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RG, 11.12.1883 - II 316/83

Daten
Fall: 
Eigentum an einer Forderung mit Übertragung oder Signifikation
Fundstellen: 
RGZ 11, 339
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
11.12.1883
Aktenzeichen: 
II 316/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Offenburg
  • OLG Karlsruhe

Erwirbt der Cessionar einer Forderung das Eigentum an derselben schon mit der Übertragung oder erst mit der Signifikation?

Tatbestand

Der Beklagte war durch Urteil des Oberlandesgerichtes zu Karlsruhe vom 18. Oktober 1881 zur Bezahlung von 3501,54 M an die Kläger verurteilt worden. Am 18. November 1881 ließ G. demselben eine öffentliche Urkunde vom 23. Oktober 1880 zustellen, inhaltlich welcher der Erblasser der Kläger bereits an diesem Tage die Forderung an ihn abgetreten hatte. Nachdem nun das Urteil vom 18. Oktober 1881 vom Reichsgerichte aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen worden war, machte der Beklagte diese Cession geltend und behauptete, daß die Kläger gar nicht mehr zur Einklagung der Forderung in eigenem Namen legitimiert gewesen seien. Die Kläger gaben die Cession zu, behaupteten aber, daß der Cessionar G. mit ihrer Prozeßführung einverstanden gewesen sei, was dieser, als Zeuge vernommen, bestätigte. Daraufhin hat das Berufungsgericht abermals verurteilt, da durch die Erklärung des Cessionares die Gefahr für die Beklagten, doppelt bezahlen zu müssen, beseitigt, diese Erklärung einem Verzichte gleich zu achten und von den Beklagten kein rechtliches Interesse daran geltend gemacht worden sei, die hier streitigen Fragen in einem anderen Rechtsstreite dem Cessionar gegenüber auszutragen.

Diese Entscheidung ist aufgehoben und die Klage abgewiesen worden aus folgenden Gründen:

Günde

"Nach der Feststellung des Berufungsgerichtes hat Sch. bereits am 23. Oktober 1880 die im Streite befangene Forderung an G. abgetreten.

Dadurch war dieser Eigentümer der Forderung geworden (L.R.S. 1583. 1689) und hätte dieselbe auch in eigenem Namen einklagen können, ohne daß der Beklagte aus dem Mangel der Signifikation eine Einrede herzuleiten berechtigt war, wie es auch andererseits dieser Signifikation nicht bedurfte, um der Klage des Cedenten bezw. seiner Erben die Einrede entgegenzuhalten, daß dieselben infolge der Cession ihre Berechtigung an der Forderung aufgegeben, also ihr Klagerecht verloren haben.

Durch die feierliche Bekanntmachung (L.R.S. 1690. 1691) ist nur die Erwerbung des Besitzes der Forderung dritten Personen, gegenüber bedingt, nämlich hinsichtlich des Schuldners vorzugsweise zu dem Zwecke, damit er sich nicht mehr durch Zahlung an den Rechtsgeber oder andere Rechtshandlungen mit demselben befreie (L.R.S. 1240), bezüglich anderer Cessionare um die Priorität der Erwerbung zu konstatieren und hinsichtlich der Gläubiger des Cedenten, um einen Arrest auf die cedierte Forderung unwirksam zu machen.

Wenn nun durch die im Laufe des Prozesses bewirkte Signifikation dem Beklagten bekannt geworden ist, daß die Kläger in eigenem Namen eine Forderung eingeklagt haben, obgleich dieselbe bereits am 23. Oktober 1880 auf G. übertragen worden war, so erscheint er, wie auch das Berufungsgericht anerkennt, unzweifelhaft berechtigt, deren Legitimation zur Sache zu bestreiten. Sein Interesse dabei besteht nicht nur in der Gefahr, zweimal bezahlen zu müssen, sondern auch darin, daß möglicherweise seine Verteidigung eine ganz andere sein konnte, wenn der wirkliche Eigentümer der Forderung, der Cessionar, als Kläger aufgetreten wäre.

Dieses rechtliche Interesse des Beklagten kann weder durch eine Genehmigung der in eigenem Namen seitens der Unberechtigten geschehenen Prozeßführung noch durch einen Verzicht des G. beseitigt werden. Ein Verzicht desselben könnte höchstens insofern in Betracht kommen, als er die Erklärung enthält, eine an die Kläger erfolgte Zahlung anzuerkennen, auf das Recht des Beklagten, die Aktivlegitimation der Kläger zu bestreiten, konnte aber der Cessionar selbstverständlich "ebensowenig verzichten, wie er durch einen Verzicht bewirken konnte, daß der Beklagte die ihm etwa gegen ihn zustehenden Einreden dadurch verliere, daß die Klage von Personen erhoben worden ist, deren Rechtsvorgänger die Forderung längst abgetreten hatte.

Es liegt daher auch nicht, wie der Vertreter der Revisionsbeklagten geltend gemacht hat, der Fall des §. 236 C.P.O. vor, da nicht erst im Laufe des Prozesses die im Streite befangene Forderung cediert worden ist, sondern vielmehr während des Prozesses sich ergeben hat, daß sie schon vorher veräußert und deshalb der klagende Teil nicht mehr Gläubiger war; es handelt sich also nicht darum, daß der Kläger im Laufe des Prozesses sein Recht auf einen anderen überträgt, sondern darum, daß er es erst wieder erwerbe.

Auf seiten des Beklagten genügte es, den Mangel der Sachlegitimation der Kläger geltend zu machen, und hatte er nicht notwendig, Gründe anzufühlen, aus welchen er ein rechtliches Interesse daran hatte, daß die hier streitigen Fragen in einem anderen Rechtsstreite dem G. gegenüber ausgetragen werden.

Dies ergiebt sich auch daraus, daß es unzweifelhaft eine Klagänderung ist, wenn der Nichtberechtigte an Stelle des Berechtigten den Prozeß fortführen will, daß aber eine Klagänderung in zweiter Instanz auch nicht mit Einwilligung des Gegners statthaft ist (§. 489 C.P.O.), also noch weniger dadurch statthaft werden kann, daß dieser kein rechtliches Interesse, sie zu bekämpfen, geltend macht.

Das Urteil war daher wegen Verletzung der L.R.S. 1383. 1689. 1690. 1691 und des §. 489 C.P.O. aufzuheben und aus den gleichen Gründen in der Sache selbst auf Abweisung der Klage zu erkennen."