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RG, 22.11.1880 - Va 235/80

Daten
Fall: 
Vertrag zu Gunsten Dritter
Fundstellen: 
RGZ 3, 257
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
22.11.1880
Aktenzeichen: 
Va 235/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • KreisG Salzwedel.
  • OLG Naumburg.

Ersetzt die Auflassung den an sich nach dem Gegenstand des Vertrages notwendigen schriftlichen Beitritt des Dritten zu dem der Auflassung zu Grunde liegenden Vertrage?

Tatbestand

Durch Vertrag vom 8. Dezember 1878 übereignete die Witwe W., Mutter der Klägerin, dieser den Ackerhof Nr. 5 Buchsitz. In dem Vertrage ist u. a. bestimmt, daß, wenn Klägerin ihren Wirtschafter Sch. heirate, dieselbe ihren drei Schwestern, zu welchen die Beklagte gehört, eine Ablobung von je 4500 Mark zahlen solle. Am 11. dss. Mts. erfolgte die Auflassung und ist auch die Ablobung auf dem Grundbuchblatte in Abt. III eingetragen. Durch die Verträge vom 23. dss. Mts. und vom 27. Januar 1879 hoben die Kontrahenten die Bestimmung des Vertrages vom 8. Dezember 1878, nach welcher die Ablobungen gezahlt werden sollten, wieder auf. Beklagte weigerte sich in die Löschung der für sie eingetragenen Ablobung zu willigen. Klägerin ist deshalb gegen sie mit dem Antrage klagbar geworden, sie zur Einwilligung in die Löschung zu verurteilen. Die Beklagte hat Abweisung beantragt, indem sie der Ansicht ist, daß der Vertrag vom 8. Dezember 1878, wenngleich sie demselben nicht schriftlich beigetreten sei, doch auch für sie durch die erfolgte Auflassung rechtsverbindlich geworden sei und ihr erworbenes Recht durch die späteren Verträge der eigentlichen Kontrahenten nicht mehr habe beseitigt werden können. Die sonstigen Einreden interessieren hier nicht.

In den beiden Vorinstanzen ist nach dem Klagantrage erkannt und ist auch die eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen aus folgenden hier in Betracht kommenden Gründen:

Gründe

"Die Angriffe der Nichtigkeitsbeschwerde sind nicht gegründet. Der §. 10 des Gesetzes vom 5. Mai 1872 über den Eigentumserwerb etc. ist nicht verletzt, weil es sich vorliegend nicht um ein Rechtsgeschäft handelt, welches nach dem bürgerlichen Recht wegen mangelnder Form ungültig ist. Der Übereignungsvertrag zwischen der Witwe W. und der Klägerin ist festgestelltermaßen notariell, daher auch nach dem bürgerlichen Recht für die Kontrahenten bindend abgeschlossen. Es kommt daher die in §. 10 vorgeschriebene Heilung mangelnder Form des Rechtsgeschäftes durch die erfolgte Auflassung überhaupt nicht in Frage. Aus ihm kann auch nicht hergeleitet werden, daß der Vertrag für außerhalb desselben stehende Personen, welche, wie festgestellt ist, demselben nur mündlich beigetreten sein wollen, infolge der Auflassung rechtserwerbend wirke. Denn er bestimmt zwar in seinem zweiten Teile zugleich, daß die Auflassung nicht angefochten werden kann, wenn dem zu Grunde liegenden Rechtsgeschäft die nötige Form mangelt. Eine Beseitigung der Vorschriften der §§. 75. 76. 391.153 A.L.R. I. 5 laßt sich aber in keiner Weise aus ihm herleiten. Vielmehr sind dieselben nach wie vor anwendbar und ist der §. 10 eben nur auf die Anfechtung des Eigentumsüberganges insbesondere durch Auflassung zu beschränken. Da nun die Beklagte bezw. deren Ehemann dem Vertrage nicht mit Bewilligung der Kontrahenten in der bei dem Gegenstande des Vertrages notwendigen schriftlichen Form beigetreten sind, so waren die Kontrahenten wohl befugt, den Vertrag gänzlich aufzuheben oder abzuändern. Der Appellationsrichter hat daher, indem er den Kontrahenten diese Befugnis zuspricht, die gedachten landrechtlichen Bestimmungen nicht verletzt."