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RG, 26.10.1883 - III 80/83

Daten
Fall: 
Beweisgebühr vom Gegener
Fundstellen: 
RGZ 10, 374
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
26.10.1883
Aktenzeichen: 
III 80/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Osnabrück
  • OLG Celle

1. Kann der seine eigenen Angelegenheiten betreibende Rechtsanwalt für den Termin zur Leistung eines ihm durch Urteil auferlegten Eides die Beweisgebühr nach §. 13 Ziff. 4 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte von dem zur Erstattung der Kosten verpflichteten Gegner fordern?
2. Setzt der Anspruch auf die in §. 17 der Gebührenordnung bestimmte erhöhte Verhandlungsgebühr für die an ein Beweisaufnahmeverfahren sich anschließende mündliche Verhandlung voraus, daß der Anwalt die Partei auch in dem Beweisaufnahmeverfahren vertreten hat?

Tatbestand

In einem Prozesse des Kaufmannes M., Klägers, wider den Rechtsanwalt K., als Verwalter im Konkurse des Kolonen W., Beklagten, war durch Urteil des Oberlandesgerichtes vom 16. Mai 1883 die Entscheidung von einem dem Beklagten auferlegten Eide abhängig gemacht. Auf Antrag der Parteien wurde mit Abnahme dieses Eides das Amtsgericht zu O., dem Wohnorte des Beklagten, beauftragt. Der Beklagte leistete in dem zur Ableistung des Eides angesetzten Termine vom 30. Januar 1883 diesen Eid. Zur weiteren Verhandlung wurde dann Termin vor dem Oberlandesgerichte auf den 15. Februar 1883 angesetzt. In diesem erschienen die Anwälte beider Parteien, der Anwalt des Beklagten beantragte, den Kläger mit der erhobenen Klage abzuweisen, unter Verurteilung in die Kosten, der Anwalt des Klägers bat zu erkennen, und es erging dann das Purifikationsurteil, durch welches die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten auferlegt wurden. Der Beklagte beantragte bei dem Landgerichte die Festsetzung der Kosten. Er hatte für den Termin zur Eidesleistung nach §§. 7. 13 Ziff. 4 der Gebührenordnung eine Gebühr von 52 M und der Anwalt zweiter Instanz für den Termin vom 15. Februar 1883 auf Grund des §. 17 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte eine Gebühr von 52 M berechnet. Das Landgericht billigte diese Gebühren zu. Der Kläger beschwerte sich und beantragte Absetzung der Gebühr für den Termin vom 30. Januar und der Hälfte der Gebühr für den Termin vom 15. Februar, weil nicht kontradiktorisch verhandelt sei. Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde statt. Auf weitere Beschwerde des Beklagten hat das Reichsgericht den Beschluß des Oberlandesgerichtes aufgehoben aus folgenden Gründen:

Gründe

... "Die Beschwerde über die von dem Oberlandesgerichte auf die Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichtes vom 19. April 1883 verfügte Streichung der für den Termin vom 30. Januar 1883 berechneten Gebühr von 52 M und der Hälfte der für den Termin vom 15. Februar 1883 liquidierten Gebühr von 52 M ist zulässig und begründet.

1.

Nach §. 13 Ziff. 4 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte kann ein bevollmächtigter Rechtsanwalt, welcher in dem Termine zur Leistung des durch ein Urteil auferlegten Eides erscheint und die Partei vertritt, die Beweisgebühr, fünf Zehntel des betreffenden Satzes des §. 9, fordern, sofern, wie im vorliegenden Falle, ein weiteres Beweisaufnahmeverfahren, für welches der Anwalt die Beweisgebühr in Ansatz gebracht hat, nicht stattgefunden hat.1

Nach §. 7 der Gebührenordnung kann aber der Rechtsanwalt bei dem Betriebe eigener Angelegenheiten von dem zur Erstattung der Kosten des Verfahrens verpflichteten Gegner Gebühren und Auslagen bis zu dem Betrage fordern, in welchem er Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes erstattet verlangen könnte. Das Gesetz geht also davon aus, daß der eigene Angelegenheiten betreibende Anwalt bezüglich der von dem in die Kosten verurteilten Gegner zu erstattenden Gebühren so angesehen werden soll, als wenn er den Prozeß als bevollmächtigter Anwalt für einen Dritten geführt hätte. Wie daher der Rechtsanwalt K. die berechnete Beweisgebühr hätte fordern können, wenn er in dem Eidesleistungstermine vom 30. Januar 1883 als bevollmächtigter Anwalt eines Dritten erschienen wäre, so steht ihm dieser Anspruch auch in dem vorliegenden Rechtsstreite zu, welchen er in seiner Eigenschaft als Verwalter im Konkurse des Kolonen W. geführt hat. Wenn das Oberlandesgericht eine Berechtigung des Rechtsanwaltes K. auf die Beweisgebühr deshalb verneint, weil die nach §. 13 Ziff. 4 a. a. O. für Rechtsanwälte zulässige Gebühr nur für die Vertretung in dem Eidesleistungstermine zustehe, im vorliegenden Falle Beklagter als Partei den ihm auferlegten Eid geleistet habe, in Wahrnehmung dieser Thätigkeit durch einen Rechtsanwalt nicht habe vertreten werden können, und die Gebührensätze des §. 13 Ziff. 4 dem eigene Rechtsangelegenheiten betreibenden Rechtsanwalte nur zustehen, wenn eine wirkliche Vertretung durch andere Rechtsanwälte möglich sei, so können diese Erwägungen für zutreffend nicht erachtet werden. - Denn auch in den Fällen, wo der Rechtsanwalt einen Dritten als Partei vertritt, kann er die Partei, welcher durch Urteil die Leistung eines Eides auferlegt ist, in Wahrnehmung dieser Thätigkeit der Eidesleistung nicht vertreten, eine wirkliche Vertretung der Partei ist auch hier nicht möglich. Wenn aber dennoch das Gesetz die Beweisgebühr dem Rechtsanwalte " für die Vertretung in dem Termine zur Leistung eines Eides" zubilligt, so kann der Gesetzgeber den Begriff " Vertretung" nicht in dem engeren Sinne, von welchem das Oberlandesgericht ausgeht, verstanden, sondern muß auch in dem Erscheinen des Rechtsanwaltes neben der Partei in dem zur Eidesleistung bestimmten Termine eine Vertretung der Partei gefunden haben.

2.

Die von dem Rechtsanwalte B. auf Grund des §. 17 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte für die fortgesetzte Verhandlung im Termine am 15. Februar 1883 angesetzte Verhandlungsgebühr hält das Oberlandesgericht für nicht zulässig, weil der §. 17 a, a. O. voraussetze, daß ein Fall des §. 13 Ziff. 4 vorgegangen sei und daher die Vertretung sich auf das Beweisaufnahmeverfahren und eine sich anschließende mündliche Verhandlung erstrecke, im vorliegenden Falle aber das Beweisaufnahmeverfahren des §.13 Ziff. 4 auf die in O. erfolgte Eidesleistung sich beschränkt und dabei eine Vertretung seitens des bevollmächtigten Anwaltes zweiter Instanz oder eines Substituten desselben nicht stattgehabt habe. Das Oberlandesgericht geht also davon aus, daß der Anspruch des bevollmächtigten Anwaltes auf die in §. 17 a. a. O. bestimmte Verhandlungsgebühr voraussetze, daß der Anwalt die Partei auch in einem vorausgegangenen Beweisaufnahmeverfahren oder in dem zur Leistung eines durch Urteil auferlegten Eides anberaumten Termine vertreten habe. Diese Auffassung der Vorschrift in §. 17 a. a. O. ist jedoch nicht zu billigen. Der §. 17 setzt allerdings voraus, daß ein Beweisaufnahmeverfahren oder ein Termin zur Eidesleistung vorausgegangen ist und an dieses eine weitere mündliche Verhandlung sich anschließt;2 allein es fehlt an jedem Anhaltspunkte für die Annahme, daß der die Partei bei dieser letzteren vertretende Anwalt die erhöhte Verhandlungsgebühr nur dann zu fordern berechtigt sei, wenn er die Partei auch im Beweisaufnahmeverfahren etc. vertreten und folgeweise Anspruch auf die in §. 13 Ziff. 4 normierte Beweisgebühr habe. Aus dem in §. 25 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte aufgestellten Prinzipe, daß der Anwalt jede der in §. 13 a. a. O. benannten Gebühren in jeder Instanz rücksichtlich eines jeden Teiles des Streitgegenstandes nur einmal beanspruchen kann, und aus dem in §. 29 daselbst ausgesprochenen Satze, daß die in §. 13 a. a. O. benannten Gebühren die gesamte Thätigkeit des Anwaltes von dem Auftrage bis zur Beendigung der Instanz umfassen, würde folgen, daß der Anwalt, welcher die in §. 13 Ziff. 2 benannte Gebühr für die mündliche Verhandlung bezogen hat, für die weitere mündliche Verhandlung, welche einem Beweisaufnahmeverfahren sich angeschlossen hat, eine Gebühr nicht beanspruchen könnte. Das hat der Gesetzgeber, wie auch in den Motiven hervorgehoben wird, mit Rücksicht auf den Mehraufwand an Zeit und Mühe, welcher durch die Vertretung in einer solchen weiteren Verhandlung entsteht, nicht für gerechtfertigt erachtet, und es ist deshalb die Bestimmung in §. 17 a. a. O. aufgenommen, wonach in allen Fällen, wo derselbe Anwalt eine Partei sowohl bei der einer Beweisaufnahme vorausgegangenen, als auch bei einer derselben nachfolgenden mündlichen Verhandlung vertreten hat, diesem eine 11/2 fache Verhandlungsgebühr zustehen soll. Die erhöhte Verhandlungsgebühr soll also eine Vergütung für den Mehraufwand von Zeit und Mühe sein, welcher für den Anwalt durch die an eine Beweisaufnahme sich anschließende Verhandlung entsteht. Unerfindlich aber ist es, wie für diese Gebühr es die Voraussetzung sein könnte, daß der Anwalt die Partei auch im Beweisaufnahmeverfahren vertreten und Anspruch auf die in §. 13 Ziff. 4 normierte Beweisgebühr, welche eine Vergütung für die Thätigkeit des Anwaltes im Beweisaufnahmeverfahren bildet, habe. Diese mit dem Zwecke des Gesetzes in Widerspruch stehende Auffassung findet aber auch in dem Wortlaute des §. 17 a. a. O. keine Unterstützung. Die Worte: "Insoweit sich in den Fällen des §. 13 Ziff. 4 die Vertretung auf die weitere mündliche Verhandlung erstreckt", nötigen nicht zu der Annahme, daß eine Vertretung in den Fällen des §.13 Ziff. 4 stattgefunden haben müsse, sondern sind dahin zu verstehen: wenn ein Beweisaufnahmeverfahren oder ein Termin zur Leistung eines durch Urteil auferlegten Eides stattgefunden hat und die bisherige Vertretung der Partei auch auf die der Beweisaufnahme etc. sich anschließende mündliche Verhandlung sich erstreckt, so erhöht sich die dem Rechtsanwalte, welcher die Partei in der Instanz bisher vertreten hat, zustehende Verhandlungsgebühr um fünf Zehntel der Sätze des §. 9 a. a. O.

Da ferner der von dem Kläger erhobene Einwand, daß die Verhandlung im Termine vom 15. Februar 1883 nicht kontradiktorisch gewesen sei, durch den Thatbestand des Urteils vom 15. Februar 1883 widerlegt wird, so war unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses, so wie geschehen, zu entscheiden."

  • 1. Vgl. Entsch. des R.G. in Civils. Bd. 9 Nr. 96 S. 331 D. E.
  • 2. Vgl. oben Nr. 115 S. 370. D. R.