RG, 09.12.1881 - III 490/81

Daten
Fall: 
Revision gegen ein Urteil des Berufungsrichters
Fundstellen: 
RGZ 6, 335
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
09.12.1881
Aktenzeichen: 
III 490/81
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Altona
  • OLG Kiel

Ist die Revision gegen ein Urteil des Berufungsrichters, durch welches die Sache zur Entscheidung in die erste Instanz zurückgewiesen wird, zulässig?

Tatbestand

Kläger verlangt von der Beklagten Anlegung einer neuen Viehtränke und Entschädigung wegen Verzögerung der Anlegung. Letztere Forderung hat der erste Richter durch Teilurteil aus sachlichen Gründen zurückgewiesen. In zweiter Instanz erhob Beklagter die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges. Dieselbe ist vom Berufungsrichter verworfen, und das erste Urteil dahin geändert, daß die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über den Entschädigungsanspruch in die erste Instanz zurückverwiesen wird. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Revision eingelegt.

Die Revision ist, soweit sie die Unzulässigkeit des Rechtsweges rügt, zugelassen, jedoch als unbegründet zurückgewiesen. Der Betrag des Entschädigungsanspruches erreicht nicht die Revisionssumme.

Aus den Gründen

"Nach §. 507 C. P. O. findet die Revision gegen die in der Berufungsinstanz von den Oberlandesgerichten erlassenen Endurteile statt, und zwar nach §. 509 ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes. insoweit es sich um die Unzulässigkeit des Rechtsweges handelt. Letztere Bedingung für die Statthaftigkeit der Revision liegt hier unbedenklich vor. Es muß aber auch erstere als vorhanden angenommen werden.

Die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges gehört nach C. P. O. §. 247 Abs. 2 Ziff. 2 zu den prozeßhindernden. Da die Partei auf dieselbe nicht wirksam verzichten kann, durfte die Beklagte gemäß §. 490 a. a. O. sie auch noch in zweiter Instanz vorschützen. In betreff des Verfahrens giebt letztgedachtes Gesetz dem Berufungsrichter die Befugnis, eine abgesonderte Verhandlung über die Einrede anzuordnen. Der Umstand, daß der Berufungsrichter von dieser Befugnis keinen Gebrauch gemacht, also nicht ein Zwischenurteil erlassen hat, bildet an sich kein Hindernis für die Zulässigkeit der Revision, sofern das Urteil, gegen welches der Angriff gerichtet wird, ein Endurteil ist.

Im vorliegenden Falle geht der Ausspruch des zweiten Richters dahin, daß die Sache zur Entscheidung an das Landgericht in A. zurückzuverweisen ist. Der Berufungsrichter will also nicht selbst weiter in der Sache verhandeln und entscheiden, sondern schließt durch sein Urteil das Verfahren in zweiter Instanz ab. Eine derartige Entscheidung ist ein Endurteil, welches für und gegen die Prozeßparteien formelle Rechtskraft erzeugt, sofern es nicht durch die gegebenen Rechtsmittel angegriffen und in der höheren Instanz geändert wird.

Die Definition von Endurteilen, welche die Motive zur C. P. O. S. 297 dahin geben:

"diejenigen Urteile, durch welche ganz oder teilweise über den Klagantrag als solchen entschieden, und somit der Rechtsstreit selbst erledigt wird",

ist keine den Begriff völlig erschöpfende (vergl. C. P. O. §§. 248. 276. 562). Sie trifft hier jedenfalls insoweit zu, als der durch die Berufung vor den zweiten Richter gebrachte Rechtsstreit von dem erlassenen Urteile erledigt ist.

Die sonach an sich zulässige Revision betrifft, da kein revisibler Gegenstand vorliegt, gemäß C. P. O. §. 509 nur die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges (vergl. Entsch. des Reichsgerichts in Civilsachen Bd. 3 S. 422). Daß der Berufungsrichter durch unrichtige Anwendung der C. P. O. §. 500 Nr. 3 zur Zurückweisung der Sache in die erste Instanz gelangt ist, entzieht sich deshalb der Remedur durch das Reichsgericht." ...