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Bundestag | Aktuelle Themen
Fast elf Milliarden Euro für das Finanzministerium
Der Bundestag hat am Dienstag, 25. November 2025, nach 90-minütiger Debatte die Etats des Bundesministeriums der Finanzen (Einzelplan 08) sowie des Bundesrechnungshofes (Einzelplan 20) im Haushaltsgesetz 2026 (21/600, 21/602) in zweiter Beratung angenommen. Für den Etat des Finanzministeriums stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD, dagegen die Oppositionsfraktionen AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Der Etat des Bundesrechnungshofes wurde einstimmig angenommen. Zur Abstimmung lagen Beschlussempfehlungen des Haushaltsausschusses vor (21/2061, 21/2062). Etat des Bundesfinanzministeriums Das Bundesfinanzministerium soll im nächsten Jahr 10,8 Milliarden Euro ausgeben können, 215,1 Millionen Euro mehr als 2025 geplant waren. Die Einnahmen sollen um 152,5 Millionen Euro auf 256,3 Millionen Euro zurückgehen. Die Ausgaben für die Zollverwaltung schlagen mit 3,5 Milliarden Euro zu Buche (2025: 3,6 Milliarden Euro). 1,6 Milliarden Euro soll das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) erhalten, das IT-Leistungen für Behörden und Organisationen des Bundes bereitstellt (2025: 1,5 Millionen Euro). Der Bundesrechnungshof kann mit 202,2 Millionen Euro rechnen (2025: 196 Millionen Euro). In den Haushaltsberatungen erhöhte der Haushaltsausschuss den Ansatz für Mieten und Pachten um 31 Millionen Euro und stockte die entsprechenden Verpflichtungsermächtigungen auf 189 Millionen Euro auf. Etat des Bundesrechnungshofes Der Bundesrechnungshof kann wie im Regierungsentwurf geplant 202,24 Millionen Euro ausgeben (2025: 195,97 Millionen Euro). Die Einnahmen sind mit 392.000 Euro taxiert (2025: 369.000 Euro). AfD: Ein klarer Verfassungsbruch Eröffnet wurde die Debatte von Dr. Michael Espendiller (AfD). Er malte ein düsteres Bild: „Mit dem Bundeshaushalt 2026 hinterlassen Friedrich Merz und Lars Klingbeil Deutschland als fiskalpolitisches Trümmerfeld, das für die nächsten Jahre fest in einer gigantischen Schuldenspirale stecken wird, aus dem es kein Entkommen mehr geben wird.“ Seine Partei- und Fraktionsvorsitzende habe den Haushaltsentwurf zu Recht als verfassungswidrig bezeichnet. „Denn er macht eine Einhaltung der aktuell geltenden Schuldenbremse in Zukunft unmöglich, und das ist nichts anderes als ein klarer Verfassungsbruch“, warf Espendiller der Bundesregierung vor. SPD: Wir schaffen Stabilität für unser Land „Dieser Bundeshaushalt 2026 hat ein klares Ziel“, befand dagegen Dr. Thorsten Rudolph für die SPD-Fraktion. Deutschland solle moderner, stärker und gerechter werden. „Die Koalition setzt dabei konsequent den Weg fort, den sie mit dem Haushalt 2025 begonnen hat: Rekordinvestitionen für mehr Wachstum, Verantwortung für die innere und äußere Sicherheit unseres Landes und kluge Maßnahmen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, erklärte Rudolph. Das sei in diesen Zeiten auch der richtige Weg, um die Herausforderungen zu meistern. Rudolph weiter: „Wir schaffen Stabilität für unser Land. Wir investieren erneut knapp 120 Milliarden Euro in die Zukunft unseres Landes. Die Investitionsquote im Kernhaushalt liegt bei 10,5 Prozent. Das bedeutet rund 50 Milliarden Euro Investitionen allein im Kernhaushalt.“ Dazu kämen weitere 50 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität und noch einmal 20 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds. Grüne: Ein Offenbarungseid Ein völlig anderes Bild zeichnete Dr. Sebastian Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen). „Ein Offenbarungseid“ sei der Haushaltsentwurf 2026. Schäfer warf der Koalition vor: „Da werden Maßnahmen priorisiert, die gar nichts fürs Wachstum bringen, aber Milliardenlöcher nicht nur in den Haushalt des Bundes, sondern auch in die Haushalte unserer Länder und Gemeinden fräsen.“ Wenn die neuen kreditfinanzierten Ausgaben „richtig eingesetzt“ würden, ließe sich bis zum Jahr 2030 ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von fünf Prozent erzielen, erläuterte Schäfer mit Verweis auf Berechnungen des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Aber der jetzige Haushaltsentwurf sehe lediglich ein zusätzliches Wachstum von zwei Prozent in den kommenden fünf Jahren vor. CDU/CSU: Ganz eindeutig ein Investitionshaushalt Dagegen ist der Haushaltsentwurf 2026 aus Sicht von Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) „ganz eindeutig ein Investitionshaushalt“. Er erläuterte: „118 Milliarden aus dem Kernhaushalt und aus den Sondervermögen gehen in die Investitionen.“ Das sei über alle Haushalte gerechnet ein Investitionsanteil von fast 20 Prozent. „Und der ganz große Teil dieser Investitionen geht in die Infrastruktur, in Straße, in Schiene, in Wasserstraße, in die Energieinfrastruktur, in den Wohnungsbau, in Bildung, Forschung und in Digitalisierung.“ Mit diesen Ausgaben komme Deutschland zurück auf Wachstumskurs. „Das bescheinigen uns alle Wirtschaftsforschungsinstitute“, stellte der Unionspolitiker fest. Linke: Diese Koalition löst kein Problem Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke) warf dem nicht anwesenden Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vor, bereits in den ersten Tagen „alle zentralen Wahlversprechen über Bord geworfen“ zu haben. Er erinnerte an die Versprechen, Überstundenzuschläge steuerfrei zu stellen oder die Stromsteuer für alle zu senken. „Friedrich Merz ist ein Bundeskanzler der Nebelkerzen“, sagte Bartsch. Die schwarz-rote Bundesregierung streite schlimmer, als die Ampel gestritten habe. „Diese Koalition löst kein Problem. Sie ist ein Problem für dieses Land.“ Dem Kanzler warf Bartsch weiter vor: „Sie haben den Menschen nur ein paar Tage vor der Wahl gesagt: keine neuen Schulden. Dieses nicht erfüllte Versprechen ist ein Mahnmal politischer Selbstüberschätzung!“ Minister: Deutschland ist hoch angesehen Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) berichtete vom G-20-Gipfel in Südafrika, an dem er am vergangenen Wochenende teilgenommen hatte. „Es war beeindruckend zu sehen, wie die Welt sich neu sortiert, die bestehenden Bündnisse auf dieser Welt nicht mehr den Bestand haben, den sie über Jahrzehnte hatten, und wie sich neue Partnerschaften herausbilden.“ Es sei deutlich geworden, dass Deutschland nach wie vor ein hoch angesehenes Land sei. „Deutschland ist ein geschätztes Land, wenn es um Innovationskraft, wenn es um Know-how, wenn es um Ingenieurskunst geht und wenn es darum geht, den regelbasierten Handel und die regelbasierte Ortung dieser Welt einzuhalten“, erläuterte der Finanzminister. (bal/hau/25.11.2025)
Kategorien: Nachrichten der Bundesorgane
Etats des Bundespräsidenten, Bundestages und Bundesrates angenommen
Der Bundestag hat zu Beginn der viertägigen abschließenden Beratung des Bundeshaushalts 2026 (21/600, 21/602) am Dienstag, 25. November 2025, in zweiter Beratung ohne Aussprache den Einzelplänen 01 des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamtes, 02 des Deutschen Bundestages und 03 des Bundesrates zugestimmt. Der Einzelplan 01 wurde bei Enthaltung der AfD-Fraktion angenommen, der Einzelplan 02 gegen die Stimmen der AfD-Fraktion. Einstimmig beschlossen wurde hingegen der Einzelplan 03. Zur Abstimmung lagen Beschlussempfehlungen des Haushaltsausschusses vor (21/2061, 21/2062). Etat des Bundespräsidenten und Bundespräsidialamtes Der Einzelplan 01 des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamtes sieht Ausgaben von 67,39 Millionen Euro wie bereits im Regierungsentwurf vor. Für 2025 waren Ausgaben von 58,94 Millionen Euro vorgesehen. Die Einnahmen liegen bei 103.000 Euro wie bereits in diesem Jahr. Etat des Deutschen Bundestages Der Einzelplan 02 des Deutschen Bundestages umfasst nach Abschluss der Beratungen im Haushaltsausschuss (21/2002, 21/2061) 1,28 Milliarden Euro gegenüber 1,25 Milliarden Euro im Regierungsentwurf. Auch im laufenden Jahr stehen dem Bundestag 1,25 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Einnahmen summieren sich wie im Regierungsentwurf auf 2,34 Millionen Euro (2025: 2,21 Millionen Euro). Etat des Bundesrates Für den Bundesrat sind wie im Regierungsentwurf Ausgaben von 40,97 Millionen Euro eingeplant gegenüber 38,52 Millionen Euro im laufenden Jahr. Die Einnahmen betragen wie im Regierungsentwurf 51.000 Euro (2025: 81.000 Euro). (vom/25.11.2025)
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Sachverständige für zügigen Ausbau von Frauenhausplätzen
Am Vortag des Internationalen Aktionstages „NEIN zu Gewalt an Frauen“ fand am Montag, 24. November 2025, im Ausschuss für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein öffentliches Fachgespräch unter dem Titel „Gemeinsam Gewalt gegen Frauen verhindern“ statt. Dabei forderten die geladenen Sachverständigen unter anderem einen zügigen Ausbau von Frauenhausplätzen, die Umsetzung des geplanten Gewaltschutzgesetzes der Bundesregierung, eine stärkere Beachtung der Gefahr durch frauenfeindliche Inhalte im Netz und eine Reform des Sexualstrafrechts entsprechend den Vorgaben der Istanbul-Konvention. "Möglichst niedrigschwelliger Zugang zu Frauenhäusern" Esther Bierbaum von der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF) forderte einen Zugang für alle, „der sicher, schnell, unbürokratisch und bedarfsgerecht ist“. Zudem müsse der Zugang zu Frauenhäusern möglichst niedrigschwellig sein. „24 Stunden 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr“, sagte Bierbaum. Die Gewährleistung von Schutz und Beratung müsse außerdem den Schutz für alle Frauen beinhalten, einschließlich trans-, intergeschlechtlicher und nicht-binärer Personen sowie auch älterer Frauen und ebenso von Frauen mit Behinderungen. Besonders berücksichtigt werden müsse dabei eine intersektionale Perspektive im Gewaltschutz, sagte die ZIF-Vertreterin, die zugleich einen zügigen Ausbau von Frauenhausplätzen, orientiert an den Empfehlungen der Istanbul-Konvention forderte. „Es bedarf an dieser Stelle keiner erneuten Bedarfsanalysen“, betonte sie. Es fehlten schlichtweg Frauenhausplätze. "Gewalt gegen Frauen hat verschiedene Gesichter" Bianca Biwer, Bundesgeschäftsführerin beim Opferhilfeverein Weißer Ring, sagte, Gewalt gegen Frauen habe verschiedene Gesichter. Biwer benannte beispielhaft die häusliche Gewalt, Femizide und die digitale Gewalt. Bei der häuslichen Gewalt nenne das „Hellfeld“ 266.000 vom Bundeskriminalamt registrierte Fälle 2024. Gerade bei häuslicher Gewalt gebe es aber ein gewaltiges Dunkelfeld durch die Beziehung zu den Tätern, durch Scham und die Hürden für Betroffene. Gleichzeitig sei festzustellen, dass Verurteilungen bei Tätern häuslicher Gewalt selten seien und das Strafmaß milde sei. Ein besonders gravierendes Problem für die betroffenen Frauen sei es auch, dass Familiengerichte im Falle einer Trennung meist urteilten, „dass der Täter regelmäßigen Umgang mit seinen Kindern haben darf“, sagte Biwer. Insofern müsse die Frau weiterhin Kontakt mit dem Kindesvater halten. Die im Gewaltschutzgesetz der Bundesregierung geplante bundesweite elektronische Fußfessel begrüßte sie ebenso wie weitere darin enthaltene Verschärfungen. Der Bundestag sollte der Regelung zustimmen, sagte Biwer. "Vorrang für Schutz vor Gewalt" „Häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen findet mitten unter uns statt“, sagte Sibylle Schreiber vom Verein Frauenhauskoordinierung. Täter seien „Menschen wie unsere Nachbarn, vielleicht der Partner unserer alten Schulfreundin oder der nette Steuerberater“. Dass dies immer noch geschehe, liege in der Verantwortung aller. Habe eine Frau den Mut, sich Schutz und Beratung zu suchen, so werde sie aktuell im Stich gelassen. Sie müsse wochenlang auf einen persönlichen Beratungstermin warten und telefoniere sich die Finger wund, um einen freien Frauenhausplatz in ihrer Nähe zu finden. Mit der Flucht ins Frauenhaus riskierten Frauen zudem nicht selten das Sorge- und Umgangsrecht für ihre Kinder. Grundsätzlich müsse der Schutz vor Gewalt Vorrang vor Sorge- und Umgangsrechten des gewalttätigen Elternteils haben, forderte Schreiber. „Einschränkungen oder der Ausschluss des Umgangsrechts muss bei häuslicher Gewalt zukünftig selbstverständlich sein“, sagte sie. "Mittel für den Vollzug in die Täterarbeit stecken" „Jeder Femizid kostet eine Million Euro“, sagte Uwe Stürmer, Polizeipräsident von Ravensburg. Er plädierte dafür, dass man die Mittel, die für den Vollzug verwendet werden, in die Täterarbeit steckt. Es brauche eine stärkere Professionalisierung. „Für mich muss die Rechtsgüterabwägung zwischen dem Schutz des Lebens und den Eingriffen, die den Tätern zugemutet werden können, neu illustriert werden“, sagte Stürmer. Man könne mit kurzfristigen Maßnahmen einiges tun. „Es muss aber das Bewusstsein Platz greifen, dass das Tötungsdelikte sind, die in archaischen Besitzansprüchen ihre Ursache haben, die tief verwurzelt sind“, befand er. Seiner Ansicht nach ließe sich zum Schutz der Opfer viel mehr tun. „als darauf zu vertrauen, dass es gut ausgeht“. "Ein fehlendes Nein ist kein Einverständnis" Sina Tonk vom Frauenschutzverein Terre des Femmes forderte eine ganzheitliche Schutz- und Präventionsstrategie, „die ausreichend finanziert ist“. Weiterhin vereinzelt Pflaster auf ein strukturelles Problem dieses Ausmaßes zu kleben, verfehle das Ziel deutlich. „Es vermehrt das Leid von Betroffenen und verursacht jedes Jahr mehr Kosten und Folgekosten.“ Gewaltschutz müsse vor Umgangs- und Sorgerecht gehen, sagte Tonk. Gewalttätigen Vätern müsse der Umgang mit den Kindern sofort entzogen werden. Die Terre-des-Femmes-Vertreterin sprach sich auch für eine Reform des Sexualstrafrechts aus. „Nein heißt Nein“ sei richtig und wichtig gewesen, machte sie deutlich. Es müsse aber nun ein Schritt weitergegangen werden und der Grundsatz „Ja heißt Ja“ gesetzlich verankert werden. Dieser notwendige Paradigmenwechsel setze ein klares Zeichen. Einvernehmlicher Sex müsse klar auf einer frei gegebenen, jederzeit widerrufbaren Zustimmung der beteiligten Personen beruhen. „Ein fehlendes Nein ist kein Einverständnis“, machte sie deutlich. (hau/25.11.2025)
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Experten plädieren für mehr Tempo beim Wasserstoffgesetz
Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat sich am Montag, 24. November 2025, in einer öffentlichen Anhörung mit der Beschleunigung der Verfügbarkeit und der Rahmenbedingungen für den Wasserstoffhochlauf beschäftigt. Dazu lag ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung vor (21/2506). Die Mehrheit der Sachverständigen forderte Tempo bei der Verabschiedung und Umsetzung des Gesetzes sowie die Erweiterung des Anwendungsbereiches auf alle für den Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes notwendigen Maßnahmen. "Schnell verabschieden und zügig umsetzen" Dr. Kirsten Westphal, Mitglied der Hauptgeschäftsführung Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), erwartet eine schnelle Verabschiedung und zügige Umsetzung des Gesetzes. "Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber das Momentum nutzt, um einen breiten Anwendungsrahmen in der aktuellen initialen Phase des Wasserstoffhochlaufs zu schaffen, der die Grundlage für den beschleunigten Aufbau der Wertschöpfungsinfrastruktur darstellt", sagte Westphal. Neben Tempo plädiert der BDEW auch dafür, "den Anwendungsbereich zu erweitern". Dies gelte vor allem für die Berücksichtigung von kohlenstoffarmem Wasserstoff. "Kohlenstoffarmer Wasserstoff ist unabdingbar für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und die Transformation des Industriestandortes Europa", unterstrich Westphal. Daher sollten Anlagen zur Erzeugung des kohlenstoffarmen Wasserstoffs in den Anwendungsbereich des Gesetzes aufgenommen werden. Kohlenstoffarmer Wasserstoff umfasst unterschiedliche Produktionsmethoden wie die Herstellung aus fossilen Brennstoffen mit nachfolgender Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) oder -nutzung (CCU) sowie die Elektrolyse mit Strom aus Kernenergie. "Anwendungsbereich ausweiten" Hauke Dierks, Referatsleiter Umwelt- und Rohstoffpolitik bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), unterstützte diese Forderung. "Der Anwendungsbereich sollte deshalb auf alle Zulassungsverfahren von Vorhaben deutlich ausgeweitet werden, die Wasserstoff oder seine Derivate herstellen, speichern, transportieren oder verwenden. Also alle mit dem Hochlauf der Wasserstoffinfrastruktur verbundenen Vorhaben", betonte Dierks. Außerdem sollten die Beschleunigungsverfahren für Sonderregelungen – wie Fristverkürzungen, Zentralisierung sowie Digitalisierung von Verfahrensschritten – für alle Genehmigungsverfahren für Wasserstoffprojekte in das Gesetz aufgenommen werden. "Erdgasversorgung weiterhin sicherstellen" Barbara Fischer, Geschäftsführerin der Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas (FNB), ein Zusammenschluss der überregionalen deutschen Fernleitungsnetzbetreiber, übte Kritik. Fischer bemängelte, der Gesetzentwurf berücksichtige "nicht oder ungenügend Regelungsinhalte, die insbesondere für den Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes wichtig sind". Dabei sei es besonders wichtig, dass "der Gesetzgeber die Erweiterung des Anwendungsbereiches stringent auf alle für den Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes notwendigen Maßnahmen ausweitet". So müsse trotz der Umstellung der Leitungen von Erdgas auf Wasserstoff die Erdgasversorgung im verbleibenden Erdgasnetz weiterhin sichergestellt werden. Um dies zu gewährleisten, seien sogenannte erdgasverstärkende Maßnahmen erforderlich. So müssten beispielsweise Anschlussnehmer, die an eine umzustellende Gasleitung angeschlossen sind und weiter mit Gas versorgt werden müssen, erst über eine andere Leitung an das Gasnetz angebunden werden, um die Umstellleitung für den Wasserstofftransport "freizumachen". "Diese erdgasverstärkenden Maßnahmen müssen zwingend vor der Umstellung durchgeführt werden", forderte Fischer. "Weitere politische Signale nötig" Auch Dr. Andre Brauner, Leiter des Liegenschafts- und Planungsrechts der Open Grid Europe GmbH, forderte, den Anwendungsbereich des Gesetzes dahingehend zu erweitern, dass der Aufbau aller Wasserstoffinfrastrukturen in der Hochlaufphase beschleunigt werden kann. "Über die Beschleunigung hinaus sind weitere politische Signale nötig, um einen wettbewerbsfähigen Wasserstoffmarkt entstehen zu lassen", sagte Brauner. Er verlangte "Instrumente und Regulatorik, die sinkende Erzeugungskosten und einen starken Nachfrageimpuls ermöglichen". Dazu sollten europäische Regeln für die Produktion von erneuerbarem und kohlenstoffarmen Wasserstoff angepasst werden. Außerdem brauche es "die Förderung der Anwendung in der Industrie und eine ambitionierte Kraftwerksstrategie". "Umsetzung vieler Projekte stockt" Prof. Dr. Mario Ragwitz, Institutsleiter der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien IEG und Koordinator Entwicklung Transport und Speicherung von Wasserstoff (Transhyde), wies darauf hin, dass aktuell die Umsetzung vieler Projekte zur Wasserstoffnutzung aufgrund einer mangelnden Wirtschaftlichkeit stocke. Der vorliegende Gesetzentwurf baue zwar hemmende Faktoren des Wasserstoffhochlaufs ab, vor allem bei Erzeugung und Infrastrukturen. "Mindestens ebenso wichtig ist es aber auch, dass zusätzlich fördernde Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Nachfrage zu stimulieren", forderte Ragwitz. Die Wasserstoffnutzung in der Stahlerzeugung, der Chemie und bei Hochtemperatur-Anwendungen erfordere einen CO2-Preis von deutlich mehr als 200 Euro pro Tonne und sei somit ohne gezielte Instrumente mittelfristig nicht wirtschaftlich. "Daher ist die zentrale Voraussetzung für den Hochlauf der Wasserstoffnutzung die stringente und fokussierte Förderung einzelner, strategisch relevanter Nachfragesegmente", sagte Ragwitz. "Gesamtkonzept des Bundes zur Energiewende fehlt" Dr. Klaus Ritgen von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände kritisierte, "dass es an einem Gesamtkonzept des Bundes zur Energiewende fehlt". Auch dieser Gesetzentwurf stelle letztlich nur ein Stückwerk in einer Vielzahl von kleinteiligen Gesetzen dar. Notwendig sei stattdessen ein Gesamtkonzept, das die verschiedenen Aspekte einer von erneuerbaren Energien getragenen Energiewende zusammenbringe, Wertschöpfung vor Ort erhalte, Akzeptanz schaffe und die zentralen Funktionen der Kommunen berücksichtige. Trotz des Gesetzentwurfs blieben "grundlegende Herausforderungen für den Wasserstoffhochlauf bestehen". Es bedürfe insbesondere ausreichender finanzieller Mittel und Finanzierungsmechanismen, um die nationale Wasserstoffstrategie erfolgreich umsetzen zu können. "Komplette Umstellung auf grünen Wasserstoff gewährleisten" Noch grundsätzlicher fiel die Kritik von Alexander Kräß, Referent für Klima- und Energiepolitik beim Deutschen Naturschutzring (DNR), aus. Der Vorschlag ziele darauf ab, vor allem die Infrastruktur zu beschleunigen. "Mit dem ,überragenden öffentlichen Interesse' sollen dabei demokratische Beteiligungsrechte reduziert und Umweltstandards abgeschwächt werden", sagte Kräß. Ein überragendes öffentliches Interesse könne nicht gegeben sein, wenn das Gesetz sowohl grünen als auch fossilen Wasserstoff fördere. "Hier braucht es konkrete Maßnahmen, um eine komplette Umstellung auf grünen Wasserstoff mittel- und langfristig zu gewährleisten", forderte Kräß. Zudem müssten die Auswirkungen der jeweiligen Technologien auf den Wasserhaushalt noch genauer Berücksichtigung finden. "Ohne grünen Wasserstoff keine Energiewende" Anke Mönnig, stellvertretende Bereichsleiterin der Abteilung Wirtschaft und Soziales bei der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS), betonte: „Ohne grünen Wasserstoff wird es keine Energiewende und keine Dekarbonisierung der Wirtschaft geben." Die Investitionen in grüne Wasserstofftechnologien könnten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern schaffen. Mönnig forderte, "weitere Maßnahmen zu ergreifen, um einen erfolgreichen Wasserstoffhochlauf zu ermöglichen wie beispielsweise die Schaffung grüner Leitmärkte“. (nki/24.11.2025)
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27. November 1925: Reichstag stimmt den Verträgen von Locarno zu
Am Freitag, 27. November 1925, verabschiedete der Reichstag der Weimarer Republik den Gesetzentwurf über die Verträge von Locarno und den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund. Die völkerrechtlichen Verträge, die vom 5. bis 16. Oktober 1925 im schweizerischen Locarno von den Regierungsvertretern der Länder Deutschland, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen und der Tschechoslowakei verhandelt und am 1. Dezember 1925 nach Zustimmung der Parlamente in London endgültig unterzeichnet werden sollten, enthielten wechselseitige Garantien der westlichen Grenzen Deutschlands, sahen Schiedsverfahren für Streitfragen vor und ebneten erstmals seit dem Ende des Ersten Weltkrieges den Weg zur politischen Gleichberechtigung Deutschlands im Kreis der europäischen Mächte. Anerkennung der Westgrenze Im Vertrag zwischen Deutschland, Belgien, Frankreich, Großbritannien und Italien erklärten die Vertragsschließenden „die Aufrechterhaltung des sich aus den Grenzen zwischen Deutschland und Belgien und zwischen Deutschland und Frankreich ergebenden territorialen Status quo“ und die Unverletzlichkeit dieser Grenzen, wie sie durch den in Versailles am 28. Juni 1919 unterzeichneten Friedensvertrag festgesetzt sind. Darüber hinaus schloss Deutschland zweiseitige Schiedsabkommen mit Frankreich, Belgien, Polen und der Tschechoslowakei, denen zufolge Konflikte mit diesen Ländern künftig auf schiedsgerichtlichem Wege beigelegt werden sollten. Deutschland akzeptierte damit die im Vertrag von Versailles festgelegte deutsche Westgrenze zu Frankreich und Belgien, den Verlust von Elsass-Lothringen und Eupen-Malmedy und bestätigte die Entmilitarisierung des Rheinlands. Im Gegenzug sollte das Reich künftig gegen territoriale Sanktionen geschützt sein. Eine Anerkennung der Bestimmungen des Versailler Vertrags im Osten, insbesondere der Abtretungen des größten Teils der preußischen Provinz Posen, des östlichen Oberschlesiens und eines großen Teils Westpreußens an Polen sowie des Status von Danzig und der Korridorlösung erfolgte nicht. Die Schiedsverträge Deutschlands mit Polen und der Tschechoslowakei sahen vor, dass Grenzstreitigkeiten zwischen den Ländern durch eine internationale Kommission bereinigt werden sollten, deren Bildung in den Verträgen festgelegt wurde. Friedensnobelpreis für Stresemann und Briand An den Verhandlungen hatten der deutsche Außenminister Dr. Gustav Stresemann (1878 bis 1929) und der französische Außenminister Aristide Briand (1862 bis 1932) maßgeblichen Anteil. Beide erhielten 1926 gemeinsam den Friedensnobelpreis für ihre Bemühungen, das von Krieg und Reparationen zerrissene Europa politisch zu stabilisieren und das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland auf eine neue Grundlage zu stellen. Die Verträge von Locarno brachten spürbare Verbesserungen der deutschen Position in der internationalen Politik. Erste sichtbare Ergebnisse waren der Abzug der Besatzungstruppen aus der Besatzungszone um Köln bis Ende Januar 1926 sowie die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund mit ständigem Ratssitz am 10. September 1926. Bruch der Regierungskoalition Während die Verträge von Locarno Deutschland außenpolitisch eine Rückkehr aus der Isolation in die internationale Staatengemeinschaft ermöglichten, führten sie innenpolitisch zum Bruch der seit Januar 1925 bestehenden „Bürgerblock“-Regierungskoalition unter Reichskanzler Hans Luther (1879 bis 1962, parteilos) bestehend aus der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), dem Zentrum , der Deutschen Volkspartei (DVP) und der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Reichskanzler Hans Luther und Außenminister Dr. Gustav Stresemann (DVP) verteidigten die Verträge als Chance, wieder gleichberechtigter Teil der internationalen Staatengemeinschaft zu sein. Der Fraktionsvorsitzende der Deutschnationalen, Kuno Graf von Westarp (1864 bis 1945), hingegen kritisierte das Ergebnis von Locarno scharf und erklärte im Namen seiner Fraktion, man werde keinem Vertrag zustimmen, der als „Verzicht auf deutsches Land und Volk“ gedeutet werden könnte. Am 25. Oktober 1925 beschloss die deutschnationale Reichstagsfraktion den sofortigen Austritt aus der Regierungskoalition. Debatte im Reichstag In erster Lesung der Verträge am 23. und 24. November 1925 verteidigten Luther und Stresemann die Verträge und verwiesen auf die Bedeutung des Locarno-Paktes für Deutschlands Rückkehr in die Staatengemeinschaft. Luther machte auch deutlich, dass ein Rücktritt der verbliebenen Reichsregierung erst nach der förmlichen Unterzeichnung der Verträge am 1. Dezember in London erfolgen werde. Die Regierung müsse handlungsfähig bleiben, um außenpolitischen Verpflichtungen zeitgerecht nachzukommen. Nach dem Ausscheiden der DNVP-Minister Martin Schiele (1870 bis 1939, Reichsinnenminister), Otto von Schlieben (1875 bis 1932, Reichsfinanzminister) und Albert Neuhaus (1873 bis 1948, Reichswirtschaftsminister) habe sich das verbliebene Kabinett einhellig gegen den Gedanken der Reichstagsauflösung und für die Fortführung der Regierungsgeschäfte auf der verbleibenden parlamentarischen Basis ausgesprochen, um die rechtzeitige Beschlussfassung im Reichstag nicht zu gefährden. Nach dem Regierungsaustritt der DNVP konnten die Verträge am 27. November 1925 nur mit Hilfe der oppositionellen SPD ratifiziert werden. Zustimmung der Sozialdemokraten und der Mitte-Parteien Die Mitte-Parteien — Zentrum, DDP, DVP und BVP — sowie die Sozialdemokraten hatten früh ihre Zustimmung signalisiert. Ziel sei es, die Beziehungen zu den westlichen Nachbarn zu normalisieren und das Besatzungsregime im Rheinland langfristig zu überwinden, so der gemeinsame Tenor. Für die Sozialdemokraten begründete Dr. Rudolf Breitscheid (1874 bis 1944) in der dritten Lesung, warum diese geschlossen hinter der Vorlage stünden: „In der Beurteilung des uns vorliegenden Gesetzentwurfs sind wir absolut einig. Bei uns gibt es keinen Zweifel über die Notwendigkeit der grundsätzlichen Zustimmung zu der Vorlage.“ Breitscheid betonte die historische Tragweite des Beschlusses: „Was uns bestimmt, noch einmal das Wort zu ergreifen, das ist die historische Bedeutung des Moments, ist die ungeheure weltpolitische Tragweite der Entscheidung, die heute gefällt wird.“ "Ein wichtiger Schritt auf einem längeren Weg" Zugleich dämpfte Breitscheid überzogene Erwartungen. Die Locarno-Verträge seien „nichts, was wir vom sozialdemokratischen Standpunkt aus als etwas Vollkommenes ansehen“, aber ein wichtiger Schritt auf einem längeren Weg. Entscheidend sei, dass mit den Schiedsverträgen und der Völkerbundsmitgliedschaft erstmals ein System friedlicher Streitbeilegung etabliert werde. Für die Deutsche Volkspartei hob Dr. Albert Zapf (1870 bis 1940) die realpolitische Bedeutung des Vertragswerks hervor. Locarno schaffe einen vertraglichen Schutz, der die verlorene eigene Wehrmacht teilweise ersetze. Zapf sprach von „Fortschritten für das besetzte Gebiet und für die ganze Westgrenze“. Gleichzeitig kritisierte er, die Okkupation des Rheinlands stünde im Widerspruch zum Geist des Vertrages und müsse deshalb auf Dauer beseitigt werden. Fundamentale Ablehnung von der KPD Für die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) lehnte Clara Zetkin (1857 bis 1933) die Ratifizierung der Verträge ab und verurteilte sie als Instrument der westlichen Mächte. In ihrer Rede erklärte sie, der Garantiepakt sei „der Ausdruck des Ringens zwischen dem französischen und dem englischen Imperialismus um die Hegemonie in Europa und über die Grenzen Europas hinaus“. Deutschland werde darin zur „Schachfigur“, die London je nach eigenem Interesse bewege. Zetkin wandte sich scharf gegen die Hoffnungen der SPD auf Locarno und Völkerbund. Der „Geist von Locarno“ sei in Wahrheit „der Geist der Entente und insbesondere der Geist des englischen Imperialismus“. Statt westlicher Sicherheitsgarantien forderte sie ein enges Bündnis mit der Sowjetunion und rief die Arbeiter auf, sich nicht „durch den lügnerischen Pakt von Locarno“ binden zu lassen, sondern den Frieden „durch euren entschlossenen, einheitlichen, unerbittlichen Klassenkampf“ im Vormarsch mit der Sowjetunion zu sichern. Skepsis bei der Wirtschaftlichen Vereinigung Skepsis kam aus Teilen des bürgerlichen Lagers, insbesondere der Wirtschaftlichen Vereinigung (WV). Ihr Sprecher Anton Fehr (1881 bis 1954, Bayerischer Bauernbund) zweifelte daran, dass Locarno zu einer Befreiung der besetzten Gebiete führen werde. Ein „wahrer Geist des Friedens“ fordere das „sofortige Ende der Besatzung in allen deutschen Landen“. Fehr warnte vor unkalkulierbaren Nebenfolgen der Verträge und machte deutlich, dass die Wirtschaftspartei nicht in der Lage sei, den Locarno-Verträgen zuzustimmen. Andere Gruppen der Vereinigung wie die Deutsch-Hannoversche Partei und der Bayerische Bauernbund würden dem Gesetz nur zustimmen, „weil wir für den Fall der Ablehnung beim gegenwärtigen Stand der Dinge innen- und außenpolitische Wirkungen und wirtschaftliche Rückschläge von unabsehbarer Tragweite befürchten“. Fundamentale Ablehnung von DNVP und Völkischen Die DNVP deutete die Verträge von Locarno als Verrat an nationalen Interessen. Von Westarp sprach von einem „nationalen Schicksalsmoment“ und verband die Ablehnung der Verträge mit einem Misstrauensantrag gegen die Regierung Luther: „Wir ersuchen den Reichstag, dem von uns gestellten Antrag auf Entziehung des Vertrauens für die derzeitige Reichsregierung seine Zustimmung zu geben.“ Die DNVP sei bereit, für einen „dauernden und ehrenhaften Frieden“ einzutreten, dürfe aber nichts unterstützen, „was das deutsche Volk und Reich zu einem Volk und Staat minderen Rechtes stempeln“ könne und die Wiedererlangung der nationalen Einheit gefährde. Deutschlands Freiheit werde nicht durch „Nachgiebigkeit und neue Unterwerfung“, sondern nur durch „feste Vertretung des deutschen Rechtes“ gefördert. Der völkische Abgeordnete Albrecht von Graefe (1868 bis 1933, Deutschvölkische Freiheitsbewegung) sprach vom „Fluch von Locarno“, der das deutsche Volk „schmachvoller, als es bei Karthago war, zur Selbstvernichtung“ treibe. Er warf der Regierung vor, durch den Beitritt zum Völkerbund deutsche Souveränitätsrechte an eine äußere Instanz zu übertragen. Abstimmung und Inkrafttreten Nach intensiven Beratungen am 23., 24., 26. und 27. November 1925 wurde das „Ratifikationsgesetz über die Verträge von Locarno und den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund“ am 27. November in namentlicher Abstimmung mit den Stimmen der verbliebenen Koalitionsparteien (DDP, Zentrum, DVP), der SPD und Teilen der Wirtschaftlichen Vereinigung angenommen. Mit Ja stimmten 292 Abgeordnete, mit Nein 174; drei enthielten sich. Nach der förmlichen Unterzeichnung der Verträge am 1. Dezember 1925 in London trat die Regierung Luther am 5. Dezember zurück. Am 10. September 1926 wurde Deutschland mit ständigem Ratssitz in den Völkerbund aufgenommen und die Verträge von Locarno traten in Kraft. (klz/20.11.2025)
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Rede des Präsidenten des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Wolfgang Schneiderhan, in der zentralen Gedenkfeier zum Volkstrauertag am 16. November 2025
[Es gilt das gesprochene Wort] Anrede, vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Das ist Anlass für einen Rückblick, aber auch für einen Ausblick. 1945 lag Deutschland zu weiten Teilen in Trümmern, auch moralisch. Der Zweite Weltkrieg war kein normaler Krieg, falls es so etwas überhaupt gibt. Er war ein Angriffs- und Vernichtungskrieg mit 60 bis 70 Millionen Toten und in dessen Verlauf Millionen Menschen, die keine Kriegsteilnehmer waren, fabrikmäßig vernichtet wurden. So schien es im Mai 1945 schwer vorstellbar, dass Deutschland nach dieser Niederlage eine Zukunft haben könnte. 1955, nur zehn Jahre später, fand in Messina auf Sizilien eine Konferenz statt, die auf der Basis der schon bestehenden Montanunion den Weg zu einer Europäischen Gemeinschaft frei machte, aus der die heutige Europäische Union entstanden ist. Nicht zufällig lag der Konferenzort in Italien, das von Anfang an einer der Motoren der europäischen Einigung und ein enger deutscher Partner war. Dass der italienische Staatspräsident heute bei uns ist, unterstreicht das eindrucksvoll. Italien und unsere anderen westlichen Nachbarn waren bereit, mit Deutschland, in diesem Fall Westdeutschland, eine gemeinsame Zukunft zu gestalten. Leider sollte es noch 35 Jahre dauern, bis die Menschen in der ehemaligen DDR sich in diesen Verbund europäischer Demokratien einbringen konnten. Weitere 20 Jahre später, 1975, war der Kalte Krieg zwischen Ost und West zumindest eingehegt. Mit der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vereinbarten alle Teilnehmerstaaten, auch die damalige Sowjetunion und das damalige Jugoslawien, einen klaren Gewaltverzicht. Konflikte zwischen West und Ost gab es weiterhin, aber ein Krieg in Europa schien ein für alle Mal undenkbar geworden zu sein. 1995, wieder 20 Jahre später, war die Sowjetunion zerfallen. Dies gab den Weg für die bislang neutralen Staaten Österreich, Schweden und Finnland in die Europäische Gemeinschaft frei. Die mittelosteuropäischen Staaten signalisierten ebenfalls ihren Wunsch, der Europäischen Union beizutreten, was dann knapp zehn Jahre später auch geschah. Aber es gab im Zusammenhang mit der Auflösung Jugoslawiens auch wieder Krieg in Europa. Das Jahr 1995 ist bedauerlicherweise fest mit dem Massaker von Srebrenica verbunden. Und heute, 2025, sind wir im vierten Jahr des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Dachten wir in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, es ginge „nur“ noch darum, die menschlichen, politischen und wirtschaftlichen Schäden des Krieges zu beseitigen und durch einen Aussöhnungsprozess zu flankieren, stehen wir jetzt fassungslos vor der nackten Aggression und den großen Zerstörungen. Auch die Auseinandersetzungen im Nahen Osten, mit ihren vielen zivilen Opfern von Überfall, Geiselnahme und Bombardement können uns nicht unberührt lassen. 1945 hatten wir wenig Hoffnung, 1955 sehr viel, 1975 waren wir beruhigt, dass die politischen Spannungen nicht eskalieren, 1995 mussten wir lernen, dass die Erwartung des Verschwindens der Konflikte und damit des Endes der Geschichte die Realität nicht abbildete. Wo stehen wir nun 2025? Hat es einen Sinn der Opfer vergangener Kriege zu gedenken, wenn doch immer wieder neue Kriege Leid und Zerstörung verursachen? Unsere Antwort ist eindeutig: Gerade weil kriegerisches Denken und Handeln selbst auf dem europäischen Kontinent nicht überwunden sind, ist es wichtig, die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft im Blick zu behalten. Die Gefallenen und Gestorbenen war nicht anonyme Soldaten oder unbekannte Bombenopfer. Es waren konkrete Menschen, mit einem Namen, einem Beruf, einer Familie – und mit Hoffnungen für das eigene Leben, die der Krieg jäh zerstörte. Wir merken durch unsere tägliche Arbeit im Volksbund, dass diese Menschen auch Jahrzehnte nach dem Ende des Krieges in ihren Familien noch fehlen. Jährlich wird unsere Online-Gräbersuche, mit der man Gefallene und Vermisste finden kann, über 100.000 Mal genutzt. Wir schulden es den Kriegsopfern, ihrer zu gedenken. Ein Krieg entsteht nicht über Nacht, er wird vorbereitet durch die Verbreitung von Hass und Hetze, durch die Herabwürdigung anderer, durch die Einschränkungen der Freiheiten im eigenen Land. Politisch hat der Zweite Weltkrieg bereits 1933 mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten begonnen. Auch der russische Krieg gegen die Ukraine ist durch die schrittweise Überführung Russlands in eine Diktatur vorbereitet worden. Diktatur und Krieg liegen eng beieinander. Im Umkehrschluss heißt das: Frieden und Demokratie gehören ebenfalls zusammen. Wo Krieg geführt wird, verschwindet die Demokratie. Wo die Demokratie abgeschafft wird, wird die Tür für den Krieg geöffnet. Die Menschen, die in den beiden Weltkriegen ihr Leben verloren haben, als Soldaten, als Zivilisten, als Angehörige von Minderheiten, die in Konzentrationslagern ermordet wurden, sie alle mahnen uns: Engagiert Euch für den Frieden und erhaltet die Demokratie, lasst Euch nicht verhetzen! Seid solidarisch mit denen, die angegriffen und bedrängt werden – international und im eigenen Land! In einer Zeit der Krisen und Spaltungen in Europa ist es ein starkes Zeichen, dass heute Partnerorganisationen des Volksbundes aus 17 Ländern, darunter auch aus Italien, anwesend sind. Unsere gemeinsame Arbeit – in der Pflege der Gräber, in der historisch-politischen Bildung, in Gedenkveranstaltungen und im Engagement für Demokratie und Frieden – macht deutlich, wie notwendig und wertvoll die grenzüberschreitende Verständigung ist. Frieden ist eine gemeinsame Aufgabe. Der Volkstrauertag erinnert uns daran, was auf dem Spiel steht. Dass wir mit diesen Gedanken und dem Engagement für Frieden und Freiheit in Europa nicht alleinstehen, zeigt auch die Anwesenheit des italienischen Staatspräsidenten. Dafür, Herr Präsident, danken wir Ihnen.
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Isabella Sofia Vazza (1) Mein Name ist Isabella Sofia Vazza und ich komme aus Italien. Die Verbindung meiner Familie zum Volksbund reicht bis in die 1950er Jahre zurück und begann mit meinem Großvater. Er hieß John, er war chinesischer Herkunft und wurde 1929 geboren. In den 1950er Jahren kam er nach Spanien und lebte dort als Flüchtling, wo er an der Universität Medizin studierte. In diesen Jahren machte ihn sein Cousin auf die internationalen Workcamps des Volksbundes aufmerksam. Bald darauf, meldete er sich an und verbrachte mehrere Sommer bei den ersten vom Volksbund organisierten Workcamps auf dem Soldatenfriedhof von La Cambe, in Frankreich. Mehr als fünfzig Jahre später entdeckte mein Bruder Nicola dieses Engagement seines Großvaters, da er sich leidenschaftlich für die Familiengeschichte interessiert und als Archäologe für Konfliktgeschichte arbeitet. Im Jahr 2015 nahm er dank unserer Mutter an seinem ersten Workcamp in La Cambe teil. Seine Begeisterung inspirierte mich, im folgenden Jahr auch an einer internationalen Jugendbegegnung teilzunehmen. Ich war siebzehn und ich erinnere mich noch lebhaft an die Aufregung am Abend vor der Abreise und die Vorfreude darauf, Menschen aus aller Welt zu treffen. Die Erfahrung übertraf meine Erwartungen. Während wir einige Tage auf der Kriegsgräberstätte arbeiteten, entwickelten sich aus unserer gemeinsamen Arbeit dauerhafte Freundschaften, die mich bis heute begleiten. Gleichzeitig erlebten wir auch gemeinsame Momente des Gedenkens. Das Lesen der Biografien derer, die einst auf denselben Straßen gingen, auf denen wir standen, und die nun in der Erde ruhen, hinterließ einen tiefen Eindruck bei uns. Als wir auf den Friedhöfen standen, wurde uns bewusst, wie privilegiert wir sind an einem Ort des Friedens zu leben – und wie wichtig es ist, diesen Frieden zu schätzen und zu bewahren. Die ehrenamtliche Arbeit beim Volksbund war für mich über Jahre ein unschätzbares Geschenk. Sie hat mir die Möglichkeit gegeben, bleibende Freundschaften zu knüp-fen, Empathie und Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln und aufmerksamer, sensibler und mitfühlender zu handeln. 2.152 Zeichen | 2:55 Minuten Matteo Atticciati (2) | spricht italienisch My name is Matteo Atticciati. Last year, I took part in the Yellow Route of Project Peaceline, a journey through the Western Balkans a region which was devastated, just a few decades ago. Listening to the eyewitnesses of the genocide in Srebrenica, or the atrocities of the long siege of Sarajevo, I discussed – together with thirty young Europeans –the challenges of creating shared memories and common understandings of the past. We were exposed to stories of hate and grief but also dialogue and hope. We had the chance to share our national and family stories of conflict and resistance. I never felt more European than during that journey. Listening to my companions, I learned that it is possible to cultivate a culture of memory and remembrance of the horrors that bled our continent in the twentieth century. That it is possible to transform remembrance into an exercise of collective resistance. A necessary exercise in the face of the daily atrocities and massacres committed in Kyiv, in Gaza, or Khartoum. We have been told by our grandparents who witnessed the nihilistic hate of fascism and the brutal oppression of soviet communism what the costs of indifference are. We have read about the tragic price of inaction. We have heard from the survivors of genocide what happens when governments and people remain silent. There is a generation that is committed to safeguarding those memories passed by previous generations, and to transform those memories into collective resistance against the horrors of our present. As remembering is a responsibility that is passed from one generation to another, a torch that must be kept forever alight to prevent the emories of what happened from disappearing. In this city, decades ago, taunting a wall and a repressive system built to dehumanize people, a man said that the proudest words were “Ich bin ein Berliner.” Today, even if our governments remain motionless,motionless, when I see my fellow citizens taking the streets for the rights of the oppressed, I believe that the time will come when the proudest words may be “Ich bin ein Europäer.” 2.157 Zeichen | 2:35 (italienisch) Leutnant Lea Schuster (3) Auf meinen Begegnungen als Jugendleiterin durfte ich den für mich friedlichsten Ort der Welt kennenlernen: Die deutsche Kriegsgräberstätte am Monte Cassino in Italien. Begleitet vom Duft der Pinienbäume steigt man Steintreppen hinauf und findet sich auf einem Hügel inmitten von 4.000 Steinkreuzen wieder, die an über 20.000 dort ruhende Soldaten erinnern. Eingebettet in heilender Natur erinnert dieser Ort an das Leid der Vergangenheit. Mein Name ist Lea. Ich bin Psychologiestudentin der Universität der Bundeswehr in Hamburg und durfte den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge drei Jahre als ehrenamtliche Jugendleiterin in Italien begleiten. Während meiner Grundausbildung bin ich das erste Mal mit dem Volksbund in Berührung gekommen. Mir liegt diese Arbeit, gerade weil ich Soldatin bin, besonders am Herzen. Am Monte Cassino begegnen sich deutsche und polnische Jugendliche. Gemeinsam säubern sie Grabsteine und zeichnen die Namen der Kriegstoten nach: die Namen von Soldaten, die im selben Alter wie sie waren. Dank vieler Feldpostbriefe öffneten sich neue Perspektiven auf den Soldaten als Mensch: Ein junger Mann, der ganz andere Vorstellungen und Wünsche vom Leben hatte als seinen eigenen Tod. Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Camp in Cassino. Nach unserer Gedenkveranstaltung begegneten wir einer Frau mit ihrer Mutter, die an diesem Tag das Grab ihres Vaters zum ersten und vermutlich wohl auch zum letzten Mal besuchte. Ein besonderer Moment, der Einmaligkeit und Endgültigkeit vereinte. Mitzuerleben, wie dankbar Angehörige für unser Engagement sind hat mich bis heute geprägt und berührt. Dieses Ehrenamt mache ich nicht nur weil ich Soldatin bin. Ich stehe hier heute auch als Mensch, dem ein Leben in Sicherheit und Frieden wichtig ist. Ich bin überzeugt, dass dies ein Ansatz und Beitrag zur Friedensbildung ohne Waffen ist. Nichts ist so abstrakt wie ein Krieg, vor allem für junge Menschen. Die Hoffnung bleibt: Jugendliche, die ihre gemeinsame, aber konträre Geschichte aufgearbeitet haben, werden sich nicht eines Tages mit Waffen gegenüberstehen. Wenn wir gemeinsame Werte erarbeiten und Berührungspunkte schaffen, dann sind das wertvolle Spuren auf einem richtigen Weg. 2.253 Zeichen | 2:40 Minuten Dominic Lagoski (4) Mein Name ist Dominic Lagoski. Ich wurde 1996 in einer mecklenburgischen Kleinstadt geboren. Trotz aller Umbrüche der Wendezeit durfte ich behütetet aufwachsen. Dabei hat mich besonders mein Großvater geprägt. Er Jahrgang 1944 hat selbst den Krieg nicht mehr bewusst erlebt. Aber durch die Weitergabe der Familienerzählungen brachte er mir diese Zeit nahe. Unser gemeinsames Interesse für Geschichte führte mich schließlich zu den internationalen Jugendbegegnungen des Volksbundes. Bei den Workcamps in vielen Ländern Europas habe ich nicht nur Kriegsgräber gepflegt und vieles gelernt, sondern auch Freundschaften geschlossen. Für mich waren diese Begegnungen prägende Erlebnisse: Es war die Möglichkeit, an den Gräbern unserer einst verfeindeten Vorfahren frei miteinander reden zu können. Am ehemaligen Schlachtfeld bei Monte Cassino in Italien erinnern viele Länder ihrer Kriegstoten. Es hat heute eine besondere Bedeutung sowohl in Italien als auch in Polen und anderen beteiligten Nationen – auch für mich persönlich. Wenn ich heute als Leiter einer Jugendgruppe in dieser friedlichen Landschaft stehe, wirkt all diese Gewalt und das Leid kaum vorstellbar. Und doch erinnern die zahlreichen Soldatenfriedhöfe bis heute: Krieg ist keine Lösung. Die endlosen Reihen an Grabsteinen mahnen uns zum Frieden. Wenn wir zusammen diese Anlagen pflegen, kommen Fragen, wie: Warum musste er sterben? Was hat er getan? Was hätte ich selbst getan? Für mich ist es ein Erfolg, wenn die Teilnehmenden aus unterschiedlichen Ländern anfangen, genau diese Fragen zu stellen – und damit allzu einfache Antworten hinterfragen. Von Cassino führte der Weg der Alliierten nach Rom, das am 4. Juni 1944 befreit wurde – dem Geburtsdatum meines Großvaters. Mit den Jugendlichen waren wir diesen Sommer auf dem Capitol Hügel, wo 1957 die Römischen Verträge unterzeichnet wurden – die Grundlage für die heutige EU. Für meine Generation ist dieses freie Europa ein großer Glückfall und ein Privileg zugleich. Aber: Auch, wenn alle Wege nach Rom führen, brauchen wir gemeinsame Brücken, über die wir zusammen gehen. Ganz im Sinne des Mottos des Volksbundes: Together for peace - Insieme per la pace - Gemeinsam für den Frieden. 2.269 Zeichen | 2:38 Minuten Abgestimmte Kurzbiografien der Lesenden: Isabella Vazza (26) aus Belluno, Italien, arbeitet in der Filmindustrie als Junior-Produzentin in Bologna und hat einen Abschluss in Medien und Kommunikation. Seit 2016 engagiert sie sich beim Volksbund, zunächst als Teilnehmerin und später als Teamerin in mehreren Workcamps in Deutschland. Seit 2019 ist sie außerdem aktive Freiwillige bei ESN Italien (Erasmus Student Network) und koordiniert EU-finanzierte Jugendprojekte mit einem starken Fokus auf europäische Kultur und Zusammenarbeit. Sie wird deutsch sprechen. Matteo Atticciati (26) aus Neapel, Italien, studiert derzeit Diplomatie an der SIOI (Società Italiana per l’Organizzazione Internazionale / Italienische Gesellschaft für Internationale Organisation) in Rom. Zuvor studierte er Internationale Beziehungen in Florenz, Rom, Shanghai und Mannheim und arbeitete für eine internationale Zeitung in Brüssel. Er war studentischer Vertreter im Akademischen Senat der Universität Florenz und nahm an der Gelben Route des Volksbund-Projekts Peaceline teil, das drei Länder des ehemaligen Jugoslawiens umfasste. Er wird italienisch sprechen. Leutnant Lea Schuster (24), Hamburg, nach einem deutsch-italienischen Abitur studiert sie Psychologie im Master an der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Sie war drei Mal Teamerin beim deutsch-polnischen Workcamp in Monte Cassino (Italien). Dominic Lagoski (29), Rostock, seit 2024 Vorsitzender der Jugendvertretung des Volksbundes (BJAK). Innerhalb des Volksbundes vertritt er aktuell die Interessen der Jugendlichen im Bundespräsidium und gibt so der Jugend eine Stimme. Er ist langjähriger Workcamp-Teamer, zuletzt in Monte Cassino (Italien). Seit 2015 Mitglied im Volksbund, anfangs als Teilnehmer in den Workcamps, seit 2021 als Teamer. Er ist im öffentlichen Dienst der Stadt Rostock tätig.
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Koalition verteidigt ihre Klimapolitik gegen Vorwürfe der Grünen
Bei einer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragten Aktuellen Stunde zu dem Thema „Klimaschutz nicht schwächen – Bundesregierung muss Führungsrolle in der Klimapolitik einnehmen“ am Freitag, 14. November 2025, haben Rednerinnen und Redner der Koalitionsfraktionen die Absprachen aus dem Koalitionsausschuss wie auch die Ergebnisse des jüngsten Treffens der EU-Umweltminister gegen Vorwürfe der Grünen verteidigt. )Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen) hatte die Bundesregierung mitverantwortlich für eine Schwächung der europäischen Klimapolitik gemacht. Dem hielt Mark Helfrich (CDU/CSU) entgegen, das die Koalition zu ambitioniertem Klimaschutz „ohne ideologische Scheuklappen“ stehe. Dr. Nina Scheer (SPD) nannte es unlauter, Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) im Zusammenhang mit dem europäischen Klimaschutzverhandlungen in ein falsches Licht zu stellen. Grüne: Regierung mitbeteiligt an Schwächung der EU-Klimapolitik Lisa Badum nahm die Ergebnisse des Koalitionsausschusses in den Blick. Dort sei nicht etwa beschlossen worden, wie Deutschland schneller aus dem fossilen Gas aussteigt oder wie Privatjets und Erste-Klasse-Tickets beim Flug stärker besteuert werden können. Entschieden worden sei stattdessen, die Luftverkehrsabgabe zu senken. „Das ist absurd“, befand Badum. Die Bundesregierung sei auch mitbeteiligt an der Schwächung der europäischen Klimapolitik. Es stimme, dass die Regierungen Polens und Italien viel blockiert hätten. Die deutsche Bundesregierung sei es aber, die seit Wochen und Monaten unsägliche Debatten lostrete. Etwa darüber, ob Wirtschaft und Klimaschutz zusammenpassten, ob das Verbrenner-Aus verschoben werden sollte, ob Gaskraftwerke die Zukunft sind „und ob Deutschland überhaupt irgendeine Schuld an der Klimakrise hat“. Das sei keine Führung. „Das ist Stammtisch“, sagte die Grüne-Abgeordnete. CDU/CSU: Minister Schneider hat in Brüssel hart verhandelt Helfrich befand hingegen, Umweltminister Schneider habe vergangene Woche in Brüssel „hart verhandelt“. Das Ergebnis sei ein europäisches Klimaziel für 2040 „minus 90 Prozent gegenüber 1990“. Deutschland habe ein ureigenes Interesse, dass Europa ein klares Ziel setze, sagte der Unionsabgeordnete. „Ein Ziel, das im Einklang mit unserem nationalen Pfad von minus 91 Prozent steht.“ Eine Vorreiterrolle Europas beim internationalen Klimaschutz könne es aber nur geben, wenn alle Mitgliedstaaten an einem Strang ziehen. Helfrich betonte, es seien nicht allein die Umwelt- und Klimaschutzauflagen gewesen, die Deutschland wirtschaftlich ausgebremst hätten. Dafür seien auch jahrelang falsch gesetzte Rahmenbedingungen und auch falsche Managemententscheidungen verantwortlich. Doch auch die Klimaschutzauflagen setzten europäische Unternehmen massiv unter Druck. Die Antwort darauf seien die von den Umweltministern gefundenen Instrumente der Flexibilisierung, sagte er. AfD: Wettbewerbsfähigkeit der Industrie auf neuem Tiefpunkt Deutsche Politiker hätten aktuell schon eine Führungsrolle inne, urteilte Karsten Hilse (AfD). Zusammen mit der EU seien sie dabei, „die Wirtschaft in Deutschland zu vernichten“. Sie seien verantwortlich für den nahenden Wirtschaftskollaps. Lauf ifo-Institut befinde sich die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie auf einem neuen Tiefpunkt, sagte Hilse. Um 36,6 Prozent sei die Wettbewerbsfähigkeit gesunken. Besonders dramatisch sei die Situation in den energieintensiven Unternehmen. „Das ist der Nettoeffekt Ihrer großen Transformation aufgrund des Klimaschwindels“, sagte Hilse. Mehr Führungsrolle in den eigenen Untergang gehe eigentlich nicht. In atemberaubender Geschwindigkeit werde der Wohlstand in Deutschland vernichtet. All dies spürten die Bürger am eigenen Leibe. Regierung: Wirksamer Klimaschutz braucht gemeinsames Handeln Der Klimaschutz habe für die Bundesregierung von Anfang an eine zentrale Rolle gespielt, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), als Entgegnung auf die Vorwürfe der Grünen. Wirksamer Klimaschutz brauche aber ein gemeinsames Handeln von Europa und der Welt. Daher sei es ein wichtiger Erfolg, dass der EU-Umweltrat eine Einigung erzielt hat. „Es hätte nichts gebracht, wenn wir allein dagestanden hätten und es zu keiner Einigung gekommen wäre“, sagte die Staatssekretärin. Linke: Maßnahmen führen nicht auf den Reduktionspfad Die unzureichende Klimapolitik der Vorgängerregierungen müsse aktuell gegen eine von Lobbyinteressen geprägte Koalition verteidigt werden, sagte Dr. Fabian Fahl (Die Linke). „Zu den Zielen bekennen Sie sich. Aber wie sollen Sie diese Ziele erreichen?“, fragte er. Will die EU ihr Klimaziel im Jahr 2030 erreichen, die Treibhausgase zwischen 66 und 72 Prozent zu reduzieren, müsse sie in zehn Jahren „fast noch mal so viel an Treibhausgasen einsparen wie in den 35 Jahren zuvor“, sagte Fahl. Die Maßnahmen der Regierung seien aber nicht einmal im Ansatz dazu geeignet, um auf diesen Reduktionspfad zu gelangen. „Klimawandel war gestern, Klimakrise ist heute, Klimakatastrophe ist morgen, wenn Sie in der Regierung nicht endlich in die Spur kommen“, sagte der Linken-Abgeordnete. SPD: Ausbau der erneuerbaren Energie geht weiter Nina Scheer forderte die Grünen zur Zusammenarbeit auf. Es sei wenig hilfreich, wenn angesichts der Boykotthaltungen anderer Regierungen beim Klimaschutz das Engagement des deutschen Umweltministers in Abrede gestellt werde. Beim gestrigen Koalitionsausschuss, so die SPD-Abgeordnete weiter, sei zudem ganz klar vereinbart worden: „Der Ausbau der erneuerbaren Energie geht weiter.“ Das müsse auch so sein, „weil Klimaschutz anders nicht zu erreichen ist“, sagte sie. (hau/14.11.2025)
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Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung beschlossen
Der Bundestag hat am Freitag, 14. November 2025, nach halbstündiger Aussprache den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung (21/1505, 21/2073, 21/2146 Nr. 1.12) in der vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz geänderten Fassung (21/2778) angenommen. Zugesstimmt haben CDU/CSU und SPD, dagegen votierten die AfD und Bündnis 90/Die Grünen. Die Linke enthielt sich. Zur Abstimmung lag auch ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung zur Finanzierbarkeit (21/2779) vor. Gesetzentwurf der Bundesregierung Das Gesetz „zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung“ (21/1505) sieht eine „erhebliche Ausweitung der Möglichkeiten zur Errichtung elektronischer Dokumente“ zum Zweck der Beurkundung durch Notare wie auch durch andere Urkundsstellen vor. Kernstück der Neuregelung ist laut Bundesregierung die Ermöglichung der Aufnahme elektronischer Niederschriften zur Beurkundung von Willenserklärungen in Gegenwart der Urkundsperson. Auch für sonstige Beurkundungen werden die Möglichkeiten zur Errichtung elektronischer Dokumente anstelle von papierförmigen Urkunden ausgeweitet. Wie die Bundesregierung ausführt, ist das Beurkundungsverfahren derzeit noch grundsätzlich papiergebunden ausgestaltet. Die Errichtung elektronischer Dokumente zum Zwecke der öffentlichen Beurkundung sehe das Beurkundungsgesetz nur punktuell vor, nämlich für Beurkundungen mittels Videokommunikation sowie für einfache elektronische Zeugnisse. In allen übrigen Fällen müssten Notare sowie andere für öffentliche Beurkundungen zuständige Stellen – wie etwa auch Nachlassgerichte – Urkunden in Papierform errichten. "Digitalisierung der Justiz fortführen" „Sofern im Beurkundungsverfahren Urkunden in Papierform errichtet werden, bedarf es sowohl für die elektronische Verwahrung als auch für elektronische Vollzugstätigkeiten eines Medientransfers“, schreibt die Bundesregierung weiter. Hierdurch würden Personal- und Sachkapazitäten bei den Urkundsstellen gebunden und die Bearbeitung werde verzögert. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 5. Mai 2025 setze das Ziel, „die Digitalisierung der Justiz konsequent fortzuführen und Medienbrüche abzuschaffen“, heißt es in der Vorlage ferner. Um dieses Ziel zu erreichen, sehe der Entwurf weitreichende Möglichkeiten für eine Errichtung elektronischer Urkunden vor. Damit würden die Voraussetzungen für eine medienbruchfreie Weiterverarbeitung dieser Dokumente geschaffen. So könnten Prozesse beschleunigt und Kapazitäten in Notariaten, Gerichten und anderen Urkundsstellen eingespart werden. Änderung im Rechtsausschuss Gegenüber dem Regierungsentwurf hatte der federführende Rechtsausschuss am 12. November auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen eine Änderung im Wortlaut („Zeugnis“ statt „Dokument“) einer Norm des Gesetzentwurfs vorgenommen. Ziel war eine Angleichung des Wortlauts. Stellungnahme des Bundesrates Der Bundesrat sah Änderungsbedarf bei der Einführung der elektronischen Präsenzbeurkundung. In seiner Stellungnahme (21/2073) machte er diverse Detailvorschläge zur Anpassung von Regelungen. Zudem schlug der Bundesrat vor, die Regelungen zur elektronischen Niederschrift aus dem Beurkundungsgesetz in weitere Verfahrensordnungen zu überführen. In ihrer Gegenäußerung lehnt die Bundesregierung diesen und weitere Vorschläge ab. (scr/14.11.2025)
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Abschaffung der Analogleistungen im Asylbewerberleistungsgesetz debattiert
Die AfD-Fraktion will „Dauerduldungen unattraktiver machen durch Abschaffung der Analogleistungen nach Paragraf 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes“. Den so betitelten Antrag (21/1073) hat der Bundestag am Freitag, 14. November 2025, erstmals debattiert und im Anschluss an die halbstündige Aussprache zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Federführend ist der Ausschuss für Arbeit und Soziales. Antrag der AfD-Fraktion Die Fraktion fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Abschaffung dieser Leistungen vorzulegen. Zugleich soll dieser Gesetzentwurf nach dem Willen der Fraktion für bisherige Ansprüche auf die Analogleistungen angemessene Übergangsregelungen bis Ende 2025 sicherstellen. Wie die Fraktion darlegt, erhalten Asylbewerber oder etwa Geduldete in Deutschland zunächst Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Während der ersten 36 Monate hätten sie dabei regelmäßig Anspruch auf eine Grundversorgung, die in der Erstaufnahmeeinrichtung beginnt, heißt es in der Vorlage weiter. Im Anschluss entspreche die Versorgung bei der Hilfe zum Lebensunterhalt sowie bei der Hilfe zur Krankheit und Pflege grundsätzlich der Versorgung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). „Faktisch kein Unterschied mehr zu gesetzlich Versicherten“ Sie blieben dann zwar weiterhin im Regelungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes, wechselten aber zu den sogenannten Analogleistungen (Leistungen in besonderen Fällen nach Paragraf 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes), die in der Höhe den Leistungen nach SGB II (Bürgergeld) beziehungsweise SGB XII (Sozialhilfe) entsprächen, führt die Fraktion ferner aus. Auch hätten sie den gleichen Anspruch auf medizinische Versorgung wie Personen, die Leistungen der Sozialhilfe beziehen, sodass „faktisch kein Unterschied mehr zu gesetzlich Versicherten besteht“. Damit bilde Deutschland europaweit eine Ausnahme und biete „mit Sozialleistungen, die denen deutscher Sozialhilfeempfänger entsprechen, einen entscheidenden Pull-Faktor“. (sto/hau/14.11.2025)
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Schutz geografischer Angaben reformiert und erweitert
Der Bundestag hat am Freitag, 14. November 2025, nach halbstündiger Aussprache den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Durchführung der Reform und Erweiterung des Schutzes geografischer Angaben (Geoschutzreformgesetz, 21/1510, 21/1936, 21/2146 Nr. 1.7) in der vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz geänderten Fassung (21/2758) angenommen. Dafür stimmten CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dagegen votierten die AfD und Die Linke. Gesetzentwurf der Bundesregierung Im Entwurf des sogenannten Geoschutzreformgesetzes (21/1510) heißt es, der Schutz geografischer Angaben, garantiert traditioneller Spezialitäten und fakultativer Qualitätsangaben im Agrarbereich sei in der EU umfassend novelliert worden. Das EU-Recht zu Agrarerzeugnissen, Lebensmitteln, Wein und Spirituosen (Agrarbereich) sei zu einem Großteil in die EU-Verordnung 2024 / 1143 überführt und geändert worden. Das entsprechende Bundesrecht, das im Marken-, Wein- und Lebensmittelspezialitätenrecht enthalten sei, müsse an das reformierte EU-Recht angepasst werden. Ferner werde durch die EU-Verordnung 2023 / 2411 erstmals ein EU-weites Registrierungs- und Schutzsystem für geografische Angaben im handwerklichen und industriellen Bereich eingeführt. Dadurch werde wie im Agrarbereich auch in diesem Sektor der Schutz geistiger Eigentumsrechte gestärkt. Zugleich diene das neue Schutzsystem der Verbraucherinformation, der Stärkung traditioneller Betriebe und dem Erhalt von Erzeugungs- und Vermarktungstraditionen. Schutz geografischer Angaben Die EU habe sich dazu verpflichtet, international registrierte geografische Angaben unabhängig von der Art der Waren zu schützen. Mit den EU-Verordnungen 2024 / 1143 und 2023 / 2411 würden diese Verpflichtungen erfüllt. Auch in der Hinsicht sei eine Anpassung des deutschen Rechts erforderlich. Zur Durchführung der EU-Verordnung 2024 / 1143 wird nun den Angaben zufolge ein neues Stammgesetz in Form eines Agrargeoschutz-Durchführungsgesetzes geschaffen, auf dessen Grundlage das erforderliche Verordnungsrecht ergehen kann. Das Lebensmittelspezialitätengesetz und die einschlägigen Bestimmungen des Markengesetzes und des Weingesetzes gehen in dem Stammgesetz auf. Die zur Durchführung der EU-Verordnung 2023 / 2411 auf Bundesebene erforderlichen Rechtsvorschriften treten im Markengesetz an der Stelle der bisherigen Regelungen zum Agrargeoschutz. Wie schon im Agrarbereich werden zum Schutz eingetragener geografischer Angaben im Bereich handwerklicher und industrieller Erzeugnisse Anspruchsgrundlagen und Klagebefugnisse eingeführt. Auch Kontrollen sind geplant. Änderungen im Rechtsausschuss Gegenüber dem Regierungsentwurf hatte der federführende Rechtsausschuss am 12. November auf Antrag der Koalitionsfraktionen noch Änderungen vorgenommen. So wurden Übergangsbestimmungen eingeführt, da das Gesetz laut Änderungsantrag nicht mehr vor dem 1. Dezember 2025 in Kraft treten wird. Eine weitere Änderung betrifft das Weingesetz. Hier wird eine Regelung über finanzielle Beiträge an anerkannte Erzeugervereinigungen neu gefasst. Stellungnahme des Bundesrates Der Bundesrat drang in seiner Stellungnahme (21/1936) auf eine Zuständigkeit des Bundes für die Kontrolle geografischer Angaben für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse. Konkret schlug die Länderkammer vor, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle oder alternativ die Bundeszollverwaltung damit zu betrauen. Eine zentrale Kontrollinstanz des Bundes sei zielführender, heißt es zur Begründung. Eine Kontrolle durch die Länder würde zu einem „schwächeren Vollzugsniveau“ führen. Die Länderkammer sieht die Gefahr, „dass Deutschland zum bevorzugten EU-Mitgliedstaat für Akteure wird, die gegen eingetragene EU-Schutzrechte verstoßen“. Ferner kritisierten die Länder, dass die Bundesregierung nicht ausreichend gewürdigt habe, dass es sich nur um eine kleine Zahl an Kontrollen in diesem Bereich handle. „Umso wichtiger ist es zur Erreichung eines veritablen öffentlich-rechtlichen Schutzniveaus, dass Fachkenntnisse, Verwaltungsstrukturen und Kontrollaktivitäten an einer kompetenten Stelle des Bundes gebündelt werden“, heißt es weiter. Gegenäußerung der Bundesregierung Die Bundesregierung lehnt diesen Vorschlag des Bundesrates ab. Die Übernahme der Marktüberwachung durch die Länder sei „zweckmäßig“, heißt es in der Gegenäußerung, und entspreche dem Grundsatz der Länderexekutive nach Artikel 83 des Grundgesetzes. Den Ländern obliege die Marktüberwachung mit wenigen Ausnahmen ohnehin. „Dadurch sind bei den Ländern behördliche Strukturen vorhanden, auf die für die Marktüberwachung von durch geografische Angaben geschützten handwerklichen und industriellen Erzeugnissen zurückgegriffen werden kann“, führt die Bundesregierung an. Verwiesen wird in der Gegenäußerung zudem auf „weitgehende Erleichterungen“ für die Länder: „Es müssen lediglich Stichproben kontrolliert werden, die Aufgaben können auf eine gemeinsame Stelle übertragen oder es können Private mit der Kontrolle beauftragt werden und es dürfen Entgelte oder Gebühren erhoben werden.“ Bundeseinheitliche Regelung zum Überprüfungsverfahren Zustimmung bei der Bundesregierung fand hingegen ein anderer Vorschlag des Bundesrates. Die Länderkammer hatte in ihrer Stellungnahme eine bundeseinheitliche Regelung zum Überprüfungsverfahren beim Inverkehrbringen eines mit einer geografischen Angabe bezeichneten handwerklichen beziehungsweise industriellen Erzeugnisses vorgeschlagen, und zwar die sogenannte Eigenerklärung. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte dazu ein Wahlrecht der Länder vorgesehen. „Nachdem sich die Länder mehrheitlich dafür ausgesprochen haben, eine Eigenerklärung genügen zu lassen, besteht aus Sicht der Bundesregierung kein Anlass mehr, an dem vorgesehenen Wahlrecht für die Länder festzuhalten. Stattdessen ist einem bundeseinheitlichen Vorgehen bei den Marktzugangskontrollen der Vorzug zu geben“, schreibt die Bundesregierung. Zudem stimmte die Bundesregierung der vom Bundesrat vorgeschlagenen Korrektur eines Verweisfehlers zu, andere Vorschläge will die Regierung indes nicht umsetzen. (scr/14.11.2025)
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Abgesetzt: Debatte zum 30. Jahrestag des Friedensvertrags von Dayton
Der Bundestag hat von der Tagesordnung abgesetzt eine Vereinbarte Debatte am Freitag, 14. November 2025, anlässlich des 30. Jahrestages des Vertrags von Dayton. Eine halbe Stunde war dafür eingeplant. Mit dem in Dayton/Ohio ausgehandelten Friedensvertrag endete im Jahr 1995 der dreieinhalbjährige Krieg in Bosnien und Herzegowina. (hau/11.11.2025)
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Anträge zur Stärkung der digitalen Souveränität erörtert
Um die Stärkung der digitalen Souveränität ging es bei einer Parlamentsdebatte am Freitag, 14. November 2025. Anlass waren zwei Initiativen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ihren Antrag mit dem Titel „Strategie zur Digitalen Souveränität – Für eine selbstbestimmte digitale Zukunft Deutschlands und Europas“ (21/2726) wurde im Anschluss an die halbstündige Aussprache direkt abgestimmt und abglehnt. Dafür stimmten nur die Grünen, dagegen votierten CDU/CSU, AfD und SPD. Die Linke enthielt sich. Den Antrag mit dem Titel „Vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz ermöglichen – Umsetzung der europäischen KI-Verordnung in Deutschland beschleunigen, Innovation fördern und digitale Souveränität stärken“ (21/2349) überwies der Bundestag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse. Federführend ist der Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung. Abgelehnter Antrag der Grünen Die Grünen forderten die Bundesregierung in ihrem abgelehnten Antrag (21/2726) auf, spätestens bis Ende des ersten Quartals 2026 eine umfassende Bestandsaufnahme der digitalen Abhängigkeiten Deutschlands vorzulegen. In einer unabhängigen Untersuchung müsse systematisch erfasst werden, in welchen Bereichen Abhängigkeiten von außereuropäischen Anbietern bestehen, welche Risiken dadurch entstehen und welche offenen, europäischen Lösungen vorhanden sind; heißt es in dem Antrag. Die Abgeordneten forderten von der Bundesregierung, auf Grundlage der Bestandaufnahme eine nationale Strategie für digitale Souveränität zu entwickeln. Diese solle messbare Ziele, Zeitpläne und Zuständigkeiten festlegen und „sektorübergreifende Maßnahmen benennen, um Abhängigkeiten schrittweise zu verringern und europäische Handlungsfähigkeit zu stärken“, heißt es in dem Antrag weiter. Dazu gehörten unter anderem messbare Ziele für Open Source, ausreichende Mittel für digitale Souveränität im Bundeshaushalt und eine Modernisierung des Vergaberechts, sodass „offene Standards, Schnittstellen und Open-Source-Lösungen Vorrang haben“. Überwiesener Antrag der Grünen Die Angeordneten fordern die Bundesregierung mit dem Antrag (21/2349) auf, das Umsetzungsgesetz für die europäische KI-Verordnung (AI Act) noch im Jahr 2025 zur Beratung in den Bundestag zu geben. Ziel der Grünen ist es, dass „ausreichend Planstellen und Sachmittel für die als Marktüberwachungs- und Beschwerdestelle zu benennende Bundesnetzagentur“ eingerichtet werden und die Stellen zeitnah mit Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes besetzt werden. Die Fraktion fordert außerdem, dass die im Durchführungsgesetz vorgesehene Unabhängige KI-Marktüberwachungskammer so ausgestaltet wird, dass ihre „unionsrechtlich gebotene Unabhängigkeit“ gewährleistet ist. Hierfür müsse ihre Organisation nach dem Vorbild des Digitale-Dienste-Gesetzes in einer eigenständigen Abteilung mit eigener Leitung verankert werden, schreiben die Abgeordneten. Zugleich solle geprüft werden, ob die Aufsicht über EU-Digitalgesetze unter dem Dach einer gemeinsamen Koordinierungsstelle gebündelt werden könne. Digitale Plattform mit Verbindungsschnittstellen Klarer im Durchführungsgesetz geregelt sehen wollen die Abgeordneten darüber hinaus auch die Zusammenarbeit zwischen der zuständigen Marktüberwachungsbehörde und anderen Aufsichtsbehörden. Dafür sei eine „gemeinsame digitale Plattform mit Verbindungsschnittstellen“ nötig, die eine kollaborative, effiziente und zielführende Aufsicht gewährleiste. Im Hinblick auf innovationsfördernde Maßnahmen soll die Bundesregierung sicherstellen, dass die Open-Source-Community berücksichtigt werde, um „die Entwicklung transparenter, nachhaltiger und souveräner KI-Systeme zu fördern“. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung zudem auf, sicherzustellen, dass alle öffentlichen Einrichtungen notwendige Ressourcen, Infrastrukturen und Qualifizierungsmaßnahmen erhalten, um die Anforderungen der KI-Verordnung umsetzen zu können. (lbr/hau/14.11.2024)
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Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher geregelt
Der Bundestag hat am Freitag, 14. November 2025, nach halbstündiger Aussprache den einen Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher (Schuldnerberatungsdienstegesetz, 21/1847, 21/2458, 21/2669 Nr. 15) in der vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz geänderten Fassung (21/2774) angenommen. Dafür stimmten CDU/CSU und SPD, dagegen die AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke Zuvor war in zweiter Beratung ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke (21/2788) abgelehnt worden. Zugestimmt hatten neben der Linken nur die Grünen. CDU/CSU, AfD und SPD lehnten den Änderungsantrag ab. Keine Mehrheit fand in dritter Beratung auch ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/2789) zu dem Gesetzentwurf. Neben den Grünen stimmte nur Die Linke dafür, Union, AfD und SPD lehnten ihn ab. Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen beschloss das Parlament eine Entschließung zu dem Gesetz. Dagegen stimmten die AfD und Die Linke. Gesetzentwurf der Bundesregierung Mit dem Gesetz über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher (21/1847) werden Vorgaben der EU-Verbraucherkreditrichtlinie 2023 / 2225 in deutsches Recht umgesetzt. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die Schwierigkeiten bei der Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtungen haben oder haben könnten, Zugang zu unabhängigen Schuldnerberatungsdiensten erhalten, für die nur begrenzte Entgelte zu entrichten sind. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die entsprechenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis spätestens 20. November 2025 umzusetzen. Vorgesehen ist, dass die Länder die Verfügbarkeit unabhängiger Schuldnerberatungsdienste sicherstellen. Diese Dienste sollen für Verbraucherinnen und Verbraucher „grundsätzlich kostenlos“ sein. Die Erhebung eines begrenzten Entgelts ist demnach möglich, sofern es höchstens die Betriebskosten deckt und keine unangemessene Belastung für die Verbraucher darstellt. Vorgesehen sind zudem jährliche Berichtspflichten der Länder an das Bundesministerium der Justiz sowie des Ministeriums an die Europäische Kommission über die Zahl der vorhandenen Beratungsstellen. In Deutschland gibt es laut Bundesregierung rund 1.380 Schuldnerberatungsstellen. Verlässliche Daten zu deren geografischer Verteilung, Ausstattung oder Wartezeiten lägen jedoch nicht vor, „auf deren Grundlage sich die Notwendigkeit oder der Umfang eines Ausbaus der Beratungskapazitäten prognostizieren ließe“. Daher lasse sich der finanzielle Mehraufwand auf Seiten der Länder nicht im Vorhinein quantifizieren. Änderungen im Rechtsausschuss Der Rechtsausschuss hatte am 12. November auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD noch zwei Änderungen am Regierungsentwurf vorgenommen. Zum einen wird im Schuldnerberatungsdienstegesetz festgeschrieben, dass die Dienste für Verbraucher „kostenlos angeboten werden“. Ein „begrenztes“ Entgelt ist demnach nur in „besonders begründeten Ausnahmefällen“ zulässig. Ursprünglich hatte der Entwurf vorgesehen, dass die Beratung „grundsätzlich kostenlos“ anzubieten ist und die Möglichkeit für ein „begrenztes Entgelt“ eingeräumt. Dies war in den parlamentarischen Beratungen zu dem Gesetzentwurf sowohl von Abgeordneten als auch von Sachverständigen kritisiert worden. Zum anderen wird durch die Änderungen nun ausführlicher im Normtext dargelegt, wer Schuldnerberatungsdienste im Sinne des Gesetzes erbringen darf. Dazu wird definiert, was unter einem unabhängigen professionellen Anbieter zu verstehen ist. Auch diese Forderung war im parlamentarischen Verfahren erhoben worden. Entschließung verabschiedet Die Bundesregierung wird in der verabschiedeten Entschließung aufgefordert, gemeinsam mit den Ländern einen Vorschlag zu entwickeln, der dazu führt, eine auskömmliche Finanzierung und damit die Zukunftsfähigkeit der Schuldnerberatung in Deutschland – auch im Hinblick auf die Kostenfreiheit – zu sichern. Die Entwicklung dieses Vorschlags soll eine Prüfung der verpflichtenden Beteiligung privater Gläubiger an der Finanzierung der Schuldnerberatung einschließen. Die Prüfung soll auch umfassen, wie es durch Verfahrensverschlankungen, Änderungen im Verbraucherinsolvenzrecht und die Digitalisierung von Schuldnerberatungsprozessen und Verbraucherinsolvenzverfahren zu besseren und schnelleren Ergebnissen und gleichzeitig zu Kosteneinsparungen kommen kann. Dies soll ermöglichen, dass die Länder dadurch frei werdende Mittel der Schuldnerberatung zur Verfügung stellen können. Der Rechtsausschuss des Bundestages erwartet zu den Forderungen der Entschließung einen Bericht bis zum 31. Januar 2027. Änderungs- und Entschließungsantrag Die Linke hatte in ihrem Änderungsantrag (21/2788) unter anderem einen Anspruch auf Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher verlangt. Eine solche Regelung sei erforderlich, um Klarheit über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten zu schaffen. Der Regierungsentwurf verbleibt mit dem dortigen Sicherstellungsauftrag hinter den Anforderungen der Verbraucherkreditrichtlinie, insbesondere der Voraussetzung eines leichten und gleichwertigen Zugangs zurück und erfülle damit auch nicht die Erfordernisse für eine bundeseinheitliche Regelung. Die Grünen hatten in ihrem abgelehnten Entschließungsantrag (21/2789) unter anderem verlangt, von einer Entgelterhebung für Schuldnerberatungsdienste abzusehen und stattdessen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass unabhängige Schuldnerberatungsdienste bundeseinheitlich kostenlos für alle Menschen zur Verfügung gestellt werden können. Auch sollte der Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten bundeseinheitlich definiert werden, was Zielgruppe und Zugangsvoraussetzungen betrifft. Bisher teilweise von Beratung ausgeschlossene Gruppen wie Rentnerinnen und Rentner, Studierende, Erwerbstätige oder Kleinselbstständige sollten Zugang erhalten. Stellungnahme des Bundesrates In ihrer Stellungnahme (21/2458) warnt die Länderkammer vor „erheblichen Mehrkosten“ für Länder und Kommunen, die sich aus der Pflicht ergeben könnten, Beratungsangebote künftig für alle Verbraucherinnen und Verbraucher sicherzustellen. Der Entwurf erweitere den Kreis der Ratsuchenden über die bisherige soziale Schuldnerberatung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch hinaus. Der Bundesrat kritisiert, dass der Gesetzentwurf keine konkreten Angaben zu den finanziellen Folgen enthalte und fordert den Bund auf, „seine Angaben zu den Mehrausgaben, die den Ländern und Kommunen durch das Bundesgesetz entstehen würden, zu konkretisieren“. Sollten sich daraus relevante Mehrbelastungen ergeben, sei „sicherzustellen, dass die aus der bundesgesetzlichen Verpflichtung von Ländern und Kommunen resultierenden Ausgaben durch den Bund kompensiert werden“. Zudem bittet die Länderkammer um eine Übergangsregelung, um den Ländern mehr Zeit für die Umsetzung zu geben. Darüber hinaus regt der Bundesrat an, private Gläubiger – etwa Banken, Zahlungsdienstleister oder Inkassounternehmen – an der Finanzierung unabhängiger Schuldnerberatungsdienste zu beteiligen. Angesichts der angespannten Haushaltslage sei es „notwendig, eine finanzielle Beteiligung nach dem Veranlasserprinzip für diejenigen zu prüfen, die einerseits durch bestimmte neue Bezahlmodelle (zumindest teilweise) mit zur Verschuldung beitragen und andererseits von der Schuldnerberatung unmittelbar profitieren“. Gegenäußerung der Bundesregierung Die Bundesregierung lehnt die Forderungen ab. Nach ihrer Gegenäußerung entstünden durch das Gesetz keine wesentlichen Mehrkosten, da die Beratungsstrukturen bereits gut ausgebaut seien. „Nach derzeitigem Kenntnisstand und auf Grundlage der vorhandenen Daten entstehen aus den genannten Gründen keine wesentlichen Mehrausgaben für die Länder und Kommunen“, heißt es darin. Die Bundesregierung verweist zudem auf eine Prognose, nach der eine Zunahme der Beratungsfälle um ein Prozent zum Vergleichsjahr 2024 zu einer Kostensteigerung von deutschlandweit fünf Millionen Euro führen würde. Eine finanzielle Kompensation zugunsten der Länder komme zudem „aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht“. Auch eine Beteiligung privater Gläubiger sei im Rahmen der EU-Verbraucherkreditrichtlinie nicht vorgesehen. (scr/12.11.2025)
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Einbeziehung von Bundestagsabgeordneten in die Rentenversicherung
Der Bundestag hat am Freitag, 14. November 2025, erstmals über einen Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel "Bundestagsabgeordnete vollumfänglich in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen" (21/2708) beraten. Die Vorlage wurde im Anschluss zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung übernimmt die Federführung. Die Linke hatte sie beim Ausschuss für Arbeit und Soziales beantragt, konnte sich bei der Abstimmung aber nicht gegen die Mehrheit der anderen Fraktionen durchsetzen. Linke: Schluss mit dem Zwei-Klassen-System Ihre Fraktion fordere seit Jahren echte Rentengerechtigkeit, sagte Sarah Vollath (Die Linke) zu Beginn der Debatte. Deshalb müssten aus ihrer Sicht auch Abgeordnete mit ihrer vollen Diät in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. „Schluss mit dem Zwei-Klassen-System“, forderte Vollath. „Schluss mit den Abgeordnetenprivilegien.“ Es sei schamlos, sich im Bundestag ein komfortables Alterskissen zu basteln, „während draußen Millionen Rentner Pfandflaschen sammeln müssen, um zu überleben“. Das sei kein Sozialstaat, „das ist Heuchelei“, befand Vollath. Mit Blick auf die steigende Altersarmut trotz 45 Jahren Beitragszahlung sagte die Linken-Abgeordnete, müssten Abgeordnete selbst in das System einzahlen, „würden hier im Parlament vielleicht mal einige spüren, was sie mit ihren Kürzungen und Rentenreformen eigentlich anrichten“. Union: Eine die Unabhängigkeit sichernde Entschädigung Der Antrag sei „alter Wein in anderen Schläuchen“, entgegnete Ansgar Heveling (CDU/CSU). Er stimme fast wortgleich mit einer Linken-Initiative aus der 19. Wahlperiode überein. Die Forderung, Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung mit einzubeziehen, klinge auf den ersten Blick nach Gleichheit und Gerechtigkeit, räumte Heveling ein. Auf den zweiten Blick zeige sich jedoch, dass sie den besonderen verfassungsrechtlichen Status des Abgeordnetenmandats verkenne und in der Konsequenz zu neuen Ungerechtigkeiten führen würde, befand der Unionsabgeordnete. Laut Grundgesetz hätten Abgeordnete einen Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung. Diese Entschädigung betreffe nicht nur die Zeit als aktive Abgeordnete, „sondern auch die Zeit der Versorgung nach dem Mandat“, sagte Heveling. AfD: Am Ende steht die Einheitsrente Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) erinnerte daran, dass auch ihre Fraktion schon einen Antrag mit dem Ziel der Einbeziehung von Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung vorgelegt habe. Dieser sei jedoch niedergemacht worden, obgleich es doch auch bei der SPD und Teilen der Union Sympathien für diese Zielstellung gebe. Die Bürger hätten aber die Nase voll von „parteitaktischen Reinheitsgeboten“, sagte Schielke-Ziesing. Den Antrag der Linksfraktion bewertete sie als den „üblichen sozialistischen Käse“. Darin finde sich nicht nur die Forderung nach einer Verdopplung der Beitragsbemessungsgrenze für alle. Die Linksfraktion wolle auch noch höhere Renten kürzen. „Mit anderen Worten: Erst wenn alle gleich arm sind, sind Sie zufrieden.“ Am Ende dessen stehe dann die Einheitsrente, sagte die AfD-Abgeordnete. SPD: Rentensystem vom Kopf auf die Füße stellen Er glaube nicht, dass diese Debatte dem Bundestag besonders guttut, sagte Jens Peick (SPD). „Stützen wirklich 630 Beitragszahler mehr das System“, fragte er. Viel wichtiger sei es, das gesamte Rentensystem „vom Kopf auf die Füße zu stellen“. Aus Sicht der SPD ist ein Rentensystem fairer und gerechter, wenn Alle einzahlen, betonte Peick. Aktuell sei es aber so, dass Beamte eine Pension erhielten, Abgeordnete eine Altersentschädigung und viele Selbstständige aktuell gar keine Versicherungspflicht hätten. „Das wollen wir ändern“, sagte er. Daher, so der SPD-Abgeordnete weiter, habe Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) zu Recht gefordert: „Wir wollen eine Rentenversicherung für alle Erwerbstätigen.“ Das Gleiche wolle die SPD für die Krankenversicherung. „Wir nennen das Bürgerversicherung“, sagte Peick. Grüne: Die Union schürt Unsicherheit und Angst Die Union schüre derzeit mit Aussagen über unsichere Renten und der Forderung nach einer längeren Lebensarbeitszeit Unsicherheit und Angst „insbesondere bei kleinen und mittleren Einkommen“, sagte Helge Limburg (Bündnis 90/Die Grünen). Gleichzeitig verweigere sie sich der Einbeziehung großer Vermögen und großer Kapitaleinkünfte in die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme. Das sei nichts anderes als „Klassenkampf von oben“, befand der Grünen-Abgeordnete. Die Diskussion um die Verbreiterung der Einnahmebasis der gesetzlichen Rentenversicherung sei richtig. Sämtliche Berufsgruppen müssten dabei in den Blick genommen werden. „Dazu gehören auch, aber längst nicht nur, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages“, sagte Limburg. Antrag der Linken Die Fraktion fordert in ihrem Antrag, dass der Bundestag eine interfraktionelle Arbeitsgruppe einrichtet, um von der kommenden Wahlperiode an die Altersversorgung der Bundestagsabgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen. Spätestens ab Frühjahr 2029 sollen die Abgeordneten auf ihre Abgeordnetenentschädigung ("Diäten") Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung in Höhe des halben Beitragssatzes zahlen. Die verbleibende Hälfte, der sogenannte Arbeitgeberanteil, solle vom Bundestag für die Abgeordneten an die jeweiligen Rentenversicherungsträger abgeführt werden. Aus Gründen des Vertrauensschutzes solle sichergestellt werden, dass bis zum Ende der laufenden Wahlperiode erworbene Ansprüche auf Altersentschädigung unverändert erhalten bleiben. Zugleich will die Fraktion den Abgeordneten ab der kommenden Wahlperiode ermöglichen, über den Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen (VBLU) nach denselben Regeln Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung zu erwerben, "die heute schon für ihre persönlichen Mitarbeitenden gelten". Einführung einer Beitragsäquivalenzgrenze Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um die Beitragsbemessungsgrenze zur allgemeinen Rentenversicherung bis zum 1. Januar 2028 schrittweise zu verdoppeln und ab dem 1. Juli 2026 eine "Beitragsäquivalenzgrenze" in der gesetzlichen Rentenversicherung einzuführen. Durch diese sollen Rentenansprüche über dem Entgeltpunktewert, der dem einer doppelten Standardrente entspricht (90 Entgeltpunkte), ab dieser Grenze "im höchsten verfassungsmäßig zulässigen Maße dauerhaft und unbefristet abgeflacht" werden. Zur Ermittlung der Entgeltpunkte oberhalb der Beitragsäquivalenzgrenze solle ein neuer Zugangsfaktor eingeführt werden, der bei Rentenbeginn alle Entgeltpunkte, die in der Summe 90 überschreiten, halbiert und so darauf berechnete Renten abflacht. Ausgleich durch betriebliche Altersversorgung Die Fraktion verweist darauf, dass die höchstmögliche Altersversorgung für einfache Abgeordnete aktuell auf 65 Prozent der Abgeordnetenentschädigung, also derzeit 7.691,75 Euro brutto, begrenzt ist und erst nach 26 Jahren Zugehörigkeit zum Bundestag erreicht wird. Den Abgeordneten würde ihre Altersversorgung durch die Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung um bis zu 73,6 Prozent gekürzt werden, schreibt die Fraktion. Die Möglichkeit, freiwillig Ansprüche über die betriebliche Altersversorgung ihrer persönlichen Mitarbeitenden zu denselben Konditionen erwerben zu können, würde für "einen gewissen Ausgleich" sorgen, schreiben die Abgeordneten. Allerdings würden die Abgeordneten dazu auch weitere Beiträge aus ihrer Abgeordnetenentschädigung leisten müssen. Im Ergebnis würden die Abgeordneten zu denselben oder sehr ähnlichen Bedingungen Alterssicherungsansprüche erwerben "wie viele Millionen ihrer Wählerinnen und Wähler", heißt es in dem Antrag. (hau/vom/14.11.2025)
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Abgesetzt: Debatte über Kooperation zwischen Bundeswehr und Schulen
Von der Tagesordnung des Plenums abgesetzt hat der Bundestag die ursprünglich für Freitag, 14. November 2025, geplante Debatte zu einem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Keine Kooperation zwischen Bundeswehr und Schulen – Einsatz von Jugendoffizieren beenden – Zivilschutz fördern“ (21/1597). Geplant war, die Vorlage im Anschluss zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu überweisen. Antrag der Linken Die Abgeordneten verlangen von der Bundesregierung, den Einsatz von Jugendoffizieren an Schulen nicht mehr zu genehmigen und bestehende Kooperationsvereinbarungen mit einzelnen Bundesländern aufzukündigen. Anfragen von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen zur Unterstützung der ergänzenden politischen Bildung und zur Auseinandersetzung mit Herausforderungen der heutigen Zeit und der Zukunft sollten nur mit entsprechenden zivilen Akteuren oder andere Organisationen des Zivilschutzes und der Katastrophenhilfe abgedeckt werden, heißt es. Des Weiteren fordert die Linksfraktion, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um das gesetzliche Mindestalter für die Anwerbung, Rekrutierung und die Einstellung zum Dienst bei der Bundeswehr auf 18 Jahre festzulegen und bis zum Inkrafttreten dieser Regelung die Ausbildung Minderjähriger im Umgang mit Waffen „sofort zu beenden“. „Militarisierung der Erziehung“ wird abgelehnt Sowohl Gewerkschaften als auch Elternvertreter lehnten eine Militarisierung der Erziehung ab, heißt es in dem Antrag. Der Widerstand speise sich unter anderem aus der Haltung, dass sich begründet durch die Verantwortung Deutschlands für zwei verheerende Weltkriege des 20. Jahrhunderts und die Konsequenzen aus dem Faschismus die Bundesrepublik Deutschland nach 1945 dazu verpflichtet habe, „dem Frieden der Welt zu dienen“. Aus dieser im Grundgesetz verankerten Verpflichtung Deutschlands zum Frieden leitet sich ein Friedensgebot ab, schreiben die Abgeordneten. Zudem werde von unterschiedlichen Stellen in Zweifel gezogen, wie stark durch dieses Vordringen der Bundeswehr in den Schulbereich in die Gewissensfreiheit der Schüler eingegriffen wird. (hau/14.11.2025)
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Entwurf des Aktivrentengesetzes kontrovers diskutiert
Die Bundesregierung will mit der Aktivrente finanzielle Anreize für mehr Erwerbstätigkeit im Alter auf den Weg bringen. Ihren Gesetzentwurf „zur steuerlichen Förderung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rentenalter“ (Aktivrentengesetz, 21/2673) hat der Bundestag erstmals am Freitag, 14. November 2025, beraten. Auf der Tagesordnung stand außerdem ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Steuerfreier Hinzuverdienst für Senioren – Neuen 12.000-Euro-Freibetrag zusätzlich zum bestehenden Grundfreibetrag einführen“ (21/1620). Beide Vorlagen wurden nach der einstündigen Debatte dem federführenden Finanzausschuss zur weiteren Beratung überwiesen. Der Gesetzentwurf sieht vor, den Verdienst von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die nach Erreichen des Rentenalters weiterarbeiten wollen, steuerlich zu begünstigen: Bis zu 2.000 Euro im Monat sollen demnach steuerfrei dazu verdient werden können. Das soll, nach den bisherigen Plänen, aber nicht für Selbständige oder Beamte gelten. Das Ziel der Bundesregierung: Das Problem des Fachkräftemangels in den Griff zu kriegen. Ob das mit der Aktivrente gelingen kann, daran gibt es jedoch noch erhebliche Zweifel – auch außerhalb des Parlaments. Diesen Zweifeln zu begegnen, war deshalb ein Hauptanliegen von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) und der Redner und Rednerinnen der Regierungsfraktionen. Union: Wie versuchen es wenigstens! So wandte sich etwa Fritz Güntzler (CDU/CSU) direkt an die Kritiker außerhalb des Parlaments, an die „Volkswirtschaftler“, und erwiderte ihnen: „Lassen Sie es uns doch erstmal versuchen.“ Er verteidigte die Begrenzung auf abhängig Beschäftigte, denn „wir wollten jetzt etwas ändern, schnell reagieren“. Eine Lösung für Alle, hätte zu lange gedauert, sei aber in der Zukunft auch nicht ausgeschlossen, denn in zwei Jahren werde das Gesetz evaluiert, sagte er. SPD: Aktivrente allein löst nicht das Problem Frauke Heiligenstadt (SPD) stellte klar, dass die Koalition sehr wohl wisse, dass mit der Aktivrente allein das Fachkräfteproblem nicht gelöst werde. Deshalb arbeite sie auch mit Hochdruck daran, das Arbeitskräftepotenzial von Frauen und Migranten stärker zu heben. Die Abgeordneten von Union und SPD bemühten sich, zu betonen, dass die Aktivrente nur ein Baustein von vielen ist, mit dem die Koalition die Rente reformieren und das wirtschaftliche Wachstum ankurbeln wolle. Minister: Wir dürfen keinen Generationenkonflikt herbeireden Auch Bundesfinanzminister Klingbeil spannte den großen Bogen: „Wir sehen die Bedürfnisse und Rechte derjenigen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben.“ Haltelinie, Betriebsrente und Aktivrente seien noch nicht das Ende. Die Rentenkommission werde für die Zukunft auch die Frage nach Lösungen beantworten, die „keinen Generationenkonflikt“ erzeugen. Aber: „Wir dürfen diesen Generationskonflikt jetzt auch nicht herbeireden!“, warnte der Minister und versprach: „Wir werden dafür sorgen, dass auch den Rentnern der Zukunft eine auskömmliche Rente garantiert wird.“ AfD: Extreme steuerliche Ungleichbehandlung Einen eigenen Antrag (21/1620) zu dem Thema hatte die AfD-Fraktion beigesteuert. Darin geht es im Kern auch um einen steuerfreien Hinzuverdienst, der aber nicht für 24.000 Euro wie bei der Aktivrente, sondern nur für 12.000 Euro, dafür aber für alle Senioren, gelten soll. Gerrit Huy (AfD) verteidigte diesen Ansatz als „angemessen und gerecht“, wohingegen die Union völlig verlernt habe, Maß zu halten. Sie kritisierte den „unfassbar hohen Steuerfreibetrag“ und die „extreme steuerliche Ungleichbehandlung von Jung und Alt“ im Aktivrentengesetz. Außerdem könne es dafür sorgen, dass ältere Arbeit jüngere Arbeit in Betrieben verdränge, das dürfe aber nicht das Ergebnis sein, warnte sie. Grüne: Die Fachkräftelücke liegt bei 400.000 Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte Sascha Müller „Lösungen, die nicht nur auf dem Papier gut klingen“. Während die Koalition davon ausgehe, mit der Aktivrente 180.000 Arbeitsplätze zu erhalten, gingen andere Schätzungen nur von einem Potenzial von 30.000 aus. Tatsächlich würden durch den demografischen Wandel aber eine jährlich 400.000 Arbeitskräfte fehlen, rechnete er vor und verwies auf „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“ des Entwurfs (mehr dazu im Interview auf Seite 2). Linke: Regierung interessiert sich nicht für Altersarmut Einen großen Bogen spannte auch Sören Pellmann (Die Linke), konzentrierte sich dabei aber vor allem, mehr als andere Redner, auf das Problem der Altersarmut. „Jeder fünfte Redner lebt unterhalb der Armutsquote. Das ist das Ergebnis der Agenda 2010, die die Union nun mit einer Agenda 2030 noch toppen will“, kritisierte er. Das Märchen von der Unbezahlbarkeit des Sozialsystems „ist und bleibt ein Märchen“; Fakt sei, dass der Anteil der Rentenausgaben am Bruttoinlandsprodukt seit Jahren stabil sei, so Pellmann. Gesetzentwurf der Bundesregierung Die Aktivrente sieht eine Steuerbefreiung des Gehalts von bis zu 2.000 Euro im Monat vor. Sie soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten. Damit würden laut Bundesregierung Rentnerinnen und Rentner mit bis zu 890 Millionen Euro jährlich entlastet. Mit der Aktivrente werde belohnt, wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet. Begünstigt sollen sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer ab Überschreiten des gesetzlichen Rentenalters sein, für die der Arbeitgeber Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlt. Selbstständige und Beamte werden von der Regelung nicht erfasst. Die Begünstigung soll unabhängig davon sein, ob die oder der Steuerpflichtige eine Rente bezieht oder den Rentenbezug aufschiebt. Die Steuerfreiheit werde auf Personen beschränkt, die die Regelaltersgrenze – Vollendung des 67. Lebensjahres, einschließlich Übergangsregelung – überschritten haben. Somit will die Regierung Fehlanreize vermeiden. Die Regelung soll durch die Steuerfreistellung für Einnahmen aus nichtselbstständiger Beschäftigung, für die der Arbeitgeber Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet, zusätzliche finanzielle Anreize schaffen. Die Steuerfreistellung erfolgt durch den Arbeitgeber mit dem Lohnsteuerabzug. Laut Statistischem Bundesamt gibt es knapp 672 000 mehr als geringfügig Beschäftigte im Alter von 65 Jahren und älter. Unter der Annahme, dass 25 Prozent dieser sozialversicherungspflichtig Beschäftigten noch ab dem Regelrenteneintrittsalter von 67 Jahren sozialversicherungspflichtig beschäftigt bleibt oder durch die Aktivrente dazu angeregt wird, wieder eine Beschäftigung aufzunehmen, wird mit 168.000 "Aktivrentnern" gerechnet. Antrag der AfD-Fraktion Die AfD-Fraktion fordert höhere Steuerfreibeträge für arbeitende Rentner. Die Bundesregierung solle einen Gesetzentwurf zur Änderung des Einkommensteuerrechts vorlegen, „der für Steuerpflichtige, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, einen neuen Steuerfreibetrag für die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, aus selbstständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb sowie aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 12.000 Euro jährlich vorsieht“, fordern die Abgeordneten. (che/bal/hau/14.11.2025)
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Etat 2026 des Bundes mit Ausgaben von 524,54 Milliarden Euro beschlossen
Der Haushaltsausschuss hat am frühen Freitagmorgen, 14. November 2025, den Bundeshaushalt 2026 (21/600, 21/602) beschlossen. Der Beschluss fiel in der über 15 Stunden dauernden Bereinigungssitzung, die am Donnerstag um 14 Uhr begonnen hatte. Für die Vorlage stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Nach dem Beschluss sind im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von 524,54 Milliarden Euro geplant. Das ist ein Plus von 4,07 Milliarden Euro gegenüber dem Regierungsentwurf. Für 2025 liegt der Soll-Ansatz bei 502,55 Milliarden Euro. Den Ausgaben stehen Einnahmen in gleicher Höhe entgegen. Die Steuereinnahmen werden mit 387,21 Milliarden Euro veranschlagt, das sind 3,38 Milliarden Euro mehr als im Entwurf. Die sonstigen Einnahmen werden mit 39,36 Milliarden Euro angegeben, das sind 7,42 Milliarden Euro weniger als im Entwurf. Nettokreditaufnahme von 97,97 Milliarden Euro Die Nettokreditaufnahme soll bei 97,97 Milliarden Euro liegen. Sie liegt um 8,10 Milliarden Euro über dem Regierungsentwurf. Ein Teil der Nettokreditaufnahme, nämlich 57,57 Milliarden Euro, unterliegt der sogenannten Bereichsausnahme für verteidigungs- und bestimmte sicherheitsbezogene Ausgaben. Die für die Schuldenregel des Grundgesetzes relevante Kreditaufnahme liegt bei 40,39 Milliarden Euro und damit genau an der Obergrenze der nach dem Grundgesetz im kommenden Jahr möglichen Kreditaufnahme. Die im Haushalt 2026 ausgebrachten Verpflichtungsermächtigungen für die folgenden Haushaltsjahre liegen bei 449,91 Milliarden Euro. Das sind 18,94 Milliarden Euro mehr als im Regierungsentwurf. 1.500 Änderungsanträge Dem Ausschuss lagen zur Bereinigungssitzung über 1.500 Änderungsanträge vor. Mit zahlreichen Änderungen vollzog der Haushaltsausschuss die neuen Zuschnitte und Zuständigkeiten der Ministerien nach, die im Haushalt 2025 sowie im Regierungsentwurf 2026 noch nicht vollständig berücksichtigt waren. Dies führte zur Umsetzung zahlreicher Titel zwischen den Einzelplänen. So ist für das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung nun ein Ausgabeansatz von 1,36 Milliarden Euro hinterlegt. Der mit Abstand größte Etat im Haushalt ist der Einzelplan für Arbeit und Soziales. Die für 2026 geplanten Ausgaben in diesem Bereich liegen mit 197,34 Milliarden Euro um 66,09 Millionen Euro unter dem Ansatz im Regierungsentwurf. 2025 sind die Ausgaben in diesem Einzelplan mit 190,34 Milliarden Euro veranschlagt. Gut 82 Milliarden Euro für Verteidigung Der Etat des Bundesministeriums für Verteidigung beließen die Haushälter mit 82,69 Milliarden Euro in der Summe fast unverändert gegenüber dem Entwurf. Gegenüber dem laufenden Jahr steigt er aber deutlich, die Ausgaben für 2025 sind mit 62,3 Milliarden Euro veranschlagt. Drittgrößter Etat im Bundeshaushalt 2026 ist der Verkehrsetat mit einem Ausgabevolumen von 27,90 Milliarden Euro. Das sind 318,31 Millionen Euro weniger als im Regierungsentwurf und begründet sich zum Teil durch die Umsetzung von Titeln in das neue Digitalressort. Für 2025 sind Ausgaben von 38,29 Milliarden Euro vorgesehen. Einzeletats ohne Änderungen im Haushaltsausschuss Der Haushaltsausschuss beschloss in den parlamentarischen Beratungen für sämtliche Etats der Ministerien Änderungen. Keine Änderungen im parlamentarischen Verfahren gab es hingegen bei den Einzelplänen des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamts, des Bundesrates, des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesrechnungshofs, der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie des Unabhängigen Kontrollrats. Den Ausgabeansatz für den Bundestag erhöhten die Abgeordneten um 22,86 Millionen Euro auf 1,28 Milliarden Euro (2025: 1,25 Milliarden Euro). Für den Einzelplan des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes sind im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von rund 5,00 Milliarden Euro vorgesehen, das sind 100,42 Millionen Euro mehr als im Regierungsentwurf (2025: 4,04 Milliarden Euro). Verabschiedung im Bundestag am 28. November Mit dem Beschluss des Haushaltsplans hat der Ausschuss auch die Wirtschaftspläne für die Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ und „Bundeswehr“ sowie für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verabschiedet. Aus diesen sollen im nächsten Jahr jeweils ein zweistelliger Milliardenbetrag verausgabt werden. Die abschließende Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Haushaltsgesetzes 2026 (21/600, 21/602) in der vom Haushaltsausschuss geplanten Fassung ist ab dem 25. November geplant. Dazu liegt auch der Finanzplan des Bundes 2025 bis 2029 (21/601) vor. Am Freitag, 28. November, soll nach viertägiger Beratung der Einzelpläne über den Gesamtetat 2026 in dritter Lesung namentlich abgestimmt werden. (scr/vom/14.11.2025)
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Zugangschancen zum freiwilligen Engagement erörtert
Den Bericht der Sachverständigenkommission „Zugangschancen zum freiwilligen Engagement“ (Vierter Engagementbericht, 20/14120) hat der Bundestag am Donnerstag, 13. November 2025, erstmals debattiert. Im Anschluss wurde der Bericht mit der Stellungnahme der Bundesregierung zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Federführend ist der Ausschuss für Sport und Ehrenamt. Vierter Engagementbericht Der Bericht stellt ungleiche Zugangschancen zu freiwilligem Engagement fest. „Der Befund der Kommission für den Vierten Engagementbericht, dass nicht alle sozialen Gruppen gleichermaßen im Engagement repräsentiert sind, stellt eine besondere Herausforderung dar“, betont die Regierung in ihrer Stellungnahme. Insbesondere die soziodemografischen Merkmale Einkommen, Bildungsabschluss, Erwerbsstatus, Migrationshintergrund, Alter und Behinderung machten demnach einen Unterschied. „Es bedarf einer Umsetzung des auch im Berichtsauftrag formulierten Ziels gleicher Zugangschancen zum Engagement für alle sozialen Gruppen“, heißt es in der Unterrichtung weiter. (che/hau/13.11.2025)
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Kfz-Steuerbefreiung von E-Autos soll verlängert werden
Die Bundesregierung will die Befreiung der Elektroautos von der Kfz-Steuer verlängern. Ihren Entwurf „eines Achten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes“ (21/2672) hat der Bundesstag am Donnerstag, 14. November 2025, erstmals debattiert und im Anschluss zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesenh. Federführend ist der Finanzausschuss.. Gesetzentwurf der Bundesregierung Die Kfz-Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge, die bis zum 31. Dezember 2025 erstmals zugelassen oder komplett auf Elektroantrieb umgerüstet werden, soll um fünf Jahre verlängert werden, schreibt die Bundesregierung. Durch die Gesetzesänderung sei auch das Halten solcher Fahrzeuge begünstigt, die bis zum 31. Dezember 2030 erstmals zu gelassen werden oder komplett auf Elektroantrieb umgerüstet werden. Die zehnjährige Steuerbefreiung werde jedoch begrenzt bis längstens 31. Dezember 2035, „um einen Anreiz für die frühzeitige Anschaffung eines reinen Elektrofahrzeuges zu geben und das Kraftfahrzeugsteueraufkommen möglichst stabil zu halten“. (hau/13.11.2025)
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