BGH, 08.02.1994 - KZR 2/93

Daten
Fall: 
Pronuptia II
Fundstellen: 
DB 1994, 1184; DRsp I(111)210d; GRUR 1994, 463; MDR 1994, 787; NJW 1994, 1651; WM 1994, 1035; wrp 1994, 546
Gericht: 
Bundesgerichtshof
Datum: 
08.02.1994
Aktenzeichen: 
KZR 2/93
Entscheidungstyp: 
Urteil

Haben die Vertragsparteien vereinbart, daß die Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen die Wirksamkeit der anderen nicht berührt, so kann ein Vertrag, der einzelne kartellnichtige Abreden enthält, nicht schon deswegen als insgesamt nichtig angesehen werden, weil der Wegfall dieser Abreden die wirtschaftlichen Vertragsgrundlagen wesentlich verändert und die Parteien den Vertrag ohne diese Abreden nicht abgeschlossen hätten.

Inhaltsverzeichnis 

Tatbestand

Die in Frankreich ansässige Muttergesellschaft der Klägerin vertreibt unter dem Warenzeichen "Pronuptia de Paris" Brautmoden und andere Waren, für die im Zusammenhang mit Hochzeiten Bedarf besteht. Ihre Interessen in der Bundesrepublik Deutschland werden durch die Klägerin wahrgenommen. Der Vertrieb der Waren in der Bundesrepublik Deutschland beruht auf einem System im wesentlichen gleichartiger sogenannter Franchiseverträge, die die Klägerin und/oder ihre französische Muttergesellschaft mit ihren deutschen Abnehmern abschließen.

Eine der Franchisenehmerinnen der Klägerin und ihrer Muttergesellschaft war die Beklagte. Aufgrund von Verträgen vom 16. Dezember 1974 und vom 24. Januar 1980 räumte die Klägerin ihr für die jeweils genannten Bezirke das ausschließliche Recht zur Benutzung des Zeichens "Pronuptia de Paris" zum Vertrieb ihrer Waren und Dienstleistungen und das Recht zur Werbung in diesen Bezirken nach vorheriger Zustimmung der Klägerin ein. Die Franchisegeberin verpflichtete sich, in den Kundenbezirken keine weiteren Pronuptia-Geschäfte zu eröffnen und keine Waren oder Dienstleistungen an Dritte in diesem Gebiet zu liefern. Ferner verpflichtete sie sich zur Unterstützung der Franchisenehmerin hinsichtlich der "kaufmännischen und werblichen Gestaltung" ihres Handelsgeschäfts, der Einrichtung und Ausstattung ihres Ladens, der Ausbildung des Personals, der Verkaufstechniken, der Mode und der Waren, des Einkaufs, des Marketings sowie ganz allgemein hinsichtlich dessen, was nach ihrer Erfahrung den Umsatz und die Rentabilität des Geschäfts der Franchisenehmerin fördern kann.

Die Beklagte blieb die alleinige Inhaberin ihres Handelsgeschäfts und hatte dessen Risiken allein zu tragen. Sie verpflichtete sich unter anderem:

- 80 % der Brautmoden und -ausstattungen sowie einen von ihr selbst festzulegenden Anteil an Cocktail- und Gesellschaftskleidern bei der Klägerin und den Rest bei von der Klägerin zugelassenen Lieferanten einzukaufen (§ 3 Abs. 6);
- die Waren nur in dem vertraglich bestimmten Ladengeschäft zu verkaufen (§§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 1-3);
- der Franchisegeberin als Gegenleistung für die eingeräumten Vorteile eine einmalige Eintrittsgebühr für das Vertragsgebiet in Höhe von 15.000, – DM bzw. 30.000, – DM sowie für die Dauer des Vertrages Lizenzgebühren in Höhe von 10 % des Gesamtumsatzes zu zahlen (§ 5 Abs. 1);
- jede Tätigkeit in Konkurrenz zu einem Pronuptia-Geschäft zu unterlassen, insbesondere während der Dauer des Vertrages und während eines Zeitraumes von ursprünglich zwei Jahren, später einem Jahr nach seiner Beendigung, weder unmittelbar noch mittelbar im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-Berlin und in allen Gebieten, in denen Pronuptia in irgendeiner Weise präsent ist, ein Handelsgeschäft zu eröffnen oder sich daran zu beteiligen, das denselben oder einen gleichartigen Zweck hat wie das von der Franchisenehmerin im Rahmen des Vertrages betriebene Handelsgeschäft (§ 9).

Zur Preisgestaltung hieß es im Vertrag von 1974: Pronuptia wird dem Franchisenehmer "Wiederverkaufspreise nennen" - ab 1980: "Richtpreise empfehlen" -, "die sie als angemessen ansieht. Unbeschadet seiner Freiheit, die Wiederverkaufspreise selbst zu gestalten, sehen die Parteien die von Pronuptia vorgeschlagenen Preise als Richtlinien für den Wiederverkauf an" (§ 6 Abs. 1).

Neben weiteren, hier nicht interessierenden Bestimmungen (z.B. über die Abrechnung der Lizenzgebühren, die Erteilung von Auskünften über alle Geschäftsvorgänge durch die Franchisenehmerin, die Kündigung des Vertrags und die Rücknahme von Waren bei Vertragsende) enthalten die Verträge in § 12 folgende Klauseln:

(1) Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrages nicht wirksam sein, so wird die Gültigkeit der anderen hierdurch nicht berührt.
(2) Die Parteien verpflichten sich für den Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung, sie durch eine andere zu ersetzen, die dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen Bestimmung am nächsten kommt.

Die Verträge waren weder beim Bundeskartellamt noch bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften angemeldet.

Die Klägerin hat mit der Klage rückständige Lizenzgebühren für Umsätze in den Jahren 1978 bis 1980 geltend gemacht. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 158.502, 82 DM nebst 13 % Zinsen verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Verträge gegen Art. 85 Abs. 1 EWGV verstießen und daher nichtig seien. Im Verfahren über die Revision der Klägerin hat der erkennende Senat gemäß Art. 177 Abs. 3 EWGV den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angerufen (Beschl. v. 15. Mai 1984, GRUR Int. 1984, 521 ff.). Dieser hat die Vorlagefragen des Senats mit Urteil vom 28. Januar 1986 (Rs. 161/84, WuW/E EWG/MUV 693 - Pronuptia) wie folgt beantwortet:

1. a) Die Vereinbarkeit der Verträge für Vertriebsfranchising mit Art. 85 Abs. 1 hängt von den einzelnen Bestimmungen dieser Verträge und von dem wirtschaftlichen Zusammenhang ab, in dem diese stehen.

b) Die Bestimmungen, die unerläßlich sind, damit das vermittelte know-how und die vom Franchisegeber gewährte Unterstützung nicht den Konkurrenten zugute kommen, sind keine Einschränkungen des Wettbewerbs i.S.v. Art. 85 Abs. 1.

c) Die Bestimmungen über die Kontrolle, die zur Wahrung der Identität und des Ansehens der durch die Geschäftsbezeichnung symbolisierten Vertriebsorganisation unerläßlich ist, stellen ebenfalls keine Einschränkungen des Wettbewerbs i.S.v. Art. 85 Abs. 1 dar.

d) Die Bestimmungen zur Aufteilung der Märkte zwischen Franchisegeber und Franchisenehmern oder unter den Franchisenehmern sind Einschränkungen des Wettbewerbs i.S.v. Art. 85 Abs. 1.

e) Wenn der Franchisegeber dem Franchisenehmer Richtpreise mitteilt, so stellt dies keine Wettbewerbsbeschränkung dar, vorausgesetzt, daß zwischen dem Franchisegeber und dem Franchisenehmer oder unter den Franchisenehmern hinsichtlich der tatsächlichen Anwendung dieser Preise keine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise besteht.

f) Verträge über Vertriebsfranchising, die Bestimmungen zur Aufteilung der Märkte zwischen Franchisegeber und Franchisenehmern oder unter den Franchisenehmern enthalten, sind geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

2. Die Verordnung Nr. 67/67 ist auf Verträge über Vertriebsfranchising, wie sie in diesem Verfahren untersucht worden sind, nicht anwendbar.

Mit Urteil vom 27. Mai 1986 (KZR 8/83, WuW/E BGH 2288 - Pronuptia I) hat der erkennende Senat das Berufungsurteil vom 2. Dezember 1982 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Dieses hat am 3. Dezember 1992 auf Antrag der Beklagten ein "Zwischenurteil" folgenden Inhalts erlassen:

Es wird festgestellt, daß die zwischen den Parteien und zwischen der französischen Muttergesellschaft der Klägerin, Pronuptia de Paris S.A., M., und der Beklagten abgeschlossenen Franchise-Verträge vom 16. Dezember 1974 betreffend den Kundenbezirk Hannover und vom 24. Januar 1980 betreffend die Kundenbezirke Hamburg, Hannover und Oldenburg nichtig sind.

Mit der Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung dieses Urteils. Die Beklagte hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Revision ist zulässig.

Allerdings hat das Berufungsgericht die angefochtene Entscheidung als "Zwischenurteil" erlassen. Ein solches ist - abgesehen von den hier nicht gegebenen Fällen des § 280 Abs. 2 und des § 304 Abs. 2 ZPO - nicht gesondert, sondern nur zusammen mit der Endentscheidung anfechtbar. Dies gilt auch dann, wenn das Zwischenurteil - wie hier - gar nicht hätte ergehen dürfen, weil es nicht über eine Zwischenstreitigkeit im Sinne von § 303 ZPO, sondern über eine materiellrechtliche Vorfrage (Nichtigkeit von Verträgen) entschieden hat (BGHZ 8, 383, 385).

In Übereinstimmung mit den Parteien und bei Würdigung der abgegebenen Prozeßerklärungen und der ergangenen Entscheidung ist jedoch in dem von der Beklagten in der letzten Berufungsverhandlung gestellten Antrag, gemäß § 256 Abs. 2 ZPO durch Zwischenurteil über die Frage der Unwirksamkeit (Nichtigkeit) der dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Franchiseverträge dahingehend zu entscheiden, daß die Unwirksamkeit (Nichtigkeit) der Verträge festgestellt wird, die Erhebung einer negativen Zwischenfeststellungswiderklage und in der angefochtenen Entscheidung ein Teilurteil über diese Widerklage zu sehen. Es kann der Klägerin nicht verwehrt werden, gegen das verfahrensrechtlich unzulässige Zwischenurteil mit dem Rechtsmittel vorzugehen, welches im Falle korrekter Entscheidung durch Teilurteil gegeben wäre. Daß das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten nicht als Widerklage behandelt, sondern als bloßen Prozeßantrag auf Erlaß eines Zwischenurteils angesehen hat, steht dem nicht entgegen, da das Revisionsgericht die Prozeßerklärungen der Parteien selbständig auslegen kann (BGHZ 4, 328, 334; BGH, Urt. v. 12. März 1991 – XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211; Zöller/Schneider, ZPO, 18. Aufl., § 550 Rdn. 11).

II.

Die Revision hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat die Nichtigkeit der zwischen den Parteien abgeschlossenen Franchiseverträge wie folgt begründet:

Es sei aufgrund der Beweisaufnahme erwiesen, daß die Klägerin ungeachtet der vertraglichen Bestimmungen, die nur von Richtlinien und empfohlenen Richtpreisen sprechen, die von den Franchisenehmern zu berechnenden Endverkaufspreise einseitig festgelegt und bei den Franchisenehmern durchgesetzt hat. Damit sei der Tatbestand der verbotenen Preisbindung nach § 15 GWB erfüllt. Die Preisbindung und die in den Verträgen vorgenommene Marktaufteilung verstießen nach der Vorlageentscheidung des Europäischen Gerichtshofs auch gegen Art. 85 Abs. 1, 2 EWGV. Sie führten zu einer spürbaren Marktbeeinflussung, denn der Marktanteil der Klägerin bei Brautmoden und zugehörigen Artikeln habe sich in der Bundesrepublik Deutschland im fraglichen Zeitraum auf etwa 15 % belaufen.

Der Verstoß gegen das Preisbindungsverbot und die unzulässige Aufteilung der Kundenbezirke zögen die Nichtigkeit der Verträge im ganzen nach sich. Zwar gewinne in diesem Zusammenhang die "salvatorische Klausel" in § 12 der Verträge Bedeutung. Es liege jedoch nahe, daß die Parteien der dortigen Regelung entsprechend die unwirksame Preisbindung durch empfohlene Richtpreise ersetzt hätten, wie dies nach dem Wortlaut der Verträge auch vorgesehen gewesen und später von der Klägerin gehandhabt worden sei. Anstelle der Beschränkung der Beklagten auf ein Verkaufsgeschäft und des Verbots des Querbezugs der Waren von anderen Franchisenehmern hätte ein Verzicht auf diese Bestimmungen treten können. Indessen habe die Beweisaufnahme ergeben, daß die Klägerin zur Zeit des Vertragsschlusses nicht bereit gewesen wäre, sich auf dergestalt veränderte Verträge einzulassen. Die Verträge ließen sich auch nach ihrem inneren Gefüge nicht ohne die nichtigen Bestimmungen aufrechterhalten, denn der Übergang von der Preisbindung zu empfohlenen Richtpreisen und von der Aufteilung der Vertragsbezirke zum Wettbewerb zwischen den Franchisenehmern hätte die wirtschaftlichen Vertragsgrundlagen wesentlich verändert. Da die Nichtigkeit der genannten Bestimmungen das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung aufhebe, müßten die Verträge insgesamt als unwirksam betrachtet werden.

2. Nicht zu beanstanden ist, daß das Berufungsgericht diese Rechtsfolge durch ein Zwischenfeststellungsurteil nach § 256 Abs. 2 ZPO ausgesprochen hat.

Die Zwischenfeststellungswiderklage konnte durch bloße Antragstellung in der mündlichen Verhandlung erhoben werden (§ 261 Abs. 2 ZPO); einer Zulassung nach § 530 Abs. 1 ZPO bedurfte es nicht (BGHZ 53, 92). Die Vorgreiflichkeit der beantragten Feststellung ist zu bejahen, denn auch wenn im Falle der Nichtigkeit der Verträge Bereicherungsansprüche bestehen mögen, können diese einen anderen Inhalt als die aus wirksamen Verträgen abzuleitenden Ansprüche haben. Daß die Feststellung der Nichtigkeit auch für weitere Ansprüche zwischen den Parteien von Bedeutung sein kann (BGHZ 69, 37, 43), ist zumindest nicht auszuschließen.

Ob es sachdienlich war, nach umfangreicher und langwieriger Beweisaufnahme zur Höhe von Bereicherungsansprüchen anstelle einer alsbaldigen Endentscheidung vorab ein Zwischenfeststellungsurteil zu erlassen, unterliegt nicht revisionsgerichtlicher Nachprüfung; Zulässigkeitsbedenken begegnet dies nicht (BGH, Urt. v. 27. Oktober 1960 - III ZR 80/58, NJW 1961, 75).

3. In sachlicher Hinsicht kann die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung keinen Bestand haben.

a) Ohne Erfolg greift die Revision allerdings die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur Frage der Festlegung und Durchsetzung einheitlicher Preise durch die Klägerin sowie zur Frage der spürbaren Marktbeeinflussung an. Die diesbezüglichen Rügen hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet; von der schriftlichen Begründung wird gemäß § 565 a ZPO abgesehen.

b) Mit dem Berufungsgericht ist demnach zwar von der Nichtigkeit der wettbewerbsbeschränkenden Abreden (Preisbindung und Marktaufteilung) nach § 15 GWB, Art. 85 Abs. 2 EWGV auszugehen. Soweit das Berufungsgericht hieraus aber die Gesamtnichtigkeit der Franchiseverträge ableitet, kann ihm nicht gefolgt werden.

Die Nichtigkeit nach Art. 85 Abs. 2 EWGV erfaßt nur dann den gesamten Vertrag, wenn sich die unter das Verbot des Abs. 1 der genannten Vorschrift fallenden Teile nicht von seinem anderen Inhalt trennen lassen (EuGH, Urt. v. 30. Juni 1966 - Rs. 56/65, WuW/E EWG/MUV 117, 123 - MBU). Hat der restliche Vertrag jedoch einen selbständiger Geltung fähigen Regelungsgehalt, so beurteilt sich die Auswirkung der Teilnichtigkeit nach nationalem Recht, gegebenenfalls also nach § 139 BGB (Sen.Urt. v. 21. Februar 1989 - KZR 18/84, WuW/E BGH 2565, 2569 - Schaumstoffplatten). Für die Nichtigkeit nach § 15 GWB gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Ergebnis dasselbe (vgl. Sen.Urt. v. 23. September 1975 - KZR 14/74, WuW/E BGH 1402, 1404 - EDV-Zubehör - m.w.N.). § 139 BGB, demzufolge das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre, ist aber abdingbar, d.h. er greift nicht ein, wenn die Parteien eine andere Vereinbarung getroffen haben (BGH, Urt. v. 9. Mai 1955 - II ZR 244/54, DB 1955, 750; s. auch die Sen.Urt. v. 15. März 1973 - KZR 11/72, WuW/E BGH 1259, 1264 - Bremsrollen und v. 28. September 1982 - KZR 13/81, WuW/E BGH 1988, 1990, wo die Teilwirksamkeit allein aus salvatorischen Klauseln hergeleitet wurde). Ein Abstellen auf den mutmaßlichen Parteiwillen im Sinne von § 139 BGB ist dann nicht veranlaßt. Nur wenn die getroffene, von § 139 BGB abweichende Regelung ihrerseits unwirksam ist, z.B. weil der Schutzzweck des gesetzlichen Verbots, aus dem sich die Unwirksamkeit der anderen Bestimmungen ergibt, einer Aufrechterhaltung des Vertrags im übrigen entgegensteht (vgl. BGH, Urt. v. 9. Oktober 1975 - III ZR 31/73, NJW 1977, 38, 40), bleibt es bei der gesetzlichen Regelung.

Im vorliegenden Fall sind die nichtigen Abreden (Preisbindung und Gebietsaufteilung) vom übrigen Vertragsinhalt abtrennbar. Die Franchiseverträge haben - was nicht näher ausgeführt zu werden braucht – auch ohne diese Nebenabreden einen selbständiger Geltung fähigen Inhalt.

Besteht aber Trennbarkeit, so kommt es auf die vom Berufungsgericht für maßgeblich erachtete Frage, ob die Parteien den Vertrag ohne die nichtigen Bestimmungen überhaupt abgeschlossen oder hiervon wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilnichtigkeit abgesehen hätten, nicht an. Dieser Fragestellung haben die Parteien selbst durch § 12 Abs. 1 der Verträge die Grundlage entzogen. Diese Klausel ist eindeutig und einer Auslegung etwa dahingehend, daß ihre Geltung auf Abreden ohne wirtschaftliche Auswirkungen beschränkt sein soll, nicht zugänglich.

Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Anwendung der salvatorischen Klausel ihrerseits aus Rechtsgründen zu unterbleiben hätte. Dies käme, wie dargelegt, in Betracht, wenn der Schutzzweck des Gesetzes einer teilweisen Aufrechterhaltung der Verträge entgegenstünde.

Mit dieser Frage hat sich das Berufungsgericht nicht befaßt. Der Senat ist jedoch aufgrund der im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen nunmehr (beim ersten Revisionsverfahren fehlten Feststellungen zur Teilwirksamkeit) in der Lage, selbst hierüber zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die Frage ist zu verneinen. Der Schutzzweck von Art. 85 EWGV und § 15 GWB gebietet eine Gesamtnichtigkeit der Franchiseverträge nicht. Er ist auf die Freihaltung des Wettbewerbs von beschränkenden Einflüssen (hier: Preis- und Gebietsabsprachen) gerichtet; entfallen diese Einflüsse, so sind die Franchiseverträge, wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Urteil vom 28. Januar 1986 (aaO) festgestellt hat, trotz verbleibender Einschränkungen der Betätigungsfreiheit der Parteien wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Gegenteil kann der Aufrechterhaltung der Franchiseverträge ohne die unzulässigen Abreden sogar ein wettbewerbsfördernder Effekt zukommen (vgl. zu den positiven Auswirkungen des Vertriebsfranchising auf die Marktstruktur Jakob-Siebert in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag 4. Aufl. Art. 85 - Fallgruppen Rdn. 375 f.). Eine Unwirksamkeit der salvatorischen Klausel aus anderen Gründen, etwa wegen sittenwidriger Übervorteilung, kann nach Sachlage ausgeschlossen werden. Ebensowenig ist den Feststellungen des Berufungsgerichts ein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Berufung auf diese Klausel der Einwand der Arglist oder des Rechtsmißbrauchs entgegengesetzt werden könnte.

4. Damit steht fest, daß die Verträge nicht insgesamt nichtig sind, sondern nur in den (für die Klageansprüche unerheblichen) Bestimmungen über Preisbindung und Gebietsaufteilung. Das angefochtene Teilurteil ist daher aufzuheben und die auf die Feststellung der Gesamtnichtigkeit gerichtete Widerklage abzuweisen. Im übrigen ist der Rechtsstreit noch in der Berufungsinstanz anhängig. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob und in welcher Höhe die geltend gemachten Lizenzgebührenansprüche begründet sind.