RG, 07.10.1880 - II 31/79

Daten
Fall: 
Pfarrdotalgüter
Fundstellen: 
RGZ 1, 208
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
07.10.1880
Aktenzeichen: 
II 31/79
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Landgericht Aachen
  • Appellationsgerichtshof Köln

1. Sind im Rechtsgebiete des linken Rheinufers die Pfarrdotalgüter, welche unter die Bestimmungen des Konsularbeschlusses vom 20. Prairial X (9. Juni 1802) fielen, durch die späteren Restitutions-Dekrete, nur soviel den Nießbrauch derselben betrifft, oder zu Eigentum zurückgegeben worden?
2. Unanwendbarkeit des preuß. Gesetzes vom 22. April 1875 auf diese Güter bei der letzteren Annahme.

Tatbestand

Auf Grund des §. 1 des preußischen Gesetzes vom 22. April 1875 über die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch-katholischen Bistümer und Geistlichen und in Gemäßheit eines Reskriptes des Oberpräsidenten der Rheinprovinz vom 5. Februar 1876, welches sich dahin aussprach, daß das genannte Gesetz auch auf die linksrheinischen, von der französischen Regierung eingezogenen, Pfarrdotalgüter, die durch kaiserliche Dekrete vom 5. Nivôse des J. XIII und 7. März 1806 nur, was deren Nießbrauch angehe, restituiert worden, dagegen im Eigentume des Staates geblieben seien, Anwendung finde, wurden zufolge Verfügung der Königlichen Regierung zu A. fünf Dotationsgüter der Pfarre Dr. in Beschlag genommen. Da eine hiergegen eingereichte Remonstration ohne Erfolg blieb, erhoben die genannte Pfarre, der Kirchenvorstand und der Pfarrer Klage mit dem Antrage, zu erkennen, daß die Pfarre Dr. Eigentümerin der fraglichen fünf Grundstücke sei, und demnach die Beschlagnahme derselben aufzuheben.

Von den Vorinstanzen wurde diesem Antrage gemäß erkannt, und der erhobene Kassationsrekurs verworfen aus folgenden Gründen:

Gründe

"In Erwägung, was zuvörderst den Angriff bezüglich der Auslegung der drei in Frage stehenden Dekrete betrifft,

daß thatsächlich feststeht, daß die Grundstücke, welche den Gegenstand des Streites bilden, zur Zeit des Konsularbeschlusses vom 20. Prairial X bereits die Eigenschaft von Dotalgütern der Pfarre Dr. gehabt haben; daß nach den Grundsätzen des gemeinen katholischen Kirchenrechtes, welches auch auf dem Gebiete des linken Rheinufers galt, übereinstimmend mit dem älteren französischen Rechte, das Eigentum der Pfarrgüter bei der Pfarrstelle - cure - beruhte, den Pfarrern aber an denselben ein ausgedehnter Nießbrauch zustand

(Windscheid, Pand., §. 57; Schulte, Kirchenrecht, §§. 43. 182; Gerlach, Kirchenrecht, §. 142; Richter-Dove, Kirchenrecht, 7. Aufl. S. 107; Dalloz, répert. v. culte Nr. 452 seq.);

daß das bezüglich jener Güter in dem genannten Gebiete bestehende rechtliche Verhältnis auch in der ersten Periode der französischen Occupation nicht alteriert wurde, sodann aber, nachdem die vier Departements des linken Rheinufers durch Ges. v. 18. Ventôse IX mit Frankreich vereinigt waren, der Konsularbeschluß vom 20. Prairial X erging, welcher die Ordensklöster und Regularkongregationen, sowie alle geistlichen Titel und Anstalten mit Ausnahme der auf Grund des Gesetzes vom 18. Germinal X bereits errichteten oder noch zu errichtenden Bistümer, Pfarreien, Kathedralkapitel und Seminare unterdrückte, und die Güter sowohl der unterdrückten Institute, als der genannten Bistümer, Pfarreien u. s. w. - abgesehen von der in Art. 20 enthaltenen Bestimmung - für Nationaleigentum erklärte und unter die Verwaltung der Regie der Domänen stellte;

daß dieser Beschluß indes zu einer Zeit erfolgte, als durch das Germinal-Gesetz bereits die Wiederherstellung einer kirchlichen Organisation in Frankreich begründet war, - und wesentlich den Zweck hatte, im Geltungsbereiche desselben den in Gemäßheit jenes Gesetzes zu treffenden Einrichtungen freien Raum und gleichen Rechtsboden, wie in den übrigen Teilen des Reiches, zu schaffen;

daß dahingestellt bleiben kann, ob bei dem Erlasse des fraglichen Beschlusses, wie der Kassationskläger will, beabsichtigt gewesen, daß mit dem eingezogenen geistlichen Gute auch die Pfarrdotalgüter, - soweit hier nicht die Vorschrift des Art. 11 eintrat, - im Staatsinteresse hätten verwertet und verkauft werden sollen, oder ob mit den Kassationsbeklagten auf Grund von Art. 1 des Beschlusses von: 27. Messidor X anzunehmen, daß, was jene Güter betrifft, bei den Konsuln von Anfang an die Absicht der Restitution obgewaltet habe;

daß nämlich feststeht, daß kurze Zeit nach Erlaß des Prairial-Beschlusses eine Reihe von Verordnungen erging, durch welche von der Konsular- und Kaiserregierung ein Teil des früher eingezogenen Kirchengutes restituiert, und damit zugleich die Vorschrift des vom Kassationskläger hervorgehobenen Art. 74 der organischen Artikel, "daß Grundeigentum, abgesehen von Wohnungen und anstoßenden Gärten, weder mit geistlichen Titeln verbunden sein, noch von Geistlichen (_ministres du culte ) mit Rücksicht auf ihr Amt besessen werden solle", im Princip aufgegeben wurde;

daß nun zunächst durch die Beschlüsse vom 7. Thermidor XI und 28. Frimaire XII (Daniels , Sammlung Bd. 4 S. 474 und 490) die nicht veräußerten Güter und Renten der Fabriken, sowie der näher bezeichneten kirchlichen Stiftungen zurückgegeben wurden (sont rendus à leur destination - à leur première destination) und sodann das Dekret vom 28. Messidor XIII ( Hermens, Kultus-Gesetze Bd. 2 S. 323) verfügte, daß die nicht veräußerten Güter und Renten der bei den Pfarrkirchen ehemals bestandenen Brüderschaften den Fabriken gehören sollen (vgl. ferner Dekrete v. 15. Ventôse XIII, 30. Mai und 31. Juli 1806, Staatsratsgut. v. 30. April 1807, Dekrete v. 17. März 1809 und 8. November 1810, Hermens S. 315, 356, 360, 367, 407, 587), in allen diesen Fällen aber mit Grund nicht bezweifelt werden kann, daß die Restitution zu Eigentum erfolgt ist (vgl. Art. 36 Nr. 1 des Dekretes vom 30. Dezember 1809); -

In Erwägung, daß inzwischen auch für das Gebiet des linken Rheinufers bezüglich der Pfarrdotalgüter, die hier, wie die Instanzrichter annehmen, nur in ganz seltenen Fällen veräußert waren, die vom Kassationskläger als verletzt bezeichneten Dekrete vom 5. Nivôse XIII, 20. Floréal XIII und 7. März 1806 erlassen wurden;

daß, was jene Güter betrifft, durch Beschluß vom 4. Frimaire XI die Publikation des Art. 2 des Dekretes vom 20. April 1790 erfolgt war, nach welchem die Landpfarrer fortfahren sollten, die Benefizialgüter provisorisch zu verwalten, mit der Verpflichtung, die Einkünfte derselben gegen das Gehalt aufzurechnen und eintretenden Falls den Überschuß herauszugeben;

daß ein gesetzgeberischer Grund, der geboten hätte, die fraglichen Güter, welche von gleicher Art als die Fabrikgüter waren, und einem wesentlich gleichen Zwecke dienten, bei der Restitution anders, als letztere, zu behandeln, nicht ersichtlich ist;

daß nun Art. 1 des zunächst hier in Betracht kommenden für die Diözese Aachen erlassenen Dekretes vom 7. März 1806 dahin lautet: les curés et desservans . . . sont maintenus dans la juissance des biens non aliénés, qui servaient ci-devant à la dotation des cures et succursales de ce diocèse de la même manière, qu'ils en ont joui précédement; daß ehedem, wovon auszugehen ist, die Pfarrer in einer doppelten Eigenschaft, als Nutznießer sowie als Repräsentanten der Pfarrstelle, der das Eigentum zustand, den Besitz und Genuß der fraglichen Güter hatten, in letzterem auch, wie vorangeführt ist, nach dem Inkrafttreten des Prairial-Beschlusses provisorisch belassen waren;

daß wenn daher Art. 1 a. a. O. die Pfarrer in dem Genusse ( dans la jouissance) der fraglichen Güter, wie sie ihn vordem hatten, aufrecht erhielt, und demselben so qualitativ seinen früheren Charakter zurückgab, damit das rechtliche Verhältnis, wie es bezüglich jener Güter vor dem angegebenen Beschlusse bestanden hatte, wieder hergestellt war;

daß in diesem Sinne Art. 1 des Mainzer Dekretes, welcher die dispositive Wendung des oben erwähnten Thermidor-Beschlusses an der Spitze trägt: "les biens, ... sont rendus à leur ancienne destination, et les curés et desservans en jouiront, comme par le passé", sich noch bestimmter und deutlicher ausdrückt, wobei hervorzuheben ist, daß jener Hauptsatz der Disposition desselben völlig überflüssig gewesen sein würde, wenn der Artikel lediglich eine Bestimmung über den Nießbrauch an den Pfarrgütern bezweckt hätte;

daß mit dem Wortlaute der beiden genannten jüngeren Dekrete auch Art. 1 des ältesten Trierer Dekretes übereinstimmt, wenn man die Schlußworte: "de la même manière, qu'ils en ont joui jusqu'à présent" von der Zeit bis zur Publikation des Prairial-Beschlusses, welcher letztere damals noch füglich als in die Gegenwart fallend gelten konnte, versteht;

daß immerhin davon auszugehen ist, daß die fraglichen Dekrete, welche einem und demselben gesetzgeberischen Willen ihre Entstehung verdanken, den nämlichen Rechtszustand herzustellen bestimmt waren, daher auch, wenn es sich von der Interpretation derselben handelt, dem übereinstimmenden Wortlaute der beiden jüngeren Dekrete vor dem des älteren, wenn durch denselben ein Zweifel entstände, der Vorzug gegeben werden müßte, mit jenem Wortlaute aber die Annahme, daß die bezogenen Dekrete den Zweck hätten, den provisorischen, in der Zeit von der Publikation des Prairial-Beschlusses bis zum Tage des Erlasses derselben bestehenden Rechtszustand zum definitiven Rechtszustande zu machen, nicht vereinbar erscheint;

daß hiernach die Auslegung der Instanzrichter, daß durch die mehrerwähnten Dekrete eine Restitution des Eigentums der Pfarrdotalgüter ausgesprochen worden, mit der Fassung des Art. 1 derselben durchaus im Einklange steht;

daß sich hiergegen auch nicht mit Erfolg anführen läßt, daß in den Dekreten nur von einer Aufrechterhaltung im Genusse, Nießbrauche - "dans la jouissance" - der fraglichen Güter die Rede sei, das dem Staate zustehende Eigentum derselben aber nicht berührt werde;

daß nämlich das Wort "jouissance", verb. "jouir", in der französischen Rechtssprache nicht mit usufruit oder usage im Gegensatze zum Eigentume gleichbedeutend ist, vielmehr ganz allgemein den Besitz und Genuß einer Sache, welches auch der Rechtsgrund desselben sein möge, bezeichnet, daher ebenso von dem Genusse des Pächters (Artt. 1709, 1719, 1726 Cod. civ.), als dem des Nutznießers (Art. 600 Cod. civ.), sowie des Eigentümers (Artt. 544, 1576 und 2087 Cod. civ.) gebraucht wird;

daß das genannte Wort jedesmal erst in der Verbindung und dem Zusammenhange, worin es vorkommt, seine nähere Bestimmtheit finden muß, dieser Zusammenhang aber, was den Artikel 1 der fraglichen Dekrete betrifft, zu dem in dem Vorstehenden entwickelten Ergebnisse führt; -

In Erwägung, daß sodann die Rekursschrift gegen die Auslegung der Instanzrichter noch geltend macht, daß unbestritten die Pfarrer, von, denen die Dekrete allein sprächen, nicht hätten Eigentümer werden sollen, von den Pfarrstellen aber, die als ideelle Rechtssubjekte gar nicht bestanden hatten, überhaupt keine Rede sei;

daß hierbei vor allem indes die bereits oben betonte Eigenschaft der Pfarrer als Repräsentanten der Pfarrstellen übersehen und weiter hervorzuheben ist, daß wenn letztere zur Zeit des Erlasses der Restitutionsdekrete vom Gesetzgeber noch nicht ausdrücklich- als Eigentumssubjekte anerkannt waren, diese Anerkennung in den späteren, weiter unten zu berührenden Dekreten vom 17. November 1811 und 6. November 1813, welche für die Frage nach dem rechtlichen Charakter der Restitution wesentlich in Betracht kommen, mit voller Bestimmtheit ausgesprochen ist (Dalloz , rép v. culte Nr 503; Villefroy_, traité de l'admininstr. du culte cathol. p. 212 und 213 Note 6);

daß wenn ferner die Rekursschrift Gewicht darauf legt, daß nicht anzunehmen sei, daß die fraglichen Dekrete sich hätten mit der Vorschrift des Germinal-Gesetzes, welche den Besitz von Grundeigentum in geistlicher Hand nicht gestatte, in Widerspruch setzen wollen, diesem Argumente um deswillen keine Bedeutung beizumessen ist, weil jenes Verbot, wie sich aus dem Vorstehenden ergiebt, durch die früheren Restitutionen bereits grundsätzlich durchbrochen war;

daß im übrigen die Rekursschrift nicht ersichtlich macht, welches Interesse dann der Staat seinerseits, wenn er den Genuß der Pfarrgüter für immer abtrat, an dem Vorbehalte des nackten Eigentumes derselben gehabt haben möchte, überdies aber eine dauernde Trennung beider Faktoren mit den Grundsätzen des bürgerlichen Gesetzbuches nicht im Einklange steht (Artt. 543 und 619 Cod. civ.);

daß der Kassationskläger endlich mit Unrecht auf die Indikatur bezüglich der Kirchen und Kirchhöfe sich beruft, da es sich, was diese angeht, um Objekte wesentlich verschiedener Natur handelt, bei denen für die Restitutionsfrage specielle Bestimmungen in Betracht kommen;

daß nach alle diesem der Angriff des Kassationsklägers, soweit er sich an den Artikel 1 der genannten Dekrete knüpft, ungerechtfertigt erscheint; -

In Erwägung, daß mm durch die gleichlautenden, ebenfalls als verletzt bezeichneten Artikel 2 der Restitutionsdekrete bestimmt wird, daß der Betrag der Einkünfte der fraglichen Güter gegen das Gehalt der Pfarrer in Aufrechnung gebracht worden, und nach den Artikeln 3 zur Ermittelung der Höhe derselben eine Abschätzung durch Sachverständige stattfinden soll;

daß die Verbindlichkeit des Staates zur Gehaltszahlung, an welche die Vorschrift der Artikel 2 anknüpft, auf dem Dekrete vom 2./4. November 1789 beruht;

daß durch dieses Dekret, welches alle geistlichen Güter zur Verfügung der Nation stellte, letztere die Verpflichtung übernommen hatte, für die Kosten der Ausübung des Kultus und den Unterhalt der Diener desselben Sorge zu tragen, und diese Verpflichtung sodann bezüglich des Gehaltes der Bischöfe und Pfarrer durch die Artt. 64 bis 66 des Germinal-Gesetzes und in betreff der Hilfspfarrer durch die Dekrete vom 11. Prairial XII und 5. Nivôse XIII fixiert war ( Daniels Bd. 4 S. 532 und 567);

daß der Staat sich dieser Verbindlichkeit nicht einseitig entziehen konnte, und es daher ganz nahe lag, wenn derselbe, indem er die Pfarrdotalgüter, deren Einkünfte in den bei weitem meisten Fällen die Höhe des zu zahlenden Gehaltes nicht erreichen mochten, restituierte, zum Zwecke der teilweisen Tilgung seiner Verbindlichkeit den Pfarrern die Aufrechnung der Einkünfte auf den Betrag des letzteren zur Pflicht machte;

daß aber nicht erhellt, in der Rekursschrift auch nicht näher motiviert wird, wie denn aus jener Vorschrift die Folgerung begründet werden soll, daß sich der Staat das Eigentum der fraglichen Güter habe vorbehalten wollen;

daß auch gegen die Annahme, daß ein solcher Vorbehalt beabsichtigt gewesen, der Umstand spricht, daß es an Bestimmungen über die Feststellung und Sicherung eines solchen Eigentumes gänzlich mangelt, ebenso nur eine einmalige Abschätzung der Grundstücke angeordnet worden;

daß nach alle diesem aber eine Verletzung der Art. 2 der Dekrete nicht anzunehmen ist; -

In Erwägung sodann zu dem Staatsratsgutachten v. 23. Dez. 1806/25. Jan. 1807, daß in demselben, was die Restitution betrifft, die Pfarrgüter mit den Kirchenfabrikgütern auf gleiche Linie gestellt werden, der Kassationskläger bei seinem Angriffe auch außer Acht läßt, daß der Pfarrer hier als Vertreter der Pfarrstelle gedacht ist, damit aber die Annahme, daß in dem Gutachten nur von einem nießbräuchlichen Besitze der Pfarrer die Rede sei, zerfällt; -

In Erwägung, was ferner das Dekret vom 17. November 1811 betrifft, daß, wenn in demselben (Daniels Bd. 5 S. 771, Artt. 8. 10. 11 und 14) von Pfarrstellen (cures), beziehungsweise Artt. 4 bis 7 von Titularen, die ganz oder teilweise in Grundeigentum ( en bien fonds) dotiert seien, gesprochen und dabei wiederholt hervorgehoben wird, daß diese Art der Dotation eine Ausnahme von der Regel des Germinal-Gesetzes bilde, daraus doch unbedenklich der Schluß sich ergiebt, daß das Dekret die Pfarrstelle als die Trägerin der Dotation und als Gegenstand der letzteren das Eigentum von Grundgütern, und nicht bloß Einkünfte von solchen betrachtet;

daß es hiernach nicht angeht, mit dem Kassationskläger, welcher speciell eine Verletzung des Art. 4 des Dekretes rügt, anzunehmen, daß dasselbe nur von einer Dotation des Inhabers der Pfarrstelle, und zwar mit dem Nießbrauche an Grundstücken, zu verstehen sei; -

In Erwägung, daß endlich das Dekret vom 6. November 1813, welches nach seiner Überschrift die Konservation und Verwaltung der vom Klerus in mehreren Teilen des Reiches besessenen Güter regelt, gerade für das Gebiet des linken Rheinufers, welches zu den letzteren gehörte, den Sitz der Materie bildet, und wenn dasselbe auch nicht den ausgesprochenen Zweck hat, die Eigentumsfrage, von der es sich hier handelt, zu entscheiden, doch dessen Vorschriften für die Beantwortung dieser Frage von der wesentlichsten Bedeutung sind;

daß nun der Appellationsrichter in Übereinstimmung mit dem ersten Erkenntnisse nach der ganzen Ausdrucksweise und dem Inhalte der hervorgehobenen Bestimmungen des Dekretes zu der Annahme gelangt ist, daß der Gesetzgeber die fraglichen Güter als im Eigentume der Pfarrstellen stehend ansehe, mit dieser Annahme auch rechtlich nicht verstoßen hat;

daß wenn die Rekursschrift dagegen zunächst eine Verletzung der Artt. 1 und 6 des Dekretes rügt, dieser Angriff mit dem Hinweise sich erledigt, daß dieselbe irrtümlich die doppelte Eigenschaft des Pfarrers als Vertreters der Pfarrstelle und Nutznießers des Pfarrgutes nicht auseinanderhält, und ferner das französische Wort "posséder" wie das deutsche "besitzen" häufig auch von dem Eigentumsbesitze gebraucht wird (vgl. Überschrift zu Art. 53? Cod. civ.);

daß immerhin die Mitwirkung des Friedensrichters bei dem Besitzantritte des Pfarrers, welche Art. 7 anordnet, auch zur Wahrung des staatlichen Interesses dienen mag, aus dieser Bestimmung aber ebensowenig als aus der ferneren Vorschrift, welche für Veräußerungen, Verpfändungen u. s. w. der Pfarrgüter die im Oberaufsichtsrechte des Staates begründete Autorisation desselben fordert, einen Schluß auf das Eigentum des Fiskus an den fraglichen Gütern rechtfertigt;

daß endlich auch die Ausführung des angegriffenen Urteiles, welche die Frage der großen Reparaturen betrifft, und gegen die Behauptung des Kassationsklägers, daß in Wirklichkeit der Staat die Last derselben trage, weil er zur Ergänzung der dadurch geschmälerten Congrua verpflichtet sei, sich richtet, einen Rechtsirrtum nicht erkennen läßt;

daß nach alle diesem der Appellationsrichter ohne Verletzung der in der Rekursschrift hervorgehobenem Gesetze angenommen hat, daß die Pfarre Dr. Eigentümerin der Grundstücke, welche den Gegenstand des Prozesses bilden, sei;

daß damit aber der Anwendung des Gesetzes vom 22. April 1875 auf den vorliegenden Fall die Grundlage entzogen ist."