klage. Freilich kann die Hilfsbegründung des angefochtenen Urteils nicht gebilligt werden, worin gesagt wird, da die Bilanz mit Verlust abschließe, komme ein Guthaben G.s, des Zedenten des Klägers, gar nicht in Frage. Dabei ist übersehen, daß die Aktiven, wenn auch niedriger als die Passiven (Schulden plus Einlagen), so doch höher als die Schulden sind. Die 1914,72 M, um die die Einlage G.s zu 28.000 M seinen Verlustanteil (die Hälfte von 52170.58 M) übersteigt, haben als sein bilanzmäßiges Guthaben zu gelten (vgl. § 735 BGB.). Ein Anspruch auf Zahlung ist das Guthaben aber nicht, vielmehr kann G. nach § 733 Abs. 3 BGB. nur verlangen, daß die Geräte und Buchforderungen behufs Befriedigung des Guthabens in Geld umgesetzt werden. Und auch dieses Verlangen würde der Kläger, der als Nichtgesellschafter mit der Liquidation nicht befaßt ist, nicht geltend machen können. Danach ist es für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit auch unerheblich, daß und wie er die Bilanz bemängelt. Was insbesondere die angeblich in Ansatz zu bringenden Einnahmen aus Eisenbahnzufuhren betrifft, die 18000 M oder, wie in zweiter Instanz gesagt wurde, 75000 M betragen sollen, so handelt es sich nach §§ 713, 667 BGB. um eine Forderung gegen den Beklagten, deren Umsetzung in Geld wiederum den Gesellschaftern obliegt. Der Betrag ist, wenn überhaupt, so an die Gesellschaftskasse zu zahlen, nicht an den Kläger. Sollte G., wie es den Anschein hat, nicht gewillt sein, gegen den Beklagten vorzugehen, so kann der Kläger dagegen nichts ausrichten. Er ist auf den Schadensersatzanspruch gegen seinen Rechtsurheber beschränkt."