EuGH, 09.03.1978 - 106/77
Leitsätze
1 . DER GERICHTSHOF HÄLT SICH SOLANGE MIT EINEM GEMÄSS ARTIKEL 177 DES VERTRAGES EINGEREICHTEN VORABENTSCHEIDUNGSERSUCHEN FÜR BEFASST , WIE DIESES NICHT VOM VORLEGENDEN GERICHT ZURÜCKGENOMMEN ODER VON EINEM HÖHEREN GERICHT AUF EIN RECHTSMITTEL HIN AUFGEHOBEN WORDEN IST .
2 . UNMITTELBARE GELTUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS BEDEUTET , DASS SEINE BESTIMMUNGEN IHRE VOLLE WIRKUNG EINHEITLICH IN SÄMTLICHEN MITGLIEDSTAATEN VOM ZEITPUNKT IHRES INKRAFTTRETENS AN UND WÄHREND DER GESAMTEN DAUER IHRER GÜLTIGKEIT ENTFALTEN MÜSSEN . DIE UNMITTELBAR GELTENDEN BESTIMMUNGEN SIND UNMITTELBARE QUELLE VON RECHTEN UND PFLICHTEN FÜR ALLE DIEJENIGEN , DIE SIE BETREFFEN , EINERLEI , OB ES SICH UM DIE MITGLIEDSTAATEN ODER UM EINZELPERSONEN HANDELT . DIESE WIRKUNG ERSTRECKT SICH AUCH AUF JEDES GERICHT , DAS ALS ORGAN EINES MITGLIEDSTAATES DIE AUFGABE HAT , DIE RECHTE ZU SCHÜTZEN , DIE DAS GEMEINSCHAFTSRECHT DEN EINZELNEN VERLEIHT .
3 . NACH DEM GRUNDSATZ DES VORRANGS DES GEMEINSCHAFTSRECHTS HABEN DIE VERTRAGSBESTIMMUNGEN UND DIE UNMITTELBAR GELTENDEN RECHTSAKTE DER GEMEINSCHAFTSORGANE IN IHREM VERHÄLTNIS ZUM INTERNEN RECHT DER MITGLIEDSTAATEN NICHT NUR ZUR FOLGE , DASS ALLEIN DURCH IHR INKRAFTTRETEN JEDE ENTGEGENSTEHENDE BESTIMMUNG DES GELTENDEN STAATLICHEN RECHTS OHNE WEITERES UNANWENDBAR WIRD , SONDERN AUCH - DA DIESE BESTIMMUNGEN UND RECHTSAKTE VORRANGIGER BESTANDTEIL DER IM GEBIET EINES JEDEN MITGLIEDSTAATES BESTEHENDEN RECHTSORDNUNG SIND - , DASS EIN WIRKSAMES ZUSTANDEKOMMEN NEUER STAATLICHER GESETZGEBUNGSAKTE INSOWEIT VERHINDERT WIRD , ALS DIESE MIT GEMEINSCHAFTSNORMEN UNVEREINBAR WÄREN .
WÜRDE STAATLICHEN GESETZGEBUNGSAKTEN , DIE AUF DEN BEREICH ÜBERGREIFEN , IN DEM SICH DIE RECHTSETZUNGSGEWALT DER GEMEINSCHAFT AUSWIRKT , ODER DIE SONST MIT DEN BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS UNVEREINBAR SIND , IRGENDEINE RECHTLICHE WIRKSAMKEIT ZUERKANNT , SO WÜRDE INSOWEIT DIE EFFEKTIVITÄT DER VERPFLICHTUNGEN , WELCHE DIE MITGLIEDSTAATEN NACH DEM VERTRAG VORBEHALTLOS UND UNWIDERRUFLICH ÜBERNOMMEN HABEN , VERNEINT , UND DIE GRUNDLAGEN DER GEMEINSCHAFT SELBST WÜRDEN AUF DIESE WEISE IN FRAGE GESTELLT .
4 . DAS STAATLICHE GERICHT , DAS IM RAHMEN SEINER ZUSTÄNDIGKEIT DIE BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ANZUWENDEN HAT , IST GEHALTEN , FÜR DIE VOLLE WIRKSAMKEIT DIESER NORMEN SORGE ZU TRAGEN , INDEM ES ERFORDERLICHENFALLS JEDE - AUCH SPÄTERE - ENTGEGENSTEHENDE BESTIMMUNG DES NATIONALEN RECHTS AUS EIGENER ENTSCHEIDUNGSBEFUGNIS UNANGEWENDET LÄSST , OHNE DASS ES DIE VORHERIGE BESEITIGUNG DIESER BESTIMMUNG AUF GESETZGEBERISCHEM WEGE ODER DURCH IRGENDEIN ANDERES VERFASSUNGSRECHTLICHES VERFAHREN BEANTRAGEN ODER ABWARTEN MÜSSTE .
Entscheidungsgründe
1DER PRETORE VON SUSA HAT DEM GERICHTSHOF MIT BESCHLUSS VOM 28 . JULI 1977 , BEIM GERICHTSHOF EINGEGANGEN AM 29 . AUGUST 1977 , GEMÄSS ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG ZWEI VORABENTSCHEIDUNGSFRAGEN ZU DEM IN ARTIKEL 189 DES VERTRAGES NIEDERGELEGTEN GRUNDSATZ DER UNMITTELBAREN GELTUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS VORGELEGT , UM DIE AUSWIRKUNGEN DIESES GRUNDSATZES IM FALLE DES KONFLIKTS ZWISCHEN EINER NORM DES GEMEINSCHAFTSRECHTS UND EINER SPÄTEREN VORSCHRIFT DES NATIONALEN RECHTS BESTIMMEN ZU KÖNNEN .
2/7ES IST DARAN ZU ERINNERN , DASS DER PRETORE DEM GERICHTSHOF IN EINEM FRÜHEREN VERFAHRENSSTADIUM EINIGE VORABENTSCHEIDUNGSFRAGEN VORGELEGT HATTE , DIE ES IHM ERMÖGLICHEN SOLLTEN ZU BEURTEILEN , OB DIE NACH DEM ' ' TESTO UNICO ' ' DER ITALIENISCHEN GESUNDHEITSGESETZE AUF DIE RINDFLEISCHEINFUHREN ERHOBENEN GESUNDHEITSPOLIZEILICHEN GEBÜHREN , DEREN SÄTZE ZULETZT IN DER TABELLE IM ANHANG ZUM GESETZ NR . 1239 VOM 30 . DEZEMBER 1970 ( GAZZETTA UFFICIALE NR . 26 VOM 1 . FEBRUAR 1971 ) FESTGELEGT WURDEN , MIT DEM VERTRAG UND BESTIMMTEN VERORDNUNGSVORSCHRIFTEN - NAMENTLICH DER VERORDNUNG NR . 805/68 DES RATES VOM 27 . JUNI 1968 ÜBER DIE GEMEINSAME MARKTORGANISATION FÜR RINDFLEISCH ( ABL . L 148 , S . 24 ) - VEREINBAR SIND . IM ANSCHLUSS AN DIE VOM GERICHTSHOF IN SEINEM URTEIL VOM 15 . DEZEMBER 1976 IN DER RECHTSSACHE 35/76 ( SLG . 1976 , 1871 ) ERTEILTEN ANTWORTEN ERKLÄRTE DER PRETORE DIE ERHEBUNG DER FRAGLICHEN GEBÜHREN FÜR UNVEREINBAR MIT DEN BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS UND FORDERTE DAHER DIE STAATLICHE FINANZVERWALTUNG DURCH MAHNBESCHEID ZUR RÜCKZAHLUNG DER ZU UNRECHT ERHOBENEN BETRAEGE ZUZUEGLICH ZINSEN AUF . GEGEN DIESEN BESCHEID LEGTE DIE FINANZVERWALTUNG EINSPRUCH EIN . DER PRETORE GELANGTE ANGESICHTS DES VORBRINGENS DER BETEILIGTEN IM EINSPRUCHSVERFAHREN ZU DER AUFFASSUNG , ER STEHE VOR DEM PROBLEM EINES WIDERSPRUCHS ZWISCHEN BESTIMMTEN GEMEINSCHAFTSNORMEN UND EINEM SPÄTEREN NATIONALEN GESETZ , NÄMLICH DEM GESETZ NR . 1239 VON 1970 . ER WIES DARAUF HIN , DASS ES FÜR DIE LÖSUNG EINES DERARTIGEN PROBLEMS NACH DER JÜNGEREN RECHTSPRECHUNG DER ITALIENISCHEN CORTE COSTITUZIONALE ( URTEILE NRN . 232/75 UND 205/76 , BESCHLUSS NR . 206/76 ) ERFORDERLICH SEI , DIE FRAGE DER VERFASSUNGSMÄSSIGKEIT DES UMSTRITTENEN GESETZES IM HINBLICK AUF ARTIKEL 11 DER VERFASSUNG DIESEM VERFASSUNGSGERICHTSHOF SELBST VORZULEGEN . MIT RÜCKSICHT AUF DIE GEFESTIGTE RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFES ZUR GELTUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS IN DEN RECHTSORDNUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN SOWIE WEGEN DER SCHWIERIGKEITEN , DIE DARAUS ENTSTEHEN KÖNNTEN , DASS DAS GERICHT , ANSTATT EIN GESETZ , DAS DIE VOLLE WIRKSAMKEIT DES GEMEINSCHAFTSRECHTS BEHINDERE , AUS EIGENER ENTSCHEIDUNGSBEFUGNIS FÜR UNANWENDBAR ZU ERKLÄREN , DIE FRAGE DER VERFASSUNGSMÄSSIGKEIT VORLEGEN MÜSSE , HAT SICH DER PRETORE AN DEN GERICHTSHOF GEWANDT UND IHN UM ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE BEIDEN FOLGENDEN FRAGEN ERSUCHT :
A ) WENN NACH ARTIKEL 189 EWG-VERTRAG UND DER STÄNDIGEN RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFES DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN DIE UNMITTELBAR GELTENDEN GEMEINSCHAFTSBESTIMMUNGEN UNGEACHTET JEDWEDER NATIONALEN VORSCHRIFT ODER PRAXIS DER MITGLIEDSTAATEN IN DEREN RECHTSORDNUNGEN VOLLE , UNEINGESCHRÄNKTE UND EINHEITLICHE WIRKSAMKEIT , AUCH ZUM SCHUTZE DER SUBJEKTIVEN RECHTE DER EINZELNEN , ENTFALTEN MÜSSEN , ERGIBT SICH DANN DARAUS , DASS DIE TRAGWEITE DIESER BESTIMMUNGEN SO ZU VERSTEHEN IST , DASS ETWAIGE SPÄTERE NATIONALE VORSCHRIFTEN , DIE IHNEN ENTGEGENSTEHEN , UNMITTELBAR NICHT MEHR ANZUWENDEN SIND , OHNE DASS IHRE BESEITIGUNG DURCH DEN NATIONALEN GESETZGEBER SELBST ( AUFHEBUNG ) ODER DURCH EIN ANDERES VERFASSUNGSORGAN ( FESTSTELLUNG DER VERFASSUNGSWIDRIGKEIT ) ABGEWARTET WERDEN MÜSSTE , INSBESONDERE WENN MAN BEI DIESER ZWEITEN FALLGESTALTUNG BEDENKT , DASS BIS ZU DER GENANNTEN FESTSTELLUNG , DA DAS NATIONALE RECHT VOLL WIRKSAM BLEIBT , DIE GELTUNG DER GEMEINSCHAFTSBESTIMMUNGEN BEEINTRÄCHTIGT IST UND DAHER WEDER DEREN VOLLE , UNEINGESCHRÄNKTE UND EINHEITLICHE WIRKSAMKEIT GEWÄHRLEISTET IST NOCH DIE RECHTE DER EINZELNEN GESCHÜTZT SIND?
B ) IM ZUSAMMENHANG MIT DER VORHERGEHENDEN FRAGE : MUSS DANN , WENN ES NACH GEMEINSCHAFTSRECHT ZULÄSSIG IST , DASS DER SCHUTZ DER AUS ' ' UNMITTELBAR GELTENDEN ' ' GEMEINSCHAFTSBESTIMMUNGEN ERWACHSENEN SUBJEKTIVEN RECHTE BIS ZU DEM ZEITPUNKT HINAUSGESCHOBEN WIRD , ZU DEM ETWAIGE ENTGEGENSTEHENDE NATIONALE MASSNAHMEN DURCH DIE ZUSTÄNDIGEN NATIONALEN STELLEN EFFEKTIV BESEITIGT WERDEN , DIESE BESEITIGUNG AUF JEDEN FALL UNEINGESCHRÄNKT RÜCKWIRKENDE KRAFT HABEN , SO DASS ALLE NACHTEILIGEN FOLGEN FÜR DIE SUBJEKTIVEN RECHTE VERMIEDEN WERDEN?
ZUR ANRUFUNG DES GERICHTSHOFES
8/9DER BEVOLLMÄCHTIGTE DER ITALIENISCHEN REGIERUNG HAT DEN GERICHTSHOF IN SEINEM MÜNDLICHEN VORTRAG AUF DAS URTEIL NR . 163/77 DER CORTE COSTITUZIONALE VOM 22 . DEZEMBER 1977 HINGEWIESEN , DAS AUF VORLAGEN DES TRIBUNALE MAILAND UND DES TRIBUNALE ROM ZUR ÜBERPRÜFUNG DER VERFASSUNGSMÄSSIGKEIT ERGANGEN SEI UND IN DEM BESTIMMTE VORSCHRIFTEN DES GESETZES NR . 1239 VOM 30 . DEZEMBER 1970 , DARUNTER AUCH DIEJENIGEN , AUF DIE SICH DER BEIM PRETORE VON SUSA ANHÄNGIGE RECHTSSTREIT BEZIEHE , FÜR VERFASSUNGSWIDRIG ERKÄRT WORDEN SEIEN . DA DIE UMSTRITTENEN VORSCHRIFTEN DURCH DIE FESTSTELLUNG DER VERFASSUNGSWIDRIGKEIT BESEITIGT WORDEN SEIEN , HÄTTEN DIE VOM PRETORE VORGELEGTEN FRAGEN IHRE BEDEUTUNG VERLOREN UND BRAUCHTEN SOMIT NICHT MEHR BEANTWORTET ZU WERDEN .
10/11IN DIESEM ZUSAMMENHANG IST DARAN ZU ERINNERN , DASS SICH DER GERICHTSHOF NACH SEINER STÄNDIGEN PRAXIS SOLANGE MIT EINEM GEMÄSS ARTIKEL 177 EINGEREICHTEN VORABENTSCHEIDUNGSERSUCHEN FÜR BEFASST HÄLT , WIE DIESES NICHT VOM VORLEGENDEN GERICHT ZURÜCKGENOMMEN ODER VON EINEM HÖHEREN GERICHT AUF EIN RECHTSMITTEL HIN AUFGEHOBEN WORDEN IST . EINE DERARTIGE WIRKUNG KANN DAS ANGEFÜHRTE URTEIL NICHT HABEN , DA ES IM RAHMEN VON VERFAHREN ERGANGEN IST , DIE MIT DEM RECHTSSTREIT , DER ZUR ANRUFUNG DES GERICHTSHOFES GEFÜHRT HAT UND DESSEN BEDEUTUNG FÜR DRITTE DER GERICHTSHOF NICHT BEURTEILEN KANN , NICHTS ZU TUN HABEN .
12DER VON DER ITALIENISCHEN REGIERUNG VOR DEN AUSFÜHRUNGEN ZUR SACHE ERHOBENE EINWAND IST DAHER ZURÜCKZUWEISEN .
ZUR HAUPTSACHE
13DIE ERSTE FRAGE ZIELT IM WESENTLICHEN DARAUF AB , DIE AUSWIRKUNGEN DER UNMITTELBAREN GELTUNG EINER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN BESTIMMUNG IM FALLE DER UNVEREINBARKEIT MIT EINER SPÄTEREN VORSCHRIFT DES RECHTS EINES MITGLIEDSTAATS KLARZUSTELLEN .
14/16UNMITTELBARE GELTUNG BEDEUTET UNTER DIESEM BLICKWINKEL , DASS DIE BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS IHRE VOLLE WIRKUNG EINHEITLICH IN SÄMTLICHEN MITGLIEDSTAATEN VOM ZEITPUNKT IHRES INKRAFTTRETENS AN UND WÄHREND DER GESAMTEN DAUER IHRER GÜLTIGKEIT ENTFALTEN MÜSSEN . DIESE BESTIMMUNGEN SIND SOMIT UNMITTELBARE QUELLE VON RECHTEN UND PFLICHTEN FÜR ALLE DIEJENIGEN , DIE SIE BETREFFEN , EINERLEI , OB ES SICH UM DIE MITGLIEDSTAATEN ODER UM SOLCHE EINZELPERSONEN HANDELT , DIE AN RECHTSVERHÄLTNISSEN BETEILIGT SIND , WELCHE DEM GEMEINSCHAFTSRECHT UNTERLIEGEN . DIESE WIRKUNG ERSTRECKT SICH AUCH AUF JEDES GERICHT , DAS , ANGERUFEN IM RAHMEN SEINER ZUSTÄNDIGKEIT , ALS ORGAN EINES MITGLIEDSTAATS DIE AUFGABE HAT , DIE RECHTE ZU SCHÜTZEN , DIE DAS GEMEINSCHAFTSRECHT DEN EINZELNEN VERLEIHT .
17/18DARÜBER HINAUS HABEN NACH DEM GRUNDSATZ DES VORRANGS DES GEMEINSCHAFTSRECHTS DIE VERTRAGSBESTIMMUNGEN UND DIE UNMITTELBAR GELTENDEN RECHTSAKTE DER GEMEINSCHAFTSORGANE IN IHREM VERHÄLTNIS ZUM INTERNEN RECHT DER MITGLIEDSTAATEN NICHT NUR ZUR FOLGE , DASS ALLEIN DURCH IHR INKRAFTTRETEN JEDE ENTGEGENSTEHENDE BESTIMMUNG DES GELTENDEN STAATLICHEN RECHTS OHNE WEITERES UNANWENDBAR WIRD , SONDERN AUCH - DA DIESE BESTIMMUNGEN UND RECHTSAKTE VORRANGIGER BESTANDTEIL DER IM GEBIET EINES JEDEN MITGLIEDSTAATS BESTEHENDEN RECHTSORDNUNG SIND - , DASS EIN WIRKSAMES ZUSTANDEKOMMEN NEUER STAATLICHER GESETZGEBUNGSAKTE INSOWEIT VERHINDERT WIRD , ALS DIESE MIT GEMEINSCHAFTSNORMEN UNVEREINBAR WÄREN . WÜRDE NÄMLICH STAATLICHEN GESETZGEBUNGSAKTEN , DIE AUF DEN BEREICH ÜBERGREIFEN , IN DEM SICH DIE RECHTSETZUNGSGEWALT DER GEMEINSCHAFT AUSWIRKT , ODER DIE SONST MIT DEN BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS UNVEREINBAR SIND , IRGENDEINE RECHTLICHE WIRKSAMKEIT ZUERKANNT , SO WÜRDE INSOWEIT DIE EFFEKTIVITÄT DER VERPFLICHTUNGEN , WELCHE DIE MITGLIEDSTAATEN NACH DEM VERTRAG VORBEHALTLOS UND UNWIDERRUFLICH ÜBERNOMMEN HABEN , VERNEINT , UND DIE GRUNDLAGEN DER GEMEINSCHAFT SELBST WÜRDEN AUF DIESE WEISE IN FRAGE GESTELLT .
19/20DIE GLEICHE AUFFASSUNG ERGIBT SICH AUS SINN UND WESEN DES ARTIKELS 177 DES VERTRAGES , WONACH JEDES STAATLICHE GERICHT BERECHTIGT IST , SICH STETS DANN AN DEN GERICHTSHOF ZU WENDEN , WENN ES EINE VORABENTSCHEIDUNG ÜBER EINE FRAGE NACH DER AUSLEGUNG ODER DER GÜLTIGKEIT DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ZUM ERLASS SEINES URTEILS FÜR ERFORDERLICH HÄLT . DIE PRAKTISCHE WIRKSAMKEIT DIESER BESTIMMUNG WÜRDE GESCHMÄLERT , WENN ES DEM GERICHT VERWEHRT WÄRE , DAS GEMEINSCHAFTSRECHT NACH MASSGABE DER ENTSCHEIDUNG ODER DER RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFES UNMITTELBAR ANZUWENDEN .
21/23AUS ALLEDEM FOLGT , DASS JEDER IM RAHMEN SEINER ZUSTÄNDIGKEIT ANGERUFENE STAATLICHE RICHTER VERPFLICHTET IST , DAS GEMEINSCHAFTSRECHT UNEINGESCHRÄNKT ANZUWENDEN UND DIE RECHTE , DIE ES DEN EINZELNEN VERLEIHT , ZU SCHÜTZEN , INDEM ER JEDE MÖGLICHERWEISE ENTGEGENSTEHENDE BESTIMMUNG DES NATIONALEN RECHTS , GLEICHGÜLTIG , OB SIE FRÜHER ODER SPÄTER ALS DIE GEMEINSCHAFTSNORM ERGANGEN IST , UNANGEWENDET LÄSST . SONACH WÄRE JEDE BESTIMMUNG EINER NATIONALEN RECHTSORDNUNG ODER JEDE GESETZGEBUNGS- , VERWALTUNGS- ODER GERICHTSPRAXIS MIT DEN IN DER NATUR DES GEMEINSCHAFTSRECHTS LIEGENDEN ERFORDERNISSEN UNVEREINBAR , DIE DADURCH ZU EINER ABSCHWÄCHUNG DER WIRKSAMKEIT DES GEMEINSCHAFTSRECHTS FÜHREN WÜRDE , DASS DEM FÜR DIE ANWENDUNG DIESES RECHTS ZUSTÄNDIGEN GERICHT DIE BEFUGNIS ABGESPROCHEN WIRD , BEREITS ZUM ZEITPUNKT DIESER ANWENDUNG ALLES ERFORDERLICHE ZU TUN , UM DIEJENIGEN INNERSTAATLICHEN RECHTSVORSCHRIFTEN AUSZUSCHALTEN , DIE UNTER UMSTÄNDEN EIN HINDERNIS FÜR DIE VOLLE WIRKSAMKEIT DER GEMEINSCHAFTSNORMEN BILDEN . DIES WÄRE DANN DER FALL , WENN BEI EINEM WIDERSPRUCH ZWISCHEN EINER GEMEINSCHAFTSRECHLICHEN BESTIMMUNG UND EINEM SPÄTEREN STAATLICHEN GESETZ DIE LÖSUNG DIESES NORMENKONFLIKTS EINEM ÜBER EIN EIGENES BEURTEILUNGSERMESSEN VERFÜGENDEN ANDEREN ORGAN ALS DEM GERICHT , DAS FÜR DIE ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ZU SORGEN HAT , VORBEHALTEN WÄRE , SELBST WENN DAS HINDERNIS , DAS SICH SO DER VOLLEN WIRKSAMKEIT DIESES RECHTS IN DEN WEG STELLT , NUR VORÜBERGEHENDER ART WÄRE .
24DEMNACH IST AUF DIE ERSTE FRAGE ZU ANTWORTEN , DASS DAS STAATLICHE GERICHT , DAS IM RAHMEN SEINER ZUSTÄNDIGKEIT DIE BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ANZUWENDEN HAT , GEHALTEN IST , FÜR DIE VOLLE WIRKSAMKEIT DIESER NORMEN SORGE ZU TRAGEN , INDEM ES ERFORDERLICHENFALLS JEDE - AUCH SPÄTERE - ENTGEGENSTEHENDE BESTIMMUNG DES NATIONALEN RECHTS AUS EIGENER ENTSCHEIDUNGSBEFUGNIS UNANGEWENDET LÄSST , OHNE DASS ES DIE VORHERIGE BESEITIGUNG DIESER BESTIMMUNG AUF GESETZGEBERISCHEM WEGE ODER DURCH IRGENDEIN ANDERES VERFASSUNGSRECHTLICHES VERFAHREN BEANTRAGEN ODER ABWARTEN MÜSSTE .
25DIE ZWEITE FRAGE GEHT IM WESENTLICHEN DAHIN , OB DANN , WENN ES ZULÄSSIG IST , DASS DER SCHUTZ DER DURCH DIE GEMEINSCHAFTSBESTIMMUNGEN VERLIEHENEN RECHTE BIS ZU DEM ZEITPUNKT HINAUSGESCHOBEN WIRD , ZU DEM ETWAIGE ENTGEGENSTEHENDE NATIONALE MASSNAHMEN DURCH DIE ZUSTÄNDIGEN NATIONALEN STELLEN EFFEKTIV BESEITIGT WERDEN , DIESE BESEITIGUNG AUF JEDEN FALL UNEINGESCHRÄNKT RÜCKWIRKENDE KRAFT HABEN MUSS , SO DASS ALLE NACHTEILIGEN FOLGEN FÜR DIE ERWÄHNTEN RECHTE VERMIEDEN WERDEN .
26AUS DER ANTWORT AUF DIE ERSTE FRAGE ERGIBT SICH , DASS DAS STAATLICHE GERICHT GEHALTEN IST , DEN SCHUTZ DER DURCH DIE BESTIMMUNGEN DER GEMEINSCHAFTSRECHTSORDNUNG VERLIEHENEN RECHTE ZU GEWÄHRLEISTEN , OHNE DASS ES DIE EFFEKTIVE BESEITIGUNG ETWAIGER NATIONALER MASSNAHMEN , WELCHE DIE UNMITTELBARE UND SOFORTIGE GELTUNG DER GEMEINSCHAFTSNORMEN BEHINDERN , DURCH DIE HIERZU ERMÄCHTIGTEN NATIONALEN ORGANE BEANTRAGEN ODER ABWARTEN MÜSSTE .
27DIE ZWEITE FRAGE ERWEIST SICH SOMIT ALS GEGENSTANDSLOS .
Kostenentscheidung
KOSTEN
28/29DIE AUSLAGEN DER REGIERUNG DER ITALIENISCHEN REPUBLIK UND DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN , DIE ERKLÄRUNGEN VOR DEM GERICHTSHOF ABGEGEBEN HABEN , SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG . FÜR DIE BETEILIGTEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DAS VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DER PRETURA SUSA ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT . DIE KOSTENENTSCHEIDUNG OBLIEGT DAHER DIESEM GERICHT .
Tenor
AUS DIESEN GRÜNDEN
HAT
DER GERICHTSHOF
AUF DIE IHM VOM PRETORE VON SUSA MIT BESCHLUSS VOM 28 . JULI 1977 VORGELEGTEN FRAGEN FÜR RECHT ERKANNT :
DAS STAATLICHE GERICHT , DAS IM RAHMEN SEINER ZUSTÄNDIGKEIT DIE BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ANZUWENDEN HAT , IST GEHALTEN , FÜR DIE VOLLE WIRKSAMKEIT DIESER NORMEN SORGE ZU TRAGEN , INDEM ES ERFORDERLICHENFALLS JEDE - AUCH SPÄTERE - ENTGEGENSTEHENDE BESTIMMUNG DES NATIONALEN RECHTS AUS EIGENER ENTSCHEIDUNGSBEFUGNIS UNANGEWENDET LÄSST , OHNE DASS ES DIE VORHERIGE BESEITIGUNG DIESER BESTIMMUNG AUF GESETZGEBERISCHEM WEGE ODER DURCH IRGENDEIN ANDERES VERFASSUNGSRECHTLICHES VERFAHREN BEANTRAGEN ODER ABWARTEN MÜSSTE .