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Art. 40 GG - Präsidium, Geschäftsordnung (Kommentar)

(1) ¹Der Bundestag wählt seinen Präsidenten, dessen Stellvertreter und die Schriftführer. ²Er gibt sich eine Geschäftsordnung.

(2) ¹Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäude des Bundestages aus. ²Ohne seine Genehmigung darf in den Räumen des Bundestages keine Durchsuchung oder Beschlagnahme stattfinden.

1. Allgemeines

Art. 40 GG bildet einen Eckpfeiler der parlamentarischen Demokratie in Deutschland. Seine historische Genese zeigt, dass die Bestimmungen über die inneren Angelegenheiten des Bundestages und die Befugnisse des Bundestagspräsidenten maßgeblich aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt wurden. Das Ziel war, eine starke, selbstständige Legislative zu schaffen, die ihrer Rolle als Gesetzgeber und als Kontrollorgan der Exekutive gerecht werden kann. Diese Absicherung der Parlamentsautonomie hat sich als stabilisierender Faktor für die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland erwiesen und ist ein bedeutender Fortschritt im Vergleich zur Verfassungstradition der Weimarer Republik.

2. Verfassungsrechtliche Einordnung und Bedeutung

Art. 40 GG stellt eine wichtige verfassungsrechtliche Norm zur Sicherstellung der parlamentarischen Selbstorganisation und Autonomie dar. In seiner Funktion als Verfassungsorgan trägt der Bundestagspräsident nicht nur die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Ordnung und den ordnungsgemäßen Ablauf der Parlamentsarbeit, sondern auch für die Repräsentation des Parlaments nach außen. Diese Kompetenzen sind als zentrale Elemente einer funktionierenden Demokratie von erheblicher Bedeutung.

Die Verankerung der Kompetenzen des Bundestagspräsidenten im Grundgesetz stellt sicher, dass diese Befugnisse nicht durch einfache Gesetzesänderungen oder externe Eingriffe der Exekutive unterlaufen werden können. Damit leistet Art. 40 GG einen wesentlichen Beitrag zur Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des Deutschen Bundestages und somit zur Stabilität des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland.

3. Historie

Die Bestimmungen des Art. 40 GG sind eng mit der historischen Entwicklung des parlamentarischen Systems in Deutschland verknüpft und spiegeln die Lehren wider, die aus den Erfahrungen der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus gezogen wurden. Um das Verständnis für die Bedeutung dieses Artikels zu vertiefen, ist es notwendig, die historische Genese des Parlamentsrechts und der Stellung des Bundestagspräsidenten zu betrachten.

3.1. Die Weimarer Republik und ihre Lehren

In der Weimarer Republik (1919–1933) war der Präsident des Reichstags ebenfalls ein zentrales Organ der parlamentarischen Selbstverwaltung, jedoch verfügte er über weniger ausgeprägte Befugnisse, insbesondere hinsichtlich des Hausrechts und der Polizeigewalt. Die Weimarer Verfassung von 1919 sah vor, dass der Reichstag seine Geschäftsordnung selbstständig gestalten konnte, jedoch fehlten klare Regelungen zur Sicherstellung der inneren Ordnung. Dies führte in der Praxis zu erheblichen Problemen, da der Reichstag wiederholt von politischen Auseinandersetzungen, gewaltsamen Ausschreitungen und Störungen der Parlamentsarbeit betroffen war.

Die Schwächen der Weimarer Verfassung, insbesondere die mangelnde Sicherung der Parlamentsautonomie gegenüber dem Einfluss von Exekutive und außerparlamentarischen Akteuren, trugen zu ihrer Instabilität bei und führten letztlich zur Aushöhlung der Demokratie. Diese Erfahrung lehrte die Verfassungsväter des Grundgesetzes, dass es einer stärkeren institutionellen Absicherung der inneren Ordnung und Selbständigkeit des Parlaments bedarf.

3.2. Der Parlamentarische Rat und die Schaffung des Grundgesetzes

Bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes durch den Parlamentarischen Rat (1948/49) war die Sicherung einer funktionsfähigen, unabhängigen Parlamentsarbeit ein zentrales Anliegen. Die Mängel der Weimarer Verfassung und die daraus resultierende Schwäche des parlamentarischen Systems sollten durch klarere und robustere verfassungsrechtliche Regelungen überwunden werden. Es bestand Einigkeit darüber, dass das Parlament als unmittelbare Repräsentation des Volkes und zentrales Organ der Gesetzgebung gestärkt werden musste.

Art. 40 GG wurde in diesem Kontext formuliert, um dem Bundestag weitgehende Autonomie in seinen inneren Angelegenheiten zu gewähren und gleichzeitig den Bundestagspräsidenten als Garant der Ordnung und Funktionsfähigkeit des Parlaments mit weitreichenden Rechten auszustatten. Dies beinhaltete insbesondere das Hausrecht und die Polizeigewalt im Bundestagsgebäude, um die Unabhängigkeit des Parlaments auch physisch abzusichern und es vor externen Eingriffen zu schützen. Die verfassungsrechtliche Verankerung dieser Rechte sollte verhindern, dass die Exekutive oder andere politische Kräfte die parlamentarische Arbeit behindern oder stören können.

3.3. Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland

Seit Inkrafttreten des Grundgesetzes im Jahr 1949 hat sich die Rolle des Bundestagspräsidenten und die Handhabung des Art. 40 GG stetig weiterentwickelt. Der Bundestagspräsident ist in der Praxis nicht nur ein Ordnungs- und Verwaltungsorgan, sondern auch ein bedeutender Repräsentant des Bundestages und der demokratischen Ordnung. Er tritt in der Öffentlichkeit als Sprecher des Parlaments auf, wahrt die Würde des Hauses und vermittelt zwischen den verschiedenen Fraktionen und politischen Lagern.

Die Geschäftsordnung des Bundestages, die auf Grundlage des Art. 40 GG erlassen wird, hat sich als ein flexibles Instrument erwiesen, um die sich wandelnden Anforderungen an die Parlamentsarbeit zu bewältigen. Anpassungen und Reformen der Geschäftsordnung haben es ermöglicht, die parlamentarischen Abläufe effektiver zu gestalten, wobei die zentrale Rolle des Bundestagspräsidenten als Hüter der Ordnung und der demokratischen Verfahren unangetastet blieb.

4. Absatz 1: Wahl des Präsidenten und der Stellvertreter; Geschäftsordnung

4.1. Wahl des Präsidenten und seiner Stellvertreter

Der erste Satz des Art. 40 Abs. 1 GG legt fest, dass der Bundestag seinen Präsidenten sowie dessen Stellvertreter und die Schriftführer selbst wählt. Diese Wahl stellt ein zentrales Element der parlamentarischen Selbstverwaltung dar und ist Ausdruck der Autonomie des Bundestages im Sinne der Gewaltenteilung. Der Bundestagspräsident, als der primus inter pares der Bundestagsmitglieder, übernimmt wichtige Ordnungs- und Repräsentationsaufgaben. Die Wahl erfolgt zu Beginn einer Legislaturperiode in der konstituierenden Sitzung des Bundestages und wird in der Regel durch eine einfache Mehrheit durchgeführt.

Die Wahl der Stellvertreter und Schriftführer erfolgt in ähnlicher Weise, wobei die Zusammensetzung der Stellvertreter üblicherweise die Fraktionsstärken des Parlaments widerspiegelt. Die genaue Regelung zur Wahl und den Aufgaben der Stellvertreter ergibt sich aus der Geschäftsordnung des Bundestages (GOBT). Die Wahl des Präsidiums durch den Bundestag hat eine große Bedeutung für die parlamentarische Arbeit, da es für die Leitung der Sitzungen, die Wahrung der Ordnung und für repräsentative Aufgaben verantwortlich ist.

4.2. Die Geschäftsordnung des Bundestages

Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG sieht vor, dass sich der Bundestag eine eigene Geschäftsordnung gibt. Dies ist Ausdruck des Grundsatzes der parlamentarischen Selbstorganisation, der als wesentlicher Bestandteil des demokratischen Prinzips in Art. 20 Abs. 2 GG verankert ist. Die Geschäftsordnung des Bundestages regelt die inneren Angelegenheiten des Parlaments, insbesondere die Abläufe und Verfahren der parlamentarischen Arbeit. Sie konkretisiert die Bestimmungen des Grundgesetzes und ist im Verhältnis zu diesem nachrangig. Änderungen der Geschäftsordnung sind durch einen Mehrheitsbeschluss des Bundestages möglich, wodurch eine flexible Anpassung an neue parlamentarische Herausforderungen gewährleistet wird. Die Geschäftsordnung ist dabei sowohl formelles Gesetz als auch autonomes Satzungsrecht des Bundestages.

5. Absatz 2: Hausrecht und Polizeigewalt des Bundestagspräsidenten

5.1. Hausrecht und Polizeigewalt im Bundestagsgebäude

Art. 40 Abs. 2 Satz 1 GG gewährt dem Bundestagspräsidenten das Hausrecht und die Polizeigewalt im Bundestagsgebäude. Diese Bestimmung ist von zentraler Bedeutung für die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Parlaments und die Aufrechterhaltung der parlamentarischen Ordnung. Das Hausrecht umfasst das Recht, den Zugang zum Bundestagsgebäude zu regeln und erforderliche Maßnahmen zu treffen, um einen ordnungsgemäßen Ablauf der parlamentarischen Arbeit zu gewährleisten. Dies kann bis hin zur Verhängung von Hausverboten gegenüber störenden Personen reichen. Der Präsident des Bundestages übt dieses Recht unabhängig aus, jedoch im Einklang mit den Prinzipien des Rechtsstaats und den allgemeinen Grundrechten, wie sie in Art. 1 bis 19 GG niedergelegt sind.

Die Polizeigewalt ermöglicht dem Präsidenten darüber hinaus, polizeiliche Maßnahmen zur Sicherung der parlamentarischen Arbeit zu ergreifen, etwa im Fall von Demonstrationen oder Störungen innerhalb des Bundestagsgebäudes. Der Präsident ist dabei in seiner Entscheidungsgewalt autonom, was einen wichtigen Aspekt der Gewaltenteilung darstellt, indem sichergestellt wird, dass das Parlament von exekutiven Eingriffen weitgehend frei bleibt.

5.2. Einsatz der Polizei im Bundestagsgebäude

Art. 40 Abs. 2 Satz 2 GG schränkt die Befugnisse des Bundestagspräsidenten dahingehend ein, dass er die Polizei im Bundestagsgebäude nur mit Zustimmung des Bundestages oder des Ältestenrates einsetzen darf. Dies dient als Kontrollmechanismus, um einer übermäßigen Machtkonzentration entgegenzuwirken und die parlamentarische Unabhängigkeit zu wahren. Die Zustimmungsregelung gewährleistet, dass der Polizeieinsatz immer in einem demokratisch legitimierten Rahmen stattfindet und nicht in die Autonomie der parlamentarischen Arbeit eingreift.

Die Zustimmung des Ältestenrates als mögliches Kontrollgremium bietet eine pragmatische Alternative, insbesondere in Fällen, in denen eine schnelle Entscheidung erforderlich ist oder die gesamte Versammlung des Bundestages nicht ohne weiteres einberufen werden kann. Der Ältestenrat, bestehend aus dem Präsidenten und den Fraktionsvorsitzenden, repräsentiert dabei die politische Breite des Bundestages und gewährleistet so eine faire und breit abgestützte Entscheidungsfindung.