RG, 11.04.1889 - IV 26/89
Kann der Schuldner einer Forderung, welche auf den Namen der in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau geschrieben, von ihm aber unter Widerspruch der Ehefrau an den Ehemann gezahlt ist, der auf Zahlung der Forderung gehenden Klage der Erben der Ehefrau gegenüber einen Anspruch aus der ihm gegen den Ehemann und die gütergemeinschaftliche Masse zustehenden condictio sine causa entgegensetzen?
Tatbestand
Der Erblasserin der Kläger, der mit ihrem Ehemann in Gütergemeinschaft lebenden Frau U., stand an den Beklagten eine auf ihren Namen geschriebene Forderung von 7000 Thalern zu. Der Beklagte wendete Zahlung ein, und die Vorderrichter haben die Zahlung an den Ehemann U. bis zu einem richterlichen Eide des Beklagten für bewiesen erachtet und die Kläger für den Schwörungsfall abgewiesen.
Die von den Klägern eingelegte Revision ist zurückgewiesen aus folgenden Gründen:
Gründe
"Das Berufungsgericht nimmt an, daß der Beklagte von der eingeklagten Forderung durch Zahlung derselben an den Ehemann U. befreit sein würde, trotzdem das Kapital auf den Namen der Ehefrau geschrieben war und diese nachgewiesenermaßen gegen Aushändigung des Geldes an den Ehemann protestiert hat. Es erblickt in der Empfangnahme des Geldes nicht eine Verfügung über das Kapital, sondern nur eine die Einwilligung der Frau nicht erfordernde Verwaltungsmaßregel. Die Nichtigkeit dieses Entscheidungsgrundes kann dahingestellt bleiben,1 denn das Berufungsgericht stützt seine Entscheidung auf einen zweiten selbständigen Entscheidungsgrund, nämlich darauf:
daß der Beklagte jedenfalls das Recht habe, das an den Ehemann U. Gezahlte von den Klägern zurückzufordern.
Denn das Gezahlte sei in die gütergemeinschaftliche Masse geflossen und diese (mithin jetzt die Kläger) haften ihm (dem Beklagten) für die durch die Empfangnahme des Geldes seitens des Ehemannes begründete Schuld.
Hierbei steht das Berufungsgericht auf dem Standpunkte, welchen das Obertribunal in konstanter Praxis eingenommen hat,2 und dies hat auch bereits das Reichsgericht in seinem Urteile vom 23. Juni 1884 (Friesle w. Schoebitz Rep. IV. 76/84) gebilligt.
In dem damals vorliegenden Falle war ein von dem gütergemeinschaftlichen Ehemanne geschlossener Verkauf eines gütergemeinschaftlichen Grundstückes wegen Mangels der Einwilligung der Ehefrau rechtskräftig für ungültig erklärt und infolgedessen das Grundstück vom Käufer zurückgegeben. Der Berufungsrichter hatte die Verhaftung des gütergemeinschaftlichen Vermögens für die Pflicht der Rückzahlung des Kaufgeldes, soweit das Vermögen der als Intervenientin auftretenden, später geschiedenen Ehefrau gehört, verneint und daher den Käufer nicht für befugt erachtet, sich in diesem Umfange an jenes Vermögen zu halten.
Dies hat das Reichsgericht gemißbilligt und dabei ausgeführt:
Durch die Aufhebung des wegen Mangels der Einwilligung der Ehefrau nicht rechtsverbindlichen Grundstückkaufes sei eine Obligation auf Zurückgabe und Erstattung des Erhaltenen und Geleisteten entstanden.
Diese Obligation sei, wenngleich thatsächlich durch den rechtsunwirksamen Grundstückskauf vermittelt, von letzterem doch – nach Gegenstand und Rechtsfolge – als völlig losgelöst und getrennt aufzufassen, indem der Entstehungsgrund nicht in dem Kaufvertrage, sondern – außerhalb desselben – in der notwendig gewordenen Ausgleichung zu suchen sei.
Dieser Anspruch unterliege als außerkontraktliche Forderung der Rechtsverfolgung in der Form der Kondition und erfasse – als Schuld – das gesamte gütergemeinschaftliche Vermögen. Denn nach §. 380 A.L.R. II. 1 gelten alle von dem Manne in Ansehung des gütergemeinschaftlichen Vermögens auch einseitig getroffenen Verfügungen, und dieses Vermögen hafte für alle während der Ehe von ihm gemachten Schulden. Durch den dem Anspruche des Klägers zu Grunde gelegten Vorgang sei das gütergemeinschaftliche Vermögen als solches (die eheliche Genossenschaft) unberechtigt bereichert und in diesem Umfange sei auch die Intervenienten als frühere Gemeinschaftsgenossin obligiert.
Dernburg spricht sich zwar in seinem preußischen Privatrechte Bd. 3 §. 37 Note 18 dahin aus:
"Es kann mit der condictio sine causa, welche den zahlenden Schuldner zweifelsohne gegen den Ehemann und die gütergemeinschaftliche Masse als solche zusteht, nicht die auf den Namen der Frau geschriebene Forderung kompensiert werden. Geht man von der Ausschließung der Kompensation nicht aus, so hätte das Verbot der einseitigen Einziehung solcher Forderungen durch den Ehemann keine praktische Realisierbarkeit."
Indessen würde solche Ausschließung der Kompensation, da alle gesetzlichen Voraussetzungen derselben (§§. 300–302 A.L.R. 1.16) festgestellt sind und das Gesetz den Anspruch aus der condictio sine causa von der Kompensation nicht ausschließt, nicht gerechtfertigt sein. Der Grund von Dernburg ist nur ein äußerlicher. Derselbe kann keine Veranlassung geben von der oben mitgeteilten Juditatur abzugehen.
Nach Vorstehendem rechtfertigt sich die von dem Beklagten geltend gemachte Aufrechnung seiner durch die rechtlose Empfangnahme der Zahlung seitens des Ehemannes U. begründeten Forderung an beide Eheleute auf die von den Klägern, als Rechtsnachfolger beider Eheleute, bezw. der Ehefrau U. geltend gemachte Klageforderung."