danke-sagen-unterstützen

Unveröffentlichte Gerichtsentscheidung hinzufügen: Mehr erfahren...

EuGH, 09.08.1994 - C-359/92

Daten
Fall: 
Produktsicherheits- Richtlinie
Fundstellen: 
EuGH Slg. 1994, I-3681; BB 1994, 789
Gericht: 
Europäischer Gerichtshof
Datum: 
09.08.1994
Aktenzeichen: 
C-359/92
Entscheidungstyp: 
Urteil
Stichwörter: 
  • Nichtigkeitsklage - Richtlinie 92/59/EWG über die allgemeine Produktsicherheit - Rechtsgrundlage - Artikel 100a und 145 dritter Gedankenstrich EWG-Vertrag.

Leitsätze

Die Maßnahmen, die der Rat nach Artikel 100a Absatz 1 EWG-Vertrag erlassen kann, haben "die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes" zum Gegenstand. Da es auf bestimmten Gebieten, insbesondere dem der Produktsicherheit, möglich ist, daß die Angleichung nur der allgemeinen Vorschriften nicht ausreicht, um die Einheit des Marktes zu gewährleisten, ist der Begriff der "Maßnahmen zur Angleichung" so auszulegen, daß er auch die Befugnis des Rates umfasst, Maßnahmen hinsichtlich eines bestimmten Produkts oder einer bestimmten Produktkategorie und gegebenenfalls auch Einzelmaßnahmen hinsichtlich dieser Produkte vorzuschreiben.

So ist Artikel 100a Absatz 1 Rechtsgrundlage für die Befugnis, deren Ausübung der Kommission in Artikel 9 der Richtlinie 92/59 des Rates über die allgemeine Produktsicherheit übertragen worden ist, hinsichtlich eines bestimmten Konsumgutes einen Beschluß zu fassen, mit dem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, Vorkehrungen zu treffen, durch die das Inverkehrbringen des Produkts beschränkt oder seine Rücknahme vom Markt angeordnet wird.

Im System der Richtlinie ist es zunächst Sache der Mitgliedstaaten, soweit sie jeweils betroffen sind, die notwendigen Bestimmungen zur Gewährleistung der Gesundheit und der Sicherheit der Verbraucher zu erlassen. Bei dieser Verpflichtung der Mitgliedstaaten ist es jedoch wahrscheinlich, daß die auf nationaler Ebene getroffenen Maßnahmen Unterschiede aufweisen, die zu nicht vertretbaren Disparitäten beim Verbraucherschutz führen und den innergemeinschaftlichen Handel behindern, so daß mit dieser Verpflichtung nicht Situationen begegnet werden kann, in denen schwere Produktsicherheitsnotfälle in der gesamten Gemeinschaft oder einem bedeutenden Teil der Gemeinschaft eintreten. Das rechtfertigt es, daß die Kommission aufgrund der ihr übermittelten Informationen dann, wenn ein in den Verkehr gebrachtes Produkt die Gesundheit und die Sicherheit der Verbraucher in mehreren Mitgliedstaaten ernsthaft und unmittelbar gefährdet und wenn die Mitgliedstaaten unterschiedliche Maßnahmen hinsichtlich dieses Produkts ergriffen haben oder planen, d. h. Maßnahmen, die ein unterschiedliches Schutzniveau gewährleisten und deshalb den freien Verkehr dieses Erzeugnisses in der Gemeinschaft verhindern, durch Beschluß tätig werden kann, soweit ein wirksamer Schutz nur durch ein gemeinschaftliches Tätigwerden gewährleistet und kein anderes produktspezifisches Verfahren angewandt werden kann.

Diese Zuweisung von Befugnissen an die Kommission verstösst nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Die verliehenen Befugnisse sind nämlich auch unter Berücksichtigung des Umstands, daß es schwierig sein kann, im Einzelfall die geeigneten Maßnahmen zu bestimmen, geeignet, die mit der Richtlinie verfolgten Ziele zu erreichen, und sind im Hinblick auf diese auch nicht übermässig, da es das Vertragsverletzungsverfahren des Artikels 169 EWG-Vertrag nicht erlaubt, die mit Artikel 9 der Richtlinie angestrebten Ziele zu erreichen.

Entscheidungsgründe

1 Die Bundesrepublik Deutschland hat mit Klageschrift, die am 14. September 1992 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 1 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Nichtigerklärung des Artikels 9 der Richtlinie 92/59/EWG des Rates vom 29. Juni 1992 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. L 228, S. 24), soweit er die Kommission ermächtigt, hinsichtlich eines Produkts einen Beschluß zu fassen, mit dem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, nach Maßgabe des Artikels 6 Absatz 1 Buchstaben d bis h Vorkehrungen zu treffen.

2 Die auf der Grundlage von Artikel 100a EWG-Vertrag ergangene Richtlinie soll sicherstellen, daß die in der Gemeinschaft in den Verkehr gebrachten Konsumgüter allgemein bei normaler Verwendung für den Verbraucher keine oder nur sehr geringe Gefahren bergen. Sie gilt nur, soweit es keine spezifischeren Gemeinschaftsbestimmungen gibt (Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie). Sie verpflichtet die Hersteller von Produkten und die Händler, eine allgemeine Sicherheitsverpflichtung einzuhalten. Die Hersteller dürfen nur sichere Produkte auf den Markt bringen. Ausserdem müssen sie den Verbraucher vor den Gefahren warnen, die mit dem Gebrauch des Produkts verbunden sind, und die notwendigen Maßnahmen treffen, um diese Gefahren zu erkennen und zu vermeiden. Die Händler müssen zur Einhaltung der allgemeinen Sicherheitsverpflichtung beitragen (Artikel 3 der Richtlinie).

3 Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um die Einhaltung der Sicherheitsverpflichtung sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten müssen insbesondere Behörden schaffen, die nachzuprüfen haben, ob die auf den Markt gebrachten Produkte sicher sind, und diese Behörden mit den erforderlichen Befugnissen ausstatten, um die Maßnahmen zu treffen, die die Anwendung der Richtlinie gebietet (Artikel 5 der Richtlinie). Nach Artikel 6 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten die Bestimmungen erlassen, die es ihnen ermöglichen, in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des EWG-Vertrags, insbesondere den Artikeln 30 und 36, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Ziele zu erreichen.

4 Zu diesen Maßnahmen gehören solche, die darauf gerichtet sind,

"...
d) das Inverkehrbringen eines Produkts Vorbedingungen zu unterwerfen, um dieses sicher zu machen und das Anbringen geeigneter Warnhinweise über von dem Produkt ausgehende Gefährdungen zu verlangen;

e) zu veranlassen, daß alle, die einer von einem Produkt ausgehenden Gefahr ausgesetzt sein können, rechtzeitig in geeigneter Form, auch durch die Veröffentlichung entsprechender Warnungen, auf diese Gefahr hingewiesen werden;

f) für den für die entsprechenden Prüfungen erforderlichen Zeitraum vorübergehend zu verbieten, das betreffende Produkt oder den betreffenden Produktposten zu liefern, zur Lieferung anzubieten oder auszustellen, sofern genaue und übereinstimmende Indizien für die Gefährlichkeit dieser Produkte vorliegen;

g) das Inverkehrbringen eines Produkts oder eines Produktpostens, das bzw. der sich als gefährlich erwiesen hat, zu verbieten und notwendige flankierende Maßnahmen zur Gewährleistung der Einhaltung dieses Verbots festzulegen;

h) die Rücknahme eines bereits auf dem Markt befindlichen Produkts oder eines Produktpostens und nötigenfalls dessen Vernichtung unter geeigneten Bedingungen effizient und sofort zu organisieren".

5 Die Richtlinie führt ein System der Unterrichtung und des Informationsaustausches ein. Nach ihrem Artikel 7 muß ein Mitgliedstaat, wenn er Maßnahmen trifft, durch die das Inverkehrbringen eines Produkts beschränkt oder seine Rücknahme vom Markt nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben d bis h angeordnet wird, hiervon die Kommission unterrichten, die nach Konsultation der betroffenen Parteien feststellt, ob die Maßnahme gerechtfertigt ist, und gegebenenfalls die Mitgliedstaaten oder den betroffenen Mitgliedstaat unterrichtet.

6 Die Richtlinie enthält schließlich Bestimmungen über Notfälle und Maßnahmen der Gemeinschaft.

7 Zum einen sieht Artikel 8 der Richtlinie vor, daß ein Mitgliedstaat, wenn er Sofortmaßnahmen trifft, um die etwaige Vermarktung oder Verwendung eines Produkts, von dem ernste und unmittelbare Gefahren für die Gesundheit und die Sicherheit der Verbraucher ausgehen, zu verhindern, einzuschränken oder besonderen Bedingungen zu unterwerfen, hiervon unverzueglich die Kommission unterrichten muß, die diese Informationen auf ihre Übereinstimmung mit der Richtlinie überprüft und sie den übrigen Mitgliedstaaten übermittelt. Diese teilen der Kommission mit, welche Maßnahmen sie ergriffen haben.

8 Zum anderen bestimmt Artikel 9 der Richtlinie:

"Erlangt die Kommission auf dem Wege einer Notifizierung durch einen Mitgliedstaat oder durch von einem Mitgliedstaat übermittelte Informationen, insbesondere gemäß den Artikeln 7 und 8, Kenntnis von einer ernsten und unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher in mehr als einem Mitgliedstaat, die von einem bestimmten Produkt ausgeht, und

a) haben ein oder mehrere Mitgliedstaaten Maßnahmen im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben d) bis h) ergriffen, durch welche das Inverkehrbringen des betreffenden Produkts eingeschränkt oder seine Rücknahme vom Markt angeordnet wird, und

b) bestehen zwischen den Mitgliedstaaten Meinungsunterschiede über die in bezug auf diese Gefahr zu ergreifenden Maßnahmen und

c) kann die Gefahr angesichts der Art des Produktsicherheitsproblems nach den Verfahren der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften für das betreffende Produkt oder die betreffende Produktgruppe nicht in mit der Dringlichkeit des Problems zu vereinbarender Weise bewältigt werden und

d) kann die Gefahr nur durch Erlaß geeigneter und gemeinschaftsweit anwendbarer Maßnahmen zur Gewährleistung des Schutzes der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher sowie des ordnungsgemässen Funktionierens des Gemeinsamen Marktes angemessen bewältigt werden,

so kann die Kommission nach Anhörung der Mitgliedstaaten und auf Antrag zumindest eines dieser Staaten gemäß dem Verfahren des Artikels 11 einen Beschluß fassen, mit dem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, nach Maßgabe des Artikels 6 Absatz 1 Buchstaben d) bis h) geeignete vorläufige Vorkehrungen zu treffen."

9 Das in Artikel 11 der Richtlinie vorgesehene Verfahren ist das Verfahren III Variante b des Artikels 2 des Beschlusses 87/373/EWG des Rates vom 13. Juli 1987 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (ABl. L 197, S. 33). In diesem Verfahren wird die Kommission von einem Ausschuß, dem Ausschuß für Produktsicherheitsnotfälle, unterstützt, dem Vertreter aller Mitgliedstaaten angehören und in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt. Aufgabe dieses Ausschusses ist es, eine Stellungnahme zu den von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen abzugeben. Die Kommission erlässt die Maßnahmen, die mit der Stellungnahme des Ausschusses übereinstimmen. Stimmen die beabsichtigten Maßnahmen nicht mit der Stellungnahme des Ausschusses überein oder hat der Ausschuß keine Stellungnahme abgegeben, so werden die Maßnahmen auf Vorschlag der Kommission vom Rat mit qualifizierter Mehrheit erlassen. Fasst der Rat innerhalb einer Frist von fünfzehn Tagen nach seiner Befassung keinen Beschluß, so kann die Kommission die vorgeschlagenen Maßnahmen erlassen, sofern sich der Rat nicht mit einfacher Mehrheit gegen diese ausgesprochen hat. Die Entscheidungen haben eine Geltungsdauer von höchstens drei Monaten, die nach dem gleichen Verfahren verlängert werden kann. Die Mitgliedstaaten müssen die zur Durchführung dieser Entscheidungen erforderlichen Bestimmungen innerhalb einer Frist von zehn Tagen erlassen.

10 Die Mitgliedstaaten mussten der Richtlinie spätestens bis zum 29. Juni 1994 nachkommen.

11 Zwar ist die Klage der Bundesrepublik Deutschland formal nur darauf gerichtet, Artikel 9 für nichtig zu erklären, soweit er die Kommission ermächtigt, hinsichtlich eines bestimmten Produkts einen Beschluß zu fassen, mit dem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, nach Maßgabe des Artikels 6 Absatz 1 Buchstaben d bis h der Richtlinie Vorkehrungen zu treffen, doch wird mit ihr unter Berücksichtigung des Aufbaus des Artikels 9 der Richtlinie in Wirklichkeit die Nichtigerklärung dieses Artikels insgesamt angestrebt.

12 Für ihre Nichtigkeitsklage macht die Bundesrepublik Deutschland zwei Klagegründe geltend. Zum einen habe Artikel 9 der Richtlinie keine Rechtsgrundlage. Zum anderen verstosse diese Bestimmung gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Der Rat und die Kommission halten keinen dieser beiden Klagegründe für stichhaltig.

Zum Klagegrund des Fehlens einer Rechtsgrundlage

13 Nach Ansicht der deutschen Regierung ermächtigt Artikel 9 die Kommission, die Richtlinie auf Einzelfälle anzuwenden. Die Kommission könne nämlich nach diesem Artikel Entscheidungen erlassen, die an die Stelle der Entscheidungen träten, die von den nationalen Behörden getroffen worden seien, um den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie nachzukommen.

14 In ihrer Klageschrift vertritt die deutsche Regierung die Auffassung, daß als Rechtsgrundlage für die Richtlinie, die auf der Grundlage von Artikel 100a EWG-Vertrag erlassen worden sei, nur Absatz 5 dieses Artikels in Betracht komme, der der Kommission eine Befugnis zur Kontrolle der vorläufigen Maßnahmen einräume, die von den Mitgliedstaaten aufgrund von Schutzklauseln im Rahmen einer Harmonisierung erlassen worden seien. Artikel 100a stelle jedoch keine hinreichende Rechtsgrundlage dar, da er der Kommission lediglich erlaube, zu überprüfen, ob die vorläufigen nationalen Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar seien, nicht aber, Maßnahmen zu treffen, mit denen auf nationaler Ebene die Konsequenzen aus einer solchen Feststellung gezogen werden sollten.

15 Der Rat und die Kommission erwidern, daß Rechtsgrundlage des Artikels 9 der Richtlinie nicht Artikel 100a Absatz 5 EWG-Vertrag sei. Die Richtlinie enthalte nämlich keine "Schutzklausel" im Sinne des Artikels 100a Absatz 5 EWG-Vertrag, d. h. eine Klausel, die die Mitgliedstaaten ermächtige, aus einem der in Artikel 36 EWG-Vertrag genannten nichtwirtschaftlichen Gründe vorläufige Maßnahmen zu treffen. Folglich werde mit Artikel 9 der Richtlinie kein "gemeinschaftliches Kontrollverfahren" für aufgrund einer Schutzklausel getroffene vorläufige Maßnahmen eingeführt.

16 Der Rat und die Kommission sehen die Rechtsgrundlage des Artikels 9 in Artikel 100a Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 145 dritter Gedankenstrich EWG-Vertrag. Für den Fall, daß Sofortmaßnahmen nur auf Gemeinschaftsebene getroffen werden könnten und bestimmte Voraussetzungen erfuellt seien, ermächtige Artikel 9 die Kommission, Ad-hoc-Maßnahmen in Form von an die Mitgliedstaaten gerichteten Entscheidungen zu erlassen, die jedoch keine unmittelbare Wirkung gegenüber dem einzelnen hätten.

17 Diesem Vorbringen hält die deutsche Regierung im wesentlichen entgegen, daß die Artikel 100 ff. EWG-Vertrag, insbesondere Artikel 100a Absatz 1, ausschließlich die Rechtsangleichung zum Ziel hätten und daher nicht die Ermächtigung enthielten, anstelle der nationalen Behörden das Recht auf Einzelfälle anzuwenden, wie es Artikel 9 der Richtlinie erlaube. Daher gingen die der Kommission in Artikel 9 der Richtlinie eingeräumten Befugnisse über diejenigen hinaus, die in einem Bundesstaat wie der Bundesrepublik Deutschland dem Bund gegenüber den Ländern zustuenden, soweit nach den Bestimmungen des deutschen Grundgesetzes die Länder zur Durchführung der Bundesgesetze zuständig seien. Artikel 9 der Richtlinie könne auch nicht als Durchführungsbefugnis im Sinne des Artikels 145 dritter Gedankenstrich EWG-Vertrag angesehen werden, da dieser Artikel keine eigenständige materielle Befugnis enthalte, sondern den Rat nur dann zur Übertragung von Durchführungsbefugnissen an die Kommission ermächtige, wenn im primären Gemeinschaftsrecht eine Rechtsgrundlage für den durchzuführenden Rechtsakt und die Durchführungsmaßnahmen bestehe.

18 Zunächst ist festzustellen, daß Artikel 100a Absatz 5 EWG-Vertrag nicht die Rechtsgrundlage für Artikel 9 der Richtlinie sein kann. Hiervon gehen im übrigen auch die Beteiligten aus.

19 Artikel 100a Absatz 5 bestimmt nämlich: "Die ... Harmonisierungsmaßnahmen sind in geeigneten Fällen mit einer Schutzklausel verbunden, die die Mitgliedstaaten ermächtigt, aus einem oder mehreren der in Artikel 36 genannten nichtwirtschaftlichen Gründe vorläufige Maßnahmen zu treffen, die einem gemeinschaftlichen Kontrollverfahren unterliegen."

20 Dieser Artikel betrifft nur die Kontrolle von Maßnahmen der Mitgliedstaaten durch die Gemeinschaftsbehörden. Gegenstand von Artikel 9 der Richtlinie ist jedoch nicht die Schaffung einer solchen Kontrolle. Er schafft vielmehr ein Gemeinschaftsverfahren zur Koordinierung der nationalen Maßnahmen hinsichtlich eines Produkts, um sicherzustellen, daß dieses Produkt im gesamten Gebiet der Gemeinschaft frei und für den Verbraucher gefahrlos verkehren kann.

21 Sodann ist zu prüfen, ob Artikel 100a Absatz 1, ergänzt durch Artikel 145 dritter Gedankenstrich EWG-Vertrag, eine geeignete Rechtsgrundlage für Artikel 9 der Richtlinie ist, wie der Rat und die Kommission behaupten.

22 Wie der Gerichtshof im Urteil vom 17. Mai 1994 in der Rechtssache C-41/93 (Frankreich/Kommission, Randnr. 22, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) ausgeführt hat, ermächtigt Artikel 100a Absatz 1 EWG-Vertrag zur Verwirklichung der in Artikel 8a EWG-Vertrag (nunmehr Artikel 7a EG-Vertrag) genannten Ziele den Rat, nach dem hierfür vorgesehenen Verfahren die Maßnahmen zur Beseitigung der Handelsschranken zu erlassen, die sich aus den Unterschieden zwischen den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten ergeben.

23 Mit der Richtlinie wird jedoch eine Harmonisierung besonderer Art vorgenommen, die der Rat unter Verweisung auf die Formulierung der dritten Begründungserwägung der Richtlinie als "horizontale" Harmonisierung bezeichnet.

24 Die Richtlinie schafft nämlich nach ihrer vierten Begründungserwägung "für alle auf den Markt gebrachten Produkte, die für die Verbraucher bestimmt sind oder von den Verbrauchern verwendet werden können, gemeinschaftsweit eine allgemeine Sicherheitsanforderung". Die Hersteller dürfen gemäß dieser "allgemeinen Sicherheitsverpflichtung" (siehe Titel II der Richtlinie) erstens nur sichere Produkte auf den Markt bringen, sie müssen zweitens dem Verbraucher einschlägige Informationen erteilen, damit er die Gefahren, die von dem Produkt während der üblichen oder nach vernünftigem Ermessen voraussehbaren Gebrauchsdauer ausgehen und ohne entsprechende Warnhinweise nicht unmittelbar erkennbar sind, beurteilen und sich dagegen schützen kann, und sie müssen drittens den Eigenschaften der von ihnen gelieferten Produkte angemessene Maßnahmen treffen, damit sie imstande sind, die etwaigen von diesen Produkten ausgehenden Gefahren zu erkennen und zu deren Vermeidung zweckmässige Vorkehrungen, erforderlichenfalls einschließlich der Rücknahme des betreffenden Produkts vom Markt, zu treffen; die Händler haben sorgfältig zu handeln, um zur Einhaltung der allgemeinen Sicherheitsverpflichtung beizutragen (Artikel 3 der Richtlinie).

25 Die Mitgliedstaaten sind nach der Richtlinie verpflichtet, die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um sicherzustellen, daß die Hersteller und Händler die sich für sie aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen einhalten und daß nur sichere Produkte auf den Markt gebracht werden. Die Mitgliedstaaten müssen insbesondere Behörden schaffen oder benennen, die die Übereinstimmung der Produkte mit der Verpflichtung, nur sichere Produkte auf den Markt zu bringen, kontrollieren, und dabei sicherstellen, daß diese Behörden über die erforderlichen Befugnisse verfügen, um geeignete Maßnahmen im Sinne dieser Richtlinie treffen zu können, einschließlich der Möglichkeit, angemessene Sanktionen bei Zuwiderhandlungen gegen diese Richtlinie zu verhängen (Artikel 5 der Richtlinie).

26 Nach Artikel 6 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten aufgrund des Artikels 5 über die entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung und in Übereinstimmung mit dem Vertrag, insbesondere mit den Artikeln 30 und 36, auszuübenden Befugnisse für den Erlaß geeigneter Maßnahmen verfügen, um u. a. die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a bis h festgelegten Ziele zu erreichen.

27 Nach den Artikeln 7 und 8 der Richtlinie ist es jedoch Aufgabe der Kommission, die von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen, die geeignet sind, den Handel zu behindern, zu überwachen.

28 Nach Artikel 7 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten die Kommission von den Maßnahmen zu unterrichten, durch die das Inverkehrbringen eines Produkts oder eines Produktpostens beschränkt oder seine Rücknahme vom Markt nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben d bis h der Richtlinie angeordnet wird, und die Gründe für den Erlaß dieser Maßnahmen anzugeben.

29 Nach Artikel 8 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten die Kommission unverzueglich von Sofortmaßnahmen unterrichten, die sie treffen oder deren Einführung sie beschließen, um die etwaige Vermarktung oder Verwendung eines Produkts oder eines Produktpostens in ihrem Hoheitsgebiet zu verhindern, einzuschränken oder besonderen Bedingungen zu unterwerfen, weil das betreffende Produkt oder der betreffende Produktposten eine ernste und unmittelbare Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellt. Die Mitgliedstaaten können ihnen vorliegende Informationen über das Bestehen einer ernsten und unmittelbaren Gefahr der Kommission auch mitteilen, bevor sie beschließen, diesbezuegliche Maßnahmen zu ergreifen.

30 In dem mit der Richtlinie geschaffenen System ist es nicht ausgeschlossen und sogar wahrscheinlich, daß Unterschiede zwischen den Maßnahmen bestehen, die von den Mitgliedstaaten getroffen werden. Wie in der achtzehnten Begründungserwägung der Richtlinie hervorgehoben wird, können derartige Unterschiede "zu nicht vertretbaren Disparitäten beim Verbraucherschutz führen und somit den innergemeinschaftlichen Handel behindern".

31 In diesem System können, wie es in der neunzehnten Begründungserwägung der Richtlinie heisst, auch schwere Produktsicherheitsnotfälle eintreten, die die gesamte Gemeinschaft oder einen bedeutenden Teil der Gemeinschaft betreffen oder in unmittelbarer Zukunft betreffen könnten und für die wegen des Sicherheitsproblems, das das Produkt aufweist, und wegen der Dringlichkeit im Rahmen der Verfahren, die in den spezifischen Gemeinschaftsvorschriften für das jeweilige Produkt bzw. die jeweilige Produktgruppe vorgesehen sind, keine wirksame Lösung gefunden werden kann.

32 Um einer ernsten und unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher zu begegnen, war daher nach Ansicht des Gemeinschaftsgesetzgebers ein geeignetes Verfahren zu schaffen, bei dem als letztes Mittel für die gesamte Gemeinschaft Maßnahmen in Form von an die Mitgliedstaaten gerichteten Entscheidungen erlassen werden könnten (siehe zwanzigste Begründungserwägung der Richtlinie).

33 Hierzu ermächtigt Artikel 9 der Richtlinie die Kommission, aufgrund der ihr übermittelten Informationen tätig zu werden, wenn ein in den Verkehr gebrachtes Produkt die Gesundheit und die Sicherheit der Verbraucher in mehreren Mitgliedstaaten ernsthaft und unmittelbar gefährdet und wenn die Mitgliedstaaten unterschiedliche Maßnahmen hinsichtlich dieses Produkts ergriffen haben oder planen, d. h. Maßnahmen, die ein unterschiedliches Schutzniveau gewährleisten und deshalb den freien Verkehr dieses Erzeugnisses in der Gemeinschaft verhindern. Soweit ein wirksamer Schutz nur durch ein gemeinschaftliches Tätigwerden gewährleistet und kein anderes produktspezifisches Verfahren angewandt werden kann, kann die Kommission nach Artikel 9 einen Beschluß fassen, mit dem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, nach Maßgabe des Artikels 6 Absatz 1 Buchstaben d bis h geeignete vorläufige Vorkehrungen zu treffen.

34 Wie aus der achtzehnten, der neunzehnten und der zwanzigsten Begründungserwägung sowie der Struktur des Artikels 9 der Richtlinie hervorgeht, soll diese Vorschrift es der Kommission ermöglichen, innerhalb kürzester Frist vorläufige, in der gesamten Gemeinschaft anwendbare Maßnahmen hinsichtlich eines Produkts zu ergreifen, von dem eine ernste und unmittelbare Gefahr für die Gesundheit und die Sicherheit der Verbraucher ausgeht, um sicherzustellen, daß die Ziele der Richtlinie eingehalten werden. Der freie Warenverkehr kann nämlich nur garantiert werden, wenn die Sicherheitsanforderungen für die Produkte in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht erheblich voneinander abweichen. Das hohe Schutzniveau kann nur erreicht werden, wenn gefährliche Produkte in allen Mitgliedstaaten Gegenstand geeigneter Maßnahmen sind.

35 Dieses Tätigwerden der Kommission muß in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten erfolgen. Zunächst darf die Kommission gemeinschaftsweite Beschlüsse nur nach Anhörung der Mitgliedstaaten und auf Antrag eines Mitgliedstaats erlassen. Sie darf solche Beschlüsse weiter nur dann erlassen, wenn diese mit der Stellungnahme eines Ausschusses übereinstimmen, dem Vertreter aller Mitgliedstaaten und der Vertreter der Kommission angehören. Andernfalls muß die Maßnahme innerhalb einer bestimmten Frist vom Rat erlassen werden. Schließlich sind diese Beschlüsse nur an die Mitgliedstaaten gerichtet. Nach der zwanzigsten Begründungserwägung der Richtlinie gelten die Beschlüsse für die Wirtschaftsteilnehmer in der Gemeinschaft nicht unmittelbar, sondern müssen in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.

36 So ist das Tätigwerden der Gemeinschaftsbehörden in den in Artikel 9 der Richtlinie genannten Situationen dadurch gerechtfertigt, daß ° wie es in Buchstabe d dieses Artikels heisst ° "die Gefahr nur durch Erlaß geeigneter und gemeinschaftsweit anwendbarer Maßnahmen zur Gewährleistung des Schutzes der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher sowie des ordnungsgemässen Funktionierens des Gemeinsamen Marktes angemessen bewältigt werden [kann]".

37 Dieses Tätigwerden läuft nicht den Bestimmungen des Artikels 100a Absatz 1 EWG-Vertrag zuwider. Denn die Maßnahmen, die der Rat nach dieser Bestimmung erlassen kann, haben "die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes" zum Gegenstand. Auf bestimmten Gebieten und insbesondere dem der Produktsicherheit ist es jedoch möglich, daß die Angleichung nur der allgemeinen Vorschriften nicht ausreicht, um die Einheit des Marktes zu gewährleisten. Daher ist der Begriff der "Maßnahmen zur Angleichung" so auszulegen, daß er auch die Befugnis des Rates umfasst, Maßnahmen hinsichtlich eines bestimmten Produkts oder einer bestimmten Produktkategorie und gegebenenfalls auch Einzelmaßnahmen hinsichtlich dieser Produkte vorzuschreiben.

38 Zu dem Vorbringen, die der Kommission damit eingeräumte Befugnis gehe über die Befugnisse hinaus, die in einem Bundesstaat wie der Bundesrepublik Deutschland dem Bund gegenüber den Ländern zustuenden, ist darauf hinzuweisen, daß die Vorschriften, die die Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten betreffen, nicht die gleichen sind wie diejenigen, die den Bund und die Länder miteinander verbinden. Die zur Durchführung des Artikels 100a EWG-Vertrag getroffenen Maßnahmen sind im übrigen an die Mitgliedstaaten gerichtet und nicht an die Gebietskörperschaften, aus denen diese bestehen. Zudem haben die der Kommission in Artikel 9 der Richtlinie eingeräumten Befugnisse keinerlei Auswirkung auf die Verteilung der Zuständigkeiten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.

39 Rechtsgrundlage für die der Kommission in Artikel 9 der Richtlinie übertragenen Befugnisse ist somit Artikel 100a Absatz 1 EWG-Vertrag.

40 Da die deutsche Regierung nicht bestreitet, daß der Kommission diese Befugnis zustehen kann, sofern sie ihre Rechtsgrundlage in Artikel 100a EWG-Vertrag hat, erübrigt sich die Beantwortung der Frage, ob im vorliegenden Fall Artikel 145 dritter Gedankenstrich EWG-Vertrag anwendbar ist.

41 Daraus folgt, daß der erste Klagegrund der Bundesrepublik Deutschland zurückzuweisen ist.

Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit

42 Nach Auffassung der deutschen Regierung verstösst Artikel 9 der Richtlinie im wesentlichen aus zwei Gründen gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Zum einen seien die der Kommission eingeräumten Befugnisse nicht geeignet, ein hohes Niveau des Schutzes der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten, da der Erlaß einer Entscheidung auf Gemeinschaftsebene nicht garantiere, daß die getroffenen Maßnahmen die am besten geeigneten seien. Zum anderen griffen diese Befugnisse im Übermaß in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten ein, da die Kommission die gleichen Ziele erreichen könne, indem sie sich des in Artikel 169 EWG-Vertrag vorgesehenen Vertragsverletzungsverfahrens bediene und gegebenenfalls in Dringlichkeitsfällen beim Gerichtshof den Erlaß einstweiliger Anordnungen beantrage.

43 Nach Ansicht des Rates und der Kommission verstösst Artikel 9 nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Das Tätigwerden der Kommission in den in diesem Artikel vorgesehenen Fällen sei nicht nur geeignet, sondern auch notwendig, um die mit der Richtlinie angestrebten Ziele zu erreichen und insbesondere ein hohes Verbraucherschutzniveau bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des einwandfreien Funktionierens des Binnenmarkts zu garantieren. Im Vertragsverletzungsverfahren ließen sich diese Ziele, insbesondere in Dringlichkeitsfällen, dagegen nicht erreichen.

44 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes (siehe u. a. Urteil vom 28. Juni 1990 in der Rechtssache C-174/89, Hoche, Slg. 1990, I-2681, Randnr. 19) gebietet es der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, daß die Handlungen der Gemeinschaftsorgane zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet sind und nicht über die Grenzen des hierzu Erforderlichen hinausgehen.

45 Die der Kommission in Artikel 9 der Richtlinie zuerkannten Befugnisse sind geeignet, die mit der Richtlinie verfolgten Ziele zu erreichen, d. h., ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit und die Sicherheit der Verbraucher zu gewährleisten und dabei gleichzeitig die Wettbewerbshindernisse und -verzerrungen, die sich für Konsumgüter aus unterschiedlichen nationalen Maßnahmen ergeben, zu beseitigen. Dem steht nicht entgegen, daß es schwierig sein kann, im Einzelfall die geeigneten Maßnahmen zu bestimmen.

46 Diese Befugnisse sind im Hinblick auf die verfolgten Ziele nicht übermässig. Entgegen der Auffassung der deutschen Regierung erlaubt es das Vertragsverletzungsverfahren des Artikels 169 EWG-Vertrag nicht, die mit Artikel 9 der Richtlinie angestrebten Ziele zu erreichen.

47 Zunächst können die Mitgliedstaaten im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nicht verpflichtet werden, nach Maßgabe des Artikels 6 Absatz 1 Buchstaben d bis h der Richtlinie eine bestimmte Vorkehrung zu treffen.

48 Selbst wenn man aber die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie für verpflichtet hielte, bestimmte Maßnahmen zu treffen, müsste die Kommission, wie der Rat und die Kommission in ihren Erklärungen hervorheben, doch gegen alle Mitgliedstaaten, die solche Maßnahmen nicht getroffen hätten, Vertragsverletzungsverfahren einleiten, was das Verfahren nur schwerfälliger machen könnte.

49 Auch wenn schließlich Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet worden wären und der Gerichtshof den Klagen stattgegeben hätte, wäre doch nicht sicher, daß mit den vom Gerichtshof ausgesprochenen Verurteilungen die in der Richtlinie festgelegten Ziele mit der gleichen Wirksamkeit erreicht werden könnten wie mit einer gemeinschaftlichen Harmonisierungsmaßnahme.

50 Insbesondere würde es das Vertragsverletzungsverfahren nicht ermöglichen, den Schutz der Verbraucher innerhalb kürzester Frist zu gewährleisten. Zum einen würde ein solches Verfahren mit seiner vorprozessualen und gegebenenfalls seiner prozessualen Phase unvermeidlich eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, auch wenn, wie die deutsche Regierung ausführt, die Kommission beim Gerichtshof den Erlaß einstweiliger Anordnungen beantragen kann. Zum anderen setzt die Feststellung einer Vertragsverletzung in diesem Fall schwierige, angesichts der Dringlichkeit kaum mögliche Beurteilungen der Frage voraus, welche Maßnahmen notwendig sind, da die Richtlinie den Mitgliedstaaten nur vorschreibt, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Hersteller, die Vermittler und die Händler zu verpflichten, nur sichere Produkte auf den Markt zu bringen und dort zu belassen.

51 Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

52 Die Klage der Bundesrepublik Deutschland ist somit abzuweisen.

Kostenentscheidung

Kosten
53 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Bundesrepublik Deutschland mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen. Die Kommission hat als Streithelferin gemäß Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten zu tragen.

Tenor

Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kommission als Streithelferin trägt ihre eigenen Kosten.