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29.09.2025 11:00 Uhr | 914. Sitzung des Ausschusses für Agrarpolitik und Verbraucherschutz | Berlin, Bundesrat, Leipziger Str. 3-4, Saal 3.088
Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag aufheben - Rechtsklarheit und Schutz vulnerabler Gruppen wie Frauen und Jugendlicher wiederherstellen (PDF)
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 65d Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (PDF)
Deutlich mehr Meldungen durch Whistleblower
Schutz eingetragener geografischer Angaben
Erprobung von Online-Verfahren in der Zivilgerichtsbarkeit
Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung
Regierung: Mietpreisbremse ist erfolgreich
Strategien von Arbeitgebern im Vorfeld von BR-Wahlen: Was geht, was geht nicht?
Im Frühjahr 2026 stehen in vielen Betrieben in Deutschland die nächsten regelmäßigen Betriebsratswahlen an (§ 13 Abs. 1 BetrVG). Der Ausgang dieser Wahlen hat nicht nur für die von dem jeweiligen Betriebsrat repräsentierte Belegschaft, sondern auch für die Arbeitgeberseite erhebliche Bedeutung. Denn eine vertrauensvolle und damit erfolgreiche Zusammenarbeit der Betriebsparteien setzt voraus, dass auch auf Betriebsratsseite engagierte und kompetente Arbeitnehmer* agieren, die um eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber zum Wohle der Belegschaft und des Betriebs bemüht sind. Die konkrete personelle Besetzung eines Betriebsrats kann insoweit erhebliche Auswirkungen auf die Zusammenarbeit der Betriebsparteien haben. Vor diesem Hintergrund stellen sich Arbeitgeber oftmals die Frage, ob und inwieweit sie im Vorfeld von Betriebsratswahlen und insbesondere während des Wahlkampfs Einfluss auf die Betriebsratswahl nehmen können und dürfen.
Verbot der Behinderung und der Beeinflussung der BetriebsratswahlenDie Handlungsmöglichkeiten von Arbeitgebern im Vorfeld von Betriebsratswahlen werden maßgeblich von den Wahlschutzbestimmungen des § 20 BetrVG bestimmt. Natürlich darf danach niemand die Wahl des Betriebsrats behindern (§ 20 Abs. 1 S. 1 BetrVG) oder die Wahl des Betriebsrats durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen (§ 20 Abs. 2 BetrVG). Der vorsätzliche Verstoß gegen diese Vorgaben stellt eine Straftat dar, die mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft wird. Die Tat wird allerdings nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, einer der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt (§ 119 BetrVG). Zudem kann eine Behinderung oder Einflussnahme auf die Betriebsratswahl eine Anfechtung der Wahl begründen und – in besonders schweren Fällen – sogar zur Nichtigkeit der Wahl führen. Auch vor diesem Hintergrund hat die Einhaltung dieser Vorgaben für Arbeitgeber daher erhebliche Relevanz.
Eine Behinderung der Betriebsratswahl liegt vor, wenn die Einleitung oder Durchführung der Wahl durch ein rechtswidriges Verhalten erschwert oder unmöglich gemacht wird (BAG, Beschluss v. 25. Oktober 2017 – 7 ABR 10/16). Hier geht es insbesondere darum, dass die Arbeitnehmer nicht rechtswidrig in der Ausübung ihres aktiven und passiven Wahlrechts eingeschränkt werden dürfen (§ 20 Abs. 1 S. 2 BetrVG).
Arbeitgebern ist es daher verboten, Arbeitnehmern zu dem Zweck zu kündigen oder diese zu versetzen, damit diese nicht an der Wahl des Betriebsrats teilnehmen können. Kündigungen oder Versetzungen, die nicht zu dem Zweck der Wahlbehinderung erfolgen, sind hingegen weiterhin möglich. Möglich sind also beispielsweise Kündigungen oder Versetzungen, die aus betriebs- oder verhaltensbedingten Gründen erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn die Kündigung oder Versetzung zu einem Verlust der Wahlberechtigung oder der Wählbarkeit des Arbeitnehmers führen sollte. Allerdings ist der gesetzliche Sonderkündigungs- bzw. Versetzungsschutz der §§ 15 KSchG bzw. 103 BetrVG zu beachten, wenn der von der Maßnahme betroffene Arbeitnehmer einer der dort benannten Arbeitnehmergruppen (z.B. Betriebsrats- oder Wahlvorstandsmitglieder) angehören sollte.
Auch die Ausübung von Wahlwerbung durch die Arbeitnehmer oder durch im Betrieb vertretene Gewerkschaften ist durch das Verbot der Wahlbehinderung geschützt. Der Arbeitgeber darf daher nicht generell jegliche Wahlwerbung im Betrieb verbieten. Vielmehr muss er zulässige Wahlwerbung dulden. Dazu kann das Verteilen von Flyern während der Pausenzeiten oder der Aushang von Wahlplakaten im Betrieb gehören. Arbeitgeber sind jedoch nicht verpflichtet, die Kosten von Wahlwerbung zu tragen.
Das Verbot der Wahlbehinderung hat aber nicht zur Folge, dass der Arbeitgeber alles unternehmen muss, damit sich die Arbeitnehmer tatsächlich an der Betriebsratswahl beteiligen. Nur soweit ihm das Gesetz entsprechende Pflichten, wie z.B. zur Erteilung und Zurverfügungstellung der für die Erstellung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte bzw. Unterlagen gegenüber dem Wahlvorstand (§ 2 Abs. 2 WO) auferlegt, ist er zur Förderung und Mitwirkung an der Betriebsratswahl verpflichtet. Folgerichtig ist der Arbeitgeber daher nicht verpflichtet Arbeitnehmer, die Wahlwerbung betreiben wollen, hierfür bezahlt freizustellen (Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil v. 21. Juli 1981 – 1 Ca 2201/81).
Keine strikte Neutralitätspflicht für Arbeitgeber im Wahlkampf bei BetriebsratswahlenDas Verbot der Wahlbeeinflussung gemäß § 20 Abs. 2 BetrVG soll demgegenüber die innere Willensbildung der Arbeitnehmer schützen, um eine freie Wahlentscheidung zu gewährleisten. Hierdurch wird jedoch nicht jede Verhaltensweise verboten, die geeignet sein könnte, die Betriebsratswahl zu beeinflussen. Vielmehr setzt ein Verstoß gegen das Wahlbeeinflussungsverbot stets voraus, dass die konkrete Beeinflussung durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch die Gewährung oder das Versprechen von Vorteilen erfolgt (BAG, Beschluss v. 23. Oktober 2024 – 7 ABR 34/23; ebenso BAG, Beschluss v. 25. Oktober 2017 – 7 ABR 10/1).
Unzulässig ist es daher, wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer mit einer Kündigung, einer Versetzung oder dem Entzug von Leistungen droht, sofern dieser nicht im Sinne des Arbeitgebers ein bestimmtes Wahlverhalten zeigt. Spiegelbildlich ist es gleichermaßen unzulässig, einem Arbeitnehmer begünstigende Leistungen (z.B. Geldzahlungen, zusätzliche Urlaubstage oder eine Beförderung) für den Fall zu versprechen, dass er seine Stimme für einen bestimmten Kandidaten / eine bestimmte Liste abgibt. Arbeitgeber dürfen auch nicht einzelne Kandidaten oder Wahlvorschlagslisten für die Betriebsratswahl finanziell unterstützen (BGH, Beschluss v. 13. September 2010 – 1 StR 220/09; ebenso BAG, Beschluss v. 25. Oktober 2017 – 7 ABR 10/1).
Trotz solcher Schranken sind Arbeitgeber nicht zur strikten Neutralität verpflichtet (BAG, Beschluss v. 25. Oktober 2017 – 7 ABR 10/1). Insbesondere müssen sie sich nicht jeder Äußerung, die möglicherweise Einfluss auf das Ergebnis einer Betriebsratswahl haben könnte, enthalten. Erst wenn durch solche Äußerungen die Entscheidungsfreiheit der Wähler mittels Zufügung oder Androhung von Nachteilen bzw. Gewährung oder Versprechen von Vorteilen manipuliert werden soll, wird das Wahlbeeinflussungsverbot verletzt.
Folgerichtig sind Arbeitgeber und verantwortliche Führungskräfte auch nicht verpflichtet, sich jeder kritischen Äußerung über den amtierenden Betriebsrat oder einzelne seiner Mitglieder zu enthalten. Sie dürfen nicht nur Kritik ausüben, sondern sogar gegenüber der Belegschaft anregen, eine alternative Wahlvorschlagsliste aufzustellen. Ebenso dürfen sie anregen, für eine solche, alternative Liste zu kandidieren. Zudem stellt es auch keine unzulässige Wahlbeeinflussung dar, wenn der Arbeitgeber nur seine Sympathie mit bestimmten Listen oder Kandidaten bekundet.
Konkrete Handlungsmöglichkeiten für Arbeitgeber bei BetriebsratswahlenIm Rahmen der vorstehenden Grundsätze haben Arbeitgeber also durchaus die Möglichkeit, sich im Vorfeld von Betriebsratswahlen zu diesen zu äußern.
Arbeitgeber können beispielsweise
- die Belegschaft allgemein dazu auffordern, sich an der Betriebsratswahl zu beteiligen,
- Kritik am bestehenden Betriebsrat oder an einzelnen seiner Mitglieder äußern,
- die Belegschaft auffordern, alternative Kandidaten / Wahlvorschlagslisten aufzustellen und hierfür zu kandidieren sowie
- einzelne Arbeitnehmer gezielt darauf ansprechen und anregen, dass diese für eine Betriebsratswahl kandidieren.
Stets ist allerdings darauf zu achten, dass hierbei den Arbeitnehmern oder einzelnen Listen keine Vorteile gewährt oder versprochen oder Nachteile zugefügt oder angedroht werden.
Zudem sollte stets abgewogen werden, ob und inwieweit solche Äußerungen nicht nur rechtlich zulässig, sondern auch taktisch sinnvoll sind. Denn eine Sympathiebekundung für einzelne Listen kann unter Umständen auch dazu führen, dass die Arbeitnehmer erst recht von der Wahl dieser Liste absehen.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.
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