RG, 03.12.1880 - IVa 290/80
Inwiefern ist das Schuldanerkenntnis den Bestimmungen über die Form der Verträge unterworfen?
Tatbestand
Die Parteien betrieben einige Jahre hindurch das Maurergewerbe auf Grund einer mündlichen Abrede für gemeinschaftliche Rechnung in der Art, daß jeder Teil die Ausführung von Maurerarbeiten übernahm, die Arbeiten ausführte, die Auslagen an Arbeitslöhnen und für Materialien bestritt und den sich ergebenden Überschuß gutschrieb. Nach der Behauptung des Klägers soll im Anfange des Jahres 1874 eine gegenseitige Abrechnung zwischen den Parteien stattgefunden und als Resultat eine Forderung des Klägers an den Beklagten von 247 Thlr. 18 Sgr. 7 Pf. ergeben, der Beklagte aber soll dies Resultat mündlich anerkannt und zur Zahlung des Betrages sich verpflichtet haben.
Mit der auf Zahlung des angeblich anerkannten Schuldbetrages erhobenen Klage wurde der Kläger wegen Formmangels des behaupteten Anerkenntnisses durch das Urteil zweiter Instanz abgewiesen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde blieb ohne Erfolg.
Gründe
"Der Appellationsrichter hat die Klage abgewiesen, weil das derselben zum Grunde liegende, bei einer Abrechnung im Anfange des Jahres 1874 vom Beklagten abgegebene Anerkenntnis und Zahlungsversprechen nach §. 133 A.L.R. I. 5 bei einem Gegenstande von mehr als 150 Mark der schriftlichen Form bedurft habe. Der Kläger findet in dieser Entscheidung eine Verletzung des allegierten Paragraphen und eines Rechtsgrundsatzes, den er, wie folgt, formuliert: "Auf das Rechtsgeschäft der gegenseitigen Abrechnung finden die Vorschriften über die Form der Verträge keine Anwendung." Diese Rügen sind grundlos.
Eine gegenseitige Abrechnung kann zwar, wie auch das vormalige preuß. Ober-Tribunal in dem vom Imploranten in Bezug genommenen Urteile vom 19. Januar 1872 ( Striethorst, Archiv Bd. 84 S. 181) angenommen hat, in der Art stattfinden, daß dabei Thatsachen und Rechtsverhältnisse festgestellt werden und als Facit ein Guthaben des einen oder des anderen der Beteiligten ermittelt wird, ohne daß die Abrechnung sich darum als ein konstitutiver Rechtsakt darzustellen braucht. Und der Geltendmachung einer derartigen Abrechnung im Prozesse wird der Mangel der Schriftform nicht entgegengesetzt werden können, vorausgesetzt, daß der ganze Abrechnungsakt aufgedeckt und die einzelnen Rechnungsposten, deren gegenseitige Feststellung stattgefunden hat, und die in ihrer Zusammenstellung das behauptete Guthaben klar machen, angegeben werden. Die Aufdeckung des ganzen Abrechnungsaktes ist notwendig, weil die Abrechnung, wenn sie nicht als ein konstitutiver Rechtsakt gelten soll, nur als eine Feststellung der einzelnen Rechnungsposten, die also dem Gericht vorgelegt werden müssen, wirksam sein kann.
Die in Rede stehende Voraussetzung aber ist im Thatbestandsmateriale des Appellationsrichters nicht enthalten. Nach demselben hat der Kläger sich lediglich auf das bei einer Abrechnung im Anfange des Jahres 1874 vom Beklagten abgegebene Anerkenntnis und Zahlungsversprechen gestützt, ohne die einzelnen Faktoren der Abrechnung näher anzugeben. Ein in dieser Gestalt geltend gemachter Abrechnungsakt kann nur als konstitutives Rechtsgeschäft, als Anerkennungsvertrag in Betracht kommen und unterliegt den landrechtlichen Vorschriften über die Form der Verträge."