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§ 223 StGB Körperverletzung (Kommentar)
(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
1. Normzweck
Der § 223 StGB schützt die körperliche Unversehrtheit und die Gesundheit der Menschen vor rechtswidrigen Eingriffen. Er ist die Grundnorm des 17. Abschnitts des StGB, der die Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit umfasst. Er dient auch dem Schutz der Menschenwürde und der Persönlichkeitsrechte der Opfer.
2. Tatbestand
Der § 223 StGB setzt sich aus einem objektiven und einem subjektiven Tatbestand zusammen. Der objektive Tatbestand umfasst die Tatmodalitäten der körperlichen Misshandlung oder der Gesundheitsschädigung, die Kausalität zwischen der Handlung und dem Erfolg, die Rechtswidrigkeit der Tat und das Vorliegen eines Schuldgrundes. Der subjektive Tatbestand erfordert Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale.
2.1. Körperliche Misshandlung
Eine körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit eines anderen nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Dabei kommt es nicht auf die Art oder Dauer der Einwirkung an, sondern auf das Ausmaß der Beeinträchtigung. Es genügt, dass die Handlung zu einem spürbaren Schmerz oder einem anderen unangenehmen Empfinden führt. Beispiele für körperliche Misshandlungen sind Schläge, Tritte, Stiche, Bisse, Verbrennungen, Stromschläge, Würgen, Fesseln oder Einsperren.
2.2. Gesundheitsschädigung
Eine Gesundheitsschädigung ist jede nachteilige Veränderung des körperlichen oder seelischen Zustands eines anderen, die nicht nur vorübergehend ist. Dabei kommt es nicht auf die Schwere oder Dauer der Veränderung an, sondern auf deren Nachhaltigkeit. Es genügt, dass die Handlung zu einer Funktionsbeeinträchtigung eines Organs oder einer psychischen Störung führt. Beispiele für Gesundheitsschädigungen sind Knochenbrüche, Wunden, Narben, Gehirnerschütterungen, Vergiftungen, Infektionen, Allergien oder Depressionen.
2.3. Kausalität
Zwischen der Handlung und dem Erfolg muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Das bedeutet, dass der Erfolg ohne die Handlung nicht eingetreten wäre oder nicht so eingetreten wäre. Dabei ist es unerheblich, ob die Handlung allein oder zusammen mit anderen Bedingungen den Erfolg herbeigeführt hat. Es genügt auch, wenn die Handlung eine bereits bestehende Beeinträchtigung verstärkt oder verlängert hat.
2.4. Rechtswidrigkeit
Die Tat muss rechtswidrig sein, d.h. sie darf nicht durch eine Rechtfertigungsgrundlage gedeckt sein. Rechtfertigungsgründe sind z.B. Notwehr (§ 32 StGB), Notstand (§ 34 StGB), Einwilligung (§ 228 StGB) oder gesetzliche Erlaubnistatbestände (z.B. § 54 AMG). Die Rechtfertigungsgründe müssen jedoch den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips genügen.
2.5. Schuldgrund
Die Tat muss auf einem Schuldgrund beruhen, d.h. sie darf nicht durch eine Schuldausschließungs- oder Schuldminderungsgrundlage ausgeschlossen oder gemindert sein. Schuldausschließungsgründe sind z.B. Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB), Unrechtsbewusstseinsmangel (§ 17 StGB) oder entschuldigender Notstand (§ 35 StGB). Schuldminderungsgründe sind z.B. verminderte Schuldfähigkeit (§ 21 StGB), entschuldigende Notwehrüberschreitung (§ 33 StGB) oder tätige Reue (§ 306e StGB).
2.6. Vorsatz
Der Täter muss vorsätzlich handeln, d.h. er muss den objektiven Tatbestand kennen und wollen. Dabei genügt bedingter Vorsatz, d.h. der Täter muss den Erfolg für möglich halten und ihn billigend in Kauf nehmen. Fahrlässigkeit, d.h. die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, reicht nicht aus. Der Täter muss jedoch keinen bestimmten Zweck oder Beweggrund haben.
3. Rechtsfolge
Der § 223 StGB sieht als Rechtsfolge eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Die Strafzumessung richtet sich nach den allgemeinen Regeln des § 46 StGB, die u.a. die Schuld des Täters, die Beweggründe, die Art der Ausführung, das Maß der Verletzung, die Folgen für das Opfer und das Vorleben des Täters berücksichtigen. Die Strafe kann auch zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn die Voraussetzungen des § 56 StGB vorliegen.
4. Versuch
Der Versuch der Körperverletzung ist nach Absatz 2 strafbar. Das bedeutet, dass der Täter bereits mit der Ausführung seiner Tat beginnt, aber den Erfolg nicht oder nicht vollständig herbeiführt. Dabei muss der Täter den Erfolg ernstlich erstreben und nicht nur vortäuschen oder androhen. Der Versuch kann nach den §§ 23 und 24 StGB strafmildernd oder strafbefreiend behandelt werden, wenn der Täter freiwillig von der weiteren Ausführung seiner Tat zurücktritt oder deren Vollendung verhindert.